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Die Vorigen. Max Piccolomini.
Max (mitten in den Saal tretend).
Ja! Ja! Da ist er! Ich vermag's nicht länger,
Mit leisem Tritt um dieses Haus zu schleichen,
Den günst'gen Augenblick verstohlen zu
Erlauern – Dieses Harren, diese Angst
Geht über meine Kräfte!
(Auf Thekla zugehend, welche sich ihrer Mutter in
die Arme geworfen).
O sieh mich an! Sieh nicht weg, holder Engel!
Bekenn' es frei vor Allen. Fürchte Niemand.
Es höre, wer es will, daß wir uns lieben.
Wozu es noch verbergen? Das Geheimniß
Ist für die Glücklichen; das Unglück braucht,
Das hoffnungslose, keinen Schleier mehr,
Frei, unter tausend Sonnen kann es handeln.
(Er bemerkt die Gräfin, welche mit frohlockendem
Gesicht auf Thekla blickt.)
Nein, Base Terzky, seht mich nicht erwartend,
Nicht hoffend an! Ich kommt nicht, zu bleiben.
Abschied zu nehmen, komm' ich – Es ist aus.
Ich muß, muß dich verlassen, Thekla – muß!
Doch deinen Haß kann ich nicht mit mir nehmen.
Nur einen Blick des Mitleids gönne mir,
Sag', daß du mich nicht hassest. Sag' mir's, Thekla.
(Indem er ihre Hand faßt, heftig bewegt.)
O Gott! – Gott! Ich kann nicht von dieser Stelle.
Ich kann es nicht – kann diese Hand nicht lassen.
Sag', Thekla, daß du Mitleid mit mir hast,
Dich selber überzeugst, ich kann nicht anders.
(Thekla, seinen Blick vermeidend, zeigt mit der Hand auf
ihren Vater; er wendet sich nach dem Herzog um, den er
jetzt erst gewahr wird.)
Du hier? – Nicht du bist's, den ich hier gesucht.
Dich sollten meine Augen nicht mehr schauen.
Ich hab' es nur mit ihr allein. Hier will ich
Von diesem Herzen freigesprochen sein,
An allem Andern ist nichts mehr gelegen.
Wallenstein.
Denkst du, ich soll der Thor sein und dich ziehen lassen
Und eine Großmuthsscene mit dir spielen?
Dein Vater ist zum Schelm an mir geworden,
Du bist mir nichts mehr, als sein Sohn, sollst nicht
Umsonst in meine Macht gegeben sein.
Denk' nicht, daß ich die alte Freundschaft ehren werde,
Die er so ruchlos hat verletzt. Die Zeiten
Der Liebe sind vorbei, der zarten Schonung,
Und Haßt und Rache kommen an die Reihe.
Ich kann auch Unmensch sein, wie er.
Max.
Du wirst mit mir verfahren, wie du Macht hast.
Wohl aber weißt du, daß ich deinem Zorn
Nicht trotze, noch ihn fürchte. Was mich hier
Zurückhält, weißt du! (Thekla bei der Hand fassend.)
Sieh! Alles – Alles wollt' ich dir verdanken,
Das Loos der Seligen wollt' ich empfangen
As deiner väterlichen Hand. Du hast's
Zerstört; doch daran liegt dir nichts. Gleichgültig
Trittst du das Glück der Deinen in den Staub.
Der Gott, dem du dienst, ist kein Gott der Gnade.
Wie das gemüthlos blinde Element,
Das furchtbare, mit dem kein Bund zu schließen,
Folgst du des Herzens wildem Trieb allein.
Weh Denen, die auf dich vertraun, an dich
Die sichre Hütte ihres Glückes lehnen,
Gelockt von deiner gastlichen Gestalt!
Schnell, unverhofft, bei nächtlich stiller Weile
Gährt's in dem tück'schen Feuerschlunde, ladet
Sich aus mit tobender Gewalt, und weg
Treibt über alle Pflanzungen der Menschen
Der wilde Strom in grausender Zerstörung.
Wallenstein.
Du schilderst deines Vaters Herz. Wie du's
Beschreibst, so ist's in seinem Eingeweide,
In dieser schwarzen Heuchlers Brust gestaltet.
O, mich hat Höllenkunst getäuscht. Mir sandte
Der Abgrund den verstecktesten der Geister,
Den lügenkundigsten, herauf und stellt' ihn
Als Freund an meine Seite. Wer vermag
Der Hölle Macht zu widerstehn! Ich zog
Den Basilisken auf an meinem Busen;
Mit meinem Herzblut nährt' ich ihn, er sog
Sich schwelgend voll an meiner Liebe Brüsten,
Ich hatte nimmer Arges gegen ihn,
Weit offen ließ ich des Gedankens Thore
Und warf die Schlüssel weiser Vorsicht weg –
Am Sternenhimmel suchten meine Augen,
Im weiten Weltenraum den Feind, den ich
Im Herzen meines Herzens eingeschlossen.
– Wär' ich dem Ferdinand gewesen, was
Octavio mir war – Ich hätt' ihm nie
Krieg angekündigt – nie hätt' ich's vermocht.
Er war mein strenger Herr nur, nicht mein Freund,
Nicht meiner Treu' vertraute sich der Kaiser.
Krieg war schon zwischen mir und ihm, als er
Der Feldherrnstab in meine Hände legte;
Denn Krieg ist ewig zwischen List und Argwohn,
Nur zwischen Glauben und Vertraun ist Friede.
Wer das Vertraun vergiftet, o, der mordet
Das werdende Geschlecht im Leib der Mutter!
Max.
Ich will den Vater nicht vertheidigen.
Weh mir, daß ich's nicht kann!
Unglücklich schwere Thaten sind geschehn,
Und eine Frevelhandlung faßt die andre
In enggeschloßner Kette grausend an.
Doch wie geriethen wir, die nichts verschuldet,
In diesen Kreis des Unglücks und Verbrechens?
Wem brachen wir die Treue? Warum muß
Der Väter Doppelschuld und Frevelthat
Uns gräßlich wie ein Schlangenpaar umwinden?
Warum der Väter unversöhnter Haß
Auch uns, die Liebenden, zerreißend scheiden?
(Er umschlingt Thekla mit heftigem Schmerz.)
Wallenstein (hat den Blick schweigend auf ihn geheftet und
nähert sich jetzt).
Max, bleibe bei mir. – Geh nicht von mir, Max!
Sieh, als man dich im Prag'schen Winterlager
Ins Zelt mir brachte, einen zarten Knaben,
Des deutschen Winters ungewohnt, die Hand
War die erstarrt an der gewichtigen Fahne,
Du wolltest männlich sie nicht lassen, damals nahm ich
Dich auf, bedeckte dich mit meinen Mantel,
Ich selbst war deine Wärterin, nicht schämt' ich
Der kleinen Dienst mich, ich pflegte deiner
Mit weiblich sorgender Geschäftigkeit,
Bis du, von mir erwärmt, an meinem Herzen,
Das junge Leben wieder freudig fühltest.
Wann hab ich seitdem meinen Sinn verändert?
Ich habe viele Tausend reich gemacht,
Mit Ländereien sie beschenkt, belohnt
Mir Ehrenstellen – dich hab' ich geliebt,
Mein Herz, mich selber hab' ich dir gegeben.
Sie Alle waren Fremdlinge, du warst
Das Kind des Hauses – Max, du kannst mich nicht verlassen!
Es kann nicht sein, ich mag's und will's nicht glauben,
Daß mich der Max verlassen kann.
Max. O Gott!
Wallenstein.
Ich habe dich gehalten und getragen
Von Kindesbeinen an – Was that dein Vater
Für dich, das ich nicht reichlich auch gethan?
Ein Liebesnetz hab' ich um dich gesponnen,
Zerreiß es, wenn du kannst – Du bist an mich
Geknüpft mit jedem zarten Seelenbande,
Mit jeder heil'gen Fessel der Natur,
Die Menschen an einander ketten kann.
Geh hin, verlaß mich, diene deinem Kaiser,
Laß dich mit einem goldnen Gnadenkettlein,
Mit seinem Widderfell dafür belohnen,
Daß dir der Freund, der Vater deiner Jugend,
Daß dir das heiligste Gefühl nichts galt.
Max (in heftigem Kampf).
O Gott! Wie kann ich anders? Muß ich nicht?
Mein Eid – Die Pflicht –
Wallenstein. Pflicht, gegen wen? Wer bist du?
Wenn ich am Kaiser unrecht handle, ist's
Mein Unrecht, nicht das deinige. Gehörst
Du dir? Bist du dein eigener Gebieter,
Stehst frei da in der Welt, wie ich, daß du
Der Thäter deiner Thaten könntest sein?
Auf mich bist du gepflanzt, ich bin dein Kaiser,
Mir angehören, mir gehorchen, das
Ist deine Ehre, dein Naturgesetz.
Und wenn der Stern, auf dem du lebst und wohnst,
Aus seinem Gleise tritt, sich brennend wirft
Auf eine nächste Welt und sie entzündet,
Du kannst nicht wählen, ob du folgen willst,
Fort reißt er dich in seines Schwunges Kraft
Sammt seinem Ring und allen seinen Monden.
Mit leichter Schuld gehst du in diesen Streit,
Dich wird die Welt nicht tadeln, sie wird's loben,
Daß dir der Freund das Meiste hat gegolten.
Vorige. Neumann.
Wallenstein.
Was gibt's?
Neumann.
Die Pappenheimischen sind abgesessen
Und rücken an zu Fuß; sie sind entschlossen,
Den Degen in der Hand das Haus zu stürmen,
Den Grafen wollen sie befrein.
Wallenstein (zu Terzky). Man soll
Die Ketten vorziehn, das Geschütz aufpflanzen.
Mit Kettenkugeln will ich sie empfangen.
(Terzky geht.)
Mir vorzuschreiben mit dem Schwert! Geh, Neumann,
Sie sollen sich zurückziehn, augenblicks,
Ist mein Befehl, und in der Ordnung schweigend warten,
Was mir gefallen wird zu thun.
(Neumann geht ab. Illo ist ans Fenster getreten.)
Gräfin. Entlaß ihn!
Ich bitte dich, entlaß ihn!
Illo (am Fenster). Tod und Teufel!
Wallenstein.
Was ist's?
Illo. Aufs Rathhaus steigen sie, das Dach
Wird abgedeckt, sie richten die Kanonen
Aufs Haus –
Max. Die Rasenden!
Illo. Sie machen Anstalt,
Uns zu beschießen –
Herzogin und Gräfin. Gott im Himmel!
Max (zu Wallenstein). Laß mich
Hinunter, sie bedeuten –
Wallenstein. Keinen Schritt!
Max (auf Thekla und die Herzogin zeigend).
Ihr Leben aber! Deins!
Wallenstein. Was bringst du, Terzky?
Vorige. Terzky kommt zurück.
Terzky.
Botschaft von unser treuen Regimentern.
Ihr Muth sei länger nicht zu bändigen,
Sie flehten um Erlaubniß, anzugreifen,
Vom Prager- und vom Mühl-Thor sind sie Herr,
Und wenn du nur die Losung wolltest geben,
So könnten sie den Feind im Rücken fassen,
Ihn in die Stadt einkeilen, in der Enge
Der Straßen leicht ihn überwältigen.
Illo.
O Komm! Laß ihren Eifer nicht erkalten!
Die Buttlerischen halten treu zu uns,
Wir sind die größre Zahl und werfen sie
Und enden hier in Pilsen die Empörung.
Wallenstein.
Soll diese Stadt zum Schlachtgefilde werden,
Und brüderliche Zwietracht, feueraugig,
Durch ihre Straßen losgelassen toben?
Dem tauben Grimm, der keinen Führer hört,
Soll die Entscheidung übergeben sein?
Hier ist nicht Raum zum Schlagen, nur zum Würgen;
Die losgebundnen Furien der Wuth
Ruft keines Herrschers Stimme mehr zurück.
Wohl, es mag sein! Ich hab' es lang bedacht,
So mag sich's rasch und blutig denn entladen.
(Zu Max gewendet.)
Wie ist's? Willst du den Gang mit mir versuchen?
Freiheit, zu gehen, hast du. Stelle dich
Mir gegenüber. Führe sie zum Kampf.
Den Krieg verstehst du, hast bei mir etwas
Gelernt, ich darf des Gegners mich nicht schämen,
Und keinen schönern Tag erlebst du, mir
Die Schule zu bezahlen.
Gräfin. Ist es dahin
Gekommen? Vetter! Vetter! Könnt Ihr's tragen?
Max.
Die Regimenter, die mir anvertraut sind,
Dem Kaiser treu hinwegzuführen, hab' ich
Gelobt; dies will ich halten oder sterben.
Mehr fordert keine Pflicht von mir. Ich fechte
Nicht gegen dich, wenn ich's vermeiden kann,
Denn auch dein feindlich Haupt ist mir noch heilig.
(Es geschehn zwei Schüsse. Illo und Terzky eilen ans Fenster.)
Wallenstein.
Was ist das?
Terzky.
Er stürzt.
Wallenstein. Stürzt! Wer?
Illo. Die Tiefenbacher thaten
Den Schuß.
Wallenstein. Auf wen?
Illo. Auf diesen Neumann, den
Du schicktest –
Wallenstein (auffahrend). Tod und Teufel! So will ich –
(Will gehen.)
Terzky.
Dich ihrer blinden Wuth entgegenstellen?
Herzogin und Gräfin.
Um Gotteswillen nicht!
Illo. Jetzt nicht, mein Feldherr!
Gräfin.
O halt' ihn! halt' ihn!
Wallenstein. Laßt mich!
Max. Thu es nicht,
Jetzt nicht. Die blutig rasche That hat sie
In Wuth gesetzt, erwarte ihre Reue –
Wallenstein.
Hinweg! Zu lange schon hab' ich gezaudert.
Das konnten sie sich freventlich erkühnen,
Weil sie mein Angesicht nicht sahn – Sie sollen
Mein Antlitz sehen, meine Stimme hören –
Sind es nicht meine Truppen? Bin ich nicht
Ihr Feldherr und gefürchteter Gebieter?
Laß sehn, ob sie das Antlitz nicht mehr kennen,
Das ihre Sonne war in dunkler Schlacht.
Es braucht der Waffen nicht. Ich zeige mich
Vom Altan dem Rebellenheer, und schnell
Bezähmt, gebt Acht, kehrt der empörte Sinn
Ins alte Bette des Gehorsams wieder.
(Er geht. Ihm folgen Illo, Terzky und Buttler.)
Gräfin. Herzogin. Max und Thekla.
Gräfin (zur Herzogin).
Wenn sie ihn sehn – es ist noch Hoffnung, Schwester.
Herzogin.
Hoffnung! Ich habe keine.
Max (der während des letzten Auftritts in einem sichtbaren
Kampf von ferne gestanden, tritt näher).
Das ertrag' ich nicht.
Ich kam hieher mit fest entschiedner Seele,
Ich glaubte, recht und tadellos zu thun,
Und muß hier stehen, wie ein Hassenswerther,
Ein roh Unmenschlicher, vom Fluch belastet,
Vom Abscheu Aller, die mir theuer sind,
Unwürdig schwer bedrängt die Lieben sehn,
Die ich mit einem Wort beglücken kann –
Das Herz in mir empört sich, es erheben
Zwei Stimmen streitend sich in meiner Brust,
In mir ist Nacht, ich weiß das Rechte nicht zu wählen.
O wohl, wohl hast du wahr geredet, Vater,
Zu viel vertraut' ich auf das eigne Herz,
Ich stehe wankend, weiß nicht, was ich soll.
Gräfin.
Sie wissen's nicht? Ihr Herz sagt's Ihnen nicht?
So will ich's Ihnen Sagen!
Ihr Vater hat den schreienden Verrath
An uns begangen, an des Fürsten Haupt
Gefrevelt, uns in Schmach gestürzt, daraus
Ergibt sich klar, was Sie, sein Sohn, thun sollen:
Gutmachen, was der Schändliche verbrochen,
Ein Beispiel aufzustellen frommer Treu,
Daß nicht der Name Piccolomini
Ein Schandlied sei, ein ew'ger Fluch im Haus
Der Wallensteiner.
Max. Wo ist eine Stimme
Der Wahrheit, der ich folgen darf? Uns Alle
Bewegt der Wunsch, die Leidenschaft. Daß jetzt
Ein Engel mir vom Himmel niederstiege,
Das Rechte mir, das unverfälschte, schöpfte
Am reinen Lichtquell mit der reinen Hand!
(Indem seine Augen auf Thekla fallen.)
Wie? Such' ich diesen Engel noch? Erwart' ich
Noch einen andern? (Er nähert sich ihr, den Arm um sie schlagend.)
Hier, auf dieses Herz,
Das unfehlbare, heilig reine, will
Ich's legen, deine Liebe will ich fragen,
Die nur den Glücklichen beglücken kann,
Vom unglückselig Schuldigen sich wendet.
Kannst du mich dann noch lieben, wenn ich bleibe?
Erkläre, daß du's kannst, und ich bin euer.
Gräfin (mit Bedeutung).
Bedenkt –
Max (unterbricht sie). Bedenke nichts. Sag', wie du's fühlst.
Gräfin.
An Euren Vater denkt –
Max (unterbricht sie). Nicht Friedlands Tochter,
Ich frage dich, dich, die Geliebte frag' ich!
Es gilt nicht, eine Krone zu gewinnen,
Das möchtest du mit klugem Geist bedenken.
Die Ruhe deines Freundes gilt's, das Glück
Von einem Tausend tapfrer Heldenherzen,
Die seine That zum Muster nehmen werden.
Soll ich dem Kaiser Eid und Pflicht abschwören?
Soll ich ins Lager des Octavio
Die vatermörderische Kugel senden?
Denn wenn die Kugel los ist aus dem Lauf,
Ist sie kein todtes Werkzeug mehr, sie lebt,
Ein Geist fährt in sie, die Erinyen
Ergreifen sie, des Frevlers Rächerinnen,
Und führen tückisch sie den ärgsten Weg.
Thekla.
O Max –
Max (unterbricht sie). Nein, übereile dich auch nicht.
Ich kenne dich. Dem edlen Herzen könnte
Die schwerste Pflicht die nächste scheinen. Nicht
Das Große, nur das Menschliche geschehe.
Denk', was der Fürst von je an mir gethan;
Denk' auch, wie's ihm mein Vater hat vergolten.
O, auch die schönen, freien Regungen
Der Gastlichkeit, der frommen Freundestreue
Sind eine heilige Religion dem Herzen,
Schwer rächen sie die Schauder der Natur
An dem Barbaren, der sie gräßlich schändet.
Leg' Alles, Alles in die Wage, sprich
Und laß dein Herz entscheiden.
Thekla. O, das deine
Hat längst entschieden. Folge deinem ersten
Gefühl –
Gräfin. Unglückliche!
Thekla. Wie könnte Das
Das Rechte sein, was dieses zarte Herz
Nicht gleich zuerst ergriffen und gefunden?
Geh und erfülle deine Pflicht! Ich würde
Dich immer lieben. Was du auch erwählt,
Du würdest edel stets und deiner würdig
Gehandelt haben – aber Reue soll
Nicht deiner Seele schönen Frieden stören.
Max.
So muß ich dich verlassen, von dir scheiden!
Thekla.
Wie du dir selbst getreu bleibst, bist du's mir.
Uns trennt das Schicksal, unsre Herzen bleiben einig.
Ein blut'ger Haß entzweit auf ew'ge Tage
Die Häuser Friedland, Piccolomini,
Doch wir gehören nicht zu unserm Hause.
– Fort! Eile! Eile, deine gute Sache
Von unsrer unglückseligen zu trennen.
Auf unserm Haupte liegt der Fluch des Himmels,
Es ist dem Untergang geweiht. Auch mich
Wird meines Vaters Schuld mit ins Verderben
Hinabziehn. Traure nicht um mich! Mein Schicksal
Wird bald entschieden sein.
(Max faßt sie in die Arme, heftig bewegt. Man hört hinter
der Scene ein lautes, wildes, langverhallendes Geschrei:
»Vivat Ferdinandus!« von kriegerischen Instrumenten
begleitet. Max und Thekla halten einander unbeweglich in
den Armen.)
Vorige. Terzky.
Gräfin (ihm entgegen).
Was war das? Was bedeutete das Rufen?
Terzky.
Es ist vorbei, und Alles ist verloren.
Gräfin.
Wie? und sie gaben nichts auf seinen Anblick?
Terzky.
Nichts. Alles war umsonst.
Herzogin. Sie riefen Vivat.
Terzky.
Dem Kaiser.
Gräfin. O die Pflichtvergeßnen!
Terzky.
Man ließ ihn nicht einmal zum Worte kommen.
Als er zu reden anfing, fielen sie
Mit kriegerischem Spiel betäubend ein.
– Hier kommt er.
Vorige. Wallenstein, begleitet von Illo und Buttler. Darauf Kürassiere.
Wallenstein (im Kommen).
Terzky!
Terzky. Mein Fürst?
Wallenstein. Laß unsre Regimenter
Sich fertig halten, heut noch aufzubrechen,
Denn wir verlassen Pilsen noch vor Abend.
(Terzky geht ab.)
Buttler –
Buttler. Mein General? –
Wallenstein. Der Commendant zu Eger
Ist Euer Freund und Landsmann. Schreibt ihm gleich
Durch einen Eilenden, er soll bereit sein,
Uns morgen in die Festung einzunehmen –
Ihr folgt uns selbst mit Eurem Regiment.
Buttler.
Es soll geschehn, mein Feldherr.
Wallenstein (tritt zwischen Max und Thekla, welche sich während
dieser Zeit fest umschlungen gehalten). Scheidet!
Max. Gott!
(Kürassiere mit gezogenem Gewehr treten in den Saal und
sammeln sich im Hintergrunde. Zugleich hört man unten einige
muthige Passagen aus dem Pappenheimer Marsch, welche dem
Max zu rufen scheinen.)
Wallenstein (zu den Kürassieren).
Hier ist er. Er ist frei. Ich halt' ihn nicht mehr.
(Er steht abgewendet und so, daß Max ihm nicht beikommen,
noch sich dem Fräulein nähern kann.)
Max.
Du hassest mich, treibst mich im Zorn von dir.
Zerreißen soll das Band der alten Liebe,
Nicht sanft sich lösen, und du willst den Riß,
Den schmerzlichen, mir schmerzlicher noch machen!
Du weißt, ich habe ohne dich zu leben
Noch nicht gelernt – in eine Wüste geh' ich
Hinaus, und Alles, was mir werth ist, Alles
Bleibt hier zurück – O, wende deine Augen
Nicht von mir weg! Noch einmal zeige mir
Dein ewig theures und verehrtes Antlitz!
Verstoß mich nicht –
(Er will seine Hand fassen. Wallenstein zieht sie zurück.
Er wendet sich an die Gräfin.)
Ist hier kein andres Auge,
Das Mitleid für mich hätte – Base Terzky –
(Sie wendet sich von ihm, er kehrt sich zur Herzogin.)
Ehrwürd'ge Mutter –
Herzogin. Gehn Sie, Graf, wohin
Die Pflicht Sie ruft – So können Sie uns einst
Ein treuer Freund, ein guter Engel werden
Am Thron des Kaisers.
Max. Hoffnung geben Sie mir,
Sie wollen mich nicht ganz verzweifeln lassen.
O täuschen Sie mich nicht mit leerem Blendwerk!
Mein Unglück ist gewiß, und Dank dem Himmel!
Der mir ein Mittel eingibt, es zu enden.
(Die Kriegsmusik beginnt wieder. Der Saal füllt sich mehr
und mehr mit Bewaffneten an. Er sieht Buttlern dastehn.)
Ihr auch hier, Oberst Buttler – Und Ihr wollt mir
Nicht folgen? – Wohl! Bleibt Eurem neuen Herrn
Getreuer als dem alten. Kommt! Versprecht mir,
Die Hand gebt mir darauf, daß Ihr sein Leben
Beschützen, unverletzlich wollt bewahren.
(Buttler verweigert seine Hand.)
Des Kaisers Acht hängt über ihm und gibt
Sein fürstlich Haupt jedwedem Mordknecht preis,
Der sich den Lohn der Blutthat will verdienen;
Jetzt thät ihm eines Freundes fromme Sorge,
Der Liebe treues Auge noth – und die
Ich scheidend um ihn seh' –
(Zweideutige Blicke auf Illo und Buttler richtend.)
Illo. Sucht die Verräther
In Eures Vaters, in des Gallas Lager.
Hier ist nur einer noch. Geht und befreit uns
Von seinem hassenswürd'gen Anblick. Geht.
(Max versucht noch einmal, sich der Thekla zu nähern.
Wallenstein verhindert es. Er steht unschlüssig, schmerzvoll;
indeß füllt sich der Saal immer mehr und mehr, und die
Hörner ertönen unten immer auffordernder und in immer
kürzeren Pausen.)
Max.
Blast! Blast! – O, wären es die schwed'schen Hörner,
Und ging's von hier gerad ins Feld des Todes,
Und alle Schwerter, alle, die ich hier
Entblößt muß sehn, durchdrängen meinen Busen!
Was wollt ihr? Kommt ihr, mich von hier hinweg
Zu reißen? – O, treibt mich nicht zur Verzweiflung!
Thut's nicht! Ihr könntet es bereun!
(Der Saal ist ganz mit Bewaffneten gefüllt.)
Noch mehr! – Es hängt Gewicht sich an Gewicht,
Und ihre Masse zieht mich schwer hinab. –
Bedenket, was ihr thut. Es ist nicht wohlgethan,
Zum Führer den Verzweifelnden zu wählen.
Ihr reißt mich weg von meinem Glück, wohlan,
Der Rachegöttin weih' ich eure Seelen!
Ihr habt gewählt zum eigenen Verderben,
Wer mit mir geht, der sei bereit, zu sterben!
(Indem er sich nach dem Hintergrund wendet, entsteht eine
rasche Bewegung unter den Kürassieren, sie umgeben und
begleiten ihn in wildem Tumult. Wallenstein bleibt
unbeweglich. Thekla sinkt in ihrer Mutter Arme.
Der Vorhang fällt.)