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Boelcke †

(28. Oktober 1916)

Eines Tages flogen wir wieder einmal unter der Führung des großen Mannes gegen den Feind. Man hatte stets ein so sicheres Gefühl, wenn er dabei war. Es gab eben nur einen Boelcke. Ein sehr stürmisches Wetter. Viel Wolken. Andere Flieger flogen an dem Tage überhaupt nicht, nur der Jagdflieger.

Schon von weitem sahen wir an der Front zwei freche Engländer, denen scheinbar das schlechte Wetter auch mal Spaß machte. Wir waren sechs, drüben waren zwei. Wären es zwanzig gewesen, uns hätte das Zeichen von Boelcke zum Angriff auch nicht weiter in Erstaunen gesetzt.

Es beginnt der übliche Kampf. Boelcke hatte den einen vor und ich den anderen. Ich muß ablassen, weil ich von einem eigenen gestört werde. Ich sehe mich um und beobachte, wie etwa zweihundert Meter neben mir Boelcke sein Opfer gerade verarbeitet.

Der Dreißigste!

Der Dreißigste!

Der Vierzigste!

Der Vierzigste!

Es war wieder das übliche Bild. Boelcke schießt einen ab, und ich kann zusehen. Dicht neben Boelcke fliegt ein guter Freund von ihm. Es war ein interessanter Kampf. Beide schossen, jeden Augenblick mußte der Engländer stürzen. Plötzlich ist eine unnatürliche Bewegung in den beiden deutschen Flugzeugen zu beobachten. Es zuckt mir durchs Hirn: Zusammenstoß. Ich habe sonst nie einen Zusammenstoß in der Luft gesehen und hatte mir so etwas viel anders vorgestellt. Es war auch kein Zusammenstoß, sondern mehr ein Berühren. Aber in der großen Geschwindigkeit, die so ein Flugzeug hat, ist jede leise Berührung ein heftiger Aufprall.

Boelcke läßt sofort von seinem Opfer ab und geht in großem Kurvengleitflug zur Erde hinunter. Noch immer hatte ich nicht das Gefühl eines Absturzes, aber wie er unter mir durchgleitet, erkenne ich, daß ein Teil seiner Tragflächen abgebrochen ist. Was nun folgte, konnte ich nicht beobachten, aber in den Wolken verlor er eine Tragfläche ganz. Da war das Flugzeug steuerlos, und er stürzte ab, immer begleitet von seinem treuen Freund. Als wir zu Haus ankamen, war bereits die Meldung da: »Unser Boelcke tot!« Man konnte es nicht fassen.

Am schmerzlichsten empfand es natürlich derjenige, dem das Unglück zustoßen mußte.

Es ist eigentümlich, daß jeder Mensch, der Boelcke kennenlernte, sich einbildete, er sei der einzig wahre Freund von ihm. Ich habe von diesen einzig wahren Freunden Boelckes etwa vierzig kennengelernt, und jeder bildete sich ein, er sei der einzige. Menschen, deren Name Boelcke nie gewußt hat, glaubten, sie stünden ihm besonders nahe. Es ist eine eigentümliche Erscheinung, die ich nur bei ihm beobachtet habe. Einen persönlichen Feind hat er nie gehabt. Er war gegen jedermann gleichmäßig liebenswürdig, zu keinem mehr, zu keinem weniger.

Der einzige, der ihm vielleicht etwas näher stand, hatte das eben beschriebene Unglück mit ihm.

Nichts geschieht ohne Gottes Fügung. Das ist ein Trost, den man sich in diesem Kriege so oft sagen muß.


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