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1 | Durch meines Eigenwillens Wahl hab' ich des Griffels Strich gezogen, Und meine Wahl ist das, was Er hat seinem Bettler zugewogen. |
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2 | Der du Vermögen mehr verlangst, als man durchs Los dir zugemessen, Begehre minder, und du hast des Loses mehr und mehr besessen. |
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3 | Mit Kopfweh ist der Wein der Welt, die Rose mit dem Dorn vermenget; Verlangt dich nach dem Honig? komm, wenn es dich nach dem Stachel dränget. |
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4 | Oder du hinterm Reisetrupp zurücke bliebst, vom Schlaf umgossen Nun streng dich an, um wiederum zu finden deine Fahrtgenossen. |
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5 | Die Mannheit seh ich nicht an dir, um Glaubensfeinde zu bekämpfen, Zeig dich als Mann, die böse Lust, den Glaubensfeind in dir zu dämpfen. |
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6 | Vom Schlaf wird nie ein weiser Mann, wann er gestorben ist, erwachen, Alswie ein Hirte, wann das Schaf gefallen in des Wolfes Rachen. |
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7 | Willst du gewinnen dir ein Heil, wirk Anderen zum Heilgewinne, Denn niemals wird es übel gehn dem Mann der Gutes trägt im Sinne. |
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8 | Erbarmung den Verlassenen, das ist der Menschen echte Kunde, Denn einem Menschensohne erbebt der Leib beim Anblick einer Wunde. |
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9 | Was bittest du für dich allein? Du sollst dich des nicht unterfahen, O Saadi, bittest du's zugleich nicht für die fernen und die nahen. |
1 | Wer hat ein Herz gesehen, das mir abhanden kam, Aus Rausch und Liebestollheit von selber Urlaub nahm? |
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2 | Wem es zur Hand mag kommen, ist er ein Muselmann, Vielleicht sieht, Bettler zu plündern er für ein Unrecht an. |
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3 | Menschenfreundlich ist es wieder zu geben ein Herzenstück; Wer gibt mir armen Kranken das wunde Herz zurück? 155 |
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4 | Ein Mond von vierzehn Jahren hat es gelegt in Band, Und vierzehn Tage vergingen, seit seine Spur verschwand. |
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5 | Solch ein verirrtes Herz, das sich selbst verloren hat, Merkt weder fremden Tadel noch nachbarlichen Rat. |
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6 | Des Feindes Schadenfreude verdient, wer in den Wind die Warnungen geschlagen von Freunden wohlgesinnt. |
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7 | Nun magst du fein ergeben in Herb und Sanftes dich; Denn in der Wespe Wesen ist Süßigkeit und Stich. |
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8 | Gib keinem gefährlichen Liebchen hinfort, o Saadi, dein Herz. Wir geben es nicht ihnen sie nehmen es im Scherz. |
1 | Den Freund wir verkaufen ums Leben nicht, Und feind' uns die Welt an, wir beben nicht. |
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2 | Und wenn mit dem Schwerte du treffen willst, Triff nur, mein Leben! wir sind der Schild. |
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3 | Dem ich die Treuen nicht kann versagen, Von dem muß das Dräuendräuen: drohen ich auch ertragen. |
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4 | Sei es im Zorn oder sei's mit Huld, Einen Blick! wir blicken mit Ungeduld. |
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5 | Ein Blick in des Freundes Angesicht, Und gelt' er das Leben, wir feilschen nicht. |
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6 | Und sagst du: Das ist gegen die Vernunft; Vernünftge und wir sind zweierlei Zunft. |
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7 | O heiß zum Tode uns nicht gehn, Bevor wir an dir uns satt gesehn. |
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8 | Ob man uns ausschloß oder erkor, Wir sind die Bettler des Blicks am Tor. |
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9 | Wir sind, so oft uns der Freund mag ermorden, Durch Gottes Gnade lebendiger worden. |
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10 | O Luft vom Garten des Freunds, mit Wehn Geh über uns hin, eh hin wir gehn. |
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11 | Du bist der Gebieter mild und lind, Wiewohl wir unnütze Knechte sind. 156 |
1 | Die Bettler von des Sultans Hofgesind, Des Liebsten Staatsgefangene wir sind. |
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2 | 2 Kein eigner Name kommt den Sklaven zu. Wie dir beliebt Beinamen gib uns du. |
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3 | 3 Wenn der Geliebte zückt das Schwert, empfangen Wir's auf die Stirn und wenden nicht die Wangen. |
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4 | 4 Verliebte streuen für die Liebe Schmaus Ihr Gold, wir streuen unser Leben aus. |
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5 | 5 Daß ein Verständiger doch nicht beständig Uns schmähen möchte! Wir sind unverständig. |
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6 | 6 Für jede Rose, die mit neuem Schimmer Die Welt betritt, sind wir die Tausendstimmer. |
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7 | 7 Die engen Augen der Begierde spähen Nach Frucht, wir wollen nur den Garten sehen. |
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8 | 8 Du bist vom Glanze des Gebildes trunken. Wir in die Kunst des Bildners stumm versunken. |
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9 | 9 Was wir geredet außer Liebesklang, Bereuen müssen wir es Lebenslang. |
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10 | 10 Ob er uns annimmt oder treibt uns fort, Wir kennen keinen Weg zu anderm Ort. |
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11 | 11 Aufgeben kann man nicht das süße Leben Wir können nicht den süßen Freund aufgeben. |
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12 | 12 O Saadi, ohne seines Angesichts Verklärung achten wir die Welt für nichts. |
1 | Nicht anders zu erbeuten hoff' ich des Herzens Ruh Als daß ich dich seh' von weitem und dann umkehr' im Nu. |
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2 | Nie fällt mir ein zu haschen ein Körnlein dort nach Wunsch Wo über mich die Netze der Locken schlagen zu! |
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3 | Ich steh in Dienstbereitschaft, und wenn du mich mit Huld Berufest, naht der Diener mit ausgezognem Schuh. |
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4 | Du magst mir tausend Leides wie tausend Liebes tun, Das Herz läßt sich's nicht nehmen zu bleiben da wo du. |
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5 | Davon werd' ich nicht weichen, daß wo den Kuß vom Mund Zu nehmen nicht erlaubt ist, ich es verboten tu. |
1 | O frohe Stunde, wo du gleich der Rose zu dem Hain Wirst kommen, oder Freunden gleich zu meiner Tür herein. |
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2 | Meiner Freunde Rosenbeet wird an jenem Tag erblühn, Wo du der Zypresse gleich wandelst in des Gartens Grün. |
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3 | Meine Kerz, ist noch der Tag nicht, meine Nächte zu verklären? Meine Seel', ist noch die Zeit nicht zu dem Leib zurück zu kehren? 157 |
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4 | Ich weiß nicht, wie der Flasche stockt das Wasser mir im Schlunde Bis wie der Becher eines Tages du kommst zu meinem Munde. |
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5 | Selber hab ich soviel Glück nicht um dir beizukommen Und du selbst hast soviel Huld nicht, mir herbei zu kommen. |
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6 | Saadi ist kein Dämon, den man scheucht mit Zauberhort, Willst du nicht auf Menschenweise nahn mit gutem Wort? 158 |
1 | An deinem Zypressenleibe wie lieblich ist das Gewand: Ach legt' ich wie der Gürtel um deine Mitte die Hand! |
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2 | Wenn du willst ein bittres Wort sagen zu einer Stunde, Wird kein bittres Wort es sein wenns kommt aus deinem Munde. |
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4 | Nicht wird man ob meiner Liebe mit Fingern deuten auf mich, Denn wenn du hebst einen Finger, Sehn alle Augen auf dich. |
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5 | Feinen Wuchs hat Zypresse, Mond Wangen reizend blaß Du bist nicht dieser noch jene, Doch hast du dieses und das. |
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6 | Hüter, tust du zum Liebchen keine Tür auf für mich, Wirst ihm wenigstens melden: Saadi betet für dich. |
1 | Was ist wieder geschehen daß du redest kein Wort? Hab' ich hie Klage zu führen, oder bist du böse dort? |
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2 | Von allen Gartenpflanzen nimmst du den Preis dahin Der Sinnigkeit, doch bist du ein Pflänzchen Eigensinn. 159 |
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3 | Tausend liebende Blicke suchen dich sehnsuchtstumm, Du Steinherz siehst dich liebend nach keinem Herzen um. |
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4 | Doch mit all' deinen Fehlern kann man nicht von dir gehn; Komm nur und tu so garstig Du willst, du bist so schön. |
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5 | Dir wird der Staub von Saadi, den Liebesweh entseelt, Noch tausend Jahre duften wenn nicht Geruch dir fehlt. 160 |
Liebsgefangne sind vor deinen Zelten, komm! Übel nehmen sie dir nicht Zorn und Schelten, komm! Jede Sünd' entschuldigt Schönheit, säume nicht Weil noch die Entschuldigungen gelten, komm! |
Trunken ist dein Aug vom Schlummer und dein Haupt vom Wein, Unser Blick ist Durst und deine Gunst im Wasserschein. Ein Gebild' dir ähnlich in der Stadt und auf der Flur Siehst du, dort im Spiegel, hier im Wasserspiegel nur. |
Das Herz muß gehn: Wer kann die Augen vernähn? Ists mit der Frömmigkeit vorbei, Wer kauft die Heuchelei? |
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Den Schmetterling die Kerze nicht Hat angebrannt, Der tat es, der der Kerze Licht Hat angebrannt. |
Bleibt auch von deinem Staub nur übrig Haut und Bein, Unfein von dir ists, wenn du glaubst, es sei unfein. Mußt auch auf Lanzenspitzen hin gegangen sein, Der Liebende dankt dem Geliebten auch die Pein. |
Geben andr' ihr Herz an andre; meins, o Freund, ist dein Denn dein Sinn und Sein ist hold, dein Duft und Schein ist fein. Jedem Dasein kann mein Herz entsagen ohne Pein Nur nicht deinem Dasein, das mein Dasein ist allein. |
Wenn mein Übel ist im Blick des Freundes gut, Ziehe mir vom Leib die Haut des Feindes Wut. Ist der schonungslose Feind von ihm gesandt, Treulos wär' ich, würd' er mir nicht Freund genannt. 161 |
Wenn mich der Feind kränkt, Feindesart ist weh zu tun, Doch du, o Freund, Geliebter, tust du weh mir nun? |
Längst sagt' ich's deinen Dienern an dem Tor, Daß sie dir nie den Spiegel hielten vor. Wenn du dich selbst erblickst, wird dich's berücken, Wenn anders du dich selber kannst erblicken. |
Auf, ich will hin, weil hier nicht Schmerzensruh ist, Vor ihm die Seel' hinstreun, wo Herzensruh ist. Auf, daß ich laut vor Freund und Feind bekenne, Daß meinen Mörder ich unschuldig nenne. |
Lebensgewinn Mußt du suchen bei frohem Sinn; Des Wohlbefindens Kapital Ist Genüge zumal: Ein lahmer Arm kann das Schwert nicht schwingen Ein zages Herz nicht Rat aufbringen. |
O du mir im Herzen traut, Wie die Seel' in Senn'Senn': Nebenform zu Sehne und Haut! Was immer deine Hand mir tut, Ist alles gut. |
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O Morgenvogel, vom Schlummer Bist du so früh erwacht, Ich aber habe vor Kummer Gar nicht geschlafen die Nacht. |
Dieser Leichtsinn ist die Bürde, die mich schwer bedrängt, Diese Kerze für die andern, die mich selbst versengt. Ei im Friede du mit allen, mir feindselig bloß, Ich verklage dich nicht, sondern mein unglücklich Los. 162 |
Keine Nacht wo nicht mein Auge langt nach dir Und die Seel' auf meiner Lippe bangt nach dir. Wenn du andre wählst statt meiner, das ist leicht; Schwerlich wähl' ich einen, weil dir keiner gleicht. |
Gegangen ist mir aus dem Netz der Hoffnung Fisch, Mein Tag vergangen wie Nacht der Trunknen träumerisch, Die Zeit, in der auf jedem Nu ein Leben stand, Umsonst ach, ist sie mir gegangen aus der Hand. |
Wer sündiget und meint, daß recht er tut, Der spiegelt sich in seinem Fleisch und Blut. Bestärk ihn nicht, er sei auf rechtem Pfade: Der schiefe Spiegel zeigt das Bild nicht grade. |
Eines Tags hast du gesagt: gewährt dir sei Eine Nacht, die meines Wehs dich mache frei. Siehst du, seit dem Tag wie manche Nacht vorbei Ging, und was du hast gesagt, fällt dir nicht bei, |
Sie sagen mir: die Luft des Maien ist angenehm; Rosenduft und Gesang im Freien ist angenehm, Die grüne Flur, der blaue Himmel; allein, ich bin Allein, da all das nur zu zweien ist angenehm. |
Was von mir sie sagen mögen hinterm Rücken, Mich mit welchen falschen Lügentiteln schmücken; Feindesrede bringt mich nicht vom Freunde fort: Weißt du, welchen Schatz ich aufgäb' um ein Wort! |
Nicht verbessern läßt sich Mißgeschick durch Rat; Unterlassen soll man eitle Red' und Tat. Ich will gehn und will entsagen, sprach ich. Wie? Geh, Entsagung! denn entsagen kann ich nie. 163 |
Im frommen DerwischkleideDerwischkleid: Derwisch: ein nach Gottes Gnade strebender, weltentsagender Frommer ging Ich manchen Tag, mein Auge hing An des Predigers Munde, Mein Ohr voll seiner Kunde. Unversehns kam mir zu Gesicht Die schlankste der ZypressenZypresse: häufig gebrauchte Metapher für die Geliebte, die Zypresse (im Gegensatz zu anderen Me-taphern wie Zeder oder Pinie) hat mythologischen Sinn. In ihren schwankenden Bewegungen sieht der Liebende nur den anmutsvollen Gang und den Wuchs seiner Geliebten. Oft schattet die Zypresse auf Gräbern als Denkmal der Abgeschiedenen. Wie die Lilie gilt sie als Symbol der Freiheit, weil sie keinen ihrer Zweige zum Boden senkt, sondern alle himmelswärts kehrt, indem sie einen einzigen ke-gelförmigen Stamm darstellt., Und alles was die Weisheit spricht War im Augenblick vergessen. |
Rettungslos ist, wer verfallen deinen Gluten; Wenn er fern von dir ein Herz hat, muß es bluten. Der dich keinen Augenblick entbehren kann, Denk, wie ihm ein Zeitraum ohne dich verrann. |
Die HindinHindin: Hirschkuh, wenn nach ihr den Sprung begonnen Der Löwe hat, wie lang' ist sie entronnen? Wielange hält das Eis wohl auf dem Bronnen, Und dieser Schnee wie lang' im Strahl der Sonnen? |
»Wer ist, der des Herzens Lust mir rauben kann, Der mir des Genusses Baum entlauben kann, Der das Spiel mir abgewöhne, noch so klug?« Sprach ich; du gewannst mir's ab mit einem Zug. |
Mein Schmerz ist keiner, den die Ärzte kennen, Lieb' ist ein Schmerz, den nur Verliebte kennen. Weh tötet mich um ein bekanntes Antlitz; Den Zustand darf kein Unbekannter kennen. 164 |
Ihr sagt: Was suchst du jener Pinie Spur? Wie lang soll man auf dich mit Fingern deuten? Was hilft der Rat mir von den weisen Leuten? Ich geh ja nicht, man zieht mich an der Schnur. |
O Wind, willst du nach jener Gegend lenken, Dort Wang' an Wange dich dem Freunde senken; Bring vielfach unsern Gruß und unsre Dienste; Sag: Willst du so an deine Freunde denken? |
Ein Antlitz periwangigPeri: die weiblichen Genien der alten pers. Reli-gionslehre, die der Koran nicht erwähnt und die Huri an ihre Stelle setzt. Von den Dichtern werden sie dennoch als luftige, zarte Schönheiten, die die Regionen der Luft bewohnen, geehrt. In Europa den »Fairies« oder Feen vergleichbar., zuckermündig, Verbirgt es seine Schönheit, das ist sündig. Der Schleier ist unnütz nicht im allgemeinen, Er deckt die häßlichen und zeigt die feinen. |
Manchen König hat gleich dir die Zeit gesetzt Auf den Thron, nach Wunsch hat er sein Herz geletzt. Jeder ließ es, und der Zeitlauf gab es dir: Nun genieß' es, denn du lässest es auch hier. |
Männer sind, die nicht den Himmelshain verlangen, Nicht nach süßem Duft und holden Schein verlangen. Einen Freund sie haben, der ist ohne gleichen, Den in beiden Welten sie allein verlangen. |
Wer Lappen stets zu flicken bei der Hand ist Durchs Land mit tausend Müh' nach Brot gerannt ist, Solch einen Mann wird man am jüngsten Tag Gewiß nicht brennen, weil er schon gebrannt ist. |
Nicht ein jeder, dessen Tun Zeitläufe hemmen, Wird mit Klageschrei den Himmel überschwemmen. Mancher dämpft den Donner in des Busens Schacht, Während seine Lippe gleich dem Blitze lacht. 165 |
In einem Bade war ich jüngst mit meiner Minniglichen, Da ward ihr rosiges Gesicht mit Badeton bestrichen. Wer, sprach sie, kann nun dies Gesicht lieb haben mehr im Leben? Ich sprach: Sei unbesorgt! wer kann die Sonne mit Ton verkleben? |
Wer seinen Blick nach jedem Antlitz wendet, Ist vor dem Blick Einsichtiger geschändet! Der KadiKadi: Richter mag zwei Liebchen wohl erlauben, Ein Liebchen aber ist der Liebe Glauben. |
Tauchst du die Hand in meines Lebens Blut, Glaub' nicht, daß dann mein Leben leid mir tut; Nur sagen werd' ich: wodurch hab' ich nun Den Freund gekränkt? nur das wird leid mir tun. |
Glaub's nicht, daß ich der Sehnsucht Bann entsprungen, Für Lieben und Entferntsein Kraft errungen. Allein was könnt' ich tun als ruhn? Verliebter Zufriedenheit ist immer notgedrungen. |
Wenn im Lenz der Gießbach von der Halde glitt, Gleitet das Gestein vom Bergesgipfel mit. Meinem Aug' entquollen ist so mancher Bach; Steinerner nur ward davon das Herz dir, ach! |
Der Liebste, der die Lust des Herzens mein, Man sagt, nicht schön sei er; laßt ihn so sein! Recht ist mirs, daß er ander'n dünkt unfein, Daß seine Liebe bleibe mein allein. 166 |
Nicht jeder, wer sich schmückt mit einem Orden, Ist auch von Hochmut drum berauscht geworden. Treulos ist, wer den armen Freund, indessen Er selbst ist reich geworden, hat vergessen. |
Mit Rosen muß man allenfalls ein Dorn sein, Mit Freund und Feinden muß man ohne Zorn sein, Die Rede mußt du nach dem Tage stimmen, Wenn du nicht willst, dein Reden soll verlorn sein. |
Weichlicher Begierde soll kein Weiser pflegen, Blindlings handeln nicht, noch eitle Wünsche hegen. Füllst du nicht die Kanne bis zum Hals mit Wasser, Kriegst du Händel nicht des Überlaufens wegen. |
Was ist ein Herz, das nie Musik entrückte? Ein Stein; die Liebe nie den Stein beglückte. Musik darf nur ein Liebender empfinden, Denn nur wo Feuer ist, kann sich Rauch entbinden. |
Wer kann einen Feind wie dich bekriegen? Deinem Bande muß er stets erliegen. Weder Herz hat er, das Schwert zu ziehen Gegen dich, noch Mut dir zu entfliehen. |
Endlich wird das Auge schlafen, das wach hielt die Wehen, Von der Rosenwange wird der Wind die Jugend wehen. Als sie blühte, tat die Ros' Abbruch dem Würzeladen; Wenn sie welket, heilt ihr Wasser des Würzkrämers Schaden. |
Die Rose kommt, und Lust und Freude dabei Und Herzenswunsch; um ist die Zeit, wobei Die Kälte dich nicht kommen ließ; vorbei Ist Kälte, nun kommt Zärtlichkeit herbei. 167 |
Ich huldige jedwedem, der sich raubt ein Herz Und jedem, welcher eines verschenkt im Ernst und Scherz. Wer aber weder Lieben will noch sein geliebt, Verdient daß keinen Platz man in der Welt ihm gibt. |
Schah, deines Gauls Huf schlägt ans Sternenzelt, Daß Neiders böser Blick auf dich nicht fällt. Doch eine Welt von Huld und Macht bist du; Und tragen kann ein Gaul nicht eine Welt.ein Beispiel der Geschicklichkeit Saadi's, dem Fürsten etwas Schmeichelhaftes zu sagen, auch wenn der Anlaß nicht schmeichelhaft ist. |
Wie plötzlich dir des Bartes Lauchdes Bartes Lauch: der neu sprossende Bart des Jünglings, der keine Zierde ist. Oft Thema der persischen Poesie: Für den Liebhaber ist der Reiz des bartlosen Knaben dahin. ist aufgegangen! Das Kraut, mir unerwünscht nun auch, ist aufgegangen. Am Feuer deiner Wange sind so manche Herzen Verbrannt, davon nun dort der Rauch ist aufgegangen. |
Dein Fuß ists, der als Glückslos mir genügen muß, Denn auf den Fuß darf ich drücken meinen Kuß. Beglückter, wessen Losung deine Wangen sind Daran er sich erholt von seinem Herzensverdruß. |
Die Rose, die nun wollt' erblühn, Dem Sturme sehn wir sie schon hingegeben. Die arme trug im Sinn so manche Hoffnung. O lange Hoffnungen, und kurzes Leben! |
Mein Glückstand gestern nachts war kein geringer, Ich drang in deiner Wangen Rosenzwinger. Die Rosenlippen wollt' ich eben beißen, Da wacht' ich auf und biß in meinen Finger.den Finger beißen: Zeichen der Verwunderung oder Enttäuschung |
Das Mützchen, das der Herzensabgott trägt, Wenn ihm ein Düftchen nur der Ostwind raubt Und übers Grab weht einem, der zehn Jahr Begraben liegt, so hebt er d'raus sein Haupt. |
Jede Pinie, die im Erdenraume steht, Sollte sich vor deinem Wuchse neigen. Von der großen Pinie dort erwart' es nicht; Langem Leib ist wenig Weisheit eigen. 168 |
Wär' ich dein eine Nacht allein, was wär' es! Ein Dorn in deinem Rosenhain, was wär' es! Die Leun des Tags sind Füchse deines Hofes; Sollt' ich dein Stubenhündchen sein, was wär' es! |
O vergiß nie die Befehle deines Vaters, Daß dir nie die Seele fehle deines Vaters! Deines Vaters Seele spricht von droben: tu mir Nichts zuwider, bei der Seele deines Vaters! |
Da dein Haufen hundert ist und Feinde tausend, Renne nicht ins eigene Verderben brausend, Wie du kannst, verdirb den Feind; wo nicht im Stande Du zum Krieg bist, halte Frieden nicht für Schande! |
Bist du ein Mensch, nimm rosenfarb'nen Wein, Bei Flötenton und Lautenklang nimm ein! Wenn Opium du nimmst, wirst du ein Stein, Und sollst, so oft du's nimmst, gesteinigt sein. |
Obgleich von Schönen voll rings ist die Erdenflur, Doch ist mein Liebling ein Araber rein und pur. In Schiras wohnt er spricht Kas'runischKasrunisch: Kaserun: Stadt in der Provinz Fars (dem eigentlichen Persien) Dur und Lur Ja, mit der Zuckerlippe spricht er Bittres nur. |
Wenn ich dir entsage, sag, ich sei kein Mann; Willst du, bring mich um, und willst du, nimm mich an! Und, o Schatz der Anmut, wenn ich dir entrann, Such' ich deinesgleichen wieder, wo ich kann. |
Dein Gesicht verbirg entweder in der Andacht Zelle tief Oder zünde Liebesglut an und verbrenn' den Ehrenbrief. Sittsamkeit und Liebesflammen nicht zusammen einest du, Soll nicht Herzensvorhang reißen, mußt du Auge nähen zu. |
Das Gesicht, das jedem sollte sein verholen, Wo allein ich wollte meine Freuden holen, Ist nun jedem zugekehrt, mir abgewendet, Gott im Himmel, dir ist mein Geschick empfohlen. 169 |
Was Tag und Nacht in Wohlbehagen fließt Weiß nicht warum sich Bettlerklag' ergießt. Im Orus und im Eufrat fließt viel Wasser, Wonach in Wüsten lechzt ein Todesblasser. |
Sind dir unwert meine Dienste treu und bieder, Laß mich hingehn meines Wegs und her nicht wieder Oder über mich breit aus dein Glücksgefieder, Daß ich in Gehorsam dir mich tue nieder. |
Manch besonnen weiser Freund hat mich beschworen Tu Verzicht, wenn dich das Glück hat nicht erkoren! Die Geduld ist schwer; was bleibt mir als sie üben? Will ich oder nicht, man hält mich bei den Ohren. |
Der Nachbar, dem du zeigst, daß du nicht hassen Ihn willst, hats Paradies in seiner Gassen. Und wem du dein Gesicht nicht sehen willst lassen, Der wird im Himmel eine Höll' umfassen. |
Ohne dich ist mir die Welt zu klein; Ich bin stolz auf dich, du schämst dich mein. Friede, ruf' ich; du sagst: Krieg soll sein. Sag, ist das ein Herz wohl oder Stein? |
Ich von deinen Knechten bin der knechtlichste, Deines Stolzes Augen der verächtlichste. Doch zurück nehm' ich mein Herz nicht; denn je mehr Du mich tötest, werd' ich so lebendiger. |
Ich will hingehn, denn mir bleibt kein andrer Rat, Wenn der Feind auch lauter Schwert und Pfeile hat; Wenns gelingt, will ich am Saum ihn fassen Oder will auf seiner Schwell erblassen. |
Das Einkommen meines Lebens geb' ich für ein Nu hin. Alle Herzensruh geb ich für eine Herzunruh hin. Wenn auf einmal tausend Seelen zu Gebot mir stünden, Alle geb' ich gleich für einen Staub an deinem Schuh hin. 170 |
Ich dacht' ich dürfte keinem Löwen weichen, Der Feind kam und als Füchslein mußt' ich schleichen. Ich sprach: am Abschiedstage bleib ich standhaft; Er kam, und meine Kraft fühlt' ich nicht weichen. |
Ich bin ein Sklave deinem Zedergange, Ein Ferhad deiner SchirinwangeChosru: Chosru Parwis war der letzte große Kaiser der Perser. Die Geschichte seiner Regierung steigerte man ins Fabelhafte und Wunderbare. Thema in Nizami's (gest. 1191 n. Chr.) romantischem Epos »Chosru und Schirin« ist die Verbreitung des Geheimnisses: »man darf lieben, aber den Namen nicht verraten, sonst büßt man mit dem Tode«. Zu Chosru's schöner Gemahlin Schirin verzehrte sich der geniale Bildhauer Ferhad in hoffnungsloser Liebe. Ferhad hatte, um sie zu gewinnen, einen Milchstrom (pers. schirin = milchig, süß) durch einen Felsen geleitet. Er gab sich auf die falsche Nachricht vom Tode der Angebeteten den Tod mit seiner eigenen Axt. Die schöne Sage vom Ursprung des Granatapfels hat sich erhalten: aus dem Blute Ferhad's entsprungen, da das Beil, mit dem er sich getötet, im Sturze auf der Erde stecken blieb, wurzelte und Früchte trug »mit gespaltetem Busen und blutendem Herzen«.. Mein Auge blickt, mein Ohr lauscht deiner Kunde, Und mir entgeht dein Wort aus Lust an deinem Munde. |
Seit ich mich den Rücksichten der Welt entrang, Mag ich hundert Gnaden nicht für einen Dank. Nur ein Jünger erst, doch lach' ich wonnereich Ob der alten Welt, der jungen Rose gleich. |
Heimlich über alles Menschenleben wein' ich Wenn die Augen sich zum Himmel heben, wein' ich. Wie das Kind weint, weil das Vöglein ihm entschlüpft ist Also um das entflohne Leben wein' ich. |
Das Sonnemondbild das mich bringt ums Leben, Mein Leben will ich ihm umsonst nicht geben. Mit Küssen will ich ihm den Mund verschließen, Dann, wenn mein Blut soll fließen, mag es fließen. |
Laß mich dort, die HuriHuri: Himmelsjungfrauen, Mädchen von blendender weißer Gesichtsfarbe, mit funkelnden schwarzen Augen. Sie sind die Gespielinnen der Seligen, die mit diesen ewige Freuden genießen. Den hinter dem Vorhang der Erscheinungen verborgenen Gott zu sehen, ist für die Frommen das eigentliche Ziel und nicht der Paradiesgarten oder die im Koran versprochenen Himmelsjungfrauen. gerne will ich sehn, Dort den Glanz der Himmelssonne will ich sehn. Wollt ihr keinen Raum mir geben ihr zu nahn, Schlagt mich nur nicht, sie von ferne will ich sehn. |
Jeder Pinienwuchs, der mir vorüber wallt, Dauernd hängt mein Aug' an seiner Wohlgestalt. Da ich jung nicht wieder werden kann, warum Säh' ich mich nicht wenigstens nach Jugend um! |
Du kommst, und Anmut, Huld und Sitte schau' ich, Des Lebens Wonn' in deinem Tritte schau' ich. Wo du verschwandest, seh' ich dich; wohin ich Blick', überall dich in der Mitte schau' ich. 171 |
O Sonnenwang', ich bin in deiner Fangeschnur, Dein Joch trag' ich, und folge willig deiner Spur. Was willst du? Gold und Silber? Leib und Leben? Mich Verkauf' ich, und erkaufe dein Verlangen nur. |
Weil wir, liebe Vettern, sind Geschwisterkind, Wollen wir uns nicht zerreißen ungelind. Sag mein Schlimmes nicht, so sag' ich deines nicht, Weil wir einer schlimmer als der andre sind. |
Soll mirs nicht geschehn, mit dir das Feld zu sehn, Und zu sitzen, wo des Baches Fluten gehn? Was ich wünsch', ist, daß du pflückest Ros' und Veil' Und ich deiner Wangen Rosen in der Weil. |
O glaube nicht, daß meinem Schwur ich lüge. In deiner Liebe hab' ich mein Genüge, Ich sehne mich wie sonst nach deiner Nähe, Wie sonst les' ich vom Eise deine Züge. |
Der Freund, ihn hält in seiner Hut das Auge Und nur in seinem Anblick ruht das Auge, Um ihn zu sehn, dazu ist gut das Auge, Wo ich ihn sehn nicht kann, was tut das Auge? |
Wenn ich durchwacht der Nächte langen Raum, Sink ich gen Morgen auf des Lagers Saum. Ich denke wohl von Liebe fern den Schlummer Zu finden, doch mein Denken ist ein Traum. |
Lieber im Auge statt der Salb eine Nadel, Lieber vom Blitz angezündet Speicher und Stadt, Lieber der FrankenFranken: aus dem persischen »Farangan« Name für die Europäer bei den Mohammedanern im Zeitalter der Kreuzzüge Joch auf den Nacken gebunden Als beim Liebchen den Feind gefunden. |
Den Mond vom Himmel herabzupflücken, Von Rom nach Damask die Kirche zu rücken, Am Morgen das Abendgebet zu beschicken Ist möglich, unmöglich ist dich zu bestricken. 172 |
Einst uns begegnen im Hain ich und du Fern von der Stadt allein ich und du. Weißt, wo wir ich und du wären wohl? Wo wir nur wären zu zwein ich und du? |
O hätt' ich nie gehangen nach dem Auge, Nie wurdest du zu Ungemach dem Auge. Das Herz ist schuld, es war zu schwach dem Auge, Ach Weh dem Herzen, Weh und Ach dem Auge! |
Zwei, drei Tage hast du mich vergessen, Keine Huld dem Diener zugemessen. Meine Feinde, fürcht' ich, sehn den Schaden, Daß ich bei dir nicht mehr steh' in Gnaden. |
Die Götzen Sinas gegen dich sind Neger, Wer wandelt stolz wie du mein Herzensjäger? Ob du dich abkehrst und ob du dich sträubest, Dir bleib' ich gut, wenn du mir böse bleibest. |
Wenn einen Tag des Glücks mir schreibt des Schicksals Feder, Verschreib ich dir zu Fuß den Kopf, o schlanke Zeder. Staub dir zu Fuß zu sein, vergnügt bin ich damit, Ich fürchte nur daß auf den Staub dein Fuß nicht tritt. |
Ich sprach: abtun will ich das Blickespiel Damit das Liebesunheil hab' ein Ziel. Ich blick und sieh du bist, o Schönheitstrahl, Das letzte schöner als das erstemal. |
An jedem Tag mit neuen Huldgeberden, Je mehr ich seh, seh ich dich schöner werden. Zurückgegeben, doch ich fürchte, du Nimmst mir des KadisKadi: Richter Herz dazu. |
O könnten alle sehn dies Liebesbild, Die Rede hören, die der Lipp' entquillt, Daß sie im Herzen fühlten gleiches Sehnen Und nicht mehr lachten der Verliebten Tränen. 173 |
Nicht zu ergründen ist wie süß dein Mund ist, Nur daß er mir so ferne noch zur Stund ist. Ich darf mich in das Fürstenschloß nicht wagen, Du magst bei Bettlern nicht dein Zelt aufschlagen. 174 |