Paul Schreckenbach
Michael Meyenburg
Paul Schreckenbach

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VI.

Als die Morgenröte des folgenden Tages die Dächer Nordhausens mit einem rosigen Glanze übergoß, hatte sich in der guten Stadt im Laufe einer kurzen Stunde sehr vieles verändert. Der Plan Meyenburgs, die Verdächtigen zu entwaffnen, war vollkommen geglückt, und dabei hatte sich's gezeigt, daß ein Teil der kleinen Bürger mit Waffen aller Art überreichlich versehen war. Nicht nur Schwerter, Spieße und Hellebarden waren in Menge vorhanden, auch Feuerrohre wurden gefunden und das schwarze Pulver, vom Volke »Kraut« genannt, das dazu gehörte, und im Hause des Knochenhauers Helmsdorf eine Kiste mit Kugeln, aus Blei gegossen. Das war natürlich nicht von ungefähr so, sondern es mußte seinen guten Grund haben. Für jeden, der sehen wollte, lag es klar zutage, daß eine Verschwörung in der Stadt bestand, und daß die Verschwörer entschlossen waren, ihre Ziele, wenn es sein mußte, mit bewaffneter Hand zu erreichen.

Fürs erste war das vereitelt worden. Die Verschworenen hatten sich völlig überrumpeln lassen und daher auch nirgendwo Widerstand geleistet. Die Rädelsführer waren zwar sämtlich entwischt; entweder hielten sie sich in der Stadt irgendwo versteckt, oder es war ihnen gelungen, über die Mauer zu entkommen. Aber gefährlich werden konnten sie fürs erste nicht mehr. Der Rat hatte mit einem Male wieder das Heft fest in der Hand. An eine Empörung des Volkes war erst dann zu denken, wenn es den Männern des Umsturzes gelang, sich und ihre Anhänger in der Stadt von neuem mit Waffen zu versorgen.

Um das zu verhüten, wurden die Tore aufs strengste bewacht und die Klöster besetzt. Einer der Mühlhäuser Propheten, Heinrich Pfeifer, war ein entlaufener Mönch, und viele Insassen der Klöster waren unruhige Köpfe, wie er, und faßten die christliche Freiheit, die jetzt überall gepredigt ward, durchaus nicht geistlich, sondern sehr fleischlich und weltlich auf. Es war sehr zu befürchten, daß viele der Mönche mit den aufgeregten Bauern und Kleinbürgern gemeinsame Sache machen könnten, waren sie doch aus diesen Volksschichten selber hervorgegangen. Darum sollten sie von vornherein unschädlich gemacht werden. Mit einer stattlichen Mannschaft zog Michael Meyenburg von einem Kloster zum anderen und forderte überall Einlaß. Dann mußten die Mönche, vom Prior bis zum Laienbruder herab, dem Rate den Eid des Gehorsams leisten, die Kleinodien und das bare Geld wurden aufgezeichnet und gegen eine Quittung in die Keller des Rathauses abgeführt. Alle Klöster erhielten eine Besatzung von etlichen Bürgern und bewaffneten Knechten, auch das Nonnenkloster auf dem Frauenberge, obwohl die Domina sich heftig dagegen sträubte. Aber einen eigentlichen Widerstand leistete auch sie nicht, sondern sie begnügte sich mit giftigen Blicken und anzüglichen Redensarten, die dem Syndikus und seinen Begleitern nicht unerhebliches Vergnügen bereiteten. Ernstlicher Widerstand begegnete den Bevollmächtigten der Stadt erst dann, als sie in das Stift der Kreuzherren Einlaß begehrten.

Das Aufzeichnen und Abführen der Klosterschätze hatte so viel Zeit in Anspruch genommen, daß Meyenburg erst am folgenden Tage vor der Domfreiheit erscheinen konnte. Die Kreuzpfaffen hatten längst Wind bekommen von dem, was der Rat plante, und danach ihre Maßregeln getroffen. Denn sie waren entschlossen, sich nur der Gewalt zu beugen, und dann die Stadt beim Kaiser und dem Herzog Georg von Sachsen ernstlich zu verklagen. Zu dieser Haltung hatte sie vor allem angefeuert der Jüngste in ihrem Kreise, der Vikar Christian Heune, der sie alle an Geistesschärfe und hartem, rücksichtslosem Willen weit übertraf und deshalb ein ganz ungewöhnliches Ansehen im Stifte genoß. »Wenn wir uns des Ansinnens weigern,« hatte er ihnen eingeredet, und wenn sie dann Gewalt brauchen wider uns, so ist's wohl möglich, daß dieses der Anlaß wird zur Unterdrückung der Ketzerei in der Stadt. Denn kommt Herzog Georg nach Nordhausen, den Rat zu strafen, so fliegen die lutherischen Prädikanten über die Mauer, und wer nicht lassen will von der Martinischen Sekte, der mag ihnen folgen, und Nordhausen wird wieder eine christkatholische Stadt.« Dieser Ansicht waren der Dechant, Herr Anebeutel, und alle Domherren zugefallen, und die Vikare, die anderer Meinung waren, hatten gegen ihren streitbaren Konfrater den Mund nicht aufzutun gewagt. Sie wußten, daß sie im Streite mit ihm stets den kürzeren zogen.

So kam es, daß Meyenburg das Tor der Domfreiheit verschlossen fand, als er etwa eine Stunde vor Mittag mit seinen Leuten davor anlangte. Kein Pochen und kein Rufen half, der Torwächter zeigte sich nicht, und alles blieb still.

»Die Pfaffen wollen uns trotzen,« sagte er zu dem Ratsherrn Eienrot, der ihn begleitete. »Sie meinen wahrscheinlich, wir kehren um, wenn sie uns nicht aufmachen. Aber sie sollen sich verrechnet haben.«

Er gab den Stadtknechten einen Befehl und trat sodann mit Eienrot in ein benachbartes Haus, um dort zu warten. Noch nicht eine Viertelstunde war vergangen, da rasselte eine Feldschlange heran, von den Knechten gezogen, die auch Kraut und Lot in einem Kasten herbeischleppten.

Das Geschütz ward dem Tore gegenüber aufgestellt, und Meyenburg rief mit lauter Stimme zu dem Torwärterhäuschen hinauf: »Ich gebiete im Auftrag des ehrbaren Rates, daß ihr auf der Stelle öffnet. Andernfalls wird das Tor in den Grund geschossen!«

Sogleich wurde droben der struppige Kopf des Torwärters sichtbar. »Der Herr Dechant hat mir verboten, die Pforte aufzuschließen,« rief er mürrisch herunter.

»So sage deinem Herrn, ich, der Stadt Nordhausen Syndikus, habe den Befehl des Rates, in das Kloster zu dringen, und ich dringe hinein. In einer Viertelstunde mag er sich entscheiden. Solange gebe ich ihm Zeit, nicht länger.«

Die Frist war noch nicht verstrichen, als die eisernen schweren Riegel drinnen zurückgestoßen wurden und die Türflügel sich knarrend öffneten. »Die Herren sind im Dome,« sagte der Torwart und trat finster blickend und einen Fluch vor sich hin murmelnd, zur Seite.

»So gehen wir dorthin,« gebot Meyenburg.

In dem Kreuzgange vor der Pforte des Gotteshauses standen der Dechant und das ganze Kapitel im vollen priesterlichen Ornat. Mit starrem Schweigen empfingen sie den Abgesandten der Stadt, und als er ihnen in einer längeren Rede auseinandergesetzt hatte, mit welchem Auftrage er gekommen sei, gab keiner eine Antwort.

Meyenburgs Antlitz rötete sich. »Was soll das heißen?« rief er. »Habt ihr die Sprache verloren? Oder meint ihr, mich zu erschrecken, wenn ihr dasteht, wie die Ölgötzen? Gebet Antwort dem Rate, der euch nicht mehr abverlangt, als was recht ist und der Stadt nütze in dieser schweren Zeit.«

»Wir haben das Beste des Stiftes zu bedenken, nicht das der Stadt!« gab Herr Anebeutel trotzig zurück. »Wir leben neben euch, nicht unter euch, und so soll es bleiben!« Er zitterte während dieser Worte, halb vor Ärger und halb vor Angst am ganzen Körper.

»Für die nächste Zeit kann es nicht so bleiben, denn es wäre gegen die Sicherheit der Stadt,« erwiderte Meyenburg. »Darum rat' ich euch, fügt euch gutwillig und leistet den Eid!«

»Und wenn wir uns weigern?«

»So seid Ihr des Rates Gefangene, bis andere Zeitläufte kommen.«

Ein Erschrecken ging durch die Schar der Priester. Einer der älteren Domherren trat an den Dechanten heran und redete leise auf ihn ein.

»Ich will mich mit den Brüdern in der Kirche beraten!« sagte Anebeutel. »Harret hier auf uns.«

»Das möget Ihr tun,« erwiderte Meyenburg. »Aber beeilt Euch, ich habe meine Zeit nicht übrig. Das Tor und das Pförtchen in der Mauer besetze ich einstweilen. Es kommt niemand hinaus.«

»Ich meine, die Pfaffen werden sich fügen,« sagte Meyenburg, als sie in der Kirche verschwunden waren, zu Eienrot. »Herr Anebeutel ist kein Held und hat zum Märtyrer nicht das Zeug, die meisten anderen der Glatzköpfe auch nicht. Was gilt's? Es wird gehen, wie ich's gesagt habe.«

Er sollte recht behalten. Noch keine halbe Stunde war vergangen, als das Kapitel wieder erschien und sich bereit erklärte, die Schätze und Kleinodien des Stiftes unter des Rates Schutz zu stellen und den geforderten Eid zu leisten. Meyenburg sprach ihn jedem einzelnen vor, und jeder einzelne schwur mit ausgestreckter Hand. Als alle geschworen hatten, die einen mit kalter, unbewegter Miene, die anderen mit Blicken, die Zorn und Haß sprühten, ließ Meyenburg seine Augen suchend im Kreise umhergehen. »Einer fehlt!« sagte er. »Wo ist Christian Heune?«

»Er ist in der Kirche zurückgeblieben, will nicht schwören,« erwiderte ein alter Domherr.

»So führt ihn herbei!« befahl Meyenburg, und wenige Minuten später zerrten zwei Knechte den jungen Priester, der sich wie ein Rasender wehrte, unter wildem Gelächter über die Schwelle des Domes.

»Christian Heune,« sprach Meyenburg ernst und gemessen, »gebärde dich nicht wie ein törichter Narr, Es hilft dir nichts, du mußt den Eid schwören, den alle deine Konfratres geschworen haben.«

Ein Gelächter war die Antwort. Dann preßte Heune die Lippen aufeinander und schwieg.

»Warum willst du nicht tun, was die anderen getan haben? Dünkst du dich etwas Besseres zu sein?«

»Bin ich nicht besser, so bin ich doch aus anderem Holze!« knirschte der Vikar. »Gib dir keine Mühe, Meyenburg, mich zwingst du nicht zum Eide. Nimmermehr!«

»Du bist eines Nordhäuser Bürgers Sohn, und dein Geschlecht sitzt seit langem in der Stadt. Warum willst du dem Rate nicht schwören, dem alle deine Väter und Urväter Untertan gewesen sind?«

»Weil mein Gewand mich über den Rat und alle weltliche Obrigkeit erhöht.«

Meyenburg lachte spöttisch, »Ich sage noch einmal: du bist ein Narr. Es ist jetzt eine andere Zeit, die Pfaffen stehen nicht mehr über den Laien. Aber was schwatzen wir so lange? Willst du tun, was dir der Rat gebietet, oder nicht?«

»Nein!« rief Heune. »Ich schwöre nicht und will eher aus der Stadt weichen als dir den Willen tun. Ja, ich will aus der Stadt. Ihr habt kein Recht, mich festzuhalten. Laßt mich los, ich gehe aus Nordhausen. Das will ich geloben.«

»Damit du zu deinem Freunde, dem Pfaffen Emser läufst und den Herzog in Dresden mit ihm wider uns aufreizest! Daran ist uns nichts gelegen. Du bleibst hier und schwörst, oder du kommst in des Rates Gefängnis. Dazwischen wähle!«

Heune stierte seinem Gegner einen Augenblick ins Gesicht, als hätte er ihn nicht recht verstanden. Dann packte ihn der Jähzorn, der in seiner Natur lag. Sein Gesicht verzerrte sich, und mit einem Ruck riß er sich los von den Knechten, die ihn an den Armen hielten. Obwohl er gänzlich unbewaffnet war, suchte er sich wie ein Wahnsinniger auf Meyenburg zu stürzen, fiel aber über das vorgestreckte Bein eines der Landsknechte zu Boden und schlug sich auf den Steinfließen die Stirn blutig. Im Nu war er überwältigt. Seine Stiftsbrüder standen schreckensbleich da, aber keine Hand rührte sich für ihn.

»Bindet ihn!« gebot Meyenburg. »Er will es nicht anders.«

Da brach es wie ein Heulen aus Heunes Munde hervor, und während er sich verzweifelt wehrte, um sich trat und schlug, kreischte er: »Hund! Ketzerischer Hund! Du bist an allem schuld. Hergelaufener, vermaledeiter Bankert –«

»Schafft ihn fort!« schrie Meyenburg, in dem nun auch der Zorn aufkochte. »Wenn die Natter nicht hören will, so soll sie fühlen! Fort mit ihm in des Rates Gefängnis! Dort bleibt er fürs erste!«

Heune wurde mit einem Male ganz still. Der Anfall von Jähzorn, der ihn geschüttelt hatte, war vorüber. Er ließ sich ruhig die Fesseln anlegen und ohne Widerstreben fortführen. Im Abgehen wandte er noch einmal sein blutüberströmtes Antlitz zurück und zischte mit einem furchtbaren Blick auf Meyenburg: »Daran wirst du denken dein Leben lang! Das schwöre ich bei Gott und der heiligen Jungfrau!«

Ohne ein Wort der Erwiderung wandte Meyenburg ihm den Rücken und ging an das Geschäft, die Schätze des Stiftes zu besichtigen und aufzuschreiben.

Als er nach einer Weile das Stift mit seinem Freunde Eienrot verließ, um bei Kurt Hauschild zu Mittag zu essen, sagte der Ratsherr plötzlich aus tiefem Nachdenken heraus: »Dieser Tag mag Folgen haben.«

»Wie meinst du das?«

»Du hast dir heute einen Feind gemacht.«

»Der Mensch ist schon seit etlichen Jahren mein Feind.«

»Aber nicht so, wie er es von jetzt an sein wird. Ein böser, gefährlicher Feind.«

»Böse, ja! Aber gefährlich? Was soll mir der Pfaffe schaden können?« fragte Meyenburg gleichgültig. »Ich weiß es wohl, auf sein Betreiben hat mich das Kapitel beim Kaiser verklagt. Sie haben erst gar keine Antwort gekriegt, und da sie dringlicher wurden, sind sie mit ihrer Klage abgewiesen. Sie werden's wohl nun zum dritten Male tun, und ich denke, der Heune wird selber Hinreisen und Feuer dahinter machen. Was soll dabei herauskommen? Das wird alles wieder im Sande verlaufen und ist nicht wert, daß wir darüber reden.«

»Ach Freund!« rief Eienrot und faßte seine Hand, »wenn er weiter keine Waffe hätte gegen dich, so könntest du wohl ruhig sein. Aber die Sache liegt anders! Er war bisher dein Feind wegen der Religion. Jetzt aber kommt noch persönliche Feindschaft hinzu, und nun nimm dich vor ihm in acht! Du kennst die Heunes nicht, wie ich sie kenne. Vor fünfundzwanzig Jahren – ich war gerade gefirmt worden – geriet der alte Heune beim Geschlechtertanze mit dem Ratsherrn Jost in Wortwechsel, und endlich schlug ihm der Jost ins Gesicht. Der Heune ließ ihn pönen vom Rate, wie's recht war, und alle dachten, die Sache wäre vorüber. Da wurde der Jost in einer Nacht im Klosterhofe im Altendorf erstochen. Jeder wußte, wer dahinter steckte, aber zu beweisen war nichts. In allen Ehren ist der Heune gestorben und begraben worden. Du aber sieh dich von heute an vor! Jähzornig und rachsüchtig sind die Heunes alle, und der hier, der Pfaffe, ist der allerschlimmste. Und er ist reich und hat einen Anhang in der Stadt. Alle, die heimlich noch der alten Lehre geneigt sind, hängen mit ihm und den Heunes, seiner Familie, zusammen. Er könnte wohl einen oder mehrere wider dich dingen! Nimm dich in acht!«

»Wie soll ich denn das machen?«

»Du sollst zum Exempel nicht allein über Land reiten, wie du neulich wieder mutterseelenallein geritten bist zum Grafen nach dem Hohenstein und lange nach Mitternacht erst wiederkamst.«

»Das muß nun ganz von selber unterbleiben,« erwiderte Meyenburg. »Die Zeiten sind nicht mehr so, daß man allein in der Nacht auch nur eine Meile dürfte sicher reiten. Auch bin ich seit gestern und vorgestern vielen in der Stadt verhaßt, die vorher nicht viel nach mir fragten, denn ich habe das vereitelt, was sie ausführen wollten. Ich muß jetzt eine Weile vorsichtig sein, das weiß ich wohl. Die Empörer und Rebellen, denen wir die Waffen weggenommen haben, werden voll Gift und Galle gegen mich sein, denn sie erfahren ja doch, wer das angestiftet hat.«

»Du solltest darum nicht mehr allein des Nachts nach Hause gehen, wenn du aus einer Trinkstube kommst oder von einem Freunde. Ich werde hinfort auf dich aufpassen, und Kurt Hauschild will ich bitten, daß er auch Obacht gibt.«

Meyenburg blieb stehen. »Sage ihm, was du willst, aber laß es Ursula nicht hören.«

Eienrot blickte ihn verwundert an. »Warum nicht?«

»Sie ist schreckhaften Gemütes und möchte sich ängstigen. Ich will nicht, daß sie etwas hört, was ihr Sorgen macht um mich.«

»Willst du ihr Herz in Seide einwickeln?« lachte Eienrot. »Soll kein scharfer Windhauch ihre Seele berühren? Ach Freund, was kann sie dir dann sein? Soll sie nicht, wie die Schrift sagt, deine Gehilfin werden? Das ist es ja gerade, was der Mann vom Weibe und das Weib vom Manne in der Ehe hat, daß sie ihre Sorgen gemeinsam tragen und sich dadurch leichter machen. Das wäre mir eine Ehefrau, die nicht alles wissen und mit mir tragen dürfte, was mich drückt!«

Meyenburg antwortete erst nach einer Weile. »Darüber,« sagte er, »hat wohl jedermann seine eigenen Gedanken. Ich suche in meinem Weibe einen Menschen, der sich mit mir freut ohne Neid, wenn ich fröhlich bin, Glück und Erfolge habe und vorwärts komme. Die Last, die mir das Leben bringt, trage ich allein. Meine Schultern sind stark genug dazu. Ihr will ich nichts davon auflegen, ja, wenn es angeht, soll sie gar nichts davon merken.«

Eienrot schüttelte den Kopf. »Dann wirst du Zeit deines Lebens halb einsam bleiben.«

Meyenburg blickte ihm nachdenklich ins Gesicht. »Ein Mensch, der nicht ist wie die Mehrzahl der anderen, ist wohl immer halb einsam. Auf daß er nicht ganz einsam sei, nimmt er ein Weib. Ich war oftmals ganz einsam, wenn es am lautesten war um mich her.«

Er ging langsam weiter, als sei er in tiefes Sinnen verloren, und Eienrot störte ihn nicht in seinen Gedanken. Als sie vor dem Hause zum Riesen angelangt waren, war es, als schräke er aus einem Traume auf. »Versprich mir« sagte er hastig, »daß du nichts von dem sagst, was geschehen ist und was du fürchtest, wenn Ursula dabei ist,«

»Wenn du es willst, verspreche ich dir's,« erwiderte Eienrot und reichte ihm die Hand. Dann betraten sie miteinander das Haus, und Ursula flog mit einem Freudenrufe ihrem Liebsten entgegen.


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