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Vorsaal in Flottwells Schloß. Mit Mittel- und vier Seitentüren, vorne ein Fenster. Dienerschaft in reichen Livreen ist im Saale beschäftigt. Einige tragen auf silbernen Tassen Kaffee, Tee, Champagner, ausgebürstete Kleider nach den Gemächern der Gäste. Fritz und Johann ordnen an. Ein paar Jäger putzen Gewehre.
Chor.
Hurtig! Hurtig! Macht doch weiter!
Holt Champagner! Kaffee! Rum!
Bringt den Gästen ihre Kleider,
Tummelt euch ein wenig um.
Alles sei hier vornehm, groß
In des reichen Flottwells Schloß.
(Im Hofe ertönen Jagdhörner. Alle ab bis auf Fritz und Johann, welche ans Fenster treten.)
Fritz. Ja blast nur zu! Da könnt ihr noch lange blasen. Die Herrschaften sind erst aufgestanden. Heute wird es eine späte Jagd geben.
Johann. Das Spiel hat ja bis zwei Uhr gedauert.
Fritz. Ja wenn sie nach dem Souper zu spielen anfangen! Da ist kein Ende.
Johann (lachend). Aber heute Nacht haben sie den Herrn schön gerupft.
Fritz. Ich kann mich ärgern, daß er so viel verspielt.
Johann. Warum denn? Er wills ja nicht anders. Die reichen Leute sollen die Langeweile bezahlen, die sie andern verursachen.
Fritz. Ah, über den gnädgen Herrn ist nichts zu sagen. Das ist ein wahrhaft nobler Mann. Er bewirtet nicht nur seine Freunde, er unterstützt die ganze Welt. Die Bauern, hör ich, zahlen ja fast niemals eine Abgabe.
Johann. Er hat mir nur zu heftige Leidenschaften. Wart, bis du ihn einmal in Wut erblickst. Da schont er weder sein noch eines andern Glück. Da kann alles zugrunde gehen.
Fritz. Aber wenn er sich besinnt, ersetzt ers sicher dreifach wieder.
Johann (achselzuckend). Ja! Wenns nur immer so fortgeht.
Fritz. Wer ist denn der junge Mann, der gestern angekommen ist? Ein scharmanter Mensch.
Johann. Das weiß ich nicht. Das wird sich schon noch zeigen. Für mich gibt es nur zweierlei Menschen. Menschen, die Trinkgeld geben, und Menschen, die keines geben. Das bestimmt meine Dienstfertigkeit.
Fritz. Ich finde, daß er sehr höflich ist.
Johann. Da wird er vermutlich sehr wenig geben. Wer mich mit Höflichkeit beschenkt, macht mich melancholisch. Aber wenn mir einer so einen Dukaten hinwirft und zuruft: Schlingel, heb ihn auf! da denk ich mir: Ha! welch eine Lust ist es, ein Schlingel zu sein!
Vorige. Pralling.
Pralling (tritt einen Schritt aus seinem Kabinett und ruft). He! Bediente!
Beide (sehen sich um). Ja! Befehlen?
Pralling. Ich habe schon zweimal geklingelt. Wollen Sie so gefällig sein, mir Rum zu bringen?
Johann (vornehm nickend). Sogleich, mein Herr! (Zu Fritz.) Hast du den gehört? Der hat mir in sechs Wochen noch keinen Pfennig Trinkgeld gegeben, und ein solcher Mann hat bei mir keinen Anspruch auf Rum zu machen. Den laß ich warten.
Fritz. Oh, auf den acht ich auch nicht. Der Herr hält ja nicht viel auf ihn.
Johann. Das ists, auf was man sehen muß. Auch der Kammerdiener mag ihn nicht.
Fritz. Nun, wenn ihn der nicht mag, da kann er sich bald aus dem Schlosse trollen. Der wird ihn schon gehörig zu verleumden suchen.
Johann. Ja, der reitet auf der Gunst des gnädgen Herrn, und niemand kann ihn aus dem Sattel werfen.
Fritz. Du kennst ja seinen Wahlspruch: Alles für den Nutzen meines gnädgen Herrn, und dabei stopft er sich die Taschen voll.
Johann. Das wird aber auch eine schöne Wäsche geben, wenn dem seine Betrügereien einmal ans Tagslicht kommen. Ich kenne keinen raffinierteren Schurken. Da ist unsereiner gerade nichts dagegen.
Vorige. Wolf aus dem Kabinette rechts. Sein Betragen ist gegen Diener sehr nobel stolz, gegen Höhere sehr demütig.
Wolf (hört die letzten Worte). Schon wieder Konferenz? Von wem war hier die Rede?
Johann. Von einem guten Freund.
Wolf. Nu ihr seid solcher Freundschaft wert! Ist alles besorgt? Die Gäste bedient?
Johann. Auf das pünktlichste!
Wolf. Der gnädge Herr läßt euch verbieten, von den Gästen Geschenke anzunehmen. Ihr habt sie von seiner Freigebigkeit zu fordern.
Beide. Dann haben wir dadurch gewonnen.
Wolf. Seid uneigennützig. Das ist eine große Tugend.
Johann. Aber eine sehr schwere – nicht wahr, Herr Kammerdiener?
Wolf. Wo ist der Valentin? Hat er die Quittung von der Sängerin gebracht?
Fritz. Er ist noch nicht zurück, obwohl der gnädige Herr befohlen hat, er müßte bei der Jagd erscheinen, damit die Herren auf der Jagd etwas zu lachen hätten.
Wolf (lächelnd). Ein wahrhaft unschädlicher Bursche.
Johann. Da sollten doch der Herr Kammerdiener ein Werk der Barmherzigkeit ausüben und den gemeinen Kerl aus dem Hause bringen.
Wolf. Gott bewahre mich vor solcher Ungerechtigkeit. Das wäre gegen die Gesinnung meiner gnädgen Herrschaft. Der Bursche ist zwar plump und roh, doch gutmütig und treu. Dann steht er in der Gunst des Herrn, der seine Diener alle liebt wie eigne Kinder. Ja das ist wohl ein seltner Mann, der in der Welt nicht seinesgleichen findet. Und wollte man sein Lob in Büchern schreiben, man würde nie damit zu Ende kommen. Drum dankt dem Himmel, der euch in dies Haus geführt, denn wer ihm treu dient, der hat sich wahrlich selbst gedient. Das Frühstück für den gnädgen Herrn!
Fritz. Sogleich! (Geht ab.)
Johann (im Abgehen). Die Moralität dieses Menschen wird mich noch unter die Erde bringen. (Ab.)
Wolf. Das sind ein paar feine durchgetriebne Schufte. Die muß ich mir vom Halse schaffen.
Voriger. Baumeister Gründling.
Gründling. Guten Morgen, Herr Kammerdiener, kann ich die Ehre haben, Herrn von Flottwell meine Aufwartung zu machen?
Wolf. Herr Baumeister, ich muß um Verzeihung bitten, aber Seiner Gnaden haben mir soeben befohlen, Sie bei jedermann zu entschuldigen, denn Sie machen heute eine Jagdpartie.
Gründling. Wissen Sie nicht, Herr Kammerdiener, ob Herr von Flottwell meinen Plan zu dem Bau des neuen Schlosses für gut befunden hat?
Wolf. Er hat ihm sehr gefallen. Nur hat sich der Umstand ereignet, daß ihm auch ein anderer Baumeister einen ähnlichen Plan vorgelegt hat und sich erbietet, das Schloß in derselben Größe um zehntausend Gulden wohlfeiler zu bauen.
Gründling. Das tut mir leid, aber als ehrlicher Mann kann ich es nach seinen Anforderungen nicht wohlfeiler bauen. Ich übernehme diesen Bau überhaupt mehr aus Ehrgeiz als aus Gewinnsucht, hat aber Herr von Flottwell einen Künstler gefunden, von dem er sich Schöneres oder Besseres verspricht, so werde ich mich zu bescheiden wissen.
Wolf. Das heißt, es ist Ihnen nichts daran gelegen.
Gründling. Im Gegenteil, es ist meiner Ehre sehr viel daran gelegen.
Wolf. Ja dann müssen Sie Ihrer Ehre auch ein kleines Opfer bringen.
Gründling. Es wäre sehr traurig für die Kunst, wenn es mit ihr so weit gekommen wäre, daß die Künstler Opfer bringen müßten, um Gelegenheit zu finden, ein Kunstwerk hervorzubringen. Die Kunst zu unterstützen, ist ja der Stolz der Großen, und eine ökonomische Äußerung wäre an dem geldberühmten Herrn von Flottwell etwas Unerhörtes.
Wolf. Sie verstehen mich nicht, Herr Baumeister.
Gründling. Genug! Morgen will ich mit Herrn von Flottwell selbst darüber sprechen. Glauben Sie aber nicht, Herr Kammerdiener, daß ich ein Mann bin, der nicht zu leben versteht. Sollten Sie sich für die Sache bei dem gnädgen Herrn glücklich verwenden, so werde ich mich sehr geehrt fühlen, wenn Sie ein Geschenk von hundert Dukaten nicht verschmähen wollen.
Wolf. Sie verkennen mich. Eigennutz ist nicht meine Sache, ich spreche nur zum Vorteil meines gnädgen Herrn!
Gründling. Den werden Sie durch mich besser bezwecken, als wenn das Schloß von einem andern wohlfeiler und schlechter gebaut wird.
Wolf. Nun gut. Ich will versuchen, was mein geringer Einfluß zugunsten eines so großen Künstlers vermag, und gelingt es mir, so werde ich Ihr Geschenk nur unter der Bedingung annehmen, daß Sie mir erlauben, es auf eine wohltätige Weise für andere zu verwenden.
Gründling. Ganz nach Ihrem Belieben. (Beiseite.) Die Kunst mag mir diese Herabwürdigung verzeihen. (Laut.) Morgen erwarte ich einen günstigen Bescheid. (Will ab.)
Wolf (blickt zum Fenster hinaus). Teufel! der andere. (Schnell.) Wollen Sie nicht so gefällig sein, sich über die Nebentreppe zu bemühen, weil die Bedienten auf der großen Möbel transportieren. Ich empfehle mich ergebenste (Läßt ihn durch eine Seitentür hinausgehen. Wolf allein.) Diese Zitrone gibt wenig Saft, jetzt wollen wir die andere pressen.