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Der arme treue Marko mußte heute daran glauben lernen, daß ein Ferien- und Freudentag der Kinder nicht zugleich auch ein Freudentag für Hunde sei. Als ihm der kleine Georg früh unter Jubel und Lachen die Mitteilung gemacht: »Heute ist keine Schule, die Ferien sind losgegangen! Verstehst du, alter Kerl?« hatte er durch lautes Freudengeheul sein Verständnis und seine frohe Teilnahme an den Tag gelegt. Zugleich lag aber auch etwas Rührendes, Flehendes in seinen großen, treuen Hundeaugen, das, in Worten ausgedrückt, ungefähr hieß: »Wirst du mich nun aber auch nicht allzusehr quälen, da du so viel freie Zeit hast? Ach, tue es doch nicht!« Diese ängstliche Mahnung hatte der wilde Junge offenbar nicht verstanden. Seine erste Ferienbeschäftigung bestand darin, den alten, geduldigen Freund zu ärgern und schlecht zu behandeln.
»Schnapp, Markomanne!« rief er und hielt dem Hund einen in Milch getauchten Frühstücksbissen hin; sobald das Tier aber zusprang, schlug es Georg mit dem harten, silbernen Löffel auf die Nase; zehnmal begann das Spiel von neuem, und immer siegte der Gehorsam und vielleicht auch der Hunger des Tieres über sein Mißtrauen; immer wieder sprang es herzu, und immer wiederholte Georg seine Neckerei aufs neue. Da die Zeit heute nicht drängte, durfte Georg lange nach den Eltern und Geschwistern sein Frühstück einnehmen, und so kam es, daß niemand in der Nähe war, der ihm seine Unart verwies. Sein Gewissen sprach zwar mehr als einmal: »Nun ist's genug!« aber darauf hatte der Leichtsinn immer gleich die Antwort bereit: »Ach was, es ist ja nur ein Tier!«
»Nette Ferien!« mochte Marko denken, wenn er überhaupt so klare Gedanken zu fassen vermochte. »Wenn das so fortgeht, kann ich mir gratulieren.«
Er schien wirklich ganz allein Georgs Zeitvertreib zu sein.
»Allons, ins Wohnzimmer!« hieß es nach dem Frühstück. Hier hatte Schwester Edith gerade ihre Puppen im Badewännchen gewaschen und schön frisiert; Wanne, Tücher und Bürsten lagen noch auf dem Teppich umher.
»Das paßt gut, alter Zottelbär,« rief Georg und nun mußte, zur Freude des kleinen Brüderchens, das Georgs Witze über alle Maßen herrlich fand, der arme Marko sich reiben, rumpeln und schließlich bürsten lassen, bis sich sein Schmerz und Unbehagen endlich in einem leisen Jammergeheul Luft machten.
»Georg!« riefen Edith und Wolfgang, der älteste der Geschwister erschrocken. Der Knabe war in ein Buch und das kleine Mädchen in eine zärtliche Unterhaltung mit ihrem flachshaarigen Lieblingspüppchen so sehr vertieft gewesen, daß sie Georgs Unarten bis jetzt nicht weiter beachtet hatten. Markos Hilferuf aber ging beiden durch und durch.
»Sofort lasse den Hund in Ruhe!« gebot Wolfgang mit ernstem Gesicht.
»Wie kannst du den guten Kerl so quälen,« klagte Edith, der gleich die Tränen in die Augen stiegen.
Georg schien einen Augenblick wirklich betroffen, dann aber hielt er Marko, der ihm entfliehen wollte, sofort wieder an einem Büschel seiner lockigen Haare fest und sagte so herzlos wie nur möglich: »Ach was, der fühlt's nicht, der ist ja nur ein Tier!«
» Nur ein Tier!« klang da von der geöffneten Tür des Nebenzimmers her eine erzürnte Stimme. Ein junger Mann, schlank und groß, das dreifarbige Studentenband schräg über die Brust gelegt, stand auf einmal mitten unter den Kindern. »Was meinst du denn damit » nur ein Tier«, höre einmal, Bruder Georg?« sagte er streng und hielt nun das zappelnde Bürschchen ebenso an einer seiner braunen Locken fest, wie dieses vorhin den Hund an seinen schwarzen. »Meinst du, ein Tier sei nicht ebenso wie du Gottes Geschöpf? Meinst du, es stehe nicht unter seinem Schutz? Oder am Ende gar, es fühle keine Schmerzen?«
Georg wußte offenbar nicht recht, was er antworten sollte. Er wand sich noch immer unter des Studenten kräftigen Fingern, während der Hund, glücklich über seine Befreiung, sich an den jungen Mann schmiegte und seine herabhängende linke Hand dankbar zu lecken begann.
»Ein Tier hat ja keinen Verstand,« wandte Georg endlich halb schmollend, halb verlegen ein.
»Wie?« rief der Student, »bist du wirklich so töricht, daß du das glauben kannst, während du siehst, wie dieses arme Tier durch Blicke und Bewegungen eine Dankbarkeit ausdrückt, wie sie kein Mensch rührender auszudrücken vermag? Wir wissen freilich nicht, wie weit Verstand und Innenleben der Tiere ausgebildet sind, aber jedenfalls empfinden die armen Geschöpfe jeden Schmerz ebenso heftig wie wir und vielleicht doppelt schwer, da sie nicht ausdrücken können, was sie bewegt. Und daß außerdem noch so manches im Innern dieser Wesen vorgeht, daß sie Angst und Schrecken, Zuneigung und Freude fühlen, ja sogar bessere und feinere Regungen, wie Dankbarkeit und Treue, kennen, darüber hat auch längst jeder Zweifel aufgehört. Von der Dankbarkeit eines Hündchens könnte ich dir gleich ein Beispiel erzählen –«
»Ach, bitte, liebster, bester Hermann, erzähle es uns!« baten die größeren Kinder.
»Es ist eine ganz rührende Geschichte. Ihr wißt, daß ich ein halbes Jahr lang in Paris war, um die Vorlesungen einiger berühmter Ärzte mit anzuhören. Nun aber habt ihr vielleicht noch nicht gehört, daß wir Studenten den inneren Bau des menschlichen Körpers nur dadurch genau kennen lernen, daß unsere Lehrer allerlei Versuche, die oft schmerzhaft genug sind, vor unseren Augen an lebenden Tieren vornehmen. Natürlich hüten sie sich aufs äußerste, den Tieren unnötig weh zu tun, aber um die oft so schweren und schmerzhaften Krankheiten der Menschen einst heilen zu können, müssen wir Studenten genau lernen, wie es im Innern der Geschöpfe aussieht, und so ist es manchmal nicht möglich, dem Tier, an dem irgend ein Versuch gemacht wird, Qual und Weh zu ersparen.
»So hatte einer unserer Lehrer einmal ein kleines, braunes Hündchen auf die Probierbank festgeschnallt; wir hatten eben eine Vorlesung über die Tätigkeit des Herzens gehört und nun sollten wir diese an dem kleinen, lebenden Geschöpf selbst beobachten. Zu diesem Zweck hatte der Professor an sehr feine, lange Nadeln weiße Papierfähnchen angespießt; eine solche Nadel sollte dem Hündchen bis ins Herz gestochen werden, und an den Drehungen der Fahne sollten wir merken, wie oft das kleine Herz in der Sekunde schlug. Noch sehe ich die verständigen, ängstlichen Augen des armen Tierchens vor mir. Wir alle bebten vor Mitleid, aber es half nichts, der Versuch mußte gemacht werden, und so setzte der Professor die Nadel an und stach sie dem Tier ins Fleisch. Da schien den Hund eine wahre Verzweiflung zu erfassen, mit gewaltsamer Anstrengung riß er sich los, zerriß den starken Riemen, mit dem er festgeschnallt war, und saß plötzlich, mitsamt dem zitternden Todesfähnchen auf der Erde, mitten unter uns, winselte, machte schön und bettelte aufs rührendste mit den Pfötchen um Erbarmen. Uns allen waren die Augen feucht. Auch der Professor war tief ergriffen, und ihr könnt euch wohl denken, daß er dem herzigen Geschöpfchen das Leben schenkte. Er hat ihm selbst die Wunde gewaschen und gesalbt und das Hündchen soweit hergestellt, daß er es als gesundes Tierchen einer entfernt wohnenden Verwandten schenken konnte. Von deren Wohnung aber lief der Hund gleich am ersten Tag zum Hause des Professors zurück; dieser mochte ihn wegsenden, so oft er wollte, der kleine Kerl kam immer wieder, und so oft der Professor ausging, schloß sich ihm das Tierchen an. Es saß ruhig und bescheiden vor des Professors Tür, so oft er es auch hinwegjagte, und hungerte und fror lieber, als seinen Wohltäter zu verlassen. Endlich nahm es denn dieser in Gnaden für alle Zeit bei sich auf; wo man den Professor erblickt, sieht man auch den Hund; durch seine Dankbarkeit und Treue hat das winzige Ding sich die Freundschaft und Liebe des ernsten, klugen Mannes erzwungen – seht ihr, und es war auch – nur ein Tier!«
»So kluge Tiere aber sind doch nur selten, nicht wahr, Hermann?« fragte Wolfgang nachdenklich, während Edith nicht aufhörte, ihr Bedauern und ihr Entzücken über das Gehörte auszudrücken.
»Es gibt mehr von der Sorte,« entgegnete der Student, »hier, Freund Koko, unser Papagei, gehört auch nicht zu den Dummen. Es ist wunderbar: er hat, wie Mutter mir bestimmt versichert, mein Lieblingslied: ›Vom hoh'n Olymp herab‹, das er früher alle Tage wohl zehnmal pfiff, während des ganzen Jahres, da ich nicht daheim war, nicht einmal ertönen lassen. Nun kam ich, wie ihr wißt, vorgestern Nacht völlig unerwartet an und schlich, um die Eltern und euch nicht im Schlaf zu stören, auf den Zehenspitzen durch dieses dunkle Zimmer in das meinige hinüber. Kokos Käfig war noch dazu verhangen, und doch hat das Tier mich jedenfalls sofort am Schritt erkannt, denn mitten in Nacht und Stille fing der Schlaukopf aus einmal zu pfeifen an: ›Vom hoh'n Olymp herab ward uns die Freude – – –.‹ Eine richtige Begrüßung in liebenswürdigster Form! Was meint ihr? Und trotzdem – es ist nur ein Tier!«
»Ach, Hermann, das waren vorhin dumme Worte von mir!« gestand Georg. »Ich sehe es ein, und dann, sieh, Hermann, ich habe es auch wirklich nicht so schlimm gemeint, ich wollte nur sagen, einem Tier schadet ein bißchen Neckerei nicht so viel – –«
»Ein bißchen Neckerei! Du hast es wohl schlimmer getrieben. Junge, aber ich sehe, du redest dich nur aus, weil du bereust, und das letztere ist schön! Ich sehe es voraus, du wirst noch einmal ein rechter, treuer Tierfreund werden. Und dann lasse, wenn ich dir raten soll, auch lieber die Neckereien beiseite! Sie laufen nicht immer aus etwas Gutes hinaus. Auch davon wüßte ich ein Geschichtchen.«
»Erzähle, bitte, liebster, bester Hermann, erzähle!« bettelten die Kinder.
»Nun denn, ein Äffchen ist der Held dieser Geschichte, ein kleines, kluges, herziges Ding, das einem gelehrten Herrn von einem reiselustigen Freund einmal aus fernem Lande mit heimgebracht worden war. Der stille, abgeschieden lebende Mann fand an dem possierlichen Geschöpfchen unendlichen Gefallen, und es kam nicht selten vor, daß er seine Bücher stundenlang im Stiche ließ, um mit dem Tier zu scherzen und zu spielen. Einmal fiel ihm, als er über den Jahrmarkt ging, ein drolliger Scherz für seinen kleinen Hausgenossen ein. Er kaufte zwei der bekannten Dosen, aus denen beim Öffnen ein schwarzes Teufelchen hoch in die Höhe springt; die eine ließ er, wie sie war, aus der zweiten entfernte er mit ein paar Schnitten seines Taschenmessers den neckischen Inhalt und füllte die leere Dose mit Zuckerplätzchen, wie sie der kleine Affe gern schleckte.
»Mit Leichtigkeit unterwies er seinen putzigen, klugen Freund, die Dose selbst zu öffnen und sich eins der süßen Dinger herauszunehmen. Wie ihr denken könnt, interessierte sich der Affe für dieses neue Spielzeug ungemein; sobald er sah, daß es sein Pfleger in die Hand nahm, um es ihm zu bringen, sprang er wie toll vor Freude im Käfig umher und gab durch die drolligsten Bewegungen seine frohe Aufregung zu erkennen. Nun denkt euch, welch entsetzliche Enttäuschung: eines Tages nämlich dreht das Tier auch den Deckel der Dose auf, die es mit Fruchtzucker gefüllt glaubt – und aus dem Innern springt ihm mit einem knackenden Laut ein schwarzer Teufel mit weit heraushängender, roter Zunge entgegen!
»Der Scherz war offenbar aufs beste gelungen, denn der Affe schleuderte die Dose weit von sich, und die Äußerungen des Schreckens und der Furcht, die das kleine Tier von sich gab, waren wirklich sehenswert. Der alte Herr lachte herzlich und freute sich im stillen auf die bedenkliche Miene, mit der sein winziger Freund am nächsten Tag die Dose besehen werde. Trotzdem tat es ihm leid, seinen Liebling den ganzen Tag über so gar traurig und verstört, am ganzen Leibe zitternd, in seiner Behausung hocken zu sehen. Mit der Miene eines verschüchterten Kindes griff der Affe am anderen Tag zu, als ihm die Dose gereicht wurde. Langsam entschloß er sich nur, sie zu öffnen. Aber, o Freude – alles ist in Ordnung; in schönster Pracht leuchten ihm die süßen Bonbons entgegen, und wie ein rechter Schelm sucht er sich das schönste aus. Mit Rührung sah der Herr, wie beruhigt und glücklich sein Äffchen war, das Teufelserlebnis schien ihm offenbar wie ein häßlicher Traum, den er zu vergessen strebte. Ganz arglos und treuherzig griff es denn auch am nächsten Tag nach der Dose. Und nun ward ihm, da dem Besitzer die kleine Neckerei gar zu verlockend erschien, aufs neue jener grausame Schrecken zu teil – mit einem Knack öffnet sich die Dose, und der Teufel springt heraus. Wieder gibt der Affe seine äußerste Verzweiflung kund, wieder hockt er wie gebrochen im Dunkeln, wieder drückt sein ganzes Wesen die höchste Spannung und Erwartung aus, als er am nächsten Tage die bedenkliche Dose wiedersieht. Natürlich waren heute die unschuldigen Bonbons an der Reihe, und so ging es fort, so wechselten täglich Freude und Qual, Entzücken und Entsetzen. Der kleine Tor liebte offenbar die süßen Leckerbissen zu zärtlich, um der Versuchung, die Dose zu öffnen, widerstehen zu können. Sein ganzes Wesen aber schien in dieser Zeit in äußerster Aufregung. Seine sonstige Harmlosigkeit und Fröhlichkeit waren einer zitternden Unruhe, einer Ängstlichkeit und Schreckhaftigkeit ohnegleichen gewichen; sein Körperchen wurde von Tag zu Tag magerer, und endlich sah der necklustige Herr ein, daß sein Scherz wirklich zu weit gegangen war. Er beschloß, dem kleinen Freund seine frühere Gemütsruhe wieder zu verschaffen und reichte ihm nun ohne Ausnahme die Freudendose zu. Entzückend war es zu sehen, wie der arme, kleine Tropf nun auflebte, wie seine alte Heiterkeit wiederkam, wie er sich glückselig an den süßen Spenden labte. Wochen vergingen; das Tierchen war ganz von seiner Schwermut geheilt, nur ganz selten saß es einen Augenblick in Nachdenken versunken und schien sich der fürchterlichen Vergangenheit zu erinnern.
»Und da, mitten im Frieden, sollte der böse Feind sich noch einmal zeigen. Der Mann konnte der Versuchung nicht widerstehen, jetzt, wo keine böse Ahnung den Frieden seines Lieblings trübte, noch einmal den alten Scherz zu wagen. Eines Tages suchte er die schon weggeräumte Teufelsdose zu einem letzten Neckversuch hervor, reichte sie dem Affen, und –«
»Nun? nun?« drängten die Geschwister.
»– Und – tötete das arme Tier! Ja, denkt euch, das Kerlchen öffnet die Dose, fällt um und ist tot. Wie die sofortige Untersuchung ergab, hatte ihn ein Herzschlag getroffen. Der Schreck war jetzt, wo er ganz unerwartet kam, zu groß für das schwache Geschöpf gewesen! – Wie sein Besitzer außer sich war, könnt ihr euch denken – er hatte eben auch gedacht, der Affe sei ja nur ein Tier.«
»Ach, Hermann, das ist doch zu traurig,« klagten die Kinder. Am meisten ging die Geschichte dem kleinen Georg zu Herzen.
»Du hast recht, Hermann,« sagte er kleinlaut. »Das Necken ist oft das allerschlimmste! Ach, lieber Bruder, ich glaube, ich könnte es dir jetzt fest versprechen und würde mein Wort gewiß immer halten: ich will überhaupt kein Tier mehr quälen, nicht im Ernst und nicht im Scherz.«
»Wirklich?« fragte der Student mit besonderem Nachdruck. »Willst du es wagen, mir dieses Versprechen zu geben?«
Ein Augenblick des Nachdenkens – wirklicher, aufrichtiger Selbsteinkehr. – Dann legt der kleine Junge treuherzig seine Hand in die des Bruders.
»Ich will!«
»Und ihr, Wolf und Edith?«
»O, Hermann, ich habe die Tiere immer so lieb gehabt« – sagte das Mädchen.
»Ich auch, und jetzt werde ich mich erst recht hüten, eines zu martern und zu quälen,« versicherte Wolfgang.
»Nun wohl, so kommt einmal mit in mein Zimmer,« gebot der Student.
Hier gab er ihnen zunächst eine lange Erklärung. Der junge Mann erzählte den Geschwistern von den Tierschutzvereinen, die sich jetzt allenthalben zum Wohl und Heil der darbenden und gequälten Kreaturen bilden. »Da gibt es einen großen deutschen Reichsbund zum Schutze der Tiere,« sagte er, »der schon Hunderttausende von Mitgliedern zählt. Wollt ihr ihm beitreten? Wollt ihr Bundesmitglieder werden, ihr drei?«
»Wir?« fragten die Kinder und sahen einander verlegen lächelnd an.
»Ja, gerade Kinder sind die Glieder dieses Bundes, der sich bereits über alle Länder der Welt erstreckt. Ist es nicht wundervoll, daß über Land und Meer hinweg eine schöne und gute Idee so viele Kinderherzen verbindet? Ist es euch feierlich ernst mit eurem Versprechen, so nehme ich euch jetzt ebenso feierlich ernst in den »großen deutschen Reichsbund« auf. Nun?« –
Fast ängstlich sahen die großen Kinderaugen drein. Drei Geschwister waren von dem festen, ehrlichen Entschluß beseelt, alles zu tun und zu halten, was der geliebte Bruder verlangte.
»Nur nicht schüchtern, es geht euch nicht an die Köpfchen,« sagte dieser freundlich. »Ich will nur eine schriftliche Erklärung von euch haben. Hier sind drei weiße Papierbogen, hier sind Federn, und hier ist Tinte. Nun setzt euch einmal hin und schreibt groß und deutlich, was ich euch diktiere:
›Ich trete dem Verein bei und verpflichte mich durch meine Unterschrift, niemals in meinem Leben ein Tier, sei es groß oder klein, zu quälen und auch, wo ich kann und wie ich kann, zu verhindern, daß Tiere von anderen gequält werden.‹«
»Seid ihr fertig? Nun wohl! Ist es euch nun herzlich ernst mit eurem Entschluß, so setze jedes seinen Namen als Unterschrift unter das Blatt!« –
Nach einigen Minuten feierlicher Stille reichten die Kleinen dem Studenten die unterschriebenen Zettel hin.
»So! Euer Eintritt in den Bund ist vollzogen,« sagte dieser. »Ihr könnt mir nun zusehen, wie ich eure Gelöbnisse einsiegle und an den Begründer des Reichsbundes, Herrn Kühtmann in Bremen, sende. Gedenkt daran, welcher ernsten Verpflichtung ihr euch nun unterzogen habt. Ein Wort – ein Mann! Und ein geschriebenes Wort gilt doppelt und dreifach!« – – –
Das haben sich die drei neuen Reichsbündler ehrlich gemerkt. Marko war der erste, dem die Sache zu gute kam. Er hat vielleicht über die sanfte und verständige Art, mit der Georg ihn zu behandeln begann, mehr als einmal den Kopf geschüttelt.
Noch mehr wunderte sich wohl jener Bauersmann, der seinen armen Karrenpudel neulich mit einer ungebührlich schweren Äpfelladung durch die Straßen der Stadt trieb, als plötzlich ein schmuckes, helläugiges Bürschchen ihn fest bei der Hand packte und unerschrocken wichtigen Tones sagte:
»Entschuldigen Sie, das Vieh so quälen, das gilt nicht. Ich bitte Sie, machen Sie es gleich dem Hund leichter, ich habe etwas zu sagen, ich bin Mitglied des großen Reichsbundes zum Schutze der Tiere.«
Dem Bauersmann mußte das gewaltig imponieren, denn er stand erst ganz verdutzt und nahm dann flugs den größten Äpfelsack über die Schulter.
Das hat Georg, denn kein anderer war der Tierschützer, dem Bruder Studenten natürlich sehr stolz erzählt.
Wollt ihr, kleine Leser, vielleicht auch dem Reichsbund beitreten? Ihr braucht dann nur obige Erklärung abzuschreiben und, mit eurer Namensunterschrift versehen, an Herrn G. Hirdes in Bremen zu schicken.
Aber heilig ernst muß es euch mit der Sache sein! –
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