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Von der Juden zu Franckfurt vormahligen und itzigen Wohnung

Wie annoch an vielen Orten, also wohneten auch die Juden allhier vor Alters hin und wieder zerstreuet unter denen Christen. Und gleich wie sie vormahls zu Nürnberg die trefflichste Häuser an dem Marckt und denen besten Oertern der Stadt bewohneten, so war es auch also zu Franckfurt, dahero es die Flagellanten verdroß, daß die Juden die beste Oerter der Stadt inne hatten und huben deßwegen den grossen Lermen an. Im Jahre 1346. Herr Lersner beschreibet aus einem MSC. ihre Wohnungen, daß ›sie den besten Theil der Stadt innen hatten, nemlich von der Brücken biß an die Fischer-Gaß, wo man auff den Weck-Marck gehet; alldorten war ihre Synagoga, da jetzo die Stadt-Wage, so auch noch den Namen Juden-Schul führet. Auff beyden Seiten der Gassen hatten sie ihre Häuser, von der Brücken biß an den Lumpen-Brunnen, und an die Bartholomaei-Kirchen, von der Mehl-Wage, wo hernach der Kirchhoff hingemacht worden, wäre ein kleines Häußlein an dem andern, dessen findet man in einigen Häusern noch heut zu Tag an den Wänden rudera, in diesem Bezirck ist noch das Hauß zum Storck genannt, gegen dem Thurm hinüber, von welchem man sagt, daß es von Juden seye bewahret worden, so die Storcken geheissen; das Rath-Hauß hat gegen über diesem Hauß gestanden, wo anjetzo der St. Bartholomaei-Thum, und aus diesem Hauß zum Storck, oder von den Juden die Storck genannt, sagt man, seye ein feuriger Pfeil in das Rath-Hauß geworffen werden. Wordurch alles, mit vielen Gerechtigkeiten unb Privilegien der Stadt verbrandt, welches die Bürger erzörnet, daß sie alle Juden verjagt und zum Theil umgebracht.‹ Herr Diefenbach seel. führet aus einem MSC. des Joh. Latomi Des Dekans bei St. Bartholomae in Frankfurt. eben solche Worte an: ›Im Jahr 1349 sind die Juden fast durch gantz Teutschland mit samt ihren Häusern durchs Feuer zu Grund gegangen, sonderlich zu Franckfurt, wo sie damahls den besten Theil der Stadt bewohnten, nemlich von der Brücke biß man zur Fischer-Gaß hinunter kommt auff dem Weck-Marckt, allwo ihre Synagog war, so heut zu Tag ein gemein Hauß die Waage und noch die Juden-Schule heisset. Sie haben auch zu beyden Seiten gedachte Gasse innen gehabt, von der Brück biß fast zu dem Lumpen-Brunnen und zu der St. Bartholomaei Kirche. Man sihet dessen noch einige Spur in etlichen Häusern und Buchstaben. In dieser Gegend ist das Hauß zum Storck gegen über dem Thurm unserer Kirche, welches also soll genennet worden seyn von denen darinn wohnenden Juden die Störcke. Und ist damals der Stadt Rahthhauß gelegen gewesen, wo jetzo der Pfarr-Thurn Bartholomaei ist, und aus diesem Hauß zum Storck sind die feurige Pfeil in das Rahth-Hauß geschossen worden, daß es gantz samt vielen Privilegiis und Rechten der Stadt verbrennet. Dahero die Bürger erzörnet das Feuer wüten lassen, und alle Juden getötet und endlich gantz vertilget. Daß dieses also passiret, haben einige auffgezeichnet, und wird insgemein geglaubet, da es doch gantz nichtig ist. Daß die Juden aus der Stadt gejagt worden, ist gewiß, daß aber das Rahth-Hauß solte verbrandt seyn, ist nicht wahrscheinlich noch wahr: sintemahl eben dieses alte und verlassene Rahth-Hauß fast 50 Jahr hernach von denen, so dem Kirchen-Bau St. Bartholomaei vorgestanden, um 100 Pfund Heller ist gekaufft, und an eben dem Ort nachmahls der Thurn erbauet worden, so daß eben der Grund dieses Thurns von dem Rath erkauffet worden, wie aus denen Registern zu erweisen stehet. Doch sind viele Juden-Häuser, sonderlich von der Meelwaage nach unserer Kirche zu, niedergerissen worden. Und weil dieselbige mit jährlichen Grund-Zinßen unserer Kirche verbunden gewesen, ist der Grund uns zuerkant worden, der nachmahls zur Erweiterung des Kirchhoffs verwendet worden. Dieses ist es, was ich von dieser Niederlage habe können beibringen. Anderen Nachrichten glaube ich nicht.‹

 

Wann in angeführten Erzehlungen gemeldet wird, daß die Juden von denen Bürgern aus der Stadt gejagt worden, so muß diese Ausjagung nicht alle Juden betroffen haben, oder die Juden müssen so fort nach der Vertreibung wieder allhier seyn auffgenomwen worden, dann man liefet von keiner solennen Wieder-Auffnehmung der Juden, und im Jahr 1372 hat Kayser Carolus IV. die Juden der Stadt Franckfurt verkaufft.

Ueber das findet sichs, daß nach dieser Juden-Schlacht und Verbrennung der Juden-Häuser und Schule die Juden an einem andern abgelegenen Ort zu wohnen durch Kayserl. und Päbstliche Bewilligung von der Stadt angewiesen worden; dann wie Herr Lersner zeiget, so haben schon an. 1405 Christen das Hauß zum Storck eigentümlich besessen und einem anderen zur Miethe verliehen. Worauß zu ersehen, daß in der berühmten Juden-Schlacht nicht alle Juden-Häuser gantz und gar, auch nicht einmahl ihr alte Synagog völlig abgebrandt. Wo aber von 1349 biß 1462 die Juden gewohnet, ist so gewiß nicht zu sagen, die mehreste samt ihrer Synagog haben an den Gräben der alten Stadt sich niedergelassen, welches allem Ansehen nach der Ort ist, wo jetzo die Juden-Gasse mit der Synagog stehet, in einer Reihe mit dem Zimmer- und Holtz-Graben, nächst an der Bornheimer Pforten, wo man aus der alten in die neue Stadt Franckfurt gehet; wiewohl sie der Zeit noch keine geschlossene Gasse allein müssen gehabt, sondern einige hin und wieder unter denen Christen, obwohl die mehreste zwischen denen Gräben gewohnet haben. Ich finde in dem Diario Francofort. so viel Nachricht, daß ›Kayser Fridericus III. (der durchgehends gar ein gnädiger Patron der Juden gewesen) beym Pabst Innocentio VII. angehalten und begehrt, daß die Juden zu Franckfurt zu wohnen, auch denen Burgern, ihnen Juden Häuser einzuthun und zu vermüthen erlaubt und zugelassen werden möchte. So hat darauff Pabst Innocentius im Jahr 1404 ›der Burgerschafft zu sonderbarem Nutz und Vortheil, auch erwünschtem wolmeintlichem Auffkommen unb Gedeyen, solches mitdiglich nachgegeben‹; wie dann auch Herr Lersner meldet: ›1462 wurden den Juden, so zuvor unter den Christen gewohnet, eine besondere Straß eingeraumet, welche deß Nachts unb auff unsere Feyertagen wie auch der Juden Feyertagen beschlossen wird.‹

 

Unsere Vorfahren haben die Beschaffenheit der Juden-Gaß so genau beschrieben, daß sie auch in der so genandten Juden-Stättigkeit und Ordnung, als dem Fundamental-Gesetz, nach welchem sie allhier geduldet werden, alle Häuser gezehlet und nach ihren besonderen Schilden benennet, auch wie viel Haußgesäß in jedem Hauß zu wohnen vergönnet worden, ausgezeichnet haben.

Es haben die Juden durch Special-Vergönstigung E. E. Rahths von der Hoch-Adel. Volckerischen Familie an. 1694 den so genanbten Juden-Bleich-Garten erkaufft. Auch solchen zum Bleichen ihres Leinwands bißhero gebrauchet, nach dem Brand aber haben sie ihre Schirn oder Fleisch-Marckt daselbst hingemacht. An. 1713 im Jul. haben sie von E. E. Rahth Erlaubnüß bekommen, mit niedrigen Häusern diesen Bleich-Garten zu bebauen, da sie dann so fort selbigen umgewühlet, auch zur rechten Hand unterschiedliche große Back-Oefen und über denen selbigen Wohnungen gemacht, so wohl alle Freytag ihre Braten und Speise (deren Töpfe jeder mit Hebräischen Buchstaben, damit er das seinige kenne, zeichnet), dahinein zu thun, daß sie es den Schabbas warm herauß ziehen und gemessen können, als auch jährlich gegen ihr Ostern die ungesäuerte oder Mazzer-Kuchen darinn zu backen. Den übrigen zimlich weitläufftigen Platz wollen sie mit niederigen Häusern, armen Juden zur Wohnung, bebauen.


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