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Erste Szene

Charinus tritt auf

Charinus: Zwei Dinge soll ich nun zugleich verrichten:
Ich soll euch sagen, was in diesem Stück geschieht,
dazu will ich von meinen Liebesangelegenheiten reden.
Doch nichts dergleichen tu' ich, was in den Komödien
ich andere im Bann der Liebe tun sah:
Die erzählen ihre Leiden stets der Nacht, dem Tag,
dem Mond, der Sonne. Aber die, glaub' ich,
die machen sich aus unsern menschlichen Beschwerden,
was wir wollen, was uns gegen unsern Willen widerfährt,
nicht einmal so viel, nicht das geringste!
Besser, ich erzähl' nun meine Leiden euch.
Im Griechischen heißt die Komödie »Emporos«,
»Der Kaufmann« und sie wird Philemon zugeschrieben.
Lateinisch heißt sie nun »Mercator«,
und sie ist von Maccus Titus.
Mein Vater schickte mich nach Rhodos
auf den Handelsmarkt. Zwei Jahre sind vergangen,
seit ich aufbrach von zuhause.
Dort in Rhodos aber hab' ich mich verliebt
in ein ganz ungewöhnlich schönes Mädchen.
Und von ihr und wie ich mich verwickelte
in diese Sache, will ich euch berichten,
wenn ihr nun so freundlich seid,
mir dafür euer Ohr und euer Interesse zuzuwenden.
Ich bin nun wenig nach der Art Verliebter vorgegangen:
Am Anfang schon hab' ich hinausposaunt,
um was es geht.
Nun, alles Schlimme pflegt die Liebe zu begleiten:
Sorge, Gram, aufwendig übertriebener Geschmack;
der straft mit großem, schwerem Unheil nicht nur den,
der liebt, nein, jeden, der davon gepackt wird.
Wer auch immer solchen Luxus trieb:
Er tat es niemals, ohne schlimmes Übel zu erleiden,
wenn er mehr ausgab dafür, als sein Vermögen zuließ.
Vieles kommt hinzu zur Liebe, was ich nicht erwähnt:
Schlaflosigkeit und Mühsal, Irren, Wirren, Schrecken,
wilde Flucht. Wie albern, dumm und unbesonnen,
kopflos unbedacht, wie unbescheiden, frech, begehrlich,
neidisch macht uns doch die Liebe. Faules Schwelgen,
Trägheit, Gier, vergebliches Verlangen, Schmach
und Schaden bringt sie uns – und viel Geschwätzigkeit.
Soviel auch der Verliebte redet:
Er sagt zu wenig, denn zur falschen Zeit sagt er,
was gar nicht nötig ist, zur Sache nicht gehört.
Nichtssagend nenn' ich die Geschwätzigkeit,
weil der Verliebte nie die Sprache zu gebrauchen weiß,
etwas zu sagen, was ihm nützlich wäre.
Doch ihr sollt wegen meiner eigenen Geschwätzigkeit
mir nun nicht böse werden: Venus selbst war es,
die mir Geschwätzigkeit am gleichen Tage auferlegt,
an dem sie zum Verliebten mich gemacht.
Ich bin entschlossen, auf die Sache selbst zu kommen,
will die Geschichte nun erzählen, die ich angefangen.
Kaum daß ich das erste Jünglingsalter hinter mir
gelassen, den Sinn von Knabendingen abgewandt,
verliebt' ich mich schon heftig hier am Ort
in eine liebliche Hetäre, und sogleich ging auch
des Vaters Geld ganz heimlich hin zu ihr,
in die Verbannung sozusagen.
Der rücksichtslose, unverschämte Kuppler,
der des Mädchens Herr war, riß, was er nur konnte,
in sein Haus hinüber.
Mein Vater schalt mich deshalb Tag und Nacht;
er legte dar, wie falsch, wie hinterlistig
diese Kuppler seien. Bös verschleudert werde
sein Vermögen, das des Kupplers wachse.
So ertönte das mit heftigem Geschrei.
Bisweilen aber brummte er auch anderes:
Er wolle nichts mit mir zu schaffen haben,
als seinen Sohn mich nicht mehr anerkennen.
In der ganzen Stadt schrie er herum und warnte jeden,
mir weiter Geld zu leihen. Liebeswahnsinn habe
zur Verschwendung mich verlockt. Zur Zügellosigkeit,
zur Unbesonnenheit, zu allem Frevel führ' er mich.
Was ich nur könne, schlepp' ich aus dem Haus.
Durch meine Unvernünftigkeit verschleud're ich,
was er mit Sparsamkeit und harter Arbeit sich erworben.
Für meine Liebelei verderbe und verschwend' ich alles.
Eine Schande sei's, daß er schon viele Jahre mich
auf seine Kosten füttere. Schämt' ich mich nicht,
verdient' ich nicht zu leben,
Er, aus dem Knabenalter grad herausgewachsen,
er habe nicht wie ich der Liebe und dem Müßiggang
sich hingegeben, hab' die Möglichkeit gar nicht gehabt;
sehr streng hab' ihn sein Vater stets gehalten:
Bei Feldarbeit in Schmutz und Dreck hab' er sich
abgemüht. Die Stadt, die hab' er einmal nur gesehen,
zu Athenes großem Fest, um das Gewand der Göttin,
den zur Schau gestellten Peplos anzusehen.
Doch sein Vater hab' ihm nach gewohnter Weise
befohlen, gleich aufs Land zurückzukehren.
Dort hab' er geschuftet mehr als alle andern.
Sein Vater hab' ihm stets gesagt: Du pflügst, du eggst,
du säst für dich, für dich wirst du auch ernten,
schließlich wird dir deine Müh'
Befriedigung und Freude noch bereiten.
Als nun seines Vaters Leben aus dem Leib entwichen,
hab' er Land verkauft, für den Erlös ein Schiff erworben
– dreihundert Faß groß sei der Laderaum gewesen –
und von überall hab' er sich Waren kommen lassen,
bis er das Vermögen, das er jetzt besitze,
sich erworben habe.
Es nun ebenso zu machen, das sei meine Pflicht,
wenn ich so wäre, wie es sich gehöre.
Wie ich merke, daß ich meinem Vater ganz verhaßt war,
ihm Ärger nur bereitete, – ihm,
dem ich doch zur Freude leben sollte –
wie ich merke, daß ich sinnlos meinen Sinnen lebte,
reiß ich mich mit aller Kraft zusammen, schlag' ihm vor,
ich wolle gleich auf eine Handelsreise gehen,
wenn er einverstanden sei: Mein Liebesabenteuer
woll' ich so beenden, ihm zu Willen sein.
Er dankte mir und lobte meinen Einfall,
unterließ es aber nicht, dem, was ich ihm versprochen,
selbst noch kräftig nachzuhelfen:
Er ließ für mich ein großes Segelschiff erbauen,
kaufte Waren ein, womit das Schiff beladen wurde.
Eigenhändig gab er mir dazu noch ein Talent von Silber.
Mit mir schickte er den Sklaven auf die Reise,
welcher einst, als ich ein kleiner Knabe war,
als Pädagoge mich erzogen hatte, noch jetzt
gewissermaßen als mein Hüter. Derart ausgerüstet
lösten wir das Schiff vom Ufer, brachen auf
auf unsre Reise.
Nach Rhodos kamen wir, und ich verkaufte alle Waren,
die ich zu diesem Zweck hierher gebracht.
Und der Gewinn war außerordentlich;
er übertraf bei weitem das, womit mein Vater,
der die Waren eingeschätzt, gerechnet hatte.
Auf diese Weise bracht' ich es ganz groß
zu einem eigenen Vermögen.
Wie ich dort einmal am Hafen auf und ab spaziere,
trifft ein Freund mich, lädt mich ein zum Essen.
Ich geh' hin, begebe mich zu Tisch und werde
freundlich aufgenommen, reichlich auch bewirtet.
Wie wir nachts dann schlafen gehen,
kommt zu mir ein Mädchen, wunderschön,
wie es sonst keines gibt.
Und wie mein Gastfreund ihr befohlen,
verbrachte sie die ganze Nacht bei mir.
Wie sehr sie mir gefiel, könnt ihr aus folgendem
ersehen: Schon am nächsten Tag geh' ich
zu meinem Freund und bitte ihn, das Mädchen –
mir zu verkaufen. Sag' ihm, wie ich dankbar wäre,
wie er in Zukunft ganz mit meiner Dienstbereitschaft
rechnen könne. Wozu viele Worte: Ja, ich kaufte sie,
und gestern bracht' ich sie mit mir hierher.
Doch daß mein Vater nicht erfährt,
was ich mir mitgebracht von meiner Reise,
ließ ich sie mit meinem Sklaven auf dem Schiff zurück.

Acanthio kommt

Was muß ich seh'n?
Mein Sklave kommt vom Hafen angerannt
dem hab' ich doch verboten, wegzugehn vom Schiff.
Ich fürchte, da ist etwas schiefgegangen.

Zweite Szene

Acanthio: Mit aller Anstrengung, mit aller Kraft versuch' es,
setz alles ein, den jungen Herrn zu retten.
Los, Acanthio, weg mit der Müdigkeit! Und hüte dich,
Unlust und Trägheit vorzuschützen. –
Alles bringt mich um:
Mein Keuchen – kaum kann ich noch Atem holen –
dann alle, die auf diesem vollgestopften Fußsteig
mir entgegenkommen. Weg mit ihnen!
Dränge, treibe, stoße sie hinab vom Fußweg
auf die Straße! Miserable Sitten sind das hier!
Kein Mensch hält es für nötig, einem Platz zu machen,
der daherrennt, der in Eile da gelaufen kommt! –
Drei Dinge muß ich nun auf einmal tun,
wo ich doch eines nur in Angriff nahm: Muß laufen,
um mich schlagen und dazu noch schimpfen.

Charinus: (für sich) Was soll das, daß der Kerl ungeniert freien Lauf für sich verlangt? Ich bin neugierig und auch besorgt, was da los ist, was er melden wird.

Acanthio: Ich mühe mich umsonst ab! Je länger ich hier hängenbleibe, um so mehr kommt alles in Gefahr!

Charinus: (für sich) Was der wohl zu melden hat? Irgend etwas Schlimmes.

Acanthio: Die Knie versagen dem Läufer jetzt ihren Dienst. Mit mir ist's aus! Die Milz ist im Aufruhr, greift das Zwerchfell an. Mit mir ist's aus. Ich finde keinen Atem mehr: Als Flötenspieler wär' ich jetzt kaum zu brauchen. Alle Bäder bringen mir diese Müdigkeit nicht aus meinen Gliedern!

Charinus: (für sich) Nimm den Zipfel deines Umhangs, um dir den Schweiß abzuwischen!

Acanthio: Ob ich Charinus, meinen Herrn, im Haus oder draußen suchen muß?

Charinus: (für sich) Unruhig schwankt mein Gemüt. Aus Sorge und aus Furcht verlangt es mich zu wissen, was geschehen ist, daß ich Gewißheit habe.

Acanthio: Noch immer steh' ich da? Säume, die Tür da in Stücke zu hauen! He, macht endlich auf! Wo ist Charinus, mein Herr? Im Haus? Draußen? Findet irgendeiner es nötig, sich an die Tür zu bemühen?

Charinus: Hier bin ich, Acanthio, hier bin ich, den du suchst!

Acanthio: Noch fauler kann man nicht sein als die hier!

Charinus: Was für schlimme Dinge jagen und bedrängen dich denn?

Acanthio: Oh, viele, Herr, dich und mich!

Charinus: Was ist los?

Acanthio: Wir sind verloren!

Charinus: Deinen Feinden komme so!

Acanthio: Aber dir hat es das Schicksal zugedacht!

Charinus: Was ist geschehen? Sag es, was es immer ist!

Acanthio: Nur ruhig, erst muß ich zur Ruhe kommen. Deinetwegen hab' ich mir schon die Lunge zersprengt. Blut muß ich längst schon spucken!

Charinus: Schluck ein wenig ägyptisches Harz, in Honig eingetaucht, das hilft dir sicher!

Acanthio: Und du säufst am besten heißes Pech, deinen Kummer zu vertreiben!

Charinus: Jähzorniger fand ich niemand als dich.

Acanthio: Schmähsüchtiger fand ich niemand als dich.

Charinus: Was? Wenn ich dir rate, was dir heilsam ist?

Acanthio: Bleib mir vom Leib mit einem Heil, das einem Qual und Marter bringt.

Charinus: Sag mir, kann es irgend etwas Gutes geben, ohne daß es mit Übel vermischt ist? Ist es nicht immer mit Mühe verbunden, wenn du etwas erreichen willst?

Acanthio: Davon weiß ich nichts. Philosophieren hab' ich nie gelernt, und nach Gutem, das mir Schlimmes zufügt, trag' ich kein Verlangen.

Charinus: Gib mir die Hand, Acanthio, los, mach schon, gib sie!

Acanthio: Hier, da hast du sie; nimm sie!

Charinus: Willst du mir zu Willen sein, willst du es nicht?

Acanthio: Was ich getan habe, erlaubt mir, das aus Erfahrung zu wissen. Hab' ich mir doch die Lunge zersprengt. Deinetwegen bin ich so gerannt, daß du möglichst rasch erfahren solltest, was ich erfahren habe.

Charinus: Frei will ich dich machen, schon in den nächsten Monaten.

Acanthio: Du schmeichelst mir doch nur!

Charinus: Würd' ich es wagen, dir irgend etwas irgendwann anzukündigen, das unwahr wäre? Daß ich lügen will, würdest du merken, bevor ich ein Wort gesagt habe.

Acanthio: Ah, dein Geschwätz ermüdet mich, du bringst mich um!

Charinus: So bist du mir also zu Willen?

Acanthio: Was denn nur? Was soll ich?

Charinus: Das, was ich will.

Acanthio: Was also, was ist es, was du willst?

Charinus: Ich will's dir sagen.

Acanthio: So sag es doch!

Charinus: Ganz sanft und ruhig aber.

Acanthio: Fürchtest du, du würdest das eingeschlafene Publikum aus seinen Träumen aufwecken?

Charinus: Wehe dir!

Acanthio: Das allerdings bring' ich dir vom Hafen –

Charinus: Was? Was bringst du? Sag es!

Acanthio: Gewalt, Angst und Qual, Sorge, Streit und Not.

Charinus: Mit mir ist's aus! Huh, was für eine Ladung voll Übel hast du mir angeschleppt! Ich bin nichts mehr!

Acanthio: Doch, doch, du bist –

Charinus: Ich weiß schon: Unglücklich bin ich, wirst du sagen.

Acanthio: Nun, ich schwieg, aber gesagt hab' ich es dir

Charinus: Was für ein Übel ist es?

Acanthio: Frag nicht! Ein Unheil schlimmster Art!

Charinus: Bitte – gib mir Gewißheit! Meine Seele schwankt zu lange schon zwischen Furcht und Hoffnung.

Acanthio: Ruhig! Erst will ich noch vieles in Erfahrung bringen, bevor ich meine Prügel kriege.

Charinus: Prügel kriegst du wahrhaftig, wenn du jetzt nicht redest oder ganz schnell von hier verschwindest!

Acanthio: Oh, wie sanft gestreichelt! Niemand schmeichelt besser, wenn er einmal damit angefangen hat.

Charinus: Ich fleh' dich an, ich bitte dich, sag mir augenblicklich, was los ist. Ich sehe, meinen eignen Sklaven muß ich auf den Knien darum bitten.

Acanthio: Und dessen bin ich dir würdig?

Charinus: Doch, für würdig, wirklich!

Acanthio: Das hab' ich doch gemeint!

Charinus: Was ist, bitte, ging etwa das Schiff verloren?

Acanthio: Nein, das Schiff ist heil, fürchte nichts!

Charinus: Das Segelwerk?

Acanthio: In bester Ordnung.

Charinus: Willst du mir endlich erklären, weshalb du durch die Stadt rennst und mich suchst?

Acanthio: Du läßt mich ja nicht reden, du reißt mir das Wort vom Mund weg!

Charinus: Ich bin schon still!

Acanthio: Dann schweige! Wie heftig würdest du mich wohl bestürmen, wenn ich eine gute Nachricht brächte, da du mich jetzt, wo es Schlimmes zu hören gibt, so zum Reden drängst.

Charinus: Beim Herkules beschwör' ich dich, offenbare mir dieses Unheil!

Acanthio: Nun gut, ich will es sagen – wenn du mich schon darum bittest. Nun, dein Vater –

Charinus: Was – was ist mit meinem Vater?

Acanthio: – hat dein Mädchen –

Charinus: Was? Er hat sie – was – ?

Acanthio: Gesehen hat er sie!

Charinus: Er sah sie? Weh mir! Ich Unglücklicher! Antworte mir jetzt, wonach ich frage!

Acanthio: So frag doch, wenn du etwas wissen willst!

Charinus: Wie konnt' er sie nur sehen?

Acanthio: Mit den Augen.

Charinus: Wie war das möglich?

Acanthio: Er hatte sie gerade offen, die Augen.

Charinus: Geh zum Henker! Machst du Witze, wo's um mein Leben geht?

Acanthio: Verdammt, mach ich Witze, wenn du fragst und ich dir antworte?

Charinus: Bist du sicher, daß er sie gesehen hat?

Acanthio: So sicher, wie ich dich und wie du mich siehst.

Charinus: Wo hat er sie gesehen?

Acanthio: Drin im Schiff. Als er ganz nahe bei ihr stand; er hat mit ihr gesprochen.

Charinus: O Vater, ins Verderben hast du mich gestürzt! Und du, du Schuft? Wieso hast du nicht dafür gesorgt, daß er sie nicht zu Gesicht bekam? Warum, du Verbrecher, hast du sie nicht versteckt, so daß mein Vater sie nicht entdecken konnte?

Acanthio: Weil wir mit unsern Angelegenheiten so beschäftigt waren: Wir waren eifrig dabei, die Segel einzuholen und zusammen zu falten, und noch während dies geschah, kam dein Vater plötzlich in einem kleinen, schnellen Boot angefahren. Keiner sah ihn, bis er auf einmal das Schiff betrat.

Charinus: O Meer, umsonst bin ich deinen Stürmen entkommen! Ich glaubte mich auf festem Boden und in Sicherheit; nun aber seh' ich, wie mich tobende, aufgewühlte Fluten auf die Felsen tragen. Aber erzähle weiter, was geschehen ist.

Acanthio: Nachdem er sich das Mädchen angesehen hatte, fing er an, sie auszufragen, wem sie gehöre.

Charinus: Und was sagte sie?

Acanthio: Ich sprang sogleich hinzu, fiel ihr in die Rede und sagte, du hättest sie deiner Mutter als Magd gekauft.

Charinus: Und glaubte er das?

Acanthio: Das fragst du noch? Aber dann begann der alte Sünder, sie rundum zu betasten.

Charinus: Zu betasten? Sie?

Acanthio: Sicher nicht mich.

Charinus: O weh, mein armes Herz! Es tropft dahin, schwindet, wie sich Salz in Wasser löst. Mit mir ist's aus!

Acanthio: Ein allzu wahres Wort! Was für eine dumme Sache das ist!

Charinus: Was soll ich tun? Ich glaube nicht, daß mir mein Vater glaubt, wenn ich ihm sage, daß ich sie für meine Mutter gekauft habe. Es scheint es mir auch nicht recht, wenn ich den Eltern eine Lüge erzähle. Und dann – er glaubt es nicht – es ist auch nicht glaubhaft, daß ich mir ein so hübsches Mädchen nur darum gekauft habe, um es meiner Mutter als Magd zu überlassen.

Acanthio: Willst du still sein, Dummkopf? Sicher glaubt er es. Er hat es auch mir geglaubt!

Charinus: Ich fürchte, Argwohn wird ihn ergreifen, ob das alles auch stimmt. Antworte mir auf eine Frage noch!

Acanthio: Bitte, was hast du zu fragen?

Charinus: Schien es dir, er hätte Verdacht geschöpft, das Mädchen könne meine eigene Geliebte sein?

Acanthio: Nein, das schien mir gar nicht so. Er hat mir schließlich alles ohne weiteres geglaubt.

Charinus: Ja, ja, das schien dir so!

Acanthio: Nein, wirklich, er hat's mir geglaubt!

Charinus: Ich Unglücklicher, mit mir ist's aus! Aber, was will ich hier mit Klagen zugrunde gehen? Warum geh' ich nicht zum Schiff? Komm mit!

Acanthio: Wenn du in die Richtung gehst, läufst du dem Vater gerade in den Weg. Wenn er dann sieht, wie du voll Angst bist und ganz entgeistert: Grad auf der Stelle hält er dich zurück und fragt dich aus. Von wem hast du sie gekauft? Wieviel hast du bezahlt? Du bist verwirrt, und er wird dich in die Enge treiben.

Charinus: Lieber dann in die andre Richtung. Meinst du, mein Vater ist bereits vom Hafen weggegangen?

Acanthio: Deswegen bin ich doch vorausgerannt, daß dein Vater dich Nichtsahnenden nicht so überrascht und alles aus dir herauslockt.

Charinus: Das war gut.

Beide gehen ab

Dritte Szene

Demipho tritt auf

Demipho: Wie seltsam treiben doch die Götter
ihre Spiele mit uns Menschen.
Wie seltsam schicken sie in unsern Schlaf die Träume.
So hatt' ich im Traum vergangne Nacht
der Aufregung genug und war
ein schwer geprüfter Mann.
Im Traum sah ich mich selbst,
wie ich mir eine Ziege kaufte.
Damit ihr jene andre Ziege, die bereits
in meinem Haus war, nicht ein Leid zufügen könnte,
auch damit kein Streit entstünde zwischen ihnen,
wenn sie beide nun zusammen wären,
gab ich – wie gesagt, in meinem Traum –
die neugekaufte Ziege in die Obhut eines Affen.
Kurz darauf kommt dieser Affe dann
zu mir, verwünscht mich und beschimpft mich:
Wegen dieser Ziege, sagt er, weil sie in sein Haus
gekommen sei, hab' er sich Schande zugefügt
und Schaden – und nicht wenig.
Diese Ziege nämlich, sagt er, die zur Pflege
ich ihm anvertraut, hab' ihm die Mitgift seiner Frau
bis auf das letzte Restchen aufgefressen.
Das erschien mir denn doch seltsam:
Die eine Ziege sollt' dem Affen in der kurzen Zeit
die Mitgift seiner Frau gefressen haben?
Der Affe bleibt dabei, so sei es, schließlich sagt er noch,
wenn ich sie augenblicklich nicht aus seinem Hause
schaffe – ohne jeglichen Verzug –
so werde er die Ziege in mein Haus,
zu meiner Ehegattin bringen.
Ich aber war – in meinem Traum –
der kleinen Ziege herzlich zugetan, hatt' aber niemand,
dem ich sie jetzt anvertrauen konnte; und die Sorge,
was ich machen sollte, quälte mich so mehr und mehr.
Doch unterdessen kam – in meinem Traum –
ein junger Bock dahergesprungen;
er begann, zu mir zu reden, sagte,
diese Ziege hab' er selbst bereits vom Affen weggeführt, und fing dann an, mich auszulachen.
Ich dagegen trauerte, mußt' es mit Ingrimm dulden,
daß die Ziege weggeführt und mir genommen wurde.
Es gelingt mir nicht, herauszufinden,
worauf dieser Traum hinauswill. Eines nur,
so scheint mir, hab' ich schon herausgefunden:
Wer die Ziege ist, was sie in meinem Traum bedeutete.
Bei Tagesanbruch ging ich heute früh
hinaus zum Hafen.
Nachdem ich dort erledigt, was ich zu besorgen hatte,
seh' ich das Schiff, mit dem mein Sohn aus Rhodos
gestern hergesegelt kam. Aus irgendeinem Grund
bekomm' ich Lust, es zu besichtigen.
Ich steig' ins Boot, ich fahre rasch zum Schiff,
erblicke dort ein Mädchen, oh, von einer Schönheit –
wunderbar! Mein Sohn hat es aus Rhodos mitgebracht
als Magd für seine Mutter.
Kaum hab' ich sie gesehen, lieb' ich sie. Nicht so,
wie Menschen von Vernunft zu lieben pflegen, nein,
auf solche Art, wie nur Verrückte lieben. Einst,
in meiner Jugend, hab' ich doch wahrhaftig auch geliebt,
doch nie auf solche Weise, wie ich jetzt vor Liebe
toll und närrisch bin. Beim Herkules, das eine weiß ich:
Ganz und gar bin ich zugrund gerichtet.
Seht doch selbst, wieviel noch an mir ist!
Doch das ist sicher so: Das Mädchen ist die Ziege.
Was der Affe und der Bock mir Übles bringen,
was von ihnen ich zu halten habe,
das weiß ich nicht.

Lysimachus tritt aus seinem Haus, mit ihm ein Sklave
Doch schweig' ich jetzt: Mein Nachbar
kommt soeben aus dem Haus.

Vierte Szene

Lysimachus: Wahrhaftig, diesen Bock,
kastrieren lass' ich ihn,
der euch auf unserm Landgut soviel Ärger macht!

Demipho: (für sich) Das Zeichen, dieses böse Omen
will mir nicht gefallen. Ob die eigne Frau am Ende mich
wie einen Bock kastriert? Der Nachbar dann
die Rolle jenes Affen spielt?

Lysimachus: Geh du hinaus aufs Landgut und sieh zu,
daß du die Hacken Gutsverwalter Pistus übergibst.
Und richte meiner Frau noch aus, ich hätte in der Stadt
noch ein Geschäft; sie soll mich also nicht erwarten.
Sag ihr, heute seien im Gericht noch drei Prozesse
zu entscheiden. Geh, und denk daran, es ihr zu sagen.

Sklave: Noch etwas?

Lysimachus: Nein, das ist alles.

Der Sklave geht ab

Demipho: (tritt vor) Sei gegrüßt, Lysimachus!

Lysimachus: Vortrefflich! Ich grüße dich, Demipho! Wie geht's dir? Was ist los?

Demipho: Ganz Entsetzliches.

Lysimachus: Mögen die Götter es zum Guten wenden!

Demipho: Die Götter haben es mir doch beschert.

Lysimachus: Was ist denn?

Demipho: Ich will es dir erzählen, wenn ich sehe, daß du Zeit und Muße dafür hast.

Lysimachus: Ich bin zwar beschäftigt, doch wenn du etwas von mir willst, mein Demipho: Zu keiner Zeit bin ich verhindert, für den Freund Zeit und Muße zu haben.

Demipho: Deine oft erprobte und bewährt Güte sagst du mir an. Nun gut, wie alt komm' ich dir so vor?

Lysimachus: Reif für die Unterwelt, ein Greis, so ziemlich abgelebt.

Demipho: Ganz falsch siehst du das! Ein Knabe bin ich, gerade sieben Jahre alt!

Lysimachus: Bist du noch bei Verstand, dich einen Knaben zu nennen?

Demipho: Ich sage dir die Wahrheit.

Lysimachus: Jetzt begreif' ich, was du sagen willst: Wenn ein Greis nicht mehr denken kann, weil er den Verstand verloren hat, sagt man von ihm, er werde wieder zum Kind.

Demipho: Im Gegenteil! Zweimal so geistesstark als früher bin ich.

Lysimachus: Gut, das freut mich!

Demipho: Wenn du erst wüßtest: Auch mit meinen Augen seh' ich besser als je zuvor.

Lysimachus: Das ist gut!

Demipho: Von etwas Schlimmem ist die Rede.

Lysimachus: Dann ist es nicht gut.

Demipho: Aber – kann ich's wagen, dir etwas im Vertrauen mitzuteilen?

Lysimachus: Sicher kannst du das.

Demipho: Dann hör mir zu!

Lysimachus: Ich bin ganz Ohr!

Demipho: Erst heute morgen hat für mich die Schule angefangen und – die ersten Wörter hab' ich bereits gelernt.

Lysimachus: Und welche sind das?

Demipho: Ich und Liebe: Ich, ich liebe.

Lysimachus: Du? Du liebst – mit deinem grauen Kopf? Ein Greis, obendrein der größte Nichtsnutz?

Demipho: Ob grau, ob rot, oder schwarz: Ich liebe.

Lysimachus: Demipho, ich glaube, jetzt hältst du mich zum Narren.

Demipho: Hau den Kopf mir ab, wie ich da stehe, wenn ich etwas sage, was nicht wahr ist. Oder nimm ein Messer, schneide mir Finger, Ohren, Nase, Lippen ab, um dich zu überzeugen, daß ich liebe. Wenn ich mich dabei irgendwie bewege oder spüre, wie du schneidest, dann, Demipho, dann – bring du mich statt des Mädchens um durch Lieben.

Lysimachus: Habt ihr das körperlose Bild, den bloßen Schatten eines Liebestollen gesehen? Da habt ihr ihn.Wirklich, meiner Meinung nach ist so ein abgelebter Greis nur ein Bild, ein Schatten an der Wand.

Demipho: Nun willst du mich wohl, tüchtig ausschelten?

Lysimachus: Was? Ich dich?

Demipho: Es gibt ja auch nichts, weswegen du mir zürnen könntest: Tu ich doch nur das, was auch andre Männer, höchst angesehene, vor mir taten. Menschlich ist es, wenn man liebt, menschlich ist es, zu verzeihen; schließlich trifft die Liebe uns durch die Macht der Götter. Drum tadle mich nicht: Mein Wille war es nicht, der mich dazu gebracht hat.

Lysimachus: Ich tadle dich ja nicht.

Demipho: Und denk deswegen auch nicht schlechter von mir!

Lysimachus: Ich von dir? Das mögen die Götter verhüten!

Demipho: Tu's auch wirklich nicht!

Lysimachus: Sicher nicht!

Demipho: Gewiß?

Lysimachus: Ah, du bringst mich um! Der Kerl ist vor Liebe ganz verrückt. Willst du sonst noch etwas?

Demipho: Dann leb wohl!

Lysimachus: Zum Hafen geh' ich. Ich habe dort zu tun.

Demipho: Viel Glück dazu!

Lysimachus: Viel Glück auch dir! Leb wohl!

Lysimachus geht ab

Demipho: Viel Glück auch dir! Auch ich hab' am Hafen noch ein Geschäft. Auf! Dorthin will ich gehn.

Charinus kommt

Doch halt, das trifft sich gut! Da seh' ich gerade meinen Sohn. Ich will ihn hier erwarten. – Jetzt muß ich ihn, so gut ich kann, überreden, das Mädchen wieder zu verkaufen, es nicht der Mutter zu übergeben. Wie ich gehört habe, hat er es ja als Geschenk für sie hergebracht. Aber Vorsicht ist geboten! Nicht daß er irgendwie dahinterkommt, wie sehr ich mein eignes Denken und Trachten schon auf sie gerichtet habe.

Fünfte Szene

Charinus: Kein Mensch ist, glaub' ich, schlimmer dran
als ich, und keinem widerfahren Mißgeschicke mehr
als mir. Ist es nicht so, daß alles, was ich auch beginne,
mir mißlingt und daß ich nichts erreiche, was ich will?
So stellt sich immer irgend etwas Übles mir entgegen,
das zunichte macht, was ich so gut geplant.
Ich Unglückseliger hab' eine Liebste,
meinem Herzen folgend, mir erworben,
sie für einen teuren Preis an mich gerissen,
war überzeugt, verborgen halten könn' ich es
vor meinem Vater. Er – entdeckt es, sieht sie
und vernichtet mich. Ich weiß nicht, was ich sagen soll,
wenn er mich fragt: – Zehn Seelen scheiden
unentschieden sich in meiner Brust.
Ich weiß nicht, wie mit klarem Kopf Entschlüsse fassen,
so bin ich verwirrt und voller Sorge.
Bald gefällt mir dieser Ratschlag meines Sklaven,
bald nicht, und daß der Vater je dahin zu bringen ist,
zu glauben, ich hätt' dieses Mädchen nur erworben,
sie als Magd für meine Mutter – nein, unmöglich –.
Wenn ich ihm sage, wie sich das in Wirklichkeit verhält,
ihm eingestehe, daß ich sie für mich gekauft,
was wird er von mir denken? Mir entreißen wird er sie,
sie übers Meer wegschaffen, dort verkaufen:
Weiß ich doch aus eigener Erfahrung,
wie er streng und unerbittlich sein kann.
Lieben – also das ist Lieben? Lieber pflügen
als auf diese Weise lieben! Damals schon hat er mich
gegen meinen Willen von zu Hause weggejagt,
zu dieser Handelsreise mich genötigt:
Dieses Unglück hab' ich mir so eingehandelt.
Wo Kummer jede Lust besiegt,
was ist dort angenehm und lieblich?
Ganz umsonst hab' ich sie nun verheimlicht,
sie versteckt, vor ihm verborgen:
Eine Fliege ist mein Vater; überall ist er,
und nichts kann man vor ihm verborgen halten.
Sei irgend etwas heilig, oder auch profan:
Er ist sogleich dabei.
Ich weiß nicht, wie ich da noch zuversichtlich sein soll,
wie mir da noch irgendeine Hoffnung bleibt.

Demipho: Was redet mein Sohn so vor sich hin? Über irgend etwas scheint er erregt, ja verstört zu sein.

Charinus: Heieieiei! Da ist tatsächlich mein Vater! Ich geh' zu ihm, sprech' ihn an. (Er geht zu Demipho) Wie geht es, Vater?

Demipho: Woher kommst du? Was hast du's so eilig?

Charinus: Schon recht, Vater.

Demipho: Du kommst mir gerade gelegen. Doch was hast du? Weshalb bist du bleich? Fehlt dir etwas?

Charinus: Ich weiß nicht was, irgend etwas liegt mir auf der Seele, Vater. Diese Nacht hab' ich nicht gut geschlafen, war nachher nicht so richtig ausgeruht, wie ich es gern gewesen wäre.

Demipho: Du warst zu lange auf dem Meer, deine Augen sind das feste Land nicht mehr gewohnt.

Charinus: Ich glaube eher –

Demipho: Doch, das ist es – sicher. Es geht schnell vorüber. Also deshalb bist du so blaß. Wenn du vernünftig bist, gehst du nach Haus und legst dich hin.

Charinus: Dazu hab' ich wirklich keine Zeit. Aufträge, die mir übertragen wurden – ich will sie zuvor erledigen.

Demipho: Ah, mach das morgen – oder übermorgen!

Charinus: Hab' ich es doch oft, Vater, von dir gehört: Dem klugen Kaufmann ziemt es, gleich sofort, vor allem andern, zu erledigen, was ihm übertragen wurde.

Demipho: Nun gut, dann tu es. Auf keinen Fall will ich mich deinem Willen widersetzen.

Charinus: (für sich) Ich bin gerettet, wenn ich diesem Wort für alle Zeit und unbedingt vertrauen kann.

Demipho: (für sich) Was ist nur, weshalb wendet er sich von mir ab, geht mit sich selbst zu Rat? Er kann doch kaum schon herausgefunden haben, daß ich dieses Mädchen liebe; ich habe mich doch auch nicht läppisch und dumm benommen, wie Verliebte es tun.

Charinus: (für sich) Bis jetzt jedenfalls ist noch alles sicher. Ich bin ganz sicher, von der Geliebten hat er keine Ahnung. Wüßt' er schon davon, würd' es ganz anders tönen.

Demipho: (für sich) Los, was mach' ich mich nicht an ihn wegen ihr?

Charinus: (für sich) Los, was mach' ich mich nicht fort von hier? (laut) Ja, ich, ich geh' nun, etwas zu erledigen, was mir die Freunde als Freund aufgetragen haben.

Demipho: Warte! Ich muß dich erst noch etwas fragen – ein paar Worte nur.

Charinus: Was willst du? Frage!

Demipho: Hm – ja, ging es dir immer gut auf deiner Reise?

Charinus: Immer – wenigstens, solang ich auf der Reise war. – In der Tat, seit meiner Ankunft hier im Hafen lastet mir irgend etwas irgendwie auf der Seele.

Demipho: Ja – die Seekrankheit! Die wird schuld daran sein. Aber das geht schnell vorüber. Übrigens – du hast da irgendeine Magd aus Rhodos mitgebracht für deine Mutter?

Charinus: Ja, das hab' ich.

Demipho: Und? Was hältst du von dem Mädchen?

Charinus: Nun, sie ist nicht häßlich.

Demipho: Ihr Charakter?

Charinus: Könnte nicht besser sein, glaub' ich.

Demipho: Nun, mir, als ich sie sah, schien es doch...

Charinus: Ah, du hast sie schon gesehen, Vater?

Demipho: Ja, aber das ist nichts für uns, sie gefällt mir ganz und gar nicht.

Charinus: Aber warum denn?

Demipho: Weil sie – weil sie so eine Art hat, die für unser Haus nicht paßt. Wir brauchen eine Magd, die nichts als webt, Getreide mahlt, Holz spaltet, ihre Wollarbeit erledigt, unser Haus sauber hält, verprügelt wird, täglich das Essen für den ganzen Haushalt kocht: Von dem allem scheint die mir nicht viel zu verstehen.

Charinus: Richtig. Gerade deshalb hab' ich sie ja gekauft, um sie der Mutter als Geschenk zu geben. Sie soll ihr als Zofe dienen.

Demipho: Nein, gib sie ihr nicht! Und sag ihr auch nicht, daß du sie mitgebracht hast.

Charinus: (für sich) Die Götter stehen mir bei.

Demipho: (für sich) So nach und nach krieg' ich ihn weich! (laut) Und dann, was ich noch sagen wollte: Sie könnte niemals als Begleiterin der Mutter gebührend und schicklich auf der Straße folgen. Ich würde das auch nicht gestatten.

Charinus: Aber warum nur?

Demipho: Es wär' doch ein Skandal, wenn sie – mit ihrem Aussehen – hinter unsrer Mutter herginge. Wenn sie durch die Straßen geht, betrachten sie doch alle, gaffen, nicken, pfeifen, foppen sie und sticheln, zwinkern mit den Augen, rufen ihr nach, belästigen sie gar. Vor unsrer Tür ertönen schmachtende Gesänge, aufgemalt mit Kohle werden Liebeslieder unsern Eingang verzieren. Schließlich, die Menschen sagen uns nur allzugern Böses nach, wirft man uns noch vor, wir würden Kuppelei betreiben, ich und meine Frau. Was soll das nur?

Charinus: Beim Herkules, ja, irgendwie hast du recht. Ich muß dir zustimmen. Aber was wird nun mit dem Mädchen?

Demipho: Das kommt schon in Ordnung. Deiner Mutter kauf' ich eine Magd, eine handfeste und tüchtige, die aber häßlich ist, wie es sich für eine Ehefrau und Mutter schickt, aus Syrien eine oder aus Ägypten. Die mahlt, macht ihre Wollarbeit, kocht, kriegt ihre Prügel, bringt uns aber keine Schande über das Haus.

Charinus: Wie wär' es, wenn das Mädchen dem Mann zurückgegeben würde, von dem ich sie gekauft habe?

Demipho: Niemals, nein, auf keinen Fall!

Charinus: Er sagte mir, wenn sie uns nicht gefalle, nehm' er sie wieder zurück.

Demipho: Das muß nicht sein, nein. Ich will in keinen Streit verwickelt werden, will auch nicht, daß man sich über deine Zuverlässigkeit beschweren kann. Wenn etwas geschehen muß, will ich lieber den Schaden auf mich nehmen, als daß Schimpf und Weiberschande aus unserm Hause öffentlich bekannt wird. Auch glaub' ich, daß ich sie dir mit etlichem Gewinn verkaufen kann.

Charinus: Wenn du sie nur nicht billiger verkaufst, als ich sie kaufte.

Demipho: Gib dich zufrieden. Ein gewisser alter Herr gab mir bereits den Auftrag, sie für ihn zu kaufen, – ich meine, eine von ihrer Art.

Charinus: Auch mir gab ein gewisser junger Mann den Auftrag, eine ihrer Art, genauso wie das Mädchen ist, für ihn zu kaufen, Vater.

Demipho: Ich glaube, zwanzig Minen könnt' ich für sie bekommen.

Charinus: Wenn ich wollte, ich – mir würden siebenundzwanzig Minen für sie bezahlt.

Demipho: Ich aber –

Charinus: Ich doch, wie ich dir sage –

Demipho: Ah, du weißt ja gar nicht, was ich sagen will! Schweig jetzt!

Er wendet sich um und blickt ins Publikum

Drei Minen kann ich noch dazutun, daß es dreißig werden.

Charinus: Wohin schaust du denn?

Demipho: Zu meinem Käufer.

Charinus: Wo in aller Welt ist der Mensch?

Demipho zeigt auf einen Zuschauer

Demipho: Da seh' ich ihn, grad dort sitzt er! Noch fünf Minen soll ich dazutun, wie er mir soeben anzeigt.

Charinus: Die Götter mögen ihn dafür bestrafen, wer er auch sei!

Demipho: Und eben nickt er mir zu, sechs Minen soll ich noch dazutun.

Charinus: Mir winkt meiner: sieben!

Demipho: Nie kann der mich heute überbieten.

Charinus: Schwere Minen bietet er mir!

Demipho: Vergebens bietet er. Ich will sie, und ich werde sie haben!

Charinus: Aber – meinem Käufer wurde sie zuerst versprochen.

Demipho: Ist mir egal!

Charinus: Er bietet fünfzig Minen!

Demipho: Nicht für hundert kriegt er sie! Hörst du jetzt endlich auf, gegen meinen dringenden und ernsten Wunsch zu bieten? Kannst du das? Ein riesiger Gewinn ist dir sicher: denn so ist der Alte, der sie kaufen will; vor Liebe zu dem Mädchen hat er bereits den Verstand verloren. Was immer du forderst: du bekommst es.

Charinus: Aber der junge Mann, für den ich sie kaufe, stirbt vor Liebe zu dem Mädchen.

Demipho: Wenn du wüßtest: Viel heftiger noch liebt sie der Alte.

Charinus: Nein, einen Alten, der so verrückt vor Liebe ist wie der Jüngling, für den ich mich bemühe, den hat es nie gegeben, wird es nie geben.

Demipho: Und ich sage dir, sei endlich still. Ich bringe die Sache selbst in Ordnung.

Charinus: Hör doch!

Demipho: Was ist?

Charinus: Rechtskräftig und vor Zeugen hab' ich sie noch gar nicht übernommen.

Demipho: Jener wird sie übernehmen. Laß das jetzt!

Charinus: Nach dem Gesetz kannst du sie gar nicht verkaufen!

Demipho: Irgend etwas fällt mir schon ein.

Charinus: Und überhaupt gehört sie mir ja gar nicht allein. Sie ist gemeinsamer Besitz von mir und einem anderen. Wie kann ich wissen, welcher Meinung der ist? Will er sie verkaufen? Will er nicht?

Demipho: Er will. Das weiß ich sicher.

Charinus: Wie ich ihn kenne, will er nicht.

Demipho: Warum soll mich das etwas kümmern?

Charinus: Weil es ihm zusteht, über das, was ihm gehört zu verfügen.

Demipho: Was soll das? Höre...

Charinus: Wie ich doch sagte, sie gehört mir gemeinsam mit ihm. Er ist aber jetzt nicht hier am Ort.

Demipho: Du gibst die Antwort, bevor ich frage.

Charinus: Und du, du kaufst, bevor ich verkaufe, Vater. Wie ich dir sage: ich weiß nicht, ist er bereit sie wegzugeben oder nicht.

Demipho: Was? Wenn sie von dem gekauft wird, der dich beauftragt hat, dann ist er einverstanden? Wenn ich für meinen Auftraggeber sie kaufen will, dann nicht? Damit erreichst du nichts! Wahrhaftig, niemals soll ein anderer sie haben als der Mann, den ich will.

Charinus: Ist das sicher?

Demipho: Zweifelst du daran? Augenblicklich geh ich zum Schiff. Dort wird sie verkauft.

Charinus: Soll ich mit zum Hafen gehen?

Demipho: Nein, das will ich nicht.

Charinus: Gefällig bist du nicht gerade.

Demipho: Besser, du erledigst jetzt erst einmal, was man dir aufgetragen hat.

Charinus: Du hältst mich ja davon ab!

Demipho: Gib mir die Schuld dafür: Ich hätte dich mit anderem beschäftigt. Aber eines sag' ich dir: Zum Hafen gehst du nicht!

Charinus: Ich muß gehorchen.

Demipho: Und ich geh' zum Hafen. (im Abgehen für sich) Aber – ich muß größte Vorsicht walten lassen, nicht daß er am Ende noch was merkt. Ich will sie drum nicht selber kaufen: Meinem Freund Lysimachus will ich dazu den Auftrag geben. Er sagte doch vorhin, er wolle auch zum Hafen gehen. Doch ich halte mich nur auf, wenn ich hier länger stehen bleibe.

Demipho geht ab

Sechste Szene

Charinus: Jetzt ist's aus! Das ist mein Untergang!
In Stücke rissen rasende Mänaden
aus dem Schwarm des Bacchus einst den Pentheus,
wie es mich nun auseinanderreißt, hierhin und dorthin.
Warum leb' ich noch? Warum soll ich nicht sterben?
Was kann ich vom Leben Gutes noch erwarten?
Nein, es ist entschieden: Wenn mir das entrissen wird,
was mir als einziges das Leben lebenswert
erscheinen läßt, so such' ich einen Arzt auf, und bei ihm
geb' ich mit einem Gift den Tod mir.

Eutychus kommt aus dem Haus des Lysimachus

Eutychus: Charinus, warte, warte doch!

Charinus: Wer ruft mich zurück?

Eutychus: Eutychus, dein Gefährte, dein Freund, dein nächster Nachbar noch dazu.

Charinus: Eutychus, weißt du, was ich Schlimmes ertragen muß?

Eutychus: Ich weiß alles. Von der Tür aus hab' ich alles angehört, ich kenne die ganze Sache.

Charinus: Was weißt du denn?

Eutychus: Dein Vater will verkaufen –

Charinus: Und damit hast du alles.

Eutychus: – die Geliebte –

Charinus: Allzuviel weißt du.

Eutychus: – zu deinem Leid.

Charinus: Unendlich viel weißt du. Doch – die Geliebte? Woher weißt du, daß das Mädchen meine Geliebte ist?

Eutychus: Du hast mir doch alles gestern selber erzählt!

Charinus: Ich hab' es dir erzählt? Und es schon vergessen?

Eutychus: Das ist wirklich kein Wunder.

Charinus: Einen Rat will ich von dir. Antworte mir: Womit soll ich mich töten, daß ich mich am sichersten umbringe?

Eutychus: Willst du schweigen? Hüte dich, so etwas zu sagen.

Charinus: Was willst du, was soll ich denn sagen?

Eutychus: Deinen Vater leg' ich schon herein. Willst du, daß ich das tue? Ich könnt' ihn ganz schön anschmieren.

Charinus: Natürlich will ich das!

Eutychus: Willst du? Ich geh' zum Hafen –

Charinus: Warum fliegst du nicht?

Eutychus: – und hole sie heraus, mit Geld.

Charinus: Warum wiegst du sie nicht gleich mit Gold auf?

Eutychus: Und woher soll das kommen?

Charinus: Den Achilles bitt' ich, er soll mir das Gold schenken, womit man ihm Hektors Leichnam aufwog.

Eutychus: Bist du bei Verstand?

Charinus: Wär' ich es, müßt' ich dich nicht bitten, mein Arzt zu sein.

Eutychus: Ich soll sie für ebensoviel kaufen, wie er selbst vorhin geboten hat?

Charinus: Gib ihm lieber tausend Silbermünzen mehr, als er fordert.

Eutychus: Schluß damit! Was soll das alles? Woher soll das Geld kommen, das du geben mußt, wenn es dein Vater fordert?

Charinus: Das findet sich; man sucht, und irgend etwas wird geschehen. Du bringst mich um damit!

Eutychus: Grad dieses »irgend etwas wird geschehen« macht mir große Sorge.

Charinus: Hörst du endlich auf damit?

Eutychus: Ich schweige; du sagst, was zu tun ist.

Charinus: Ist mein Auftrag klar?

Eutychus: Kannst du jetzt an etwas anderes denken?

Charinus: Nein, das kann ich nicht.

Eutychus: So lebe wohl!

Charinus: Auch das ist nicht möglich, bis du wieder da bist.

Eutychus: Besser, du bist vernünftig!

Charinus: Lebe wohl, hab Erfolg und rette mich!

Eutychus: Ich werde das schon schaffen! Warte im Haus auf mich!

Charinus: Mach nur schnell, daß du bald die Beute heimbringst!

Eutychus geht ab in Richtung Hafen, Charinus geht in das Haus des Demipho

Siebte Szene

Lysimachus und Pasicompsa kommen

Lysimachus: Freundschaftlich hab' ich mich dem Freund erwiesen, habe meinem Nachbarn die Ware eingekauft, die er wünschte. Du bist mein, folge mir. Weine nicht: Dumm ist das von dir; so verdirbst du deine schönen Augen. Hast du doch mehr Grund zum Lachen als zum Klagen.

Pasicompsa: Bitte, sag mir, mein alter Herr –

Lysimachus: Frage, was du willst!

Pasicompsa: Warum hast du mich gekauft?

Lysimachus: Ich dich? Damit du tust, was dir befohlen wird – dasselbe, was auch ich tun will, wenn du's von mir verlangst.

Pasicompsa: Ich will sicher alles tun, was du, wie ich vermute, von mir willst – so gut ich es vermag und verstehe.

Lysimachus: Mühsames werd' ich von dir auf keinen Fall verlangen.

Pasicompsa: Vom Lasten tragen, Tiere hüten auf dem Land versteh ich freilich nichts, alter Herr, auch Kinder großziehen kann ich nicht.

Lysimachus: Wenn du immer anständig sein willst, wird es dir auch immer gut ergehen.

Pasicompsa: Weh, ich Arme, dann geht's mir schlecht.

Lysimachus: Wieso denn?

Pasicompsa: Weil es dort, von wo man mich hierher gebracht hat, meistens denen gut geht, welche – unanständig sind.

Lysimachus: Du sagst, anständig sei – in dem Sinn – gewissermaßen keine Frau.

Pasicompsa: Das sag' ich nicht. Es ist nicht meine Art, zu sagen, was jeder weiß, wie ich glaube.

Lysimachus: Die Art, wie das Mädchen redet, ist ja mehr wert als das Geld, das man für sie bezahlt hat. Eines noch will ich dich fragen.

Pasicompsa: Wer fragt, dem will ich antworten.

Lysimachus: Sag mir, wie du heißt.

Pasicompsa: Ich heiße Pasicompsa. Pasicompsa ist ein »sprechender« griechischer Name: »in allem fein und witzig«.

Lysimachus: Dein Name ist fein und witzig wie du selbst. Doch, Pasicompsa, sag mir: Kannst du, wenn es sich so gibt, auf feine Art – den Faden spinnen?

Pasicompsa: Oh, das kann ich schon.

Lysimachus: Ich bin sicher, wenn du's auf feine Art verstehst, kannst du's auch auf – auf ergiebigere Weise.

Pasicompsa: Was Wollarbeit betrifft, jeglicher Art, muß ich keine fürchten, die in meinem Alter ist.

Lysimachus: Mädchen, ich glaube, du bist wirklich gut und wacker, wenn du in deinem frühen Alter schon so gut den Dienst verrichten kannst.

Pasicompsa: Was das betrifft: Darauf versteh' ich mich vorzüglich. Nie lass' ich es zu, daß jemand Grund hat, sich über meine Dienste zu beklagen.

Lysimachus: Nun, du weißt, was deine Sache ist. Ich überlasse dir ein Schaf als Eigentum; schon etwas alt, so sechzig Jahre.

Pasicompsa: Was? So alt, mein Herr?

Lysimachus: Herkunft und Art sind eben – griechisch. Wenn du dich gehörig um es kümmerst und es recht pflegst, ist es ganz gut und läßt sich von dir ganz artig – scheren.

Pasicompsa: Dich zu ehren, Herr, wird mir willkommen sein, was du mir gibst.

Lysimachus: Doch, Mädchen, daß du dich nicht täuschst: Nicht ich bin es, dem du gehörst; das darfst du nicht glauben.

Pasicompsa: Dann sag mir bitte: Wem gehör' ich denn?

Lysimachus: Du wurdest eigentlich von deinem Herrn gekauft, der dich bereits besaß. Ich habe dich nur gekauft, weil er mich darum gebeten hat.

Pasicompsa: Ich lebe wieder auf, wenn er mir seine Treue doch bewahrt hat.

Lysimachus: Sei guten Muts. Der Mann läßt dich sicher bald frei. Obwohl er dich heute zum ersten Mal sah, ist er schon zum Sterben in dich verliebt.

Pasicompsa: Was sagst du? Es ist doch schon zwei Jahre her, seit er die Sache mit mir anfing. Jetzt darf ich's dir ja sagen, da ich weiß, daß du sein Freund bist.

Lysimachus: Wie? Zwei Jahre schon betreibt er die Sache da mit dir?

Pasicompsa: Gewiß. Und gegenseitig haben wir uns geschworen – ich ihm wie er mir – daß keiner von uns beiden sich durch Treubruch das Haupt besudeln und mit andern schlafen soll: Ich mit keinem Mann und er mit keiner Frau; nur er mit mir und ich mit ihm.

Lysimachus: Was? Nicht einmal mit seiner Frau – darf er schlafen?

Pasicompsa: Was redest du von einer Ehefrau? Die hat er nicht. Und er wird sie auch nicht haben! Niemals wollt' ich das.

Lysimachus: Der Kerl hat falsch geschworen.

Pasicompsa: Keinen Jüngling lieb' ich mehr als ihn!

Lysimachus: O ja, er ist sicher noch ein Knabe, du Törin! Lang ist's ja noch nicht her, seit ihm die Zähne ausgefallen sind.

Pasicompsa: Die Zähne? Was?

Lysimachus: Nun, das hat nichts zu sagen. Komm jetzt mit! Für den einen Tag nur hat er mich gebeten, dich in mein Haus zu nehmen, weil die Frau gerade auf dem Landgut ist.

Lysimachus und Pasicompsa gehen in das Haus des Lysimachus

 

*

Pause

*


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