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Viertes Kapitel.

In nachdenklicher Stimmung begab Roland sich am andern Morgen auf die Zinnen des Schlosses, um ruhig seinen Gedanken nachhängen zu können, aber es war ein schlecht gewählter Zufluchtsort, denn er traf hier alsbald den Kaplan Henderson.

»Euch suchte ich, junger Mann,« sprach der Kaplan, »denn ich habe mit Euch über eine Sache, die Euch angeht, zu reden.«

Roland hatte keinen Vorwand, sich diesem Wunsche zu entziehen, so lebhaft er auch fühlte, daß ihm aus der Unterhaltung nur Verdruß erwachsen werde.

»Junger Mann,« hub der Kaplan an, »Du bist hier im Dienst einer Dame, die, von so hoher Geburt sie ist, doch um des Unglücks willen, das sich an ihre Fersen heftet, unser tiefes Mitleid herausfordert, während die großen äußern Vorzüge, die eine gütige Natur ihr verlieh, und die des Mannes Aufmerksamkeit und Neigung in Fesseln schlagen, zur Vorsicht gemahnen. Hast Du je Dein Verhältnis zur Lady Maria von Schottland aus richtigem Gesichtspunkt betrachtet?«

»Ich hoffe die Pflichten, die ein Diener in meiner Stellung einer königlichen Gebieterin in solch trauriger Lage schuldig ist, richtig aufzufassen, würdiger Herr,« sagte Roland. »Recht, aber grade dieses lobenswerte Gefühl kann Dich auf Abwege leiten, die zu Verbrechen und Verrat führen.«

»Ich verstehe nicht, worauf Ihr hinaus wollt, Herr,« erwiderte Roland.

»Ich will nicht über Dinge mit Dir reden, Jüngling, die dieser übelberatenen Fürstin nachgeredet werden, weil sie sich nicht schicken für die Ohren eines Dieners, der ihr zur Treue verpflichtet ist. Es genügt, wenn ich sage, daß dieser Fürstin höhere Gnadengebote, bessere Ruhmeshoffnung geboten waren als je einem Fürsten der Erde. Aber alles wies sie von sich und führte ein Leben, das sie zuletzt in solch einsame Haft führen mußte zu ihrem eignen Seelenheil und zum Besten des schottischen Volks, wie sie sie jetzt verbringt in diesem einsamen Schlosse.«

»Die Gefängnishaft meiner unglücklichen Gebieterin, würdiger Herr,« versetzte Roland mit Ungeduld, »fühle ich selbst, denn ich leide ja infolgedessen selbst unter Beschränkung meiner Freiheit. Und wenn ich offen reden soll, so bin ich dieser Beschränkung herzlich überdrüssig.«

»Eben darüber wollte ich mit Dir reden,« sagte freundlich der Kaplan, »vorher möchte ich Dich aber bitten, mein Sohn, den Blick auf diese gesegneten Fluren zu lenken. Was verdiente wohl der, der über sie Mord und Brand brächte, der die Schwerter des Volks gegeneinander kehrte und die mühsam erbauten Wohnstätten in Schutt und Asche legte? ... Was verdiente der, der des Aberglaubens alte Götzen wieder aufrichtete und unsre Gotteskirchen zu Baalsaltären machte.«

»Ich errate nicht, wem Ihr die Absicht, solch grauses Elend über Land und Volk zu bringen, beimessen wollt!« sagte Roland.

»Verhüte Gott, daß ich sagen wollte, Dir!« erwiderte der Prediger. »Doch achte, Roland Gräme, daß Du über dem Dienste Deiner Gebieterin die höheren Pflichten nicht aus dem Auge verlierst, die der Frieden Deines Vaterlands, und seiner Bewohner Heil und Wohlfahrt erfordern. Sonst, Roland Gräme, könntest Du grade derjenige sein, auf dessen Haupt die solchem Beginnen gebührliche Strafe fiele. Läßt Du Dich vom Gesange dieser Sirene betören, die Flucht dieser unglückseligen Frau aus diesem Orte der Haft und Buße zu befördern, dann ist es aus mit der Ruhe und dem Frieden dieses Landes, mit der Frucht seiner Felder, mit der Wohnlichkeit seiner Hütten, mit der Pracht seiner Paläste ... und das noch ungeborne Kind wird dem Manne fluchen, welcher dem Wirrsal Tür und Tor öffnete, das einem Kriege zwischen Mutter und Sohn entspringen muß!«

»Mir ist solches Beginnen fremd, würdiger Herr,« lautete die Antwort des Pagen, »ich kann also auch nichts dazu tun. Ich habe der Königin gegenüber keine andern Obliegenheiten als die eines Dieners, und ihrer wäre ich am liebsten, je eher, je lieber, ledig, demungeachtet –«

»In der Absicht, Dich für den Genuß größerer Freiheit zu bereiten,« sagte der Prediger, »habe ich mich bemüht, Dir die Verantwortlichkeit einzuprägen, deren Du Dich bei Erfüllung Dieser Pflicht bewußt zu halten hast. Georg Douglas hat der Schloßherrin gesagt, mein Sohn, Du seiest Deines Dienstes überdrüssig, und da Du desselben nicht entlassen werden kannst, hat sich die Lady durch mich bestimmen lassen, Dich für die Besorgung gewisser Aufträge ins Auge zu fassen, die bislang andern Personen überlassen wurden. Komm also mit mir zur Schloßherrin, mein Sohn, denn heut zum ersten Male sollst Du mit solchem Auftrag bedacht werden.«

»Ich möchte doch bitten, würdiger Herr, in diesem Falle von mir abzusehen, denn wie kann es sein, daß einer zweien Herren diene? und ich besorge sehr, daß meine Gebieterin es mir nicht gut anrechnen möchte, wollte ich für andre Herrschaften Dienste tun.«

»Diese Besorgnis, mein Sohn, soll von Dir genommen werden,« erwiderte der Prediger, »denn die Schloßherrin wünscht, daß von Deiner Gebieterin die Erlaubnis in schicklicher Form eingeholt werde. Ich vermute, sie wird sie nur zu gern erteilen, weil sie im stillen hoffen mag, auf diese Weise einen Vermittler mehr zu gewinnen für den Briefwechsel, in welchem sie, wie wir wissen, mit Personen in Schottland steht, die sich als ihre Freunde ausgeben, die aber ihres Namens sich bloß bedienen, um einen Bürgerkrieg zu entfesseln und dies arme Land in Not und Schrecken zu setzen.«

»Und ich werde auf solche Weise dem Verdacht auf allen Seiten ausgesetzt sein,« erwiderte der Page, »denn meine Gebieterin wird mich als einen Kundschafter ansehen, den ihre Feinde ihr an die Seite gesetzt haben und Lady Lochleven wird den Gedanken nie loswerden, ich könne mich schließlich doch zu einem Verrat durch Umstände bestimmen lassen, die sich zurzeit noch nicht ergeben haben, aber jederzeit eintreten können ... Ich möchte darum vorziehen, zu bleiben, was ich bin.«

»Ich verstehe Dich nicht, Roland,« sagte der Prediger nach einer Weile, in der er den Pagen mit scharfem Blicke gemustert hatte, um zu ermitteln, ob nicht in dieser Antwort mehr gelegen sei, als die Worte auszudrücken schienen; aber Roland, von Jugend auf gewöhnt, sich mit seiner Haltung und Miene nach den Worten andrer zu richten, zeigte eine so verdrießliche Miene, daß es nicht möglich war, hinter ihr die Gedanken zu erkennen, die sein Gemüt zurzeit beherrschten ... »ich verstehe Dich nicht, Roland! ich dachte, die Freude, wieder einmal mit Armbrust und Flinte drüben im Lande zu sein, würde alles andre Bedenken bei Dir besiegen.«

»Das wäre wohl auch der Fall gewesen,« versetzte Roland, da er inne wurde, daß es gefährlich werden könne, das Mißtrauen des Kaplans zu wecken, »und wie hätte es anders sein können, hättet Ihr mir nicht so schlimme Worte gesagt von Brand und Mord und Wirrsal!«

»Laß uns Lady Lochleven aufsuchen,« sagte der Prediger, »und rede selbst mit ihr.«

Sie trafen die Dame mit ihrem Enkel, Georg Douglas, beim Frühstück.

»Friede sei mit Euer Gnaden,« hub der Prediger an, »und mit Euch, Junker!« Dann winkte er dem Pagen. »Ich bring Euch Roland Gräme, der Eures Auftrags gewärtig ist.«

»Unser Kaplan, junger Mensch,« sagte die Schloßherrin zu Roland, »hat sich für Eure Treue verbürgt. Wir möchten Euch daraufhin einige Aufträge geben, die wir in Kinroß, unsrer Stadt, besorgt zu sehen wünschen.«

»Auf meinen Rat hin geschieht es nicht,« sagte kalt Georg Douglas.

»Das ist von mir nicht gesagt worden,« erwiderte empfindlich die Lady. »Ich sollte meinen, Deines Vaters Mutter sei alt genug, in solcher einfachen Sache zu wissen, wie sie sich zu verhalten habe.« Sie wandte sich hierauf zu Roland. »Nimm also das Boot und fahre mit zwei von meinen Leuten, die Dryfesdale oder Randal bestimmen mag, nach Kinroß hinüber und hole einiges Silberzeug und Tapeten ab, die vorige Nacht von Edinburg für uns angekommen sind.«

»Drüben am Ufer wird ein Diener von uns warten, dem gebt zu weiterer Besorgung hier dieses Päckchen,« fügte Georg Douglas bei. »Es ist der schriftliche Wochen-Bericht an meinen Vater,« bemerkte er zu seiner Großmutter, die sich begnügte, mit dem Kopfe zu nicken.

»Ich habe dem Herrn Kaplan gegenüber schon betont,« bemerkte Roland, »daß es zuvor notwendig sei, die Einwilligung ihrer Gnaden meiner Gebieterin hierzu einzuholen.« »Dieser Einwand macht Dir nur Ehre, mein Sohn,« antwortete die Lady, »Georg, sorge hierfür!«

»Mit gütigem Verlaub von beiden Seiten,« bemerkte der Kaplan, »möchte ich mich dieser Aufgabe unterziehen. Die Königin hat mich zwar während der ganzen Dauer meines Aufenthalts in diesem Schlosse keines Wortes oder Blickes gewürdigt, indessen war es, des rufe ich den Himmel zum Zeugen, in erster Linie der Wunsch, ihre Seele auf den rechten Weg des Heils zu führen, der mich hierher geführt hat.«

»Wagt Euch nicht vorwitzig an eine Sache,« meinte Georg Douglas in einem fast höhnischen Tone, »zu der es Euch doch vielleicht an Beruf fehlt ... wer drängt Euch denn zu solchem Dienste?«

»Der Herr und Meister, dessen Dienst ich meine Kräfte geweiht habe,« erwiderte mit gläubigem Aufblick der Prediger. »Er, der mir die Pflicht auferlegte, eifrig zu sein in der Zeit und außer der Zeit.«

»Mein Sohn,« sagte Lady Lochleven, »hemme nicht den Willen unsers wackern Freundes, sondern laß ihn der unglücklichen Fürstin vortragen, was wir von ihr gewährt zu erhalten wünschen.«--

»Mir liegt nichts dran, es ihm zu wehren,« versetzte Douglas, »ich wünsch ihm alles Glück.«

Der Geistliche begab sich zur Königin und traf sie mit ihren beiden Damen in jenem Zimmer, wo sie die denkwürdige Unterredung mit den beiden Lords und Sir Melville gehabt hatte. Sie war, wie immer, mit Stickerei beschäftigt. Sie begrüßte den Diener Gottes mit jener Huld, die fast unzertrennlich von ihrem Wesen war, so daß sich derselbe in gewissem Grade verlegen fühlte.

»Die liebe Lady Lochleven, mit Eurer Gnaden Gunst ...« begann er.

Maria fiel ihm ins Wort.

»Der lieben Lady? ... doch sprecht weiter! was ist dieser lieben Lady Begehr?«

»Eure Gnaden möchten dem Pagen Gräme erlauben, nach Kinroß hinüberzufahren, wo er einige Tapeten und Gerätschaften, bestimmt für Euer Gnaden Gemächer, im Boot herüberholen soll.«

»Wozu eine Erlaubnis von mir in Dingen, die doch im Belieben der Lady stehen?« fragte die Königin. »Hätte man nicht gemeint, der Page stehe mehr unter dem Befehle der Lady als der Königin, so würde man ihn der Königin schwerlich vergönnt haben. Aber Wir geben, da sie gewünscht wird, diese Einwilligung gern, denn es liegt Uns ferne, zu den Erschwernissen der Gefangenschaft, die Wir erdulden müssen, andre Geschöpfe zu verdammen.«

»Ueber Gefangenschaft Klage zu führen, gnädigste Dame,« versetzte der Priester, »ist menschlicher Natur angemessen. Aber es hat auch Menschen gegeben, die erkannten, daß irdische Haft sich verwenden lasse zur Erlösung aus geistigen Banden,«

»Ich errate, was Ihr meint, mein Herr,« versetzte die Königin, »doch spart Euch alle Mühe! Ich habe Gelegenheit gehabt, Euren gewaltigen Ketzer-Apostel John Knox zu hören, auch er hat solche Mühe sich gegeben, und ebenfalls umsonst.«

»Die Worte, die von ihm, den Ihr mit Recht Apostel nennt, vergeblich gesprochen wurden, konnten bei der Muße, die Euch dieser Aufenthalt zum Nachdenken schafft, im Gegensatz zu der Fröhlichkeit und dem bunten Leben bei Hofe, doch vielleicht freundlicherer Aufnahme sich zu gewärtigen haben. Gott ist mir Zeuge, gnädigste Dame, daß ich in der Einfalt meines Herzens rede, und daß es mir fern liegt, mich nur im entferntesten mit jenem heiligen Manne in Vergleich zu stellen, dessen Namen Eure Lippen genannt haben. Wolltet Ihr aber Euch herablassen, von den herrlichen Gaben der Natur und des Geistes, über die Ihr gebietet, den schönsten Gebrauch zu machen – wolltet Ihr nur der leisesten Hoffnung Raum vergönnen, daß Ihr Euer Ohr den Mahnungen nicht verschlösset, Euch freizumachen von dem Irrglauben und Götzendienst, in welchem Ihr erzogen wurdet, dann bin ich gewiß, daß der reichstbegabte meiner Brüder, daß John Knox selbst herbeieilen würde ...«

»Für Eure christliche Liebe bin ich Euch zu allem Dank verbunden, Herr,« erwiderte Maria: »da ich aber zurzeit nur dies bescheidne Audienzzimmer zur Verfügung habe, läge mir wahrlich nichts daran, es zu einem hugenottischen Konzilium verwandelt zu sehen.«

»Doch beharret zum wenigsten nicht, gnädigste Frau,« hub der Prediger wieder an, »in solch hartnäckiger Verblendung auf Euren Irrtümern! Leihet einem Manne Euer Ohr, der hungerte und dürstete, wachte und betete, das fromme Werk Eurer Bekehrung zu unternehmen ...«

»Ich will Eures Eifers nicht spotten,« fiel ihm Maria von neuem ins Wort, »und es möchte sich wohl so anhören, wenn ich Euch sagte, daß Ihr eher zum Hohngelächter der Hölle werden, als über sie siegen dürftet! Eure Nächstenliebe fordert im Gegenteil meinen Dank, denn sie mag wohl redlich gemeint sein ... aber hegt von mir die gleich gute Meinung, die ich von Euch hege, und haltet dafür, daß ich so lebhaft danach verlange, Euch auf den rechten Weg zurückzuführen, wie Ihr es mir gegenüber verlangt.«

»Sofern dies wirklich Eure ehrliche Absicht ist, gnädigste Frau,« nahm sie der Prediger beim Worte, »was hindert uns dann, in die Erörterung solch wichtiger Streitfrage einzutreten? Ihr verfügt, nach aller Zeugnis, die mit Euch verkehrten, über Gelehrsamkeit und Witz ...«

»Nein, nein,« wehrte ihm Maria, »es wäre trotz allem ein ungleicher Kampf! denn Ihr, Herr, könntet Euch, sobald Ihr merkt, daß der Kampf sich zu Euren Ungunsten neigt, aus dem Treffen ziehen, ich aber bliebe an den Pfahl gebunden und könnte nicht sagen, ich sei des Streites müde ... Nein, nein! ich habe bloß einen Wunsch, allein zu sein!«

Mit diesen Worten verneigte sie sich vor dem Kaplan, und dieser, so glühender Eifer ihn auch beseelte, meinte doch nicht, solchem Winke gegenüber seine Anwesenheit länger ausdehnen zu dürfen, sondern wandte sich nach einer tiefen Verbeugung, um das Zimmer zu verlassen. Doch Maria nahm noch einmal das Wort.

»Tut mir in Euren Gedanken nicht unrecht, Herr,« sagte sie; »sollte sich mein Aufenthalt in dieser Burg verlängern, sollten weder meine meuterischen Untertanen ihr Unrecht bereuen lernen, noch die mir treu gebliebenen die Oberhand gewinnen, dann könnte ja vielleicht der Fall eintreten, daß es meinen Ohren nicht unangenehm wäre, einen Mann anzuhören, der so verständig und teilnahmsvoll zu sein scheint wie Ihr; dann lasse ich es vielleicht, auf die Gefahr hin, von Euch belächelt zu werden, auf einen Versuch in dem von Euch angedeuteten Sinne ankommen, aber das müssen wir späteren Zeiten überlassen, und inzwischen mag unsre liebe Lady über meinen Pagen verfügen, wie es ihr gefällt.«

Hierauf wandte sie sich an Roland.

»Hier, mein lieber junger Freund, nimm die kleine Börse! es sind ein Paar Goldstücke drin, geprägt mit meinem eignen, nichtssagenden Gesichte, und doch hab ich sie immer wirksamer gegen als für mich gefunden – grad so wie meine eignen Untertanen die Waffen gegen mich ergreifen und meinen eignen Namen als Losung und Feldgeschrei gegen mich gebrauchen – da, Freund! nimm die paar Goldfüchse und amüsiere Dich auf dem Feste drüben! tanze, jubiliere, laufe, springe, liebe, drüben in der Stadt ist alles passabel, aber hier in diesem Kastell müßte jemand mehr als Quecksilber in den Adern haben, wollte er lustig sein.«

»Aber, gnädigste Dame,« wandte der Kaplan ein, »wozu ermuntert Ihr diesen Jüngling, da doch die Zeit enteilt und unser die Ewigkeit harret. Läßt sich das Heil durch eitle Lust erringen? lassen sich fromme Werke üben ohne Zittern und Zagen?«

»Furcht und Zittern,« erwiderte die Königin, »sind Maria Stuart fremd; aber siechen Herzens bin ich, und Wir möchten nicht ferner in Unsrer Ruhe gestört sein durch weitern Disput, Drum bitt ich, Herr, mit aller Schonung, die mit solcher Bitte vereinbar ist, Ihr wollet Euch anderswohin verfügen.«

Und durch die Aufnahme, die ihm zu teil geworden, mehr gedemütigt als erfreut, entfernte sich der Kaplan, und bald nach ihm verließ auch Roland Gräme seine Gebieterin, um sich von Lady Lochleven die Weisungen für den ihm zugedachten Auftrag zu holen,

»Unser Kämmerer oder, wie er sich doch nennt, törichterweise, Doktor Lukas Lundin drüben in Kinroß, wird Dich belehren über Zweck und Aufgabe der kleinen Reise, Im übrigen vergiß nicht, daß man Vertrauen in Dich setzt. Zeige Dich also desselben würdig!«

Er eilte in sein kleines Stäbchen und legte seine schmuckeren Pagenkleider von Avenel an statt der schwarzen, die von Maria Stuart in Lochleven nur gelitten wurden. Dryfesdale, der Hausmeier, wartete schon am Bootsplatz und trieb zur Eile. Roland sprang in das Boot und war bald am andern Ufer, wo er sich sogleich nach dem Kämmerer Lundin erkundigte. Aber dieser hatte schon gehört, daß ein Bote von Lochleven da sei und ihn sprechen wolle, und kam Roland halbwegs entgegen.


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