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Noch etwas über die Erziehung nebst Ankündigung einer Erziehungsanstalt

Ankündigung einer Erziehungsanstalt

Ich pflege sonst von den Schritten, die ich tue, niemandem, als Gott und meinem Gewissen Rechenschaft zu geben. Habe ich deren Beifall, so fühle ich mich so ziemlich gegen das Urteil der Menschen gewappnet. Jetzt muß ich aber doch eine Ausnahme machen. Ich tue einen nicht gar gewöhnlichen Schritt öffentlich; das Gelingen desselben hängt großenteils von dem Zutrauen des Publikums ab, ich muß ihn also vor demselben rechtfertigen.

Ein öffentliches Amt, wo man einen ausgebreiteten Wirkungskreis hatte und täglich Gelegenheit fand, viel Gutes zu stiften, niederlegen, seiner Besoldung entsagen und auf das Land ziehen, scheint freilich sonderbar, und ich bin gar nicht unwillig darüber, wenn dieser Schritt zu sonderbaren Erklärungen Anlaß gegeben hat. Ich hoffe aber, daß diese Erklärungen wegfallen werden, wenn ich ihn selbst erkläre. Denn da man zugesteht, daß jeder der beste Erklärer seiner Worte sei, warum will man nicht auch zugeben, daß jeder, wenn er sonst ein ehrlicher Mann ist, seine Handlungen am besten erklären könne?

Es sind wenigstens fünfzehn Jahre, daß in mir der Gedanke lebendig wurde: die vorzüglichste Ursache von dem vielen Jammer und Elend in der Welt sei in der fehlerhaften Erziehung der Menschen zu suchen. Wodurch dieser Gedanke veranlaßt wurde, kann ich mich nicht mehr erinnern. Die ersten Anfänge aller Dinge sind immer so klein, daß sie der menschlichen Aufmerksamkeit sich entziehen.

Dieser Gedanke entwickelte sich in mir immer mehr, er wurde lebhafter, die Mängel unserer bisherigen Erziehung wurden mir immer sichtbarer, und der Wunsch, denselben abzuhelfen, immer ernstlicher. Und da man sehr geneigt ist, zu glauben, was man wünscht, so hielt ich es schon dazumal, da ich ganz arm, unbekannt, und ohne alle auswärtige Verbindung war, für möglich, etwas dazu beizutragen, diesen Fehlern abzuhelfen. Ich weiß nicht, was aus meinem Plane würde geworden sein, wenn ich ihn dazumal länger verfolgt hätte. Die Vorsehung benahm mir die Muße, ihm länger nachzuhängen, sie führte mich vom Lande, wo ich dazumal wohnte, in die Stadt, wo mancherlei mir ganz neue Arbeiten mich eine Zeitlang ziemlich zerstreuten. Erst nachdem ich in meinen neuen Arbeiten mehr Fertigkeiten erlangt hatte, erwachte er wieder. Die Verfassung, in der sich die Schule befand, die unter meiner Aufsicht war, erweckte ihn. Ich besserte daran, soviel ich konnte, und hatte das Vergnügen, zu sehen, daß man meine Verbesserungen gut fand. Man kann leicht vermuten, daß ich Neigung fühlte, meine pädagogischen Grundsätze in meine Schule zu verpflanzen, fand aber gar bald, daß hier der Boden nicht sei, wo meine Pflanze gedeihen würde. Ich würde mir, sobald ich mit meinen Meinungen hervorgetreten wäre, eine Menge Streitigkeiten zugezogen haben, deren Ausgang eine gänzliche Vereitelung meines Planes und der damit verknüpfte Spott würde gewesen sein. Von dieser Periode hob sich meine Leidenszeit an. Ich war durch diese Umstände genötigt, vieles zu tun und gutzuheißen und zu loben, was ich nach meiner Überzeugung nicht für gut hielt. Das Verlangen, meine Ideen auszuführen, wurde heftiger, aber die Schwierigkeiten, es zu tun, wurden größer. Keinen Platz fand ich, soweit ich umher sah, wo ich nach meinen Neigungen hätte wirken können, keine Unterstützung konnte ich mir als möglich denken; ich entschloß mich also, meine Lieblingsneigung als eine gefährliche Feindin meiner Zufriedenheit zu bestreiten und auf dem Posten, auf den mich Gott gestellt hatte, so viel Gutes zu tun, als mir möglich wäre. Ich bemühte mich, meinen Vorsatz, so schwer es mir auch wurde, zu befolgen. Da ich aber glaubte, bald dahin zu sein, daß ich mich eines vollkommenen Sieges über meine Neigung rühmen könnte, erging von dem Dessauschen Institute ein Ruf an mich zu dem Amte eines Lehrers der christlichen Religion und Mitdirektors des Instituts. Dazumal war in Dessau auch nicht eine Person, die ich persönlich gekannt oder mit der ich Briefe gewechselt hätte. Ich war völlig überzeugt, daß ich diesen Ruf mit meinem Wissen auch nicht auf die entfernteste Art veranlaßt hätte. Wer sich nun in meine Lage ganz hineindenken kann und Menschenkenner genug ist, der kann sich leicht vorstellen, daß dieser Ruf mit einem Male meine zeither bestrittene Lieblingsneigung wieder völlig auflebte. Ich entschloß mich alsbald, diese Anstalt, von der ich so vieles gehört und gelesen hatte, zu besuchen, in der Hoffnung, dort den Platz zu finden, wohin ich meine Ideen verpflanzen konnte. Ich kam und sah, und fand da so viel Gutes, daß ich ganz davon eingenommen wurde, fand auch da vieles, wie es nach der damaligen Lage meines Herzens notwendig sein mußte, welches wirklich nicht da war. Ich verließ also diese vortreffliche Anstalt mit dem ziemlich bestimmten Entschlusse, den an mich ergangenen Ruf anzunehmen. Nur war ich zweifelhaft, ob ich Kraft genug haben würde, die Bande der Freundschaft, der Verwandtschaft, der herzlichen Liebe zu meiner mir lebenslang unvergeßlichen Gemeine, die mich an mein Vaterland fesselten, zu zerreißen. Zu meiner großen Verwunderung fand ich aber bei meiner Zurückkunft, daß sie die Vorsehung schon zerschnitten hatte. Mein Buch über die wirksamsten Mittel, Kindern Religion beizubringen, war, ich weiß nicht mehr durch wen, als ketzerisch, als ein Buch vorgestellt worden, das die Grundfeste der Religion umzustürzen suche. Es war in kurzer Zeit in den Händen der ganzen Stadt und der allgemeine Gegenstand des Stadtgesprächs. Die Umstände wurden so bedenklich, daß ich mich vor öffentlichen Mißhandlungen nicht mehr gesichert hielt und den Ruf nach Dessau gar nicht anders als einen gnädigen Wink Gottes nach einer Freistatt gegen alle Verfolgungen ansehen konnte. Mein Gewissen verband mich also, mein Amt und mein Vaterland zu verlassen.

Zwar fand ich in der Folge, daß meine Besorgnis unbegründet gewesen war. Nachdem ich versprochen hatte, den Ruf nach Dessau anzunehmen, bekam die Sache eine ganz andere Wendung. Ich wurde nicht nur, welches vielleicht in hundert anderen Städten würde geschehen sein, von niemandem im geringsten gekränket, sondern auch jedermann beeiferte sich, meine Unschuld zu verteidigen, und mir Beweise seines Beifalls und seiner Liebe zu geben. Dies alles aber konnte ich nicht voraussehen, und wir sind verbunden, nach den gegenwärtigen Bewegungsgründen zu handeln, die vor uns liegen, nicht aber nach denen, die uns das undurchdringliche Dunkel der Zukunft verbirgt.

Diese Verbindung mit dem Dessauschen Institute war mir außerordentlich wichtig. Ich kam auf einen Platz, wo selbstdenkende Erzieher schon seit einigen Jahren mit fast unumschränkter Freiheit gearbeitet hatten und noch arbeiteten, und wurde dadurch in den Stand gesetzt, zu beurteilen, was in der Erziehungskunst ausführbar oder nicht ausführbar, warum dieser Plan gelungen, ein anderer gescheitert, wodurch diese Anstalt so weit gekommen, und aus was für Ursachen sie nicht noch weiter gekommen sei. Deswegen werde ich mich lebenslang als den Schuldner dieser vortrefflichen Anstalt betrachten und es nie vergessen, daß alles, was ich etwa noch in der Welt zustande bringe, würde unterblieben sein, wenn die dirigierenden Glieder dieser Anstalt mich nicht zu sich eingeladen und mir nicht erlaubt hätten, ihre Arbeiten zu beobachten und an denselben teilzunehmen.

Je mehr ich aber das Innerste dieser Erziehungsanstalt durchschaute, desto mehr wurde ich überzeugt, daß der Plan, der hier zugrunde lag, zwar sehr gut wäre, aber gar nicht der, den ich zeither bei mir getragen hatte. Es blieben mir nun vier Wege zu wählen übrig, und welchen ich wählen sollte, war ich lange unentschlossen. Entweder mich zu bemühen, meine Ideen nach und nach in den vorhandenen Plan einzuschieben, oder meine Kraft anzuwenden, diesen Plan umzustoßen und den meinigen einzuführen, oder das Institut zu verlassen und mir selbst einen Platz zu suchen, wo ich meine Ideen realisieren könnte, oder meinem Plane zu entsagen und treu nach dem vorhandenen zu arbeiten. Den ersten Weg fand ich bald ungangbar. Ich sah ein, daß zwei Pläne gleich gut sein könnten, und es doch ebenso untunlich wäre, sie zu vereinigen, als wenn man in einer Maschine die Bäder aus einer andern, nach ganz anderen Verhältnissen erbauten, nach und nach einschieben wollte. Der andere schien mir für alle meine Mitarbeiter beleidigend. Denn es ist allemal beleidigend, wenn man niederreißt, was ein anderer, noch lebender, erbaut hat. Und durch so viele Beleidigungen, die in diesem Falle vorkommen mußten, mir einen Weg zu bahnen, kann ich nicht. Den dritten zu wählen, war ich zu gewissenhaft und zu bedenklich. Zu gewissenhaft, weil ich nach meiner Empfindung fest überzeugt war, daß Gott mich auf den Platz der Dessauschen Erziehungsanstalt gestellt habe, und daß ich nicht rechtschaffen handelte, wenn ich ihn verließe, ohne von ihm einen verständlichen Wink nach einem anderen erhalten zu haben. Und zu bedenklich, denn ich war keine einzelne Person, sondern ein Hausvater, der bei wichtigen Veränderungen immer weniger rasch zu Werke geht, als ein einzelner Mann.

Es blieb mir also nichts übrig, als den letzten Weg zu wählen, und ich wählte ihn. Da ich aber, gleich bei meinem Anzuge, den Funken zu dem traurigen Basedow-Wolkeschen Streite hatte glimmen sehen und stark mutmaßte, daß er über lang oder kurz in lichte Flammen ausbrechen würde, so ging ich diesen Weg immer so, daß ich den dritten nicht gänzlich aus den Augen ließ, sondern im Fall der Not sogleich hinüberspringen könnte.

Leider traf meine Mutmaßung ein. Nachdem ich zwei Jahre lang alle meine Kraft, die ich von meinen Arbeiten erübrigen konnte, angewendet hatte, diesen traurigen Streit zu unterdrücken, wenigstens zu verhindern, daß er nicht ins Publikum käme (eben deswegen, weil ich das getan habe, darf es mir nicht übel genommen werden, daß ich nun, da es demohngeachtet in das Publikum gekommen ist, im Vorbeigehen davon rede), brach er doch aus. Und ich bin nun einmal so gebaut, daß ich den Streit so wenig aushalten kann als andere die Zugluft. Ist es denn etwa so unrecht, wenn die letzteren sich nach einem Platze umsehen, wo keine Zugluft ist? Ich hatte überdies noch viele, gewiß nicht unbegründete Besorgnisse. Beide Parteien forderten mich zu verschiedenen Malen als Zeugen ihrer Unschuld auf. Und allemal wallte mein Blut, so oft ich aufgefordert wurde. Es war mir höchst wahrscheinlich, daß einmal die unselige Minute kommen werde, da die Leidenschaft mich fortriß, meinen Vorsätzen untreu zu werden und öffentlich mein freimütiges Urteil von der ganzen Sache, deren geheimster Mitwisser ich seit zwei Jahren gewesen war, zu sagen, und mich so in den Streit zu verwickeln. Es war auch nicht ganz unwahrscheinlich, daß der traurige Streit das ganze Institut zerrütten und umstoßen würde.

Unter diesen Umständen, davon ich nur einen flüchtigen Schattenriß gemacht habe, war es mir wohl nicht zu verdenken, wenn ich mit einem Fuße in den dritten Weg wieder trat.

Ich arbeitete meinen Plan aus, sah mich um nach einem Platze, wo ich ihn ausführen könnte, und da ich bald überzeugt wurde, daß das Herzogtum Gotha der Platz sei, wo alles Gute vorzüglich unterstützt und befördert werde, so wählte ich ihn, und erbat mir von dem durchlauchtigsten Herzoge einige, zu meiner Absicht nötige Freiheiten und eine anfängliche Unterstützung. Mein Plan hatte das Glück, den Beifall des durchlauchtigsten Herzogs zu erhalten, und sowohl die erbetenen Freiheiten, als die anfängliche Unterstützung wurde mir gnädigst zugestanden.

Diese Gnade, die meine Erwartung beinahe übertraf, und an die ich lebenslang mit der dankbarsten Empfindung mich erinnern werde, setzte mich nun in den Stand, das möglich zu machen, wozu meine eigenen eingeschränkten Kräfte zeither nicht hinlänglich waren.

So wurde mein Entschluß bestimmt, den Plan, den ich so lange bei mir herumgetragen, und der mir so manchen trüben Tag und so manche schlaflose Nacht gemacht hatte, auszuführen, und aufzuhören, nach anderer Plänen zu arbeiten.

Diese kurze Entstehungsgeschichte meiner Erziehungsanstalt hielt ich für nötig vorauszuschicken, teils um das beständige Nachfragen nach den eigentlichen Ursachen meiner Trennung von der Dessauschen Erziehungsanstalt einmal zu endigen, teils um meine auswärtigen Freunde zu überzeugen, daß ich jeden Schritt auf der Bahn, auf die ich durch Gott bin geleitet worden, mit Überlegung, nach meinen besten Einsichten getan habe, teils weil ich glaubte, daß dieses Fragment meiner Lebensgeschichte etwas dazu beitragen könnte, bei diesem und jenem den Glauben an die allezeit weise und gute Vorsehung Gottes zu bestärken. Denn das Zusammentreffen einer so heftigen Neigung mit Umständen, die ich gar nicht veranlaßte, und die ihr doch so günstig waren, gibt doch vielen Stoff zum Nachdenken. Bei mir hat es nicht bloß Nachdenken, sondern Überzeugung gewirkt.

Eben deswegen halte ich mich für verbunden, den weiteren Erfolg der Sache zu erzählen. Mein Amt erlaubte mir nicht, so lange im Herzogtum Gotha umher zu reisen, bis ich den Platz gefunden hätte, der zu meinen Absichten der schicklichste wäre. Ich übertrug das ganze Geschäft einem Freunde, von dessen Einsichten und Rechtschaffenheit ich hinlänglich überzeugt war, und gab ihm die Merkmale an, die mein künftiger Wohnsitz haben müßte. Weiter konnte ich nichts tun. Und die Wahl desselben fiel auf das Landgut Schnepfenthal. Er erkaufte es in meinem Namen, ich genehmigte den Kauf, reiste ab, um es zu beziehen, ohne es jemals gesehen zu haben. Wie sehr wurde ich aber gerührt, da ich bei dem Anzuge fast in allen Stücken meine Erwartung übertroffen fand! Und wenn ich die Freiheit gehabt hätte, ganz Deutschland zu durchreisen und mir den Platz zu wählen, der mir am besten gefiele, so zweifle ich, ob ich einen schicklicheren als Schnepfenthal hätte finden können. Es liegt nicht so nahe bei der Stadt, daß ich zu besorgen hätte, daß etwa dieselbe zu starken Einfluß auf meine Anstalt haben möchte, aber es ist auch nicht so weit davon entfernt, daß ich nicht öfteren Umgang mit den rechtschaffensten, aufgeklärtesten und kultiviertesten Personen haben könnte. Es ist nahe genug bei einem Dorfe, um alle ersten Bedürfnisse des menschlichen Lebens im Überflusse zu haben, und fern genug von demselben, um Vertraulichkeit meiner Zöglinge mit den Kindern der Landleute zu verhüten. Die Gegend ist so schön, daß sie gewiß mit vielen schweizerischen wetteifern kann. Berg und Tal, Wald und Wiesen und Teiche sind da in der mannigfaltigsten Abwechselung. Ich kann in derselben nie wandeln, ohne zur Fröhlichkeit und Tätigkeit gestimmt zurück zu kommen, und schwerlich wird ein Fremder sie besuchen, ohne durch sie bezaubert zu sein. Die Natur zu studieren, sind gewiß wenige Plätze geschickter als Schnepfenthal. Aber die Kunst kennenzulernen ist hier auch gute Gelegenheit. Zwar nicht die Kunst im engsten Verstände, aber doch die, die nützt. Die Städtchen Waltershausen und Friedrichroda, davon jedes eine halbe Stunde von meinem Gute entfernt liegt, enthalten manchen Gelehrten, Handwerker und Künstler, von denen man lernen kann, unter welchen ich schon verschiedene entdeckt habe, die in den Bergbau, die Chemie, die Mechanik, die Geometrie, die Baukunst gute Einsichten haben. Luft und Wasser sind bei mir vorzüglich gesund.

Die einzige Unvollkommenheit, die ich bei meinem Anzuge antraf, war, daß mein Haus für meine Absichten zu klein war. Zwar war es ziemlich zu einem Wohnsitze der Ruhe für mich und meine Familie geräumig genug, aber bei weitem nicht, um eine Erziehungsanstalt zu errichten. Ich entschloß mich also, ein neues großes Gebäude zu errichten, das, wenn Gott nicht ganz unvorhergesehene Hindernisse dazwischentreten läßt, im Anfange des Frühlings 1785 ganz fertig sein wird.

Auch bei diesem Baue habe ich große Ursache, die göttliche Vorsehung zu preisen. Obgleich mein Gut ziemlich weitläufig ist, so fand ich doch auf demselben den Platz nicht, der mir zur Errichtung eines Gebäudes recht gefallen hätte. Hier vermißte ich die Gelegenheit, gute Keller anzubringen, dort die Aussicht, und am dritten Orte war ich genötigt, das tragbarste Land zu verbauen.

Voll Kummer deswegen durchwandelte ich einige Male meine Gegend, kam einmal auf eine Anhöhe, von der ich mein ganzes Gut und einen großen Teil der umliegenden Gegend übersehen konnte. Mein Gefühl sagte mir, daß dies der Ort sei, der sich für mein Gebäude am besten schickte. Ich teilte meine Gedanken meinen bauverständigen Freunden mit und erhielt ihren Beifall. Nach Überwindung einiger Schwierigkeiten überließen mir die Eigentümer diesen Platz gegen billige Bezahlung.

Durch diesen Einfall wurde ich nicht nur in den Stand gesetzt, meinem Gebäude die besten Keller, sondern auch die herrlichste Aussicht zu verschaffen. Sehe ich aus der vorderen Front, so liegt da der größte Teil des zu meinem Gute gehörigen Feldes, dann eine wiesen- und ackerreiche Ebene, am Ende derselben die Stadt Gotha. Sehe ich durch die gegenüberstehende Front, so liegt da eine wirklich romantische Gegend, ein Tal, wo Wiesen und Bäche und Teiche miteinander abwechseln, zu beiden Seiten hohe, mit Tannen und Fichten bewachsene Berge; die Aussicht begrenzt eine Kette waldiger Gebirge, an deren Fuße das berühmte herzogliche Lustschloß Reinhardsbrunn hervorlauscht. Sehe ich zur Rechten, so erblicke ich meinen Garten, Wald und Teich und alle ökonomischen Gebäude; sehe ich zur Linken, so zeigt sich das anmutige Städtchen Waltershausen.

Die vorzüglichste Schwierigkeit, die mir bei der Wahl dieses Platzes aufstieß, war der Mangel des Wassers. Ich teilte meine Besorgnis meinen Freunden mit; sie durchstrichen die Gegend und kamen bald mit der Nachricht zurück, daß sie eine ganz vortreffliche Quelle entdeckt hätten. Die Probe, die sie von der Quelle mir mitbrachten, versicherte mich von der Wichtigkeit ihrer Entdeckung. Noch mehr wurde ich aber davon überzeugt, da ich sie selbst besah und durch einen verständigen Freund die ganze Gegend abwägen ließ. Denn da fand es sich, daß sie nicht nur durch eine Röhrenleitung, die nun auch zustande ist, auf meine Anhöhe bequem gebracht, sondern daß sie auch sehr gut zur Anlegung von Fontainen, Bassins und Erreichung sehr vieler ökonomischer Absichten gebraucht werden könne.

Wir untersuchten den Boden, der um den für mein Gebäude bestimmten Platz lag, und fanden da die vortrefflichsten Steinbrüche, selbst der Grund, den ich für mein Gebäude aufgraben ließ, lieferte eine Menge Steine. Der nahe Wald bot uns Bauholz, die ebenso nahen Ziegelhütten Ziegel und Kalk, die vorbei rieselnden Bäche Wassersand, die benachbarten Schneidemühlen und Eisenwerke Bohlen, Bretter, Nägel und Öfen an. Auf diese Art wurde ich in den Stand gesetzt, ein schönes Gebäude aufzuführen mit weit geringeren Kosten, als sie an einem anderen Orte würden nötig gewesen sein.

Auch freute ich mich nicht wenig, da ich mich mit den umherwohnenden Landleuten bekannt machte und von ihnen erfuhr, daß ein großer Teil von ihnen Fuhrleute wären, die beständig nach den berühmtesten Handelsplätzen Deutschlands reisen, daß ich also durch dieses Mittel mich mit den größten Handelsstädten in Verbindung erhalten könnte.

Dies ist die Entstehungsart und die äußerliche Lage meiner Erziehungsanstalt.

Wenn ich von der inneren Verfassung derselben reden will, so ist wohl vorzüglich nötig, daß ich zeige, ob und wie ich den Mängeln abhelfen kann, die ich an anderen getadelt habe. Denn Fehler bemerken ist leicht, aber schwer ist es, ihnen abzuhelfen. Ich will mit aller möglichen Wahrheitsliebe davon reden, und mir, da ich dies schreibe, es zum unverbrüchlichen Gesetze machen, daß ich nichts mehr versprechen will, als ich zu halten mir getraue, und daß ich mir nicht alles zutrauen will, was mir bisweilen der Enthusiasmus als möglich vorstellt, sondern nur das, was entweder bereits geschehen ist, oder was ich mir bei kaltem Blute als möglich denken kann.

Für den Körper meiner Zöglinge werde ich so sorgen, daß er Gesundheit, Kraft, Festigkeit und Geschicklichkeit bekommt, stets eingedenk meines Grundsatzes, daß es schwer sei, daß eine glückliche und starke Seele in einem schwächlichen Körper wohnen und wirken könne.

Was die Gesundheit meiner Zöglinge betrifft, so verbürge ich mich keineswegs dafür, daß keiner je krank werden oder sterben sollte. Es gibt gewisse Krankheiten, die dem Menschen so notwendig sind als den Raupen die Abstreifung des Balges. Die menschliche Natur muß sich durchaus bisweilen Kanäle öffnen, durch die sie ihre Unreinigkeiten abführt, die Öffnung ist fast immer mit Unbequemlichkeiten und Schmerzen verknüpft, so daß man sie Krankheit nennt. Krankheiten dieser Art zu verhindern, hieße den Stollen dämmen, durch den das Wasser abfließt, das den Bergmann in seinen Arbeiten hindert. Und für den Tod gutzusagen, klänge zwar sehr schön, im Grunde wäre es aber doch unbesonnen. Ich kann ja nicht dafür gut sein, daß ich selbst morgen noch lebe, wie ist es mir dann möglich, für das Leben anderer gutzusagen.

Demohngeachtet weiß ich es gewiß, daß sich meine Anstalt vorzüglich von anderen durch die Gesundheit der Zöglinge unterscheiden wird.

Die Lebensmittel, die sie genießen, sind die gesündesten und einfachsten. Ich bin nicht so strenge, daß ich meine Zöglinge auf Spartanisch erziehen und zur rauhesten Kost, wohl gar zur Ertragung des Hungers zwingen wollte. Denn ich will nicht Spartaner, sondern Deutsche erziehen, die unter Deutschen leben, handeln und sich unter ihnen wohl befinden sollen. Aber vor allen Leckereien und ungesunden Speisen will ich sie sorgfältig bewahren. Die mit Butter getränkten Kuchen, die mit Pottasche aufgetriebenen, schwammichten Semmeln, die Produkte des Konditors sollen ihre gewöhnliche Kost nicht sein. Um dieses zu bewerkstelligen, habe ich ein sehr wirksames Mittel in den Händen, das ist dieses, daß von allen diesen Sachen in unserem Schnepfenthale nichts zu haben ist. Aber für reichliche und gesunde Kost soll hinlänglich gesorgt sein. Die reine Milch und Butter, die unsere Kühe liefern, die Erd- und Heidelbeeren, mit denen der Thüringer Wald besäet ist, die Kirschen, Pflaumen, Äpfel und Birnen, die uns unsere Bäume anbieten, sind wohl hinlänglich, ihnen ein gesundes und schmackhaftes Frühstück zu verschaffen. Zur Mittags- und Abendkost liefern die Äcker und die Mühle meines Gutes und die Ställe Brot und Butter und Käse genug, gesundes Fleisch ist aus dem benachbarten Städtchen Waltershausen, Wild aus dem großen Thüringer Walde und Fische aus den umherliegenden Teichen im Überflusse zu haben. Denn es ist nicht nur im Überflusse da, sondern es sind auch nicht so viele Rivalen zu jedem Rehrücken, Hasen, Karpfen, Forelle und Hecht, die feilgeboten werden, wie in großen Städten da. Und da ich einen ziemlich großen Strich Landes habe, den ich bald zu einem Küchengarten umzuschaffen gedenke, so wird es auch hoffentlich nicht an Gemüse fehlen. Überdies werde ich darauf sehen, daß nie in kupfernen Geschirren gekocht wird und so die Speisen vergiftet werden.

Wer nur die Anfangsgründe von der Erhaltung der menschlichen Gesundheit erlernt hat, wird wohl einsehen, daß die Gesundheit meiner Zöglinge schon so ziemlich gesichert ist, wenn ich dies alles leiste. Und das alles zu leisten, ist für mich gar nicht schwer, weil alles schon da ist und durch viele künstliche Maschinen nicht beigeschafft werden darf.

Die Luft, die sie einatmen, muß stets gesund sein. Sie ist gesund, so wie sie uns der Thüringer Wald zuwehet. Meinen Zöglingen stets gesunde Luft zu verschaffen, bedarf es also gar keiner Maschinen, um sie hervorzubringen, sondern einiger Vorsicht, daß die bereits vorhandene Luft nicht vergiftet werde. Deswegen erlaube ich es nicht, daß sie im geheizten Zimmer schlafen, noch viel weniger, daß sie die Türe desselben öffnen, um den Dünsten zu ihrem Schlafgemache Zutritt zu verschaffen, deswegen dulde ich nie Feuchtigkeit in Wohn- oder Schlafzimmer. Zwar nötigen mich andere, leicht zu erratende Gründe, zwölf Zöglinge mit ihrem Aufseher in einem Zimmer zusammen schlafen zu lassen; aber ich werde durch Öffnung der Fenster am Tage und durch Ableitung der Luft bei Nacht hinlänglich dafür sorgen, daß dieses Zusammenschlafen vieler Menschen in einem Zimmer für ihre Gesundheit nicht die geringste nachteilige Folge haben darf.

Ferner hoffe ich vielen Krankheiten durch die Lebensart, die wir führen, vorzubeugen. Nur einen Teil unserer Zeit bringen wir sitzend zu, den andern in Bewegung. Außerdem, daß wir unsere Spielstunden haben, haben wir noch eine Menge Geschäfte zu besorgen, die nicht anders als in freier Luft geschehen können. Es hat jeder von uns ein Gärtchen, das doch notwendig bearbeitet werden muß, wenn wir daran unsere Lust sehen und Vorteil davon haben wollen. Wir haben unsere Teiche, davon der eine etwas entlegen ist; nach diesen muß doch immer gesehen werden, wenn unsere Karpfen und Forellen nicht einmal durchgehen sollen. Es gibt auch da und dort etwas Merkwürdiges, oft viele Meilen weit, danach wir reisen müssen, wenn wir es betrachten wollen. Wir legen uns ferner, wie ich hernach zeigen werde, unsere Apotheke und unser Naturalienkabinett an, wozu wir weit und breit die Materialien zusammensuchen müssen. Wir können bei dergleichen Unternehmungen unmöglich viel auf die Witterung Rücksicht nehmen, sondern müssen sie annehmen, wie der liebe Gott sie eben bescheret. Sollten wir auch bisweilen beregnet oder beschneiet werden, so trösten wir einander damit, daß wir mit jedem Schritte der Absicht näher kommen, in der wir ausgegangen sind, und unser Körper durch Ertragung der Beschwerlichkeiten mehr Festigkeit bekomme.

Wie wichtig diese Lebensart für die Erhaltung der menschlichen Gesundheit sei, begreift jeder, der sich nur einigermaßen über die auf Gesundheit sich beziehenden Vorurteile hinweggesetzt hat. Unsere Atmosphäre ist für uns dies, was für den Karpfen das Wasser ist. Die mannigfaltigen Revolutionen, die sich in derselben zutragen, können uns so wenig nachteilig sein, als dem Karpfen die Veränderungen, die Hitze und Frost, Regen und Donner bisweilen in seinem Wasser verursachen. Nur dann werden sie uns nachteilig, wenn wir durch allerlei Künsteleien es zu verhindern suchen, daß sie nicht auf uns wirken. Diese Menge von Künsteleien, durch welche man die Einflüsse der Atmosphäre von sich zu entfernen sucht, ist die wahre Ursache einer Menge Leiden. Denn diese Einflüsse auf immer von sich zu entfernen, ist unmöglich. Wenn man auch gegen Feuersbrünste, Überschwemmungen und dergleichen unglückliche Fälle, die uns aus dem Sofa und dem geheizten Zimmer in die freie Luft sprengen, sich einen Freibrief lösen könnte, so tritt doch bei jedem oft der Fall ein, daß er reisen, daß er seiner Berufsarbeit wegen bei unfreundlicher Witterung ausgehen muß, daß er auf einem Spaziergange von einem Platzregen übereilt wird. Und dann wehe ihm, wenn sein Körper nicht gewöhnt ist, dergleichen Ungemach zu tragen! Meine Zöglinge, die ich nach und nach zu meiner Lebensart gewöhnt habe, mag immer ein Platzregen treffen, der Kleid und Hemd durchweicht; ich werde dabei so wenig Besorgnis haben als bei dem Untertauchen meiner Enten. Wie traurig würde es aber um andere, an die Stubenluft gewöhnte, aussehen, wenn gleiches Schicksal sie beträfe! Wie oft sind bei solchen Menschen ein früher Tod und ein siecher Körper die Folgen solcher Schicksale.

Meine Erfahrungen haben es mir zur unleugbaren Wahrheit gemacht, daß das sicherste Mittel, Kinder gesund zu erhalten, dieses sei, daß man sie gewöhne, alle Arten von Witterung auszuhalten, und Nässe und Kälte zu vertragen.

Sollte bei dieser kühnen Behauptung manches zärtliche Mutterherz zittern, so versichere ich, daß ich einen großen Unterschied mache unter Kindern, die von ihrer Geburtsstunde an zu solch einer Lebensart gewöhnt, und unter anderen, die zärtlicher erzogen wurden; daß ich selbst überzeugt sei, daß man ein zärtlich erzogenes Kind töten würde, wenn man es ohne alle Vorsicht der rauhesten Witterung aussetzen wollte; daß ich aber ebenso fest glaube, daß das sicherste Mittel, ein schwächliches Kind stark und fest zu machen, dieses sei, daß man es zu dieser Lebensart mit der nötigen Klugheit nach und nach gewöhne.

Dies ist nicht Spekulation, es ist Erfahrung. Ich habe einige feste Jünglinge im Dessauschen Erziehungsinstitute gekannt, die als Zärtlinge dahin kamen, aber durch weise Gewöhnung zur Ertragung des Ungemachs der Witterung nach und nach so weit gebracht wurden, daß sie das wurden, was sie waren.

Da nun aber demohngeachtet Krankheiten bei Kindern bisweilen unvermeidlich sind, so habe ich eine Menge Mittel in Bereitschaft, sie zu heben. Ich habe eine Universalmedizin, die sowohl innerlich als äußerlich mit dem glücklichsten Erfolge gebraucht werden kann. Sie ist gut gegen Kopf- und Zahnschmerz, Brausen vor den Ohren, Schärfe im Blute, Herzklopfen, verhindert die Schlafsucht, befördert die Verdauung, heilt die Verwundungen und stärkt die Nerven.

Es ist eine sehr reine und frische Quelle, die ich habe fassen und durch eine Röhrenfahrt in mein neues Haus leiten lassen. Denn daß der vernünftige Gebrauch des frischen Quellwassers eine Menge körperliche Leiden nicht nur verhüten, sondern auch heben könne, ist durch eine Menge Erfahrungen erwiesen.

Hiernach gibt es mancherlei höchst einfache Mittel in der Natur, durch deren Gebrauch viele sehr gewöhnliche Schmerzen und Krankheiten können gehoben werden. Diese suchen wir uns bekannt zu machen und bereiten uns damit eine Apotheke, die etwa einige Kubikschuh betragen wird. Daß diese Apotheke hinlänglich sei, unserm Körper in den meisten Fällen zu helfen, glaube ich. Denn von Gottes Güte ist es zu erwarten, daß er die Mittel, unserm wahren Elende abzuhelfen, sehr nahe bei uns gelegt habe, so nahe, daß sie jeder, dessen Verstand zur Beobachtung gewöhnt ist, leichtlich finden kann.

Meine Überzeugung von der Wirksamkeit dieser Mittel, die Gesundheit zu erhalten, ist aber um so viel stärker, da ich durch eigene vieljährige Erfahrung darin bestärkt worden bin. Nicht nur meine eigene Familie, sondern auch die Personen, die von Zeit zu Zeit in meinem Hause gewohnt, haben, wenn sie meinen Rat befolgten, eine dauerhafte Gesundheit genossen. Und das ganze Geheimnis, wodurch ich sie erhielt, ist doch kein anderes als Gewöhnung des Körpers, die Abwechselungen der Witterung zu ertragen, Erhaltung gesunder Luft in den Wohnzimmern und Gebrauch der einfachsten Heilmittel, die zunächst um uns liegen.

Bei alledem ehre ich den wirklichen Arzt als eine der wichtigsten Personen im Staate und bediene mich seines Rates in Fällen, wo ich mir nicht selbst zu helfen weiß. Ich werde dies auch künftig tun.

Ich werde aber nicht nur darauf sehen, daß meine Zöglinge, so lange sie bei mir sind, gesund bleiben, sondern ich werde auch dafür sorgen, daß sie lernen, ihre Gesundheit für die Zukunft zu erhalten.

Ich habe auch Mittel, den Gliedern meiner Zöglinge Kraft und Geschicklichkeit zu verschaffen. Diese kann man am Ende meiner Schrift kennen lernen. Und ich rede davon nicht weiter, damit ich nicht eine Sache zweimal sage, welches ich ohnedies, der Ordnung wegen, die ich mir vorgeschrieben habe, einigemal habe tun müssen.

Ebenso sicher traue ich mir dem Mangel an Aufmerksamkeit auf die Natur bei meinen Zöglingen abzuhelfen. Ich habe ein prächtiges Naturalienkabinett, gegen welches das schönste königliche Kabinett gar nichts sagen will. In demselben ist der Aufgang der Sonne und des Monds und jedes Sterns, das Entstehen der Sonn- und Mondfinsternisse, die Abwechselung der Jahreszeiten, das Entstehen des Nebels, der Wolken, des Donners und des Hagels gar deutlich zu sehen; Bäume, Sträucher und Pflanzen stehen da, alle recht natürlich, die Vögel, die Säugetiere, die Fische und alles Tier, das auf Erden kreucht, kann da in seinen verschiedenen Entwicklungen beobachtet werden. Alle Tage gehe ich mit meinen Zöglingen in dies Naturalienkabinett und suche heraus, was uns das merkwürdigste ist. Darüber unterreden wir uns denn miteinander, jeder sagt, was er daran bemerkt; wir vergleichen die gesammelten Sachen untereinander, bemerken, worin sie einander ähnlich oder unähnlich sind, und schärfen so unser Unterscheidungsvermögen, legen zehn bis zwanzig Produkte der Natur vor uns, untersuchen, was sie alle miteinander gemein haben, und lernen so abstrahieren; legen eines nach dem anderen weg, bemühen uns, es recht deutlich zu beschreiben, so wird unsere Einbildungskraft und das Vermögen, anderen seine Gedanken mitzuteilen, geübt.

Nachdem wir dies alles in deutscher Sprache getan haben, so tun wir es auch französisch, nach einiger Zeit auch lateinisch, und lernen so beide Sprachen. Die Zöglinge schreiben auch wohl nieder, was sie aus der Unterredung behalten haben; ein anderer bekommt den Auftrag, zu untersuchen, ob auch alles recht geschrieben sei, so erlernen wir Orthographie.

Bald werden wir auch einen Mann bekommen, der uns die Vorteile zeigt, wie wir uns alle diese schönen Sachen abzeichnen können, damit doch jeder das Bild von den Sachen immer gegenwärtig habe, die ihm Freude gemacht haben. So lernen wir zeichnen. Unser Naturalienkabinett wird uns die Quelle, aus der wir alle unsere ersten Kenntnisse schöpfen, der Gegenstand, an dem wir alle unsere Kräfte üben.

Ob ich nun gleich ziemlich deutlich gesprochen habe, so weiß ich doch, daß mancher fragen wird, wo ich, als Privatmann, doch das viele Geld hernehme, das zur Anlegung eines Kabinetts nötig wäre, das den königlichen nicht nur gleichkommen, sondern sie auch übertreffen sollte? Diesen zu Gefallen muß ich denn deutlicher reden. Mein Naturalienkabinett ist die Natur selbst. Ich habe mein Gebäude sorgfältig so anlegen lassen, daß ich aus demselben den Auf- und Untergang der Sonne und des Monds und der Sterne, die Annäherung des Frühlings, Sommers, Herbstes und Winters sehr bequem beobachten kann. Unsere Wiesen, Äcker, Gärten, Teiche und Bäche, vorzüglich unser Thüringer Wald, liefern uns eine solche Menge von betrachtungswürdigen Gegenständen, daß wir uns nie über Mangel derselben, wohl aber über Mangel der Zeit, sie hinlänglich betrachten zu können, beklagen dürfen. Aus diesem großen Naturalienkabinette extrahieren wir uns nun nach und nach ein kleineres, damit wir von jeder Gattung der Werke Gottes etwas gegenwärtig haben, um es, so oft es nötig ist, betrachten zu können.

Ob nun dieses das Mittel sei, den Menschen auf die Natur, deren Kenntnis zur menschlichen Glückseligkeit schlechterdings nötig ist, aufmerksam zu machen, überlasse ich dem Gefühl eines jeden. Unterdessen sage ich, was ich davon aus Erfahrung weiß. Seit vier Monaten befolge ich unter meinen vielfältigen Zerstreuungen diese Methode. Die Wirkung davon ist diese, daß Kinder, die sonst von dem Grase keinen anderen Gebrauch zu machen wußten, als darin zu spielen, und von dem Walde, als darin zu springen, jetzt in der Natur mit aufmerksamem Blicke umhergehen und beobachten.

Dies schreibe ich nun meiner Weisheit gar nicht zu, denn der Trieb, die Natur zu beobachten, ist allen Kindern angeboren. Wenn andere Kinder von der Natur gar nichts wissen, so kommt es daher, weil man ihren heftigen Trieb, sie kennen zu lernen, durch allerlei Künsteleien, z.B. Vokabel, Grammatik, Katechismus u. dgl. erstickt hat.

Und eben dadurch, daß ich die von Gott eingepflanzte Aufmerksamkeit auf die Natur bei meinen Zöglingen zu erhalten suche, verhindere ich auch die Abziehung der Aufmerksamkeit von dem Gegenwärtigen. Ein Mensch, der sich früh gewöhnt hat, jede merkwürdige Erscheinung in der Natur, jedes merkwürdige Tier und jede Pflanze zu bemerken, den kahlsten Berg mit forschenden Blicken zu beobachten, ist immer mit seinen Gedanken in der Welt, in der er wirklich lebt und webt, hat Empfänglichkeit für jedes gegenwärtige Vergnügen, weiß alles, was um ihn ist, zu seinem Vorteile zu benutzen, und erhält seine Gedanken leicht bei den Geschäften, die er verrichtet.

Dies hoffe ich dadurch noch sicherer zu bewirken, daß ich die Aufmerksamkeit der Zöglinge, wenn sie eine Zeit lang auf die Natur geheftet gewesen ist, auch auf die Beschäftigungen der Menschen richte, mit ihnen bald den Arbeiten des Ackermanns, bald des Maurers oder Zimmermanns, Tischlers oder Schmiedes zusehe; bald Bergwerke, bald Schmelzhütten und Eisenhammer besuche, welches alles ich sehr nahe um mich haben kann; mit jedem Handwerksmanne und Künstler mich über sein Geschäft in ein Gespräch einlasse, ihn frage, warum er dies so und nicht anders mache? wozu er dieses Werkzeug brauche? wieviel er mit seiner Arbeit gewinne u. dgl. Ich müßte mich sehr irren, wenn durch solche Besuche und Unterredungen nicht die Aufmerksamkeit der Kinder noch mehr auf das Gegenwärtige geheftet, und sie so geschickt gemacht würden, bei allen ihren künftigen Unternehmungen mit ihren eigenen Augen zu sehen.

Aber wo bleibt denn, wird man fragen, bei dieser Art des Unterrichts die Geographie? die Geschichte? die Mythologie? die schönen Wissenschaften? die Religion? Das alles soll ihnen gewiß gut gelehret werden. Nur alles zu seiner Zeit. Ehe meine Zöglinge um die Produkte von Ost- und Westindien sich bekümmern, sollen sie erst die Produkte unseres Landgutes und des Thüringer Waldes kennen lernen. Ehe wir vom Karpathischen Gebirge und dem Pintus plaudern, ehe wir uns mit Paris, Lissabon, Rom, Athen und Jerusalem bekannt machen, müssen wir schon mit der Kette von Gebirgen, an deren Fuße wir wohnen, bekannt sein, den Inselsberg besucht, nach Franken, Hessen und Thüringen gesehen, wenigstens einige Dörfer, Städtchen und Städte besehen haben, damit sie sich doch bei den Worten Gebirge, Berg, Dorf, Städtchen, Stadt, Provinz etwas Richtiges denken können. Ehe sie die Statistik von Spanien lernen, sollen sie sich erst mit der Statistik von Gotha bekannt machen. Denn alles Plaudern eines Kindes, das noch keine deutlichen Begriffe von der natürlichen und politischen Verfassung der Provinz hat, in der es erzogen wird, von dem Karpathischen Gebirge, von der Regierungsform und den Einkünften in Frankreich oder China, ist weiter nichts als Starengeschwätz, und noch weit weniger. Der Star denkt sich gar nichts, wenn er spricht, ein solches Kind aber etwas ganz Falsches, wenn es vom Parlamente oder den Mandarinen spricht.

Ehe wir die Geschichte der Assyrer und Perser, Griechen und Römer lernen, wollen wir uns erst die Geschichte eines benachbarten Orts bekannt machen. Ich würde dazu die Geschichte von Schnepfenthal wählen, wenn dieser Ort so wichtig wäre, daß die Alten ihn wert gehalten hätten, Merkwürdigkeiten davon aufzuzeichnen. Vor der Hand habe ich mir dazu das berühmte Kloster Reinhardsbrunn gewählt. Wir wollen es oft besuchen. Nachdem wir uns gefreut haben über die vortrefflichen ökonomischen Einrichtungen, die daselbst allenthalben sichtbar sind, über den Reiz der Gegend, den die Kunst erhöhet hat u. dgl., bleiben wir bei einer alten Inskription und einem Kruzifixe stehen, das dabei gehauen ist, und natürlich entsteht nun die Frage, wie es wohl sonst hier möge ausgesehen haben? Wir fragen einen hier bekannten Freund, ob nicht mehrere solche Überbleibsel aus der alten Zeit vorhanden wären? Er führt uns zu einer Reihe steinerner Männer, die durch die Länge der Zeit zum Teil verstümmelt wurden, zeigt uns Trümmer von Leichensteinen, Überbleibsel eines alten Klosters, führt uns in eine alte Kirche, sagt uns von einem uralten Begräbnisse fürstlicher Personen, in welches man durch eine kleine Öffnung steigen könne. Die Neugier erwacht; wo ist das Begräbnis? fragen alle begierig, zeigen Sie es uns. Ich steige hinab, sagt der eine, ich auch, ich auch, sagen alle. Wir steigen hinab, und finden da einige Rippen und andere Knochen, offene Gräber sehen einander bedenklich an, sind ganz in der alten Zeit. Es geschehen an mich hunderterlei Fragen, von wem die Knochen wären? wer das Kloster erbauet habe? wen dieser, wen jener steinerne Mann vorstellen solle? Ich kann darauf immer nichts weiter antworten, als: ich weiß es nicht. Darüber werden dann meine Zöglinge unwillig. Ich frage endlich meinen Freund, ob er mir denn kein Buch empfehlen könne, wo man von allen diesen Sachen Nachrichten fände? Er empfiehlt mir Herrn Galetti. Ich müßte mich sehr irren, wenn meine Zöglinge mich nicht inständigst bäten, den Galetti zu kaufen. Ich tue es, nachdem ich mich genug darum habe bitten lassen. Wir lesen ihn begierig, und sammeln alles, was er uns von Reinhardsbrunn sagt. So bereiten wir uns zur Erlernung der Geschichte, bekommen Begriffe von Jahrhunderten, Altertum, Dokumenten u. dgl., und nun erst ist es Zeit, auch die Geschichte anderer Länder sich bekannt zu machen.

Denn die Geschichte muß noch später als die Geographie getrieben werden. Diese versetzt uns in entfernte Länder, jene aber nicht nur in entfernte Länder, sondern auch in entfernte Zeiten. Sollte ich nun meine lieben Zöglinge von dem Busen der Natur wegreißen und so weit wegschleudern, ehe sie sich an demselben recht satt gesogen haben?

Den Unterricht in der Mythologie werde ich noch weiter hinausschieben, denn dieser bringt uns ganz von der wirklichen in die Fabelwelt. Im Grunde ist die ganze Mythologie wahrer Unsinn, über den wir alle spotten würden, wenn er nicht durch Dichter, Bildhauer und Maler so schön wäre vorgestellt worden. Unsinn kann ich aber meine Zöglinge nicht lehren, bevor sie ihren Wahrheitssinn hinlänglich geübt haben. Ich kann ihnen die Unnatur, die Gestikulationen einer erhitzten Einbildungskraft nicht eher zeigen, ehe sie die schöne simple Natur recht haben kennen lernen.

Deswegen werde ich ihnen zwar die Mythologie zu seiner Zeit bekannt machen, aber nur als Skizze, nie werde ich sie ausmalen. Sie sollen den Jupiter, die Merkmale, an denen man sein Bild erkennt, seine Kinder usw. kennen lernen, aber weiter nichts Ausführliches. Aller Unterricht bei jungen Menschen ist ja bloß elementarisch, sie lernen keine einzige Wissenschaft nach ihrem ganzen Umfange, warum sollen sie denn eben die Mythologie ausführlich lernen? Freilich werden Jünglinge, die so unterrichtet sind, nicht recht wissen, was sie aus dem Bilde der Leda machen sollen; dagegen kennen sie auch die Absichten des Nebels und Donners. Manche schöne Stelle im Ovid wird ihnen unverständlich sein, dagegen werden sie den Anbau der Futtergräser, die Pflanzung der Holzungen, die Verbesserung eines schlechten Bodens u. dgl. recht gut verstehen. Und einem wirklich handelnden Menschen, dergleichen ich zu erziehen gedenke, der in der Welt, in der er ist, glücklich sein und glücklich machen will, ist es wahrhaftig wichtiger zu wissen, wie er die Einöde, die er bewohnt, zum Paradiese umschaffen soll, als der richtige Verstand einer Ovidianischen Stelle.

Den Unterricht in den schönen Wissenschaften werde ich weit früher anfangen. Wenn ich früh den Sinn für Wahrheit zu entwickeln suche, ist das nicht schon Unterricht in den schönen Wissenschaften? Alles währe Schöne in der Kunst ist Nachahmung der Natur. Wenn ich nun meine Zöglinge die Natur kennen lehre, setze ich sie nicht dadurch in den Stand, zu beurteilen, inwiefern sie gut oder schlecht nachgeahmt sei? Sobald sie von der Natur einigermaßen unterrichtet sind, werde ich sie weiter führen, und ihnen die Nachahmung derselben, bald in Gemälden, bald in Schilderungen zeigen, sie darüber urteilen lassen, und ihr Urteil zu berichtigen suchen. Ich werde ihnen schöne Stellen aus deutschen, lateinischen und französischen Schriftstellern in die Hände geben, und von ihnen erforschen, ob und warum sie dieselben schön finden? Ich werde ihnen Anleitung geben lassen, das, was sie gesehen haben, zu zeichnen, und sie ermuntern, bisweilen Szenen, die sie vorzüglich rührten, zu schildern, auch nicht ermangeln, sie dazu anführen zu lassen, daß sie ihre Empfindungen musikalisch ausdrücken können. Und so glaube ich denn, ihnen das Wahre und Schöne in der Kunst fühlen zu lehren, ohne sie dadurch von der Natur abzuziehen. Durch diese Methode werde ich freilich weder Maler, noch Bildhauer, noch Redner, noch Dichter, noch Virtuosen bilden, aber doch glaube ich, dadurch die Anlagen, die ein jeder dazu hat, so zu entwickeln, daß er durch den eigenen Fleiß und anderweitigen Unterricht es werden kann.

Wer die Grenzen der Fähigkeiten eines Menschen von zehn bis sechzehn Jahren kennt, wird auch nicht mehr von mir fordern können. Wo Anlage zum Maler, Bildhauer, Redner, Dichter oder Virtuosen ist, da entwickelt sie sich von selbst, wenn man durch eine verkehrte Behandlung die Entwickelung nicht hindert. Wo diese Anlage aber fehlt, da bringt sie auch der beste Pädagoge nicht hinein.

Ebensowenige Ursache hat man, zu besorgen, daß durch das beständige Lenken der Aufmerksamkeit der Zöglinge auf die Natur und die Dinge, die um sie sind, der Unterricht in der Religion werde versäumt werden. Die Beobachtung der Natur, ist diese nicht schon Unterricht in der Religion? Ist wohl ein Weg denkbar, auf dem man sicherer zur Erkenntnis der Gesinnung und Eigenschaften eines verständigen Wesens gelangen könne, als die Beobachtung seiner Handlungen? Wo ist ein wirksamer Mittel, Kinder, die zeither ohne Empfindung die Werke Gottes zertraten und zerrupften, und den Himmel ansahen, ohne etwas dabei zu denken, zur lebendigen Erkenntnis Gottes zu bringen, als dieses, daß man ihnen zeigt, wie Gott allenthalben wirke? hier den Keim des Samenkorns entwickle, dort das Insekt und den Vogel lehre, für ihre Nachkommenschaft zu sorgen? wie er Winterkleider am Ende des Sommers für alles austeilt, was den Winter in freier Luft durchleben soll? welche Regelmäßigkeit alle Himmelskörper in ihrem Laufe beobachten? wie alle die mannigfaltigen Werke Gottes ein Ganzes ausmachen, in welchem sie so genau miteinander verbunden und einander so unentbehrlich sind, wie die Räder einer Maschine? Was kann herzlichere Ehrfurcht gegen Gott erzeugen, als die Gewöhnung, alle Wirkungen der Natur als Wirkungen Gottes zu betrachten? Wer fühlt wohl stärker den Nachdruck der Worte: Wo soll ich hingehen vor deinem Geist, als der, der gewöhnt ist, allenthalben die wirkende Kraft Gottes zu erblicken? Was vermag uns stärker zur Liebe und Dankbarkeit zu ermuntern, als die immer mehr wachsende Einsicht in die Kräfte der Natur, und die damit verknüpfte Überzeugung, daß alles auf die Beförderung der menschlichen Glückseligkeit abziele? Und was kann uns mehr im Vertrauen zu Gott befestigen, als die durch die Betrachtung der Werke Gottes entstandene Überzeugung, daß der Herr sich aller seiner Werke erbarme? Ja, wird wohl der Mensch je inniger seine Würde und die Verbindlichkeit, in sich selbst Gottes Bild zu ehren, fühlen, als wenn er sich selbst mit der ganzen Natur vergleichet, und zu dem Glauben gebracht wird, daß er unter allen sichtbaren Dingen die höchste Stufe einnehme? Ich könnte mich über diesen Punkt noch viel weiter ausbreiten, sage aber davon weiter nichts, als daß die Bibel uns selbst auf die Natur verweise, um daraus Gott kennen zu lernen. Die Himmel, sagt David, erzählen die Ehre Gottes, und unser Erlöser spricht: Seht die Vögel des Himmels an, sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln auch nicht in die Scheuern, und euer himmlischer Vater ernährt sie doch. Sollte also der Weg, auf den ich meine Zöglinge zu leiten suche, gefährlich sein, da ihn die Bibel selbst empfiehlt?

An die Winke derselben werde ich mich so pünktlich halten, daß ich zu fernerem Unterrichte in der Religion immer die moralischen Wahrheiten in Geschichte einkleiden werde, nicht nur deswegen, weil ich aus der Natur der Sache überzeugt bin, daß dieses die einzige wahre Methode sei, Menschen, deren Fähigkeiten noch nicht hinlänglich entwickelt sind, die Wahrheit faßlich zu machen, sondern weil unser Erlöser selbst die Methode ständig beobachtet hat. Wieviel oder wie wenig ich hierin leisten kann, kann man aus meinem moralischen Elementarbuche und meinen Unterhaltungen für Kinder und Kinderfreunde sehen.

Aber auf diese Art wird ja, sagt man, die Bibel gar nicht gebraucht, das ist ja der gerade Weg zum Naturalismus.

Nichts weniger als dieses. Die Bibel soll auch gebraucht werden. Wenn die Kinder Gott erst haben handeln sehen auf dem Platze, wo sie wohnen, dann sollen sie auch hören, wie er im Hain Mamre und zu Jerusalem gehandelt habe; wenn sie den guten Vater erst haben handeln sehen, dann sollen sie ihn auch reden hören. Und dann sind sie, wie ich im ersten Abschnitte dieses Buches gezeigt habe, erst vermögend, ihn zu verstehen.

Überhaupt verweise ich diejenigen, die sich einen näheren Begriff von meinem Religionsunterrichte machen wollen, auf mein Buch: Über die wirksamsten Mittel, Kindern Religion beizubringen, wo ich meine Gedanken weitläufig auseinandergesetzt habe.

Auch dem vierten Hauptmangel, dem Mangel an Selbsttätigkeit, abzuhelfen, werde ich mir ernstlich bei meinen Zöglingen angelegen sein lassen. Des Unterrichts soll so wenig und des Gebrauchs eigener Kräfte so viel als möglich sein. Leser, die mit meinen übrigen pädagogischen Schriften bekannt sind, werden dabei schon als bekannt voraussetzen, daß ich die Kräfte nie überspannen, nie Arbeiten fordern werde, die eines Kindes Kräfte übersteigen. Hier ist die Skizze von den Beschäftigungen meiner Zöglinge, die notwendig sich so vervollkommnen muß, so wie meine Ruhe und Muße zu weiterem Nachdenken zunimmt, nach der ich nun seit einigen Jahren gearbeitet habe. Der Gegenstand des ersten Unterrichts ist, wie gesagt, die Natur. Meine Geschäfte erlauben mir nicht, daß ich die zu jeder Unterredung nötigen Materialien selbst in unserm großen Naturalienkabinett zusammensuche. Die älteren meiner Zöglinge übernehmen dies Geschäft mit Vergnügen. Sie bringen mir alles, was ihnen merkwürdig ist, und ich bezeuge mein Vergnügen bei jeder Merkwürdigkeit, die sie entdeckt haben, ich bringe sie mit in das Lehrzimmer, wir unterreden uns darüber miteinander, ich zeige es an, wem wir diese Unterredung zu danken haben, wir schreiben etwas über unsere Unterredung nieder und merken es an, wer uns hierzu Veranlassung gegeben habe. So wird die Begierde aller angeflammt, auch etwas Merkwürdiges beizubringen, sie werden alle gereizt, zu beobachten und zu sammeln.

Wenn nun das Gesammelte vor uns liegt, so hüte ich mich sehr, darüber eine Vorlesung zu halten. Ich frage vielmehr, ob die Kinder mir nichts davon zu sagen wüßten, und jedes beeifert sich, es dem andern zuvor zu tun. Ich bin bloß Zuhörer, gebe da meinen Beifall, berichtige dort und sage am Ende auch, was ich von der Sache weiß.

Was wir bei dieser Unterredung gelernt haben, wird niedergeschrieben, entweder durch einen Zögling, oder durch mich. Jeder von uns macht orthographische Fehler. Jener aus Unwissenheit, ich mit Vorsatz. Alle haben Begierde, diese Fehler zu verbessern, und erbitten sich von mir dazu die Erlaubnis. Ich (bei dem Worte Ich muß man immer auch meine Gehilfen denken) gestehe sie dem zu, der sich am besten verhalten hat. Er tritt sein Amt an, forscht nach Fehlern so begierig, wie der Spürhund nach der Bahn des Wildes. Wenn er einen Fehler ausgespürt hat, so entsteht ein Disput; er wird aufgefordert zu sagen, warum er dies für einen Fehler halte, und so wird Orthographie, beinahe ohne Unterricht, gelernt.

Wir beobachten aber nicht nur, sondern lesen auch, bald etwas Französisches, bald etwas Deutsches, bald etwas Lateinisches. Dazu sind Lesebücher nötig. Jeder Zögling muß das seinige haben. Es jedem zu schaffen, würde viel Geld kosten, deswegen mache ich den Vorschlag, daß jeder den Tag zuvor das Pensum abschreiben soll, das wir den folgenden Tag lesen wollen, und habe Mittel, es dahin zu bringen, daß es jeder gern tut. Wenn die Stunde des Lesens kommt, weiß schon ein jeder wenigstens einen großen Teil von dem, was gelesen werden soll, ohne Unterricht. Daß ich nicht alle Lesebücher abschreiben lasse, sondern höchstens eins auf einmal, versteht sich von selbst. Nun wird gelesen, ich bin Zuhörer; das Lesen ist zu Ende und veranlaßt eine Unterredung, die auch kein eigentlicher Unterricht ist. Wer von dieser Unterredung sich einen Begriff machen will, der besuche die Schule zu Rekahn und die sogenannte Lesestunde des Dessauschen Erziehungsinstitutes, die eigentlich Übung des Verstandes und des Nachdenkens heißen sollte, so sieht er das Original, wovon meine Lesestunde Kopie ist.

Wir haben, wenn wir Geographie lernen wollen, Landkarten nötig. Es wäre für uns alle bequemer, wenn jeder eine Karte für sich hätte. Einer meiner Gehilfen hat den Einfall, ob wir uns nicht selbst Kärtchen machen könnten. Er macht einen Versuch, heftet ein Blatt Zeichenpapier auf eine Karte, hält beides an das Fenster, fährt mit der Bleifeder auf den abgezeichneten Grenzen und Flüssen hin, bemerkt die Berge und Wälder, nimmt das Papier herab, und die Zöglinge sehen voll Verwunderung die Hauptmerkmale der Karte abgezeichnet. Er fängt an, die neue Karte zu illuminieren, schreibt in dieselbe die Namen der Länder, Städte, Meere und Flüsse, die Zöglinge sehen sie mit Vergnügen, und ich müßte mich sehr irren, wenn nicht schon den folgenden Tag jeder seine Bleifeder in den Händen hätte und sich damit beschäftigte, selbst ein Kärtchen zu verfertigen. Die ersten Versuche werden nicht gar gut ausfallen. Was liegt aber daran? Wer eine Sache gut machen will, muß sie erst schlecht machen. Während das Kind seine Karte verfertigt, werden doch wieder mancherlei Kräfte in Tätigkeit gesetzt, mancherlei Geschicklichkeiten erworben, und wenn es, mit seiner Karte in der Hand, zum Unterrichte kommt, so können wir schon von der Karte, die erklärt werden soll, als von einer bekannten Sache sprechen, und wenn ich den Namen einer Stadt, Provinz oder eines Flusses nenne, so ist sein Finger schon auf demselben, und wir sind alle des mühsamen Suchens überhoben.

Auf eben diese Art werden Sprachen, Geschichte, Mathematik u. dgl. erlernt. Wer das bisher Gesagte begriffen hat, wird auch leicht glauben, daß und wie dies bei der Erwerbung jeder Art der Erkenntnis und Geschicklichkeit möglich sei, ohne daß ich nötig habe, mich weiter darüber auszubreiten. Wer dies aber nicht verstanden hat, der wird mich auch nicht verstehen, wenn ich auch noch einige Bogen darüber schreiben wollte.

Außerdem habe ich noch eine andere Art, die Kräfte meiner Zöglinge in Tätigkeit zu setzen. Jeder von ihnen bekommt ein Amt, das seinen Fähigkeiten angemessen ist, und das ich absichtlich so wähle, daß er die erworbenen Kenntnisse dabei anwenden kann. Ich habe z. B. Kopisten, Rechnungsführer, Korrektors, Sekretärs, Naturalieninspektors und eine Menge anderer Leute nötig, um meine Arbeiten zu vollenden. Alle diese Ämter werden unter meine Zöglinge verteilt, und es ist unmöglich, daß sie dieselben verwalten können, ohne dabei zu lernen.

Endlich bringe ich auch meine Zöglinge bald zu der Überzeugung, daß es gut sei, wenn sich jeder ein Tagebuch halte, in welches er die Worte und die Sachen, die er jeden Tag gelernt, und die Geschicklichkeiten und Erfahrungen, die er sich erworben, einträgt. Dies Geschäft ist nicht nur eine neue Übung, sondern Eltern und Lehrer werden auch durch diese Tagebücher in den Stand gesetzt, zu übersehen, wieviel oder wie wenig ihre Kinder und Zöglinge erlernt haben.

Sind nun alle diese Arbeiten nicht den Kräften der Kinder angemessen? Machen sie ihnen nicht weit mehr Vergnügen und weit weniger Mißvergnügen, als das beständige Zuhören? Wird durch die beständige Tätigkeit der Kinder nicht jede Kraft geübt, und eine Menge Bosheiten und Ausschweifungen, die allesamt Kinder der Untätigkeit sind, verhindert? Ist dies nicht die beste Zubereitung zur Ertragung der Beschwerden und zu dem tätigen Leben, wozu sie bestimmt sind?

Alle diese Absichten zu erreichen, würde mir freilich nicht möglich sein, wenn ich nicht auch dem fünften pädagogischen Mangel abhelfen, wenn ich nicht jede Anstrengung der Kräfte unmittelbar belohnen könnte. Aber auch dafür glaube ich hinlänglich gesorgt zu haben. Die gewöhnlichen Belohnungen, Beifall, Lob u. dgl., werde ich alle gebrauchen. Ich werde wöchentlich öffentliche Untersuchungen des Verhaltens jedes Zöglings anstellen, so wie in dem Dessauschen Senate gewöhnlich ist; ich werde die dort gewöhnliche Meritentafel und Orden mit einigen Verbesserungen nachahmen; denn diese Anstalt ist so vortrefflich und so gemeinnützig, daß ich glaube, daß jede Schule, wäre es auch die elendeste Dorfschule, sie mit einigen Abänderungen nachahmen könnte und sollte. Ich will aber von diesem allen jetzt weiter nichts sagen, zumal da ich gegen Ende des Buches noch etwas davon sagen werde, sondern nur von den unmittelbaren Belohnungen reden, die meiner Anstalt eigentümlich sind.

Ich suche früh bei meinen Zöglingen die Begierde, sich ein Eigentum zu erwerben, zu erregen. Dies ist, wenn ich nicht ganz irre, von großer Wichtigkeit. Denn durch die Anfachung dieser Begierde werden eine Menge unedle, tierische, die menschliche Natur entkräftende Begierden erstickt. Dabei hat man Gelegenheit, der Erwerbungsbegierde die gehörige Richtung zu geben, die Kinder vor Niederträchtigkeit, Kargheit und Verschwendung zu bewahren; dadurch erzeugt man in ihnen die edle Neigung, durch sich selbst zu bestehen, zu wirken und Gutes zu stiften. Die Erwerbsbegierde, wenn sie die gehörige Richtung hat, setzt alle Kräfte des Menschen in Tätigkeit und ist ein Sporn zu den mühsamsten und anhaltendsten Unternehmungen. Durch sie werden wahre Männer gebildet, die in jedem Falle die Mittel aufzubringen wissen, den Wohlstand und die Sicherheit ihrer Familie zu befördern und jede gute Absicht zu erreichen, ohne nötig zu haben, durch kriechende Schmeichelei anderer wohltätige Unterstützung zu erbitten. Ein Mann, bei dem diese Begierde früh angefacht ist, gehörig gerichtet, und der so geleitet worden ist, daß sich seine Erwerbungskraft in eben dem Verhältnisse, wie seine Erwerbungsbegierde, vergrößerte, handelt, macht Aufwand, rettet, unterstützt, vergrößert seinen Wirkungskreis, setzt Hunderte in Tätigkeit, da, wo ein anderer duldet, spart, lamentiert, bedauert und sich zurückzieht. Dies sind die Gründe, durch die ich bin überzeugt worden, daß es gut sei, bei Kindern früh die Begierde rege zu machen, sich Eigentum zu erwerben. Man prüfe nun die Mittel, die ich hierzu anwende, und urteile dann, ob man wohl hierdurch ihren moralischen Charakter in die geringste Gefahr setze, ob man ihn nicht vielmehr veredle und durch dieses Mittel eine Menge guter Absichten erreiche.

1. Bitte ich alle Eltern, die mir ihre Kinder anvertrauen, ihren Kindern niemals ein Geschenk an Gelde zu machen. Geschenke sind das wirksamste Mittel, die Neigung, sich durch eigene Kraft Vermögen zu erwerben, zu ersticken. Das Gefühl des Mangels muß die erste Triebfeder sein, diese Begierde in Tätigkeit zu setzen. Eltern, die mein Bitten nicht wollten stattfinden lassen, würden bald das Mißvergnügen haben, zu sehen, daß ihre Kinder weit untätiger wären als diejenigen, die sich alle ihr Geld selbst erwerben müssen. Wenn diese handelten, so würden jene schmeicheln, wenn diese Männer würden, so würden jene gehorsame Diener werden; es würde zwischen diesen und jenen ein Unterschied, wie zwischen den Europäern, die der Natur ihre Produkte abzwingen müssen, und den Ostindiern sein, denen sie die liebe Mutter Natur ohne Mühe beschert.

2. Suche ich meinen Zöglingen immer Arbeiten zu verschaffen, an denen sie ihre erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten, z.B. in der Schönschreibung, Rechtschreibung, in Sprachen, Zeichnen und anderen Geschicklichkeiten, beweisen können, und diese bezahle ich mit barem Gelde.

3. Wenn ein Amt vakant ist (ich richte es vorsätzlich so ein, daß dieser Fall alle Monate kommt), muß jeder Zögling eine Probearbeit verfertigen, an der man die Geschicklichkeit eines jeden zu diesem Amte erkennen kann. Ich entscheide darüber, wer seine Probe am besten gemacht habe, oder schicke auch wohl die Probearbeit auswärtigen Freunden zur Entscheidung zu. Wer das beste Probestück gemacht hat, bekommt das Amt. Kein Offizier kann eine so innige Freude bei dem Empfange der Nachricht empfinden, daß er zu einer höheren Charge, seiner Verdienste wegen, befördert sei, als der Zögling, für den die Entscheidung günstig ausfällt.

4. Jedes Amt ist mit Besoldung verknüpft, die freilich nicht gleich nach Talern berechnet wird, die aber doch stark genug ist, der kindischen Tätigkeit einen neuen Schwung zu geben. Den fünfzehnten jedes Monats, wo jeder Mitarbeiter sein Gehalt bekommt, wird auch jedem Zöglinge die Besoldung ausgezahlt, die ihm für sein Amt versprochen ist.

5. Von diesen kleinen Einnahmen formiert sich jedes seine eigene Kasse, über die es zu disponieren Freiheit hat.

6. Es wird bald und oft Gelegenheit verschafft, die Kassengelder so anzulegen, daß damit etwas gewonnen werden kann. Wir legen Taubenschläge an, besetzen einen Teich mit Forellen, einen andern mit Karpfen, schaffen uns ein Bienenhaus an, kaufen uns eine Herde Schafe, legen eine Baumschule an, lassen wüste Strecken Landes urbar machen, erkundigen uns nach den Preisen der Landesprodukte, und kaufen von denen, die vorzüglich niedrig stehen, einen Vorrat ein, um sie zu seiner Zeit mit Gewinn wieder verkaufen zu können. Bei dieser Gelegenheit schüttet dann jedes seine Kasse aus, trägt dazu bei und bedauert es, daß sein Beitrag nicht größer ist.

7. Wöchentlich einmal ist Kassenrevision. Es wird ein Buch beigebracht, in dem sehr sorgfältig angemerkt ist, wie stark eines jeden Vermögen sei, wieviel Anteil er am Taubenschlage, am Forellen-, am Karpfenteiche, an der Schafherde usw. habe, wieviel er an barem Gelde besitze? Jeder durchzählt seine Kasse, es wird untersucht, wie sich die Kasse eines jeden vergrößert oder vermindert habe? Und der springt am höchsten, dessen Kasse den größten Zuwachs erhalten hat.

Dies habe ich ohne alle Verschönerung hierhergesetzt. Ich hätte leicht weit mehr dabei sagen können, wenn ich den mannigfaltigen Nutzen, den diese Einrichtung hat und haben kann, die großen Dinge, die dadurch möglich gemacht werden können, enthusiastisch hätte loben wollen. Ich habe die Sachen aber nur dargestellt, wie sie wirklich größtenteils schon da sind, und hoffe, daß jeder, der die Natur des Menschen und der Kinder und ihre Bestimmung kennt, schon den ausgebreiteten Nutzen, den diese Einrichtung haben muß, zugestehen und fühlen wird, daß dies der Weg, der natürliche Weg sei, Kinder auf eine sehr unschuldige Art recht herzlich zu vergnügen, ihren moralischen Charakter zu bilden, zur Tätigkeit und Ordnung zu bringen, zur Mäßigung des Unwillens bei fehlgeschlagenen Wünschen zu gewöhnen, ihnen eine Menge nützlicher Kenntnisse beizubringen, und überhaupt sie so zu erziehen, daß sie für jeden Stand, in dem sie der Welt dienen sollen, brauchbar sind.

Außerdem, daß das Kind auf diese Art das Vergnügen hat, eine Menge Dinge um sich zu sehen, die ihm angenehm, die sein eigen sind, und die es, welches wohl zu merken, selbst erworben hat, so hat es jährlich viele festliche Tage, die, ohne Kosten, ihm größere Freude machen, als manche Lustbarkeiten, die mit dem Aufwände vieler Kosten verknüpft sind. Jeder Tag, da Kassenrevision ist, jeder Tag, da Besoldung ausgezahlt, oder Geld zu einer neuen ökonomischen Spekulation angelegt wird, ist für die ganze kleine Gesellschaft ein Tag der Freude. Die Zeit der Wollenschur, des Teichfischens, des Bienenschwärmens, die Lammzeit u. dgl., wie viele Freuden ihnen diese darbieten, kann man leicht erachten. Und dies Vergnügen dient nicht bloß zur Aufheiterung, sondern auch zur wirklichen Bildung eines guten Charakters. Außerdem, daß es eine Menge Kräfte in Tätigkeit setzt, die sonst in Untätigkeit würden erschlafft sein, gibt es auch dem Erzieher die schönste Gelegenheit, in das Herz seiner Zöglinge zu blicken, ihre wahren Neigungen zu erfahren und ihnen die gehörige Richtung zu geben. Man lasse den Menschen handeln, so erfährt man, wer er ist! Weil die meisten Kinder so wenig Gelegenheit haben, zu handeln, so irren sich eben deswegen die besten Erzieher so oft in Ansehung ihrer Meinung von ihnen. Wenn sie hingegen gestimmt werden, sich Vermögen zu erwerben, so handeln sie beständig; der Erzieher kann bei mäßiger Aufmerksamkeit erfahren, wer sie sind, und die Fehler, über die er vorzüglich wachsam sein muß. Er entdeckt bald, daß einige seiner Zöglinge es sich wirklich angelegen sein lassen, durch gute Anwendung ihrer Kräfte sich ein Eigentum zu verschaffen, andere hingegen durch Kabalen und Intrigen zu dieser Absicht zu kommen suchen: einige ihre Erwerbungsbegierde so weit treiben, daß sie, weder für sich noch für andere, einen Aufwand zu machen trauen, andere hingegen die Befriedigung dieser Begierde mit ihrem Triebe zum Vergnügen und zum Wohltun sehr glücklich zu vereinigen wissen. Wieviel gewinnt er nun dadurch! Er sieht sich nun in den Stand gesetzt, die Maßregeln zu finden, nach denen er jeden Zögling behandeln muß, und ihnen die, großen Prinzen sowohl als Kindern der Bürger, unentbehrliche Kunst zu lehren, von dem Gelde einen weisen Gebrauch zu machen, die sie nie erlernen werden, solange sie entweder gar kein oder nur geschenktes Geld unter den Händen haben. Wenn er hernach auch von Gerechtigkeit, Billigkeit, Ehrlichkeit und den entgegengesetzten Lastern spricht, so ist er imstande, sich recht verständlich auszudrücken, indem er die Exempel dazu immer von ihrem Erwerbungsbestreben hernehmen kann.

Bei der Anlegung des Geldes an Dinge, von denen man einen Vorteil zu ziehen hofft, kann es auch nicht fehlen, daß nicht bisweilen Hoffnungen umschlügen, daß der Gewinn nicht so hoch ausfällt, als man erwartete, oder gar statt Gewinn Verlust erfolgt. Auch dies ist heilsam. Es gibt Gelegenheit, zu untersuchen, wo man sich in seiner Berechnung versehen, was die Ursache von dem erlittenen Verluste sei, und so für die Zukunft klüger zu werden. Vorzüglich gewöhnt es aber auch den Zögling, seinen Unwillen bei fehlschlagenden Erwartungen, von denen durchaus kein Mensch ganz frei bleibt, zu mäßigen.

Und wie viele andere Kenntnisse kann der Zögling bei dieser Gelegenheit sich erwerben! Er lernt die Notwendigkeit, die Pfennige zu schätzen, wenn man Goldstücke haben will, bekommt eine Menge ökonomische Einsichten, die kein Mensch entbehren kann, der entweder sein ererbtes Gut erhalten oder sich neues erwerben will; lernt die Münzen und ihren Wert kennen, bekommt Einsicht in das Handlungsgeschäft, lernt rechnen und bekommt richtige Vorstellung von Brüchen und Proportionalrechnungen. Aber auf diese Art, wendet man mir ein, machst du ja deine Zöglinge eigennützig, filzig, erstickst bei ihnen die Neigung zum Wohltun. Ganz und gar nicht, ich tue vielmehr von allem diesen das Gegenteil.

Denn was ist Eigennutz? Mir ist er die Gewohnheit, seinen Vorteil auf allerlei Art zu suchen, wenn auch andere dadurch in ihrem Vorteile gekränkt würden. Dazu werden meine Zöglinge nie gewöhnt. Sie lernen keinen anderen Weg kennen, sich Vorteile zu verschaffen, als den Weg des Nachdenkens, der Tätigkeit und der Berufstreue. Und wenn es Eigennutz ist, auf diesem Wege seinen Vorteil zu suchen, so ist vielleicht kein uneigennütziger Mann auf der Welt zu finden. Auch der würdigste, wohltätigste Mensch läßt sich seine meisten Arbeiten bezahlen und nimmt für die Verwaltung seiner Ämter Besoldung. Es wäre in vielen Fällen lächerlich, wenn er es nicht tun wollte. Dadurch setzte er sich außer Stand, ferner ein würdiger und wohltätiger Mann zu sein. Statt anderen zu raten, zu helfen und wohlzutun, müßte er mit seinem eigenen Kummer und Hunger kämpfen, und ich bin nicht gesonnen, meine Zöglinge zu Romanhelden, sondern zu Menschen zu ziehen, die in der Welt, so wie sie ist, glücklich und brauchbar sind. Ich will nicht, daß meine Zöglinge eine Vollkommenheit erreichen sollen, die auch den besten Menschen fehlt.

Ungefällig sollen sie auch nicht werden, weil ich nur gewisse bestimmte Arbeiten mit Geld bezahle, und für andere Dienstleistungen nicht nur keine Bezahlung gebe, sondern ihnen vielmehr auf andere Art den möglichsten Reiz zu geben suche. Wenn ein Kind den strauchelnden Bruder aufrichtet, ihm seine Bücher leihet, einen Weg geht usw., so erfolgt kein anderer Lohn, als ein kleines Lob, höchstens ein Kuß. Und ich muß mit Vergnügen sagen, daß die Erwerbsbegierde noch nie bei meinen Kindern das Gefühl für diese Belohnung erstickt hat.

Filzig können sie auch nicht werden. Sie behalten Freiheit, über ihre kleinen Kassen zu disponieren. Wenn Beeren, Kirschen oder anderes zum Verkauf angeboten werden, oder wenn ihre Wünsche auf sonst etwas fallen, das Aufwand erfordert, so sind sie freilich darauf nicht so gierig, wie andere Kinder, die die Taschen voll geschenktes Geld haben. Sie bedenken sich erst, ehe sie kaufen; wenn aber die Begierde siegt, so bekommen sie allemal so viel Geld aus ihrer Kasse, als sie verlangen. Nur alsdann, wenn es scheint, daß ihr Aufwand in Unbesonnenheit ausarten wolle, wird ihnen gesagt: Mein Kind, was du jetzt ausgibst, fehlt bei der Kassenrevision; und dieser kleine Wink ist selten ganz ohne Wirkung. Wahr ist es also, daß durch dieses Mittel die Kinder weit bedachtsamer in ihren Ausgaben werden, daß sie nicht alles ohne Überlegung kaufen, was ihnen vorkommt, und was ihre Lüsternheit verlangt. Sind sie aber deswegen filzig? Da müßten alle die Filze sein, die sich bei ihrem Aufwände mehr durch ihren Verstand als durch ihre Begierde leiten lassen. Mich dünkt, daß ich durch diese Methode die Kinder gerade auf den Weg leite, wo sie bald lernen, mit ihren Ausgaben eine gute Einrichtung machen, welches wahrlich für unsere Zeiten, wo so viele Familien, die von ihrem Gelde keinen weisen Gebrauch zu machen wissen, verarmen, höchst nötig ist.

Es ist ferner in meiner Erziehungsanstalt Sitte, daß die Geburtstage der Jungen und Alten begangen, daß da allerhand kleine Geschenke gemacht und kleine Feierlichkeiten angestellt werden. Es läßt sich bei solchen Gelegenheiten gar viel Gutes weit besser sagen und empfinden, als zu anderen Zeiten, es werden da aller Herzen teilnehmender und zur Freude gestimmter. Deswegen werde ich diese Sitte nie abkommen lassen. Den hierzu nötigen Aufwand könnte ich leicht aus meinem Beutel bestreiten, weil man für zwei Gulden Kindern gar große Freude machen kann. Aber dann feierte ich die Geburtstage, nicht aber die Kinder, sie würden also dabei ungleich weniger Freude empfinden. Ich sehe es daher gern, wenn bei solchen Gelegenheiten ihre Kassen sich öffnen und einiger Aufwand gemacht wird. Und dazu brauche ich weiter gar keine Aufmunterung zu geben. Jedes Kind weiß den Geburtstag von jedem großen und kleinen Mitgliede der Gesellschaft. Wenigstens eine Woche vorher, ehe der Geburtstag eintritt, bemerke ich, daß die Kinder da und dort zusammen stehen, lachen, einander in die Ohren lispeln, in die Hände schlagen, springen, und wenn der Geburtstag eintritt, sind gewiß Geschenke vorhanden und Anstalten zu einer kleinen Feierlichkeit gemacht. Das alles ist Erfahrung. Wie kann man denn glauben, daß Kinder, die so gestimmt werden, filzig würden!

Auch für die Freuden des Wohltuns suche ich stets das Gefühl zu erhalten. So oft ich einen Elenden entdecke, dessen Leiden durch eine kleine Gabe können gemildert werden, so mache ich ihn meinen Zöglingen bekannt, zeige an, daß ich geneigt sei, etwas für ihn aufzuwenden, und frage, ob jemand von ihnen durch einen Beitrag meine Gabe unterstützen wolle. Sogleich stehen alle Kassen offen und ergießen Beiträge. Diese strömen freilich nicht gülden- und talerweise zu; es kommen Groschen, auch wohl Kreuzer. Aber diese Groschen und Kreuzer sind wahre Wohltaten, die inneren Wert haben. Denn, liebe Eltern, alle die Wohltaten, die eure Kinder von ihrem geschenkten Gelde machen, sind, verzeiht mir diesen Ausdruck, weiter nichts als Gaukelei. Wie leicht ist es doch wieder zu verschenken, was man erst geschenkt bekommen hat! Wenn man überdies (wie es oft zu geschehen pflegt) die Hoffnung hat, für seine Geschenke öffentlich gelobt zu werden, auch wohl für einen ausgegebenen Gulden einen Taler wieder zu bekommen, so findet ja bei einer solchen Wohltätigkeit der größte Filz seine Nahrung.

Wenn aber meine Zöglinge alsdann einen Groschen, einen selbst erworbenen Groschen, aufwenden, so scheint es mir, als wenn sie eine Wohltat erzeigt hätten, die wahren inneren Wert habe, und man könnte da auch wohl sagen, dieser Zögling hat mehr gegeben, als andere, die ihr Geld talerweise verschenken: denn jener erwarb es mit vieler Mühe, diese bekamen es geschenkt; jener hatte von seiner Gabe weiter keine Belohnung zu hoffen, als des Gewissens Lob, dieser hatte öffentliches Lob und doppelte Zurückzahlung zu erwarten.

Inwieweit ich den übrigen Mängeln abzuhelfen traue, die in anderen Schulen und Erziehungsanstalten unabänderlich sind, will ich aufrichtig sagen. Der erste Mangel fällt bei meiner Anstalt, ihrer Natur nach, weg. Meine Anstalt ist auf dem Lande, wo ich mit ungleich mehr Gewißheit darauf rechnen kann, daß meine Zöglinge an Leib und Seele gesund bleiben werden, als wenn sie in einer Stadt gegründet wäre. Die ungesunde Luft, die durch mancherlei Zusammensetzung vergifteten Speisen, die städtischen Vorurteile und Laster können hier nicht auf meine Zöglinge wirken. Sie saugen gesunde Nahrung und Erkenntnis am Busen der Mutter Natur selbst ein. Die Anstalt selbst erlangt hierdurch innere Konsistenz, weil ihr die notwendigsten Bedürfnisse von selbst zuwachsen. Sie ist eine Pflanze, die sich in fruchtbarem Boden entwickelt, daselbst, bei mäßiger Aufsicht, fortwächst, und immer stärker und größer wird, dahingegen eine andere, die in der Stadt gegründet, von der Natur entfernt, einer Pflanze ähnlich ist, die, in einen Blumentopf verpflanzt, nur mit halber Kraft wächst, immer begossen, bald da bald dorthin getragen werden muß, und dahinwelkt, sobald man es an der nötigen Wartung und Pflege fehlen läßt.

Aber, sagt man, wo sollen denn da die Kinder Sitten und feine Lebensart lernen? Werden sie nicht bald die groben Sitten des Landmannes annehmen?

Diese Besorgnis ist vollkommen unnötig. Meine Zöglinge sind außer aller Verbindung mit den Kindern des Landmannes. Und wenn sie ja bisweilen mit denselben eine Unterredung hätten, so besorge ich von den Kindern des Landmannes immer weniger, als von den Kindern des Bürgers, deren Einfluß auf die Zöglinge in Städten niemals ganz verhindert werden kann.

Hält man den Umgang mit kultivierten Personen für nötig zur Bildung der Sitten, so ist er bei mir vielleicht häufiger als in den größten Städten. Es sind wenige Tage, da ich ganz frei wäre vom Besuche, den teils die Freundschaft, teils die Neugier mir zuführt. Er ist in meinem Hause, wo ich vollkommene Freiheit habe, die Zöglinge in mehr oder weniger Entfernung zu halten, nachdem ich den Umgang mit den gegenwärtigen Fremden den Zöglingen für schädlich oder nützlich halte, so daß ich mit Zuversicht behaupten kann, daß meine Zöglinge auf dem Lande mehr in der gesitteten Weit sind als manche, die in großen Städten leben.

Überdies werde ich mich bald mit einem Manne zu verbinden suchen, der ein vorzüglich feines Gefühl für das Anständige und Unanständige hat, und dessen hauptsächlichstes Geschäft sein wird, über die Feinheit der Sitten der Zöglinge zu wachen. Auf diese Art traue ich meiner Anstalt wieder einen besonderen Vorzug zu verschaffen. Daß ich mit meinen Zöglingen reisen, und auf diese Art auch dem andern, in andern Erziehungsanstalten und Schulen unabänderlichen Mangel abhelfen werde, habe ich bereits in einer gedruckten Nachricht, die im Publikum zirkuliert, angezeigt.

Diese Reisen sind nicht Chimäre, weil ich sie schon getan habe. Im verflossenen Jahre bin ich mit meinen Zöglingen über hundert Meilen gereist. Und wenn in diesem Sommer eine kleine Pause in Reisen gewesen ist, so ist daran lediglich meine gegenwärtige Lage Ursache. Ich habe dieses Jahr einen schweren Bau gehabt, und habe meine weitläufige Ökonomie selbst besorgen müssen. In einer solchen Lage ist freilich an keine Reisen zu gedenken. Dies alles fällt im künftigen Jahre aber weg. Dann ist mein Bau geendigt und meine Ökonomie wird durch einen hierzu geschickten Mann, mit dem ich mich bereits verbunden habe, besorgt. Dann können die Reisen auch fortgesetzt werden.

Aber, sagt man, dadurch werden deine Zöglinge zu sehr zerstreuet und gegen anhaltende Arbeit abgeneigt gemacht werden. Dieser Bedenklichkeit widerspricht aber die Erfahrung. Meine Zöglinge sind freilich nach einer geendigten Reise zwei bis drei Tage zerstreuet und fühlen sich nicht sehr zur Arbeit geneigt. Dies gestehe ich gerne zu. Nach diesem aber sind sie zu jedem Geschäft weit munterer, als wenn sie ununterbrochen bei demselben hätten sitzen müssen. Jede Arbeit wird ihnen nun leichter, denn, wenn nun die Rede auf Bergwerke, Naturalienkabinette, Fabriken, Holzpflanzungen, Wasserfälle, Felsen, Täler u. dgl. kommt, so haben sie von allen diesen Sachen deutliche Vorstellungen und freuen sich, daß sie das alles selbst gesehen haben, und daß sie sich an alles Vergnügen, daß sie dabei genossen, und an alle Beschwerlichkeiten, die sie dabei ausgestanden haben, wieder erinnern können. Daß dadurch meine Zöglinge mehr Festigkeit des Körpers, mehr Gewöhnung zur Ertragung körperlicher Beschwerlichkeiten, mehr Unternehmungsgeist bekommen, als ein Kind, das sich immer um seinen Mittelpunkt regelmäßig bewegt, versteht sich von selbst.

Nun komme ich auf den dritten Mangel; von dem vielleicht keine Schule und Erziehungsanstalt ganz frei, und der leider, vorderhand, in den meisten Schulen und Erziehungsanstalten beinahe unabänderlich ist. Mein Herz blutet mir, so oft ich daran denke. Man beschuldigt mich, daß ich die Sache übertreibe, und gleichwohl ist Gott mein Zeuge, daß ich davon überzeugt bin, daß unser ganzes Vaterland davon angesteckt ist, und daß Millionen dadurch entweder in der Blüte ihrer Jahre dahingerafft, oder ihr Leben freudenlos gemacht, sie zu wichtigen Geschäften verschnitten, und an das quickelnde und empfindelnde Wesen gewöhnt werden, damit unser Jahrhundert gebrandmarkt ist. Bürge kann ich dafür nicht sein, daß dieses Übel niemals in meine Anstalt kommen werde, weil ich dafür nicht gut sein kann, daß ich nie ein angestecktes Kind in meine Anstalt bekomme.

Aber doch glaube ich ohne Prahlerei behaupten zu können, daß, wenn die Abstellung dieses Übels möglich ist, sie in meiner Anstalt möglich sein muß.

Da ich dem Publikum ankündigte, daß ich von diesem Elende schreiben wollte, und es aufforderte, mir dazu Beiträge zu liefern, so geschah es nicht bloß deswegen, um mir Materialien zu einem Buche zu sammeln, sondern vorzüglich in der Absicht, um gewisse traurige Geheimnisse zu erfahren, die ich von ferne ahnte, und mich dadurch in den Stand zu setzen, meine künftige Erziehungsanstalt davon rein zu erhalten. Mein Unternehmen gelang mir. Ich bekam von allen Orten her die merkwürdigsten, hierauf abzielenden Nachrichten. Jünglinge, die viele Jahre lang den Kummer, der in ihrem Busen nagte, bei sich verschlossen hatten, öffneten mir ihre Herzen und ließen mich Geheimnisse sehen, die außer dem Allwissenden niemandem bekannt geworden waren. Und so erlangte ich durch diesen Kanal Einsichten, die mir bei der Dirigierung meiner Erziehungsanstalt ungemein nützlich sein und mich in den Stand setzen werden, mancherlei Mittel zu brauchen, um dem Eintritte des Übels zu wehren und es bald wieder auszurotten, wenn es sich ja einmal einschleichen sollte. Salzmann spielt auf die heimlichen Jugendsünden an. – 1785 erschien folgende Schrift von ihm: »Über die heimlichen Sünden der Jugend«.

Das Resultat von allen den geheimen Geschichtchen (die ich sehr sorgfältig in meinem Pult verwahre, und von denen ich die Namen, da, wo sie waren, abgeschnitten, auch die Verordnung gemacht habe, daß sie im Falle eines schleunigen Absterbens verbrannt werden sollen), ist dieses, daß dieses Übel zwei Hauptquellen habe.

1. Verführung.

Die Verführer sind

2. Langeweile.

Diese entsteht

Diese Langeweile wird desto gefährlicher, wenn sie mit dem Lesen schlüpfriger Bücher verbunden wird.

Da dies alles weit umständlicher mir ist gemeldet worden, als es in einem Buche gesagt werden kann, so hoffe ich, daß man mir so viele Rechtschaffenheit und Wachsamkeit zutrauen werde, daß ich bei Anlegung meines ganzen Planes die Verhütung dieses Übels in meiner Anstalt vor Augen gehabt habe.

*

Aus dem, was ich bis jetzt gesagt habe, wird man sich schon einen ziemlich vollständigen Begriff von der inneren Verfassung meiner Anstalt machen. Man wird zwar noch von mir erwarten, daß ich meinen Plan weiter auseinandersetzen soll; da mir aber hierzu die Zeit mangelt, so bin ich genötigt, meinen Plan mehr tabellarisch als ausführlich hier vorzulegen:

I. Beschaffenheit der Zöglinge, die ich annehme

1. Sie dürfen nicht unter sechs und nicht über zehn Jahre alt sein. Die ersteren würden mir zu schwach sein, und zu viel weibliche Pflege bedürfen, und die anderen möchten schon einen zu bestimmten Charakter haben, als daß er sich nach meinem Plane beugen ließe.

2. Sie dürfen nicht gebrechlich, auch nicht dumm sein, weil der Ton gut sein muß, aus dem man etwas Gutes bilden soll.

II. Die körperliche Verpflegung

1. Über die Erhaltung der Reinlichkeit des Körpers sowohl als des Anzugs wird durch Frauenzimmer so lange die Aufsicht geführt, bis die Zöglinge in der Besorgung der Reinlichkeit die nötige Fertigkeit erlangt haben.

2. Die Nahrungsmittel sind:

3. Die körperlichen Übungen sind:

III. Geistesübungen

1. Erwerbung der Sprachkenntnisse.

2. Erwerbung der Sachkenntnisse.

aa) Jeder Tag wird mit einer Ermahnung und Absingung einiger Verse angefangen.

bb) Jede Mahlzeit wird mit Gebet genossen. Ich verrichte beides selbst, weil mir die Sache zu wichtig ist, als daß ich sie, solange ich gesund und munter bin, einem anderen überlassen könnte. Bei diesen Übungen nehme ich allezeit auf Zeit und Umstände Rücksicht, und suche die Zöglinge auf das Gute aufmerksam zu machen, was sie gerade jetzt aus Gottes Hand empfangen.

cc) Anfänglich wird täglich aus meinem moralischen Elementarbuche ein Pensum gelesen, und darüber eine Unterredung angestellt, um dadurch Gefühl für Recht und Unrecht zu schärfen, und eine Menge Ideen zu entwickeln, die zu richtigen Einsichten in die Religionswahrheiten nötig sind.

dd) Hierauf wird die biblische Geschichte, vorzüglich die Geschichte Jesu und seiner Apostel, vorgetragen, immer in der Absicht, um die Zöglinge mit dem wahren Sinne der Lehre Jesu bekannt zu machen.

ee) Die nähere Erklärung, die jede Religionspartei von der Lehre Jesu macht, überlasse ich den Predigern jeder Religionspartei. Doch hüte ich mich sehr, daß ich nichts sage, wodurch die Zöglinge gegen irgend eine Religionspartei abgeneigt gemacht werden könnten. Darauf habe ich bei meinem Religionsunterricht in Dessau gehalten. Ich habe den Philanthropisten unparteiisch die Erklärungen vorgetragen, die jede Religionspartei von gewissen Stellen der Bibel gibt, ohne zu bestimmen, welche ich für die wahre hielt. Sie haben oft in mich gedrungen, ihnen zu sagen, welche Meinung ich annehme; ich habe sie aber allemal mit der Antwort zurückgewiesen, daß ich ihnen weder lutherische, noch reformierte, noch katholische Religion, sondern die Lehre Jesu vortrüge. Dabei möchten sie sich beruhigen, bis sie durch die Unterredungen mit dem Prediger ihrer Kirche bestimmt würden, eine von den gegebenen Erklärungen anzunehmen oder zu verwerfen. Ebenso gewissenhaft werde ich auch künftig bei dem Religionsunterrichte verfahren, so daß die Glieder aller Religionsparteien mir ihre Kinder anvertrauen können, ohne im geringsten besorgen zu dürfen, daß ich sie für mein Religionssystem einnehmen und sie gegen das ihrige abgeneigt machen werde.

3. Mittel zur moralischen Besserung.

A. Belohnungen

a) des Fleißes in der Erwerbung der Kenntnisse:

aa) Beförderung zu höheren Klassen. Ich werde in jeder Wissenschaft und Sprache drei Hauptklassen machen und die Kenntnisse, die in jeder erworben werden müssen, genau bezeichnen, jedes halbe Jahr eine Prüfung anstellen und diejenigen, die die Prüfung aushalten, weiter befördern. Diese Beförderung wird allezeit mit einer Feierlichkeit verknüpft sein.

bb) Die Beförderung zu Ämtern, die mit Besoldung verknüpft sind. Hiervon habe ich vorhin schon geredet. Ich werde stets auf Ämter sinnen, wo jede Art der erworbenen Kenntnisse brauchbar ist. So oft ein solches Amt vakant wird, werde ich einige Kandidaten zur Probe aufstellen, so daß das Amt dem zufällt, der sich als den geschicktesten legitimiert hat.

cc) Die Annäherung zum Orden.

Dies ist eine vom Dessauschen Institute entlehnte Idee, wie ich glaube, mit einiger Verbesserung. Da ich nicht voraussetzen kann, daß allen meinen Lesern die Verfassung des Dessauschen Instituts bekannt ist, so setze ich eine kurze Vorstellung davon hierher.

α) Für jeden Beweis der Aufmerksamkeit und des Fleißes bekommt der Zögling von seinem Lehrer ein oder mehrere Billetts oder Zettel, auf welche gedruckt ist: Für Fleiß.

β) Zu gewissen Zeiten wird Senat oder Versammlung der Lehrer gehalten, vor dem die Zöglinge erscheinen und ihre Billetts aufzeigen müssen. Diese werden sorgfältig in ein Buch notiert, und zugleich das bisherige Betragen jedes Zöglings öffentlich untersucht.

γ) Es ist in einem Zimmer, das nur zu öffentlichen Versammlungen bestimmt ist, eine Tafel, die den Namen Meritentafel führt, aufgehängt, an welcher der Name jedes Zöglings geschrieben ist.

δ) So oft ein Zögling sich fünfzig Billetts erworben hat, wird ein gelber Nagel bei seinem Namen eingeschlagen.

ε) Wer sich fünfzig gelbe Nägel erworben hat, bekommt den Orden des Fleißes. Diese Einrichtung der Ordensverleihung ließ Salzmann später fallen.

Dies alles behalte ich, doch mit dem Unterschiede bei, daß nur die Knaben Billetts bekommen, weil die Erfahrung gelehrt hat, daß sie für Jünglinge keinen Wert mehr haben, und daß der sogenannte Orden des Fleißes bei mir Versetzung in die Klasse der Jünglinge ist. Auch werde ich dahin sehen, daß der öffentliche Tadel mehr gedrohet als wirklich vollzogen werde. Wer einige Male öffentlichen Tadel ausgehalten hat, wird leicht gegen denselben unempfindlich.

b) Des guten Verhaltens gegen Vorgesetzte, Mitschüler und andere Menschen.

Ich mache wieder drei Hauptordnungen, die auch in Ansehung der Kleidung unterschieden sein werden. Die unterste besteht aus Kindern, die nach Befinden, obgleich äußerst sparsam und mit großen Vorbereitungen, mit der Rute bedroht werden, welche Drohung aber äußerst selten, bei vielen Kindern gar nicht wird vollzogen werden. Aus dieser Ordnung wird man versetzt, sobald man sich selbst binnen dreißig Minuten fertig anziehen, waschen und kämmen kann, nicht mehr bei jeder Kleinigkeit weint, nicht mehr naschhaft und den Vorgesetzten ungehorsam ist, gut schreiben und lesen kann.

Die zweite Ordnung ist die Ordnung der Knaben. Sie hat Uniform, doch ohne Kragen. Sie wird nicht mehr mit der Rute bedroht. Der Übergang zu derselben geschieht so wie alle Beförderungen mit Feierlichkeit, in Gegenwart der ganzen Familie.

Sobald ein Knabe gefällig ist, seine Pflichten erfüllt, ohne sich dazu treiben zu lassen, und für Fleiß fünfzig gelbe Nägel erhalten hat, ist er fähig, in die dritte Ordnung aufgenommen zu werden. Diese ist die Ordnung der Jünglinge. Sie bekommt Uniform mit Kragen und wird bei jeder Gelegenheit von den unteren Ordnungen unterschieden. Sie hat z. B. Zutritt zur Bibliothek, hat gewisse Stunden des Tags Freiheit, durch eigenes Lesen der Bücher, die ihr mit des Direktors Bewilligung gegeben worden sind, ihre Kenntnisse zu erweitern. Auch gibt diese Ordnung eine vorzügliche Anwartschaft zu öffentlichen Ämtern.

c) Bestimmter, aufgetragener Arbeiten für andere, ist, wie gesagt, bare Bezahlung. Ich erinnere hierbei nochmals dieses, daß Arbeiten, die den Zöglingen von anderen übertragen werden, absichtlich gewählt, und weiter nichts als Gelegenheiten sind, sich mehrere Kenntnisse und Geschicklichkeiten zu erwerben und die bereits erworbenen anzuwenden.

d) Der Wohltätigkeit und anderer Beweise der Menschenliebe ist keine Belohnung bestimmt. Denn sie brauchen weiter keine Belohnung, da das Bewußtsein, etwas für die Glückseligkeit anderer getan zu haben, schon großer Lohn ist, und durch positive Belohnungen dergleichen Handlungen ihren Wert ganz verlieren.

B. Strafen

a) Unordnung, Unreinlichkeit, nachlässige Verwaltung der Ämter werden mit Geld bestraft. Und das Unangenehme dieser Strafe wird deswegen desto stärker empfunden, weil die Zöglinge sich dieses Geld selbst erworben haben, und durch die Erlegung desselben in ihren kleinen Plänen gestört werden.

b) Des Unfleißes.

aa) Abziehung der Billetts.

bb) Zurücksetzung bei Austeilung der Ämter.

cc) Nachdrückliche Vorstellungen und Verweise.

c) Der Bosheit und des vorsätzlichen Ungehorsams.

aa) Bei Kindern einige Rutenhiebe, die ihnen ganz geheim nach vorhergegangener wehmütiger Ermahnung gegeben werden, mit dem Bedrohen einer öffentlichen Züchtigung auf den Fall, daß die Besserung nicht erfolge. Später hat Salzmann die körperliche Züchtigung ganz abgeschafft.

bb) Bei Knaben. Der Verlust von einer großen Anzahl Billetts.

cc) Bei Jünglingen erwarte ich so etwas nicht mehr. Falls aber, daß ja bisweilen dieser Fall eintreten sollte, so müßte er nach Befinden der Umstände mit Absetzung von einem Amte oder gar mit Degradierung zur Knabenklasse bestraft werden.

Ich zweifle nicht, daß nicht noch bisweilen Fälle vorkommen, die andere Arten von Strafen notwendig machen. Da diese aber noch nicht da sind, auch nicht vorausgesehen werden können, so kann ich auch voraus keine Strafen dafür bestimmen. Ich werde aber stets Strafen sowohl als Belohnungen eine solche Gestalt zu geben suchen, daß sie aus guten oder schlechten Handlungen der Zöglinge natürlich zu entspringen scheinen.

d) Gutes Exempel. Dies halte ich immer für das wirksamste Besserungsmittel der Kinder: Sie werden das, was ihre Gesellschafter sind. Deswegen werde ich mich nie mit Personen verbinden, die einen schlechten Charakter haben, und sie entfernen, wenn or in der Folge sichtbar werden sollte, vielmehr meine Gehilfen stets ermuntern, in ihrem Verhalten ein Muster der Ehrfurcht und des Vertrauens auf Gott, der Selbstbeherrschung, der Gefälligkeit, Ehrlichkeit und Tätigkeit, Ehrbarkeit und Sanftmut zu geben.

4. Anzahl der Zöglinge.

a) Im ersten Jahre nicht über sechs.

b) In den folgenden nicht leicht über zwölf. Eine lange Erfahrung hat mir die Schwierigkeiten gezeigt, eine größere Anzahl unter gehöriger Aufsicht zu halten, eines jeden Talente, Fehler und ganzen Charakter recht zu erforschen und demselben gemäß ihn zu behandeln. Es müßten ganz vorzüglich gute und glückliche Umstände eintreten, und Gott müßte mir einen Mann zuführen, auf den ich mich gänzlich verlassen könnte, wenn ich die Anzahl verdoppeln sollte.

5. Die Pension ist jährlich fünfzig Louisdor und vier Louisdor bei dem Antritte. Dafür schaffe ich jedem Zögling Wohnung, Bett, Kost, Aufwartung, Verpflegung in Krankheiten, Taschengeld und Unterricht, und ich kann mich auf keine außerordentlichen Ausgaben besinnen, die Eltern vorkommen könnten, als etwa die für Kleidungsstücke, Schreibmaterialien und Bücher.

Die Herren Antipädagogen werden zwar schreien, daß doch die Erzieher bei allen ihren Unternehmungen ihr eigenes Interesse zur Absicht hätten. Ich schweige aber dazu und widerlege sie nicht, weil die Natur der Sache sie selbst widerlegt. Wer billig ist und überlegt, wieviel ich wohl gewagt, aufgewendet und gearbeitet haben mag, um als Privatmann meinen Plan durchzusetzen, der wird es wohl nicht unbillig finden, wenn ich darauf gedacht hätte, mir einige Schadloshaltung zu verschaffen, um mich in den Stand zu setzen, ein kummerloses Leben unter meinen Zöglingen, die ich immer als meine Kinder ansehen und behandeln werde, zu führen. Und wer ökonomisch berechnen kann, wieviel wohl erfordert werde, so viele Kinder zu erhalten, zu verpflegen, mit Taschengelde zu versorgen, unterrichten zu lassen, mit ihnen zu reisen usw., wird bald finden, daß wenig, vielleicht nichts für mich selbst übrigbleibe.

6. Die Zeit der Eröffnung des Instituts ist der Frühling des 1785sten Jahres. Dann wird alles da sein, was zur Ausführung meines Plans nötig ist, und der Frühling scheint mir überhaupt die Zeit zu sein, wo es sich am besten anfängt zu wirken. Ohne Rücksicht auf Stand und Verhältnisse werde ich diejenigen Kinder zuerst annehmen, die sich zuerst melden, und mein Register schließen, sobald die Zahl von sechsen voll ist.

Aber, fragt man, wo sind denn die Lehrer und Maitres, die den Zöglingen Unterricht geben sollen? Diese sind freilich noch nicht vorhanden. Denn da ich gern wollte, daß meine Anstalt bestehen sollte, so glaubte ich, die Lehrer und Maitres dürften nicht eher angenommen werden, bis Zöglinge da wären, mit denen sie sich beschäftigen, und Einnahme, von der ihre Bemühung vergolten werden könnte. Ich habe bis jetzt nur einen, aber einen sehr treuen und tätigen Gehilfen an dem Herrn Kandidat Beutler, stehe aber noch mit verschiedenen erfahrenen und rechtschaffenen Erziehern in Unterhandlung, so daß ich immer Gehilfen erwarten darf, sobald ich sie nötig habe. Übrigens ist mein Vorsatz, ihrer so wenig als möglich anzunehmen. Denn die größten Wirkungen werden immer durch die einfachsten Mittel hervorgebracht. Eine große Anzahl von Lehrern und Maitres blendet zwar, erschwert und verhindert aber die Arbeiten. Jeder bringt seinen eigenen Kopf und seine eigenen Grundsätze mit, jeder will nach seinen eigenen Einsichten handeln. So wird die Harmonie im Unterrichte und der Erziehungsmethode gestört. Was einer gut macht, reißt der andere wieder ein. Bald darauf entstehen Mißverständnisse, Kabalen und Zänkereien, so daß diejenigen, die sich verbanden, einander die Arbeiten zu erleichtern, einander entgegenarbeiten und das Leben zu erschweren suchen. Ist's nun nicht besser, mit wenigen Gehilfen in Einigkeit und Frieden, ohne großes Geräusch, die Zöglinge zu dem Ziele zu leiten, das man sich vorgesteckt hat? Das ehemalige Campesche, nunmehrige Trappsche Erziehungsinstitut bei Hamburg beweist, wieviel man durch sehr einfache Mittel ausrichten kann.

*

Dies wäre also ein Schattenriß von dem Plane, dessen Ausführung ich den Rest meines Lebens geweiht habe. Der ihn mit Aufmerksamkeit liest, wird hier mehr Vollständigkeit, da mehr Bestimmtheit, dort mehr Ordnung verlangen. Es ist mir aber bei meiner gegenwärtigen Lage unmöglich gewesen, ihm einen höheren Grad von Vollkommenheit zu geben. Eine Menge neuer, mir ganz ungewohnter Geschäfte, die mir die Einrichtung meines Landguts, meiner Haushaltung und meines Baues notwendig machte, ließen mir nicht soviel Muße, auf die Ausarbeitung desselben die nötige Kraft zu verwenden. Unterdessen hoffe ich doch, daß man mir zugestehen wird, daß er durchdacht sei.

Man wird freilich sagen, ich hätte die Ausarbeitung dieses Plans bis zu einer bequemeren Zeit sollen anstehen lassen. Allein ich habe eben jetzt mein vierzigstes Jahr, also das Jahrzehnt angetreten, in dem, meiner Meinung nach, der Mensch tun und zustande bringen muß, was er bei seinem Aufenthalte auf der Erde zu tun sich vorgenommen hat. Denn vor dem vierzigsten Jahre ist man insgemein noch zu rasch und hat nicht Erfahrung genug, und nach dem fünfzigsten fängt man schon an, zu bedächtlich und schwächlich zu werden. Wenn ich also noch ein Jahr mit der Ausfertigung meines Planes hätte warten wollen, so wäre mir der zehnte Teil meiner Wirkungszeit verstrichen, und dies ist keine Kleinigkeit.

Daß mein Plan neu sei und noch in keiner Erziehungsanstalt zugrunde liegt, getraue ich mir so lange zu behaupten, bis man mich vom Gegenteile überzeugt. Ebenso gewiß ist mir seine Ausführbarkeit. Ob er gut, ob er der sei, nach welchem die Kinder am sichersten für die Welt gebildet, mit einer Menge in jedem Stande brauchbarer Kenntnisse versehen, in Ansehung aller ihrer Kräfte geübt, mit der Schatzkammer aller menschlichen Reichtümer, der Natur, bekannt gemacht, zur Arbeit, Ertragung der unvermeidlichen Beschwerlichkeiten, zur Mäßigung des Unwillens bei fehlgeschlagenen Wünschen gewöhnt, in Erwerbung, Berechnung und Erhaltung des Geldes geübt werden, mag der Leser beurteilen.

Mir ist es so vorgekommen. Und eben deswegen getraue ich mir zu versprechen, daß ich Kinder für allerlei Stände erziehen will. »Vergessen Sie nicht«, schrieb mir der würdige Domherr von Rochow, als ich ihm meinen Entschluß meldete, »daß der Sohn des Großfürsten und der Sohn des Bauern, bis auf ein gewisses Alter, auf einerlei Art müssen geleitet werden!«

Welcher Menschenkenner fühlt nicht die Wahrheit und das Gewicht dieses Ausspruchs! Und dieser Ausspruch bestätigt bei mir die Überzeugung, daß bis auf ein gewisses Alter, etwa bis zum sechzehnten Jahre, der künftige Kaufmann, Offizier und Gelehrte einerlei Unterricht genießen müssen. Gesund müssen wir alle sein, die Natur müssen wir alle kennen, richtig zu urteilen, brav und tätig zu sein ist uns allen nötig, Geographie, Geschichte, Mathematik, Physik, die französische Sprache und die Anfangsgründe der lateinischen müssen wir, falls wir nicht zum Pöbel gerechnet sein wollen, alle wissen, einen festen, agilen, geübten Körper müssen wir alle haben, mit dem Gelde müssen wir alle weislich umgehen, es erwerben, gut anwenden und es zu Rate halten können, wir mögen Gelehrte oder Offiziere oder Kaufleute sein. Die künftige Schule, in welche meine liehen Zöglinge bei ihrer Trennung von mir versetzt werden, gibt ihren Kräften, Fertigkeiten und Geschicklichkeiten die nähere Bestimmung, dem Gelehrten die Universität, dem Kaufmanne das Kontor, dem Offizier der Dienst.

Meine Kraft werde ich freilich vorzüglich dahin richten, daß die mir anvertrauten Zöglinge ihre Tage bei mir in jugendlicher Unschuld und Fröhlichkeit leben und zu Jünglingen und Männern gebildet werden, die einst meines Alters Freude sind; ingleichen meiner Anstalt so viele innere Festigkeit zu geben, daß sie durch sich selbst ihre gnädigst zugestandene Unabhängigkeit behaupten und auch nach meiner Abreise von diesem Planeten fortdauern kann, länger oder kürzer, je nachdem meine Nachfolger mehr oder weniger tätig, brav und uneigennützig sind: unterdessen will ich doch, soviel ich kann, auch darauf denken, daß sie gemeinnütziger werde. Deswegen werde ich die Mittel, die ich zur Erreichung meiner Absichten anwende, immer einfacher und für Schulen anwendbarer zu machen suchen; deswegen habe ich auch schon die Verfügung getroffen, daß Kandidaten der Erziehungskunst, die meine Art der Erziehung und des Unterrichts erlernen wollen, bei mir Logis, Aufwartung und Kost gegen eine sehr billige Bezahlung haben können.

Das ist's, was ich tun werde. Der glückliche Erfolg hängt von dem Segen des Allvaters ab, der dann am sichtbarsten ist, wenn man ohne Kabale und Gleisnerei, offen, treu und uneigennützig handelt.


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