Julius Rodenberg
Stillleben auf Sylt
Julius Rodenberg

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VII.

Wenn ich jetzt an Sylt denke, so sehe ich es, wie ich es an jenem letzten Tage vom Leuchtthurm vor mir ausgebreitet sah: die weite Haide sanft erglühend am Scheine der sinkenden Sonne, die Dächer der umher verstreuten Dörfer röthlich schimmernd, die See gen Osten bläulich dunkel, die See gen Westen strahlend von Licht und Farben, das ganze Gestade mit einem rosigen Wellenschaume gekränzt. Gen Süden, in der klaren Abendluft, dämmern die Umrisse der Nachbarinseln; und offen vor mir liegt die Einfahrt in den friesischen Archipel. Möge niemals eine andere als eine befreundete Flagge dort einpassiren – möge Frieden und stilles Genügen fortan walten über dieser schwergeprüften und treubefundenen Inselwelt!

Am anderen Morgen war die Luft wieder herbstlich und grau, wie an dem Tage, an dem wir gekommen; als ob die Insel nun wieder zurücktauchen wolle in ihr heimatliches Element, nachdem ich sie für eine Weile sonnig und warm, wie nie zuvor, gesehen; ein zaubrisches Sommerbild mitten im Herbste. Vor der Thüre des Hauses unter den Dünen steht Brigitte Marlo, abermals zum Abschied winkend. »Sechzehn Jahre dürfen Sie nicht mehr ausbleiben«, sagt sie, »wenn ....« Sie vollendet den Satz nicht, doch ich verstehe, was sie sagen will, noch einmal die Jugend zurückrufend, für welche die Zeit keine Grenzen zu haben scheint, und leise zugleich mahnend an das Unabänderliche, welches uns Alle erwartet. Und wenn ich an die Zeit von damals denke und sie vergleiche mit der von heute, so ist es wie Beginn und Schluß, wie Sehnsucht und Erfüllung – Erfüllung im Einzelleben und mehr noch im Leben meines Volkes. Wer Solches sich ereignen und vollziehen sah, der sollte Wünsche nicht mehr für sich selber, sondern nur noch für das große Ganze hegen, welchem er angehört. Das Meer wird rauschen und die Wolken werden wandern; und ob wir wiederkehren oder nicht: wir wollen dankbar sein für das, was uns geworden, und die Stätten segnen, an denen wir glücklich gewesen.


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