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In diesem immer drohender werdenden Konflikt gab Savonarola seine Sache keineswegs auf. Wir kennen seine konziliaren Ideen, die von seinem ersten Auftreten an seine ganze Geschichte durchziehen; in dem Maße, daß er erkannte, von Rom nichts mehr als die äußerste Feindseligkeit erwarten zu dürfen, ergriff er sie mit wachsendem Ernst und Eifer. Er veranlaßte seine Freunde, an die mit ihnen bekannten florentinischen Gesandten in Frankreich und Spanien zu schreiben, daß die Zeit gekommen sei, in welcher die Fürsten, wie es ihre Pflicht und ihr Recht mit sich bringe, ein allgemeines Konzilium berufen sollten. Er selbst hat Entwürfe zu ausführlichen Anschreiben an den Kaiser Maximilian und die vornehmsten Fürsten der Christenheit, die Könige von Frankreich, Spanien, England und Ungarn gemacht, in denen sie auf das dringendste aufgefordert werden sollten, Hand daran anzulegen. Er kam darauf zurück, was schon dem König Karl bei seiner Anwesenheit in Rom angeraten worden war, den Papst, der nur durch Simonie zu seiner Würde gelangt sei, für abgesetzt zu erklären. Dem fügte er noch hinzu, dieser Papst sei nicht allein kein Christ, er glaube nicht einmal an Gott, so daß man in ihm den Urheber alles Verderbens gleichsam anbete; er machte sich anheischig, dem versammelten Konzil noch manches zu entdecken, was er jetzt verschweige. In seinem Verhör hat er ausgesagt, das meiste Vertrauen habe er auf den König von Frankreich gesetzt, mit dem er von diesen Dingen oft geredet habe; vom spanischen Hofe habe er gewußt, daß man dort das Leben, das in Rom geführt werde, verdamme; von dem König von England wenigstens soviel, daß er ein wohlmeinender Mann sei; den Kaiser, dem er die Rechte und Pflichten des Reiches in Erinnerung brachte, habe er leicht zu gewinnen gehofft, wie denn auch ein kaiserlicher Gesandter bei einem Besuch in San Marco schlecht von dem Papst gesprochen habe. Er zählte dabei auf die Mitwirkung einiger Kardinäle; mit einem und dem anderen derselben, den Kardinalen San Giorgio, Lisbona, Pietro in Vincoli stand er in gutem Vernehmen. Besonders rechnete er auf den Kardinal von Napoli, der auch mit den beiden Valori in Verbindung stand und ihm einst bei der Trennung seines Klosters von der lombardischen Kongregation sehr nützlich gewesen war. Er hat gesagt, er habe sich eingebildet, daß dieser Kardinal die übrigen zusammenrufen und das Konzilium in Florenz eröffnen werde; bestimmte Versicherungen von ihm gehabt zu haben, hat er selbst nicht standhaft behauptet. Aber großen Eindruck machte auf ihn eine Meldung des Kardinals San Pietro in Vincoli, die ihm durch den Grafen von Mirandola zuging, daß er mit einigen anderen Kardinälen baldigst in Florenz einzutreffen und das Konzil zu halten gedenke. An Florenz knüpften auch die letzten konziliaren Erinnerungen an, die schon einmal wieder erwacht waren; wir gedachten des Erzbischofs von Kraina, mit dem sich die Florentiner im Jahre 1482 in Verbindung gesetzt hatten, um in dem Zerwürfnis mit dem Papsttum Rückhalt an einem Konzilium zu finden. Die Beschwerden des Erzbischofs gegen Sixtus IV. haben eine Verwandtschaft mit den Beschwerden Savonarolas über Alexander VI. Aber die Ähnlichkeit selbst war von einer ungünstigen Vorbedeutung. Die Florentiner waren jetzt nicht so einmütig wie damals. Die allerstärkste Gärung war im Gange und die Autorität der Fratesken wieder im Abnehmen. Daß das Verbot der Predigt in diesem Augenblicke durchgegangen war, mußte doch als ein Sieg der Gegner des Frate betrachtet werden. So sah auch der Papst selbst es an; er nahm die Nachricht von dem Beschluß mit großer Freude auf, wie dann auch der Herzog von Mailand aussprach, daß darin eine Trennung der Florentiner von der Sache des Frate liege, ein um so größerer Vorteil, da der Papst in seinem Breve die schärfsten Ausdrücke gebraucht hatte.
Aber mit der Untersagung der Predigt waren die Anhänger des Papstes noch nicht zufrieden; sie erinnerten unaufhörlich, daß den päpstlichen Befehlen keine Genüge geschehen sei, da man dulde, daß die Bürgerschaft zahlreich nach San Marco gehe, wo zwar nicht mehr Frate Hieronimo, aber Domenico da Pescia noch mit größerer Heftigkeit predigte, als jener selbst getan haben würde.
Um den Streit zu schlichten, verfiel man auf eine höchst außerordentliche Auskunft, die sich zum Teil dadurch erklären läßt, daß sie einer alten städtischen Erinnerung entsprach.
In der florentinischen Geschichte des elften Jahrhunderts macht eine Feuerprobe Epoche, die in den damaligen kirchlich-weltlichen Konflikten vorgenommen worden war. Die Mönche von Vallombrosa erhoben gegen den Bischof Petrus von Florenz den Vorwurf, daß er durch Simonie zu dem bischöflichen Stuhl gelangt sei. Es war die Anklage, welche damals die kaiserlich gesinnten Bischöfe überhaupt traf. Der Markgraf, der die Stelle des Kaisers vertrat, wies dieselbe zurück, aber das Volk von Florenz nahm sie mit Eifer an und wollte den vermeinten Ketzer nicht als Bischof anerkennen. Da erbot sich ein Mönch von Vallombrosa, die Behauptung seines Klosters durch eine Feuerprobe zu erhärten. Die Florentiner berichteten dem Papst, der Mönch sei zwischen zwei brennenden Holzstößen unversehrt hindurchgegangen und darauf mit unendlichem Jubel begrüßt worden; denn der Beweis war geführt, daß der verhaßte Bischof ein Ketzer sei. Die Probe bildet einen Moment der Entfremdung der Florentiner von der kaiserlichen Partei.
An diese Erinnerungen nun knüpfte es an, wenn Domenico da Pescia sich erbot, indem er die Konklusionen Savonarolas verkündigte, für die Wahrheit derselben ins Feuer zu gehen; denn es werde ihn nicht verletzen. Demgegenüber erklärte ein Franziskaner, er wolle mit ihm ins Feuer gehen; er würde zwar mit ihm verbrennen, aber die Falschheit der Behauptungen der Frateschi werde damit doch erwiesen sein. So schien, da es keine von den beiden Parteien anerkannte kirchliche Autorität mehr gab, um ein festes Fundament zu haben, nichts weiter übrig zu bleiben, als auf jenen wunderlichen Zweikampf zu rekurrieren, bei dem die Entscheidung durch ein Mirakel geschehen sollte. Die Frateschi trugen selbst darauf an, um der Wahrheit der Verkündigungen des Frate auf diese Weise unerschütterlich sicher zu werden, was ihnen die Herrschaft in der Stadt verschafft hätte; einige wohl auch, so meinte man wenigstens, um sich von ihm trennen zu können, ohne dadurch kompromittiert zu werden. Daß nun Savonarola damit einverstanden gewesen ist, läßt sich nicht leugnen. In seinen Briefen an die Fürsten spricht er mit Nachdruck davon, daß die Wahrheit seiner Behauptungen nötigenfalls durch ein Wunder würde erhärtet werden, selbst vor versammeltem Konzilium. Alle seine Predigten atmen diese Voraussetzung, denn indem er das Geheimnis des Glaubens mit der göttlichen Weltregierung identifiziert, so wird es ihm undenkbar, daß die göttliche Wahrheit, die er zu verkündigen sich bewußt ist, nicht auch durch ein übernatürliches Zeichen bestätigt werden sollte. Seine Anhänger waren davon durchdrungen; Domenico da Pescia meinte, es würden Hunderte ebenso bereit sein wie er, ins Feuer zu gehen. Domenico war ein phantastischer Enthusiast; aber es ist nicht ohne Wahrheit, wenn er sagt, die Frage stehe nicht zwischen den verschiedenen Mönchsorden, sondern zwischen dem Papst und dem Frate Hieronimo; wenn der Dominikaner verbrenne, so würde er mit seinem Kloster vernichtet sein; wenn er aber siege, so würde darin eine Verpflichtung für den Papst und die Kardinäle liegen, zur Renovation der Kirche zu schreiten. Die Vorfrage war nun aber, ob die Signoria diese Probe zulassen solle oder nicht. Am 30. März ist darüber in einer zahlreichen Pratika Beratung gepflogen worden. Die erste Einwendung gegen das Vorhaben war, daß die Sache eigentlich eine geistliche sei; im städtischen Palast habe man sich mit Geldangelegenheiten und mit Krieg zu beschäftigen; eine Sache, wie diese, aber gehöre nach Rom, oder man möge sie den beiden Mönchsorden etwa unter der Leitung des erzbischöflichen Vikars überlassen. Einige Mitglieder drückten sich mit tiefem Schmerz darüber aus, daß es so weit gekommen sei, und Florenz zum Gelächter der Welt werden müsse. Die Antwort darauf war, die Sache sei nicht allein eine geistliche, sondern zugleich gar sehr eine städtische; denn alle innere Unruhe und Entzweiung rühre davon her; würde die Signona die Probe nicht zulassen, so würde man ihr mit Recht schuld geben können, sie suche die Entzweiung der Stadt zu erhalten und zu nähren. Eine viel vertretene Meinung war, die Probe selbst werde nicht zur Ausführung kommen; aber man werde doch sehen, an wem die Schuld liege, und der ganzen Sache Meister werden; sollte sie aber auch unglücklich endigen, so treffe die Stadt keine Schuld daran, denn die Herausforderung gehe von den Mönchsorden aus. Einen gewissen Anstoß gab es, daß Hieronimo nicht selbst die Probe bestehen wollte, sondern statt seiner Domenico da Pescia; der erklärte das damit, daß Hieronimo mit größeren Dingen sich zu beschäftigen habe. Ein Franziskaner, der sich früher erboten hatte, ins Feuer zu gehen, zog aus diesem Grunde sein Anerbieten zurück; aber ein anderer war für ihn eingetreten, und schon dies schien genug; denn es komme darauf an, ob die menschlichen Worte durch übernatürliche Zeichen bekräftigt werden würden. Die Anhänger des Frate zweifelten nicht, daß alles so verlaufen werde, wie es derselbe immer vorausgesagt habe; und daraus würde für die Stadt hinwiederum der größte Ruhm entspringen. Das Protokoll der Beratung macht den Eindruck, daß die Mehrzahl der Pratika die Feuerprobe guthieß. Man glaubte, die Sache sei schon zu weit gediehen, als daß man mit Ehren davon zurücktreten könne. Nur sollte Anstalt getroffen werden, daß sie mit Ruhe vollzogen würde, ohne Einmischung der Menge, aber auch ohne daß jemand entfliehen könne. Sehr wahrscheinlich, daß einiger üble Wille von seiten der Gegner diese Sache gefördert haben mag. In den Beratungen aber tritt dies nicht hervor. Die Probe wurde alles Ernstes gefordert, um die Entzweiung in der Stadt zu heben; die Frateschi selbst drangen nochmals darauf; sie waren so überzeugt wie ihr Führer selbst. Der Beschluß war, dem Streit in der Stadt durch die Probe ein Ende zu machen; wer von den beiden Mönchen unverletzt aus dem Feuer hervorgehe, dem wolle man glauben; sollte die Probe zum Nachteil des Bruder Hieronimo ausfallen, so sollte derselbe aus dem florentinischen Gebiet verbannt sein. Aus dem Zusammenhange der Dinge ergibt sich, daß man über die Frage, welche das Beharren der Kirche in ihren bisherigen Formen oder eine Umwandlung derselben in sich schloß, eine Entscheidung durch ein Wunder herbeizuführen dachte. Das Schicksal des Frate Hieronimo ist, daß er für die wichtigste Frage der Welt eine in der Tat unmögliche Entscheidung anrief. Darin lag aber, wenn wir ein Urteil fällen dürfen, eben sein Irrtum, daß er sich die Verbindung der göttlichen und menschlichen Dinge viel zu enge dachte; seinen Erleuchtungen, die zugleich Abstraktionen waren, maß er einen Wert bei, der ihnen nicht zukam.
Die Tore der Stadt wurden geschlossen, die Straßen durch die städtische Miliz, welche sie unter ihren Fahnen durchzogen, vor jedem Anlauf sichergestellt; die Zugänge zu dem Platz, auf welchem die Feuerprobe geschehen sollte, waren vor jedem Zudrang gesichert; einige der Oberhäupter der Frateschi, von denen man eine Störung fürchtete, wurden in dem Palast festgehalten. Es war am Sonnabend, dem 7. April, Vorabend vor Palmsonntag; die sechzehnte Stunde des Tages war dazu festgesetzt, die Plätze für die beiden Orden bestimmt. Zuerst erschienen die Franziskaner ohne besondere Zeremonie; hierauf die Dominikaner, von einer Anzahl ihrer Freunde begleitet, unter dem Gesang lateinischer Psalmen. Der Holzstoß war aufgerichtet, in dessen Mitte ein Weg offen gelassen war, um, sobald er in Feuer stehe, durchzuschreiten.
Da erhob sich aber ein unvorhergesehener Anstoß; wenn der Dominikaner zwar sehr bereit war, die Feuerprobe zu bestehen, aber mit einer geweihten Hostie in der Hand, so widersetzten sich dem die Franziskaner, weil darin gleichsam eine Probe des Geheimnisses, auf welchem der christliche Glaube beruht, liegen würde. Aus dem Palast wurden einige Mitglieder der Regierung zu den Frati heruntergeschickt, zu jedem Teile eben solche, die sich überhaupt zu demselben hielten; allein ein Einverständnis war auf diesem Wege nicht zu erreichen; einige Argumente, welche Savonarola selbst vorbrachte, wurden von der andern Partei nicht admittiert. Nachdem man eine Zeitlang hin und hergeredet, zeigte die dem Frate entgegengesetzte vornehme Jugend, die sich zu einer Gesellschaft, genannt Compagnacci, organisiert hatte, in welcher Spini eine große Rolle spielte, nicht übel Lust, der Sache sogleich mit offener Gewalt ein Ende zu machen. Aber auch ohne dies war der Vorteil auf ihrer Seite; die Bedenklichkeiten der Dominikaner hatten auf das Volk einen nachteiligen Eindruck gemacht, zumal da der Franziskaner ohne alles Weitere in das Feuer zu gehen sich vermaß. Die Signoria hielt für ratsam, den beiden Orden zu befehlen, sich zu entfernen, was dann von seiten der Dominikaner nicht geschah und nicht geschehen konnte, ohne ihnen eine Bedeckung beizugeben. Ihre Prätension, nur mit dem Kruzifix oder dem Sakrament in der Hand ins Feuer gehen zu wollen, wurde von der Menge fast als eine Beleidigung des Heiligsten betrachtet. Die Meinung gewann das Übergewicht, daß alles doch nur auf Betrug abgesehen gewesen sei. Es ist sehr begreiflich, daß das Volk, aufgeregt, wie es einmal war, auf Entschuldigungen keine Rücksicht nahm. Die Verstimmung war so allgemein, daß die Gegner zu weiteren Unternehmungen Mut bekamen. In San Marco dagegen bildete man sich ein, nicht allein nicht besiegt zu sein, sondern sogar gesiegt zu haben, da die Verzögerungen absichtlich von den Franziskanern veranlaßt worden wären, um die Probe, zu der die Dominikaner bereit gewesen, zu verhindern.
Den nächsten Morgen, eines Sonntags, wagte nun Savonarola in Widerspruch nicht allein mit der Sentenz des Papstes, sondern auch mit den Anordnungen der Signoria die Kanzel in San Marco nochmals zu besteigen; die Gläubigen scharten sich um ihn, überzeugt, daß er der Mann der Wahrheit und des guten Lebens sei und zugleich die Freiheit der Stadt beschütze. Aber schon erlebte man, daß die, welche nach San Marco gingen, unterwegs von einer Schar von Compagnacci verhöhnt und insultiert wurden, selbst wenn sie zu den größeren Häusern gehörten. Als nun am Abend bei der Vesper einer der Brüder von San Marco sich anschickte, in der Hauptkirche der Stadt zu predigen, wo sich bereits eine große Menge Volks versammelt hatte, so ließen die Gegner feindseliges, in der Kirche doppelt auffälliges Geschrei erschallen, und eine Unordnung entstand, welche die Fortsetzung der Predigt verhinderte, wie an dem letzten Himmelfahrtstag, was aber nun die Folgen, die man damals gefürchtet hatte, wirklich nach sich zog.
Savonarola, dem früher der allgemeine Beifall zur Seite gestanden hatte, erfuhr jetzt den allgemeinen Widerwillen; die klassisch gebildeten Florentiner haben bemerkt, daß darin wieder einmal der Wankelmut des Volkes und seiner Gunst zutage trete. Alles Volk bewegte sich nach San Marco, um dort der Sache ein Ende zu machen. Die Signoria konnte das nicht verhindern, sie wollte es nicht einmal ernstlich; die Gegner Savonarolas hatten auch im Palast die Oberhand. Alles trägt den Stempel einer inneren städtischen Unruhe, welche daher entsprang, daß die Partei, welche bisher das Übergewicht gehabt hatte, jetzt in Nachteil geriet und die andere den Moment für gekommen erachtete, um sich ihrer Gegner zu entledigen. Wohl beschloß nun die Signoria, daß ein jeder die Waffen niederlegen und Bruder Hieronimo sich in der Tat nicht allein aus der Stadt, sondern binnen zwölf Stunden aus dem florentinischen Gebiet entfernen solle. Weder das eine, noch das andere geschah. Nicht auf dem Frate allein aber beruhte der gegenwärtige Zustand, sondern noch mehr auf Francesko Valori, der bisher noch immer ein großes Ansehen in dem Palast besessen hatte, in diesem Augenblicke aber selbst nach San Marco gegangen war. Die Härte, mit der er in dem vorjährigen Prozeß gegen die vermeinten Verschwörer auf ihre Hinrichtung gedrungen und sie endlich durchgesetzt hatte, erweckte in den Familien der Betroffenen Haß und Rachsucht. Schon hörte man auch seinen Namen unter den feindseligen Ausrufungen der Menge; vielleicht aber ließ sich der Tumult noch bestehen, wenn Valori zur rechten Zeit von seinem Hause aus eine entgegengesetzte Bewaffnung ins Werk setzen konnte. Dahin ging der Rat der Brüder; dahin ging auch der Rat Savonarolas, der einem zuverlässigen und ausführlichen Tagebuche zufolge darin die einzige Rettung sah.
Indem war aber bereits auf der Piazza dei Signori eine gewaltsame Veränderung vorgegangen. Der Führer der städtischen Mannschaften, dem es obgelegen hätte, die Ordnung aufrecht zu erhalten, wurde von einer bewaffneten Schar, welche eigenmächtig herbeigekommen, abgeführt. Wohl traf nun auch ein Anhänger des Frate, Piero Corsini auf dem Platze ein, aber er hatte nicht den Mut seiner Sache und ließ sich, plötzlich die Farbe wechselnd, bestimmen, an einem Angriff gegen das Haus Valoris teilzunehmen. Unter dem anwachsenden Tumult war Valori nur mit Mühe in sein Haus gelangt. Die Signoria, welche die tumultuarische Bewegung doch nicht ganz und gar zum Meister der Stadt wollte werden lassen, ließ ihn durch einige ihrer Diener nach dem Palast zu kommen auffordern, wie es schien, um ihn zu retten, vielleicht auch nur, um ihn lebendig in den Händen zu haben. Als er aber von diesen begleitet unter Fackelschein aus seinem Hause heraustrat, wurde er von seinen Gegnern angefallen unter Führung von Vincenzio Ridolfi und Simone Tornabuoni, den nächsten Verwandten der im vergangenen August Hingerichteten Ridolfi und Tornabuoni; unter dem Geschrei »du sollst uns nicht länger regieren« wurde Valori ermordet; Vincenzio hat ihm den Kopf zerspalten. Es war Blutrache, die sie an ihm nahmen; aber Valori hatte bei seinem freilich einseitigen Verfahren die äußere Legalität auf seiner Seite gehabt; die Rache, die man an ihm nahm, geschah im Aufruhr gegen die öffentliche Ordnung.
Der Tod Valoris, der bisher noch immer der große Mann der Stadt gewesen war, ist einer Revolution des Staates gleich zu achten; er enthielt einen Umsturz der bisherigen Verhältnisse der Parteien, so daß auch Savonarola sich nicht weiter behaupten konnte. Das Kloster war einigermaßen in Verteidigungszustand gesetzt; und zuweilen sind da auch Gefangene von der Gegenpartei eingebracht worden; Savonarola ermahnte sie in Zukunft gute Christen zu sein, und ließ sie gehen. Allein wie hätte das Kloster auf die Länge den überlegenen Angriffen widerstehen können? Die Signoria erließ den Befehl, daß alle Laien San Marco binnen einer Stunde verlassen sollten, unter der Verwarnung, daß sie sonst als Rebellen gegen die Kommune betrachtet werden würden. Man scheint das so verstanden und ausgelegt zu haben, daß allen denen Verzeihung angedeihen solle, welche sich von dem Frate trennen würden. Er selbst stand, das Sakrament in der Hand, vor dem Altar in der Mitte seiner Novizen; die übrigen Frati lagen auf den Knien, in angstvollem Gebet begriffen. Indem erschienen Beauftragte der Stadt, die ihn aufforderten, sich ohne weiteren Kampf zu den Füßen der Signoria zu stellen, von der er mit Milde und Gnade behandelt werden würde; er möge nicht so grausam gegen sich und sein Kloster sein, um dem Befehl zu widerstreben. Frate Hieronimo sagte, er würde gehorchen, aber er fürchte das aufgeregte Volk. Die Kommissarien erwiderten, sie wären mit gutem bewaffneten Geleit versehen, so daß niemand sie verletzen würde. Hierauf kündigte nun Savonarola seinen Klosterbrüdern, die er in der Bibliothek versammelte, seinen Entschluß an, der wilden Wut, mit der er gegen alles Erwarten angegriffen werde, nachzugeben und sich von ihnen zu trennen. Er ermahnte sie, im Glauben, Gebet und Geduld zu beharren, Gott werde sie nicht verlassen; er versicherte nochmals, daß kein Jota von allem, was er vorausgesagt, unerfüllt bleiben werde; dann stieg er mit den Kommissarien die Treppe hinab. Eine ungeheure Menge Volkes war versammelt, mit Fackeln und Leuchtern versehen; mitten durch die Menge, die ihn mit Schmähungen verhöhnte, wurde er mit Domenico da Pescia nach dem Palast gebracht. Der dritte, um den es dann hauptsächlich zu tun war, Silvestro Maruffi, hielt sich anfangs verborgen, wurde aber gar bald aufgefunden und ebenfalls in das Gefängnis des Palastes abgeführt.