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Glossin ritt langsam heim nach Ellangowan. Viel Licht hatten ihm seine Erkundigungen ja noch nicht gebracht, aber je mehr er über den Fall nachdachte, desto fester wurde seine Meinung, daß sich ihm eine gute Gelegenheit bot, sich bei Hazlewood und Mannering in ein gutes Licht zu setzen, falls es ihm glückte, Licht in die geheimnisvolle Affäre zu bringen. Vielleicht meinte er auch, sich schon deshalb nach Kräften bemühen zu müssen, weil andernfalls sein Renommee als kluger Kopf auf dem Spiele stünde. Seine Freude war begreiflicherweise nicht gering, als ihm bei der Heimkehr nach Kippletringan berichtet wurde, dem Gendarmen Mac Guffog sei ein guter Fang geglückt, und er warte in der Küche auf ihn.
Glossin war im Nu vom Pferde und ließ seinen Schreiber rufen.
»Nun, Mac Guffog,« fragte er, als er sich mit dem Schreiber am Tisch postiert hatte. »Wo habt Ihr Euren Gefangenen erwischt?«
Mac Guffog, ein stämmiger, krummbeiniger Gesell mit dickem Stiernacken, hochrotem Vollmondgesicht und Schielaugen, machte zuerst eine Reihe von plumpen Verbeugungen und tischte dann seine Sache auf ... »Ich bin in das Haus gegangen, das Euer Edlen mir nannten,« sagte er, »und worin die Frau wohnt, die Euer Edlen kennen. Was ich Gutes brächte, fragte sie; ich käme doch von Ellangowan? – Ja, sagte ich, den Herrn von Ellangowan kennen Sie doch von früher?«
»Was soll das?« fiel ihm Glossin ins Wort. »Zur Sache.«
»Ja doch,« sagte Mac Guffog störrisch – »als wir bei einem Gläschen saßen, da – nun, da kam er herein.«
»Wer?« fragte Glossin.
»Na, der,« versetzte Mac Guffog und zeigte auf die Küche; »er hatte sich in den Mantel gehüllt, und ich sah recht gut, daß er Waffen bei sich trug. Da dachte ich, es wäre doch am besten, ihn recht sicher zu machen, und fing so vertraulich zu schwatzen an, daß er schier meinte, ich sei einer von der Insel Man. Nun setzte ich mich zwischen ihn und sie, daß sie ihm keinen Wink geben sollte. Als wir im besten Trinken waren, wettete ich mit ihm, auf einen Zug, ohne abzusetzen, ein Quart Schnaps auszutrinken. Er ging darauf ein, und als er eben angesetzt hatte, sprangen John und Richard auf ihn zu und legten ihm die Ketten an; er aber blieb ruhig wie ein Lamm. Jetzt hat er ausgeschlafen und ist frisch wie ein Maikäfer,«
»Waffen hatte er bei sich?« fragte Glossin wieder.
»Solche Kerle sind nie ohne Dolch und Genickfänger.«
Mac Guffog wurde verabschiedet. Gleich darauf hörte man Kettengerassel auf der Treppe, und ein dicker, rüstiger Mann wurde hereingeführt, dessen graues Haar schon ein ziemlich hohes Alter verriet; er war nicht groß von Figur, und doch möchten nur wenige Luft gehabt haben, sich in einen Kampf mit ihm einzulassen. Sein Gesicht verriet noch die Spuren des Rausches, der seine Verhaftung erleichtert hatte, aber der kurze Schlaf und noch mehr die Erkenntnis seiner gefährlichen Lage hatten ihn wieder zu voller Besinnung gebracht.
Der Friedensrichter und der Gefangene sahen einander lange an, ohne ein Wort zu wechseln. Glossin schien in dem Manne einen frühern Bekannten gefunden zu haben und war sichtlich verlegen, wie er sich ihm gegenüber verhalten, und wie er das Verhör beginnen sollte, Endlich fragte er: »Seid Ihr es wirklich, Kapitän? Ihr habt Euch seit ein paar Jahren recht fremd hier gemacht!«
»Ich fremd?« erwiderte der andere; »mehr als fremd, dächte ich – denn der Teufel soll mich scheren, wenn ich je hier gewesen bin.«
»Damit werdet Ihr schwerlich durchkommen, Kapitän!«
»Werd' schon damit durchkommen müssen, Herr Friedensrichter, oder – der Teufel schert uns beide,« versetzte der andere tückisch.
»Und wie beliebt's Euch jetzt genannt zu werden?« fuhr Glossin fort. »Oder soll ich Leute zitieren, die Eurem Gedächtnis ein bißchen aushelfen?«
»Wer ich bin? – Mord und Brand! Jans Janson von Cuxhaven bin ich – wer denn sonst?«
Glossin langte aus einer Schublade ein Paar Taschenpistolen, die er mit großer Sorgfalt lud .. »Ihr könnt einstweilen mit den Leuten abtreten,« sagte er zu dem Schreiber, »bis ich Euch rufe. Aber im Vorsaal geblieben, verstanden?«
Dem Schreiber wollte es gar nicht gefallen, daß sein Herr mit dem Gefangenen allein blieb; aber Glossin winkte ungeduldig, und so mußte er gehen. Glossin ging ein paarmal auf und nieder, setzte sich dann dem Gefangenen so gegenüber, daß er ihm ins Gesicht sehen konnte, legte die Pistolen bereit und sagte mit fester Stimme: »Ihr seid Dirk Hatteraick – he? – Hatteraick von Flushing?«
Der Gefangene blickte unwillkürlich nach der Tür, als ob er dort einen Horcher fürchtete. Glossin erhob sich, trat zur Tür, machte sie so weit auf, daß der Gefangene von seinem Stuhl aus sehen konnte, daß niemand dort war, setzte sich dann wieder ihm gegenüber, und wiederholte seine Frage: »Ihr seid Dirk Hatteraick?« mit dem Zusätze: »früher Kapitän der Jungfer Haagenslaapen, – he?«
»Alle Schock Teufel, wenn Ihr's wißt, warum fragt Ihr?«
»Weil ich mich wundere, Euch da zu sehen, wo Ihr zu allerletzt sein solltet, wenn Euch an Eurem Leben gelegen ist.«
»Alle Schock Teufel! wer solche Reden zu mir führt, dem liegt ein Quark am eigenen Leben.«
»Wie? ohne Waffen und in Ketten? aber poltern hilft hier nicht, Kapitän,« versetzte Glossin, »man wird Euch schwerlich hier weglassen, bevor Ihr nicht Rede und Antwort gestanden über einen kleinen Vorfall, der sich vor geraumer Zeit bei der Warrocher Landspitze abgespielt hat.«
Hatteraicks Augen schossen grelle Blitze.
»Ich für meine Person,« fuhr Glossin fort, »habe gar keine Veranlassung, mit einem alten Bekannten hart ins Gericht zu gehen. Aber meine Pflicht als Beamter muß ich tun, und werde nicht umhin können, Euch noch heute mit Post nach Edinburgh zu schaffen.«
»Alle Schock Teufel!« rief Hatteraick, doch mit einer festen Stimme, die um vieles milder klang als vordem – »das werdet Ihr bleiben lassen – wie? Habt Ihr nicht den Wert der halben Ladung bekommen in Wechseln auf Vanbeest und Vanbrüggen?«
»Die Geschichte ist schon lange her, Kapitän, daß ich wirklich nicht mehr weiß, was ich für meine Mühe erhalten habe.«
»Für Eure Mühe?« wiederholte Hatteraick – »dafür, daß Ihr das Maul gehalten habt, wollt Ihr sagen!«
»Es war ein Geschäft,« erwiderte Glossin – »und von Geschäften habe ich mich seit einiger Zeit zurückgezogen.« »So? daß ich Euch aber wieder ins Geschäft bringen könnte, wißt Ihr nicht – he? wollt ich Euch doch, alle Schock Teufel! eben aufsuchen, um Euch etwas zu sagen, das Euch verteufelt nahe angeht.«
»Von dem Jungen?« fragte Glossin unruhig.
»Jawohl, von dem Jungen.«
»Er lebt doch nicht mehr? Wie? oder etwa doch?«
»Er lebt – und ist gesünder als Ihr und ich.«
»Herrgott im Himmel! aber doch in Indien?«
»Nein, alle Schock Teufel! Hier lebt er – hier an Eurer elenden Küste!«
»Aber, Hatteraick, – wenn es an dem ist – aber ich glaub's noch nicht – dann geht's uns beiden an den Kragen! Er wird sich gewiß darauf besinnen, wie Ihr ihm mitgespielt habt, und für mich – für mich kann's die schlimmsten Folgen setzen. Wie gesagt, es geht uns beiden an den Kragen!«
»An den Kragen wird's Euch gehen – sonst niemand,« versetzte Hatteraick – »denn ich – ich hab keinen Kragen mehr – und wenn ich büßen muß – nun, dann soll alles heraus!«
»Welcher Satan hat Euch wieder ans Land getrieben?«
»Je nun, das Geld war futsch, das Haus fing an zu wackeln, und ich habe gedacht, die alte Geschichte sei vergessen.«
»Pst!« machte Glossin – »was soll nun werden? Loslassen darf ich Euch nicht. Das wäre zuviel riskiert. Aber könnt Ihr Euch nicht unterwegs freimachen? Dem Leutnant Brown nur ein Wort gesagt, – und ich lasse die Leute mit Euch den Weg am Strande nehmen.«
»Damit ist nichts, Brown ist tot – erschossen – oder der Satan hat ihn sonstwie geholt.«
»Erschossen? Wohl bei Woodbourne?«
»Ja freilich.«
Glossin schwieg eine Weile. Angstschweiß trat ihm auf die Stirn, während Hatteraick an seinem Tabak kaute und ihn ansah. »Hört, Hatteraick,« nahm Glossin endlich wieder das Wort, »loslassen kann ich Euch nicht, aber Ihr sollt an einen Ort kommen, wo Ihr Euch selbst in Freiheit setzen könnt. Einem alten Freunde helf ich gern. Ich schicke Euch heute nacht ins alte Schloß und gebe der Wache eine doppelte Portion Branntwein. Der Gendarm wird in die Schlinge fallen, in der er Euch gefangen hat. Die Fensterstangen sind zerbrochen. Es ist kaum ein Sprung von zwölf Fuß, und der Schnee liegt tief.« »Aber die Ketten?« sprach Hatteraick.
»Hier, Hatteraick,« antwortete Glossin und gab ihm, eine kleine Feile, »die klein Freundin wird Rat schaffen; und den Weg an die Küste könnt Ihr beim Sternenlicht finden.«
Hatteraick schüttelte freudig seine Ketten, als ob er schon frei wäre, und mühte sich, die gefesselte Hand seinem Beschützer zu reichen. Glossin legte den Finger auf den Mund und blickte vorsichtig auf die Tür, ehe er mit seinen Weisungen fortfuhr ...
»Ihr müßt meinen Kahn stehlen, der unten in der Bucht liegt,« sagte er, »aber bei der Warrochspitze wartet Ihr auf mich!«
»Bei der Warrochspitze?« wiederholte Hatteraick betroffen.
»Ja,« versetzte Glossin: »Ihr hört's doch!«
»Wohl in der Höhle? Ich wollte lieber, sonst wo! Dort spukt's, und die Leute behaupten, er lasse sich da sehen. Aber alle Schock Teufel! ich habe ihn nicht gefürchtet, als er lebte, und sollte ihn fürchten, da er tot ist? Nein! Unsinn! ich warte, bis Ihr kommt.«
»Darauf rechne ich,« antwortete Glossin; »jetzt muß ich aber meine Leute hereinrufen.«
Mac Guffog erschien mit seinen Gesellen ... »Ich kann nichts aus dem Hauptmann Janson herausbringen,« sagte Glossin ... »Ihn heut ins Gefängnis zu schicken, ist's zu spät – wir haben doch im Schlosse ein festes Behältnis?«
»O ja, im alten,« antwortete Mac Guffog; »mein Vetter, der Konstabler, hat dort einen Gefangenen drei Tage lang gehütet, als der alte Ellangowan noch lebte. Aber recht staubig war's darin, und auch an Gewürm hat's nicht gefehlt.«
»Macht nichts, der Gefangene bleibt bloß eine Nacht hier. Im kleinen Gewölbe das an das Verließ stößt, könnt Ihr Euch Feuer machen, und ich werde Euch einen Tropfen schicken, der Euch munter halten soll. Vergeßt mir aber nicht, die Tür hinter dem Gefangenen zu verriegeln. Ihr müßt ihm auch etwas Feuer machen; sonst möcht's ihm zu kalt werden.«
Nachdem Glossin diese Anordnungen getroffen, schickte er seine Leute mit dem Gefangenen und ausreichendem Vorrat von Speisen und Getränken ins alte Schloß, in der festen Zuversicht, daß sie die Nacht weder mit Wachen noch mit Beten verbringen würden. Er selbst fand wenig Schlaf. Seine Lage war äußerst heikel. All die Missetaten seines verbrecherischen Lebens stiegen um ihn her auf, und als er endlich auf seinem Lager eingeschlummert war, schreckten ihn ängstliche Träume. Jetzt erschien sein ehemaliger Gönner, totenblaß, wie in jenem Augenblicke, wo er sich noch einmal mit der letzten Kraft aufraffte, und wollte ihn aus der Wohnung seiner Väter vertreiben. Jetzt fand er sich auf weitgedehnter Heide und stand, nach langer Wanderung vor einem Wirtshause, aus dem Stimmen von lustigen Zechern schallten, und wen erblickte er, als er hereintrat? Frank Kennedy, mit blutenden Wunden, wie er ihn einst am Ufer unter der Warrochspitze gesehen, aber mit einem Napfe dampfenden Punsches in der Hand. Und jetzt? jetzt tat sich ein Kerker auf, in welchem Dirk Hatteraick, den Tod vor Augen, einem Priester beichtete ... Und was beichtete er? ... »Als die blutige Tat geschehen war, da gingen wir in eine Höhle, nicht weit davon, die nur ein Mensch in der Gegend kannte. Dort überlegten wir, was wir mit dem Kinde anfangen sollten, und hatten beschlossen, es den Zigeunern auszuliefern, als wir lautes Geschrei von unsern Verfolgern vernahmen. Ein Mann trat in die Höhle: der Schurke, der um das Geheimnis wußte; aber wir machten ihn uns zum Freunde, indem wir ihm die Hälfte der geretteten Güter abtraten. Auf seinen Rat hin nahmen wir das Kind mit nach Holland auf unserm Beischiffe, das in der folgenden Nacht uns von der Küste abholte. Und der Mann – der Mann war –«
»Nein, es ist nicht wahr, ich war's nicht!« rief Glossin, aus dem Schlafe auffahrend. Das geänstigte Gewissen hatte die grausigen Bilder vor seine Seele geführt. Treue Bilder aus der Vergangenheit! Glossin, besser als irgend jemand mit den Schlupfwinkeln der Schleichhändler bekannt, war stehenden Fußes zu der Höhle gerannt, noch ehe er wußte, daß Kennedy ermordet worden, in der Meinung vielmehr, ihn als Gefangenen der Schleichhändler zu finden. Er kam mit der Absicht, den Vermittler zu machen; als er aber zu ihnen trat, waren alle von bangem Schrecken ergriffen, und die Wut, die sie zum Morde verleitet hatte, war bei allen, nur nicht bei Hatteraick, der Gewissensangst und Furcht gewichen. Glossin war damals arm und hatte der Schulden mehr als Haare auf dem Kopfe, aber Bertrams Vertrauen hatte er bereits gewonnen und kannte dessen Fügsamkeit und Schwäche gut genug, daß es ihm gar nicht schwer erscheinen konnte, sich auf seine Kosten zum reichen Manne zu machen, sobald es ihm nur gelang, den männlichen Erben auf die Seite zu schaffen, da dann das alte Gut das unbeschränkte Eigentum des schwachen, verschwenderischen Vaters wurde. Für ihn handelte es sich momentan nicht bloß um die Anwartschaft auf weitere Vorteile,, – er nahm, was ihm die in Schreck gejagten Schleichhändler anboten, um ihm den Mund zu stopfen, nicht bloß an – nein! er bestärkte sie in ihrer Absicht, das Kind seines Wohltäters aus dem Lande zu schaffen, war es doch alt genug, von dem schrecklichen Ereignis, dessen Zeuge es gewesen, eine Schilderung zu geben, Wohl versuchte Glossin sein Gewissen zu beschwichtigen, aber es wollte ihm nicht gelingen, wenn er sich auch vorredete, daß die Versuchung groß gewesen sei, daß sie plötzlich über ihn gekommen, daß sie ihm alle Vorteile, nach denen er lange gerungen, jäh vor Augen gerückt, daß sie ihm vorgespielt habe, ihn aus seinem finanziellen Jammer mit einmal zu erlösen, aus all den Bedrängnissen, die ihm das Messer an der Kehle hielten. Auch daß er sich weiter einredete, die Selbsterhaltungspflicht lasse ihm keine andere Wahl, wollte wenig nützen; nur das Bewußtsein, sich in der Gewalt von Räubern zu befinden, die ihm, wenn er sich auf ihr Ansinnen nicht einließe, keine Zeit gönnen würden, die freilich nicht eben ferne Hilfe herbeirufen könnten, sondern, wie so oft bei geringeren Anlässen, sicherlich vor keinem Morde zurückschrecken möchten.
Unruhig fuhr Glossin von seinem Lager auf und blickte hinaus in die Nacht. Rings umher war die Gegend mit Schnee bedeckt, von dessen weißem Glänze die Fläche des düstern Meers grell abstach. Sein Blick fiel auf die finstern Trümmer des alten Schlosses, aus dessen vorspringendem Turme zwei Lichter blinkten; eins aus Hatteraicks Verließ, das andere aus der Stube, in der die Wächter lagen. Ob er die Flucht schon bewerkstelligt hat? fragte sich Glossin ... Ob sie ihm gelingen wird? Ob die, Leute, auf die sonst nie Verlaß war, heute gewacht hatten, ihn vollends zu verderben? War der Verbrecher früh noch im Kerker, so mußte er ihn nach Edinburg schaffen, und ob nun Mac Morlan oder sonst jemand die Untersuchung führte, so stand außer Zweifel, daß er selbst hineingezogen, überführt und ein hartes Urteil zu gewärtigen hatte; denn Dirk Hatteraick schonte seiner doch gewiß nicht.
Eine Beute dieser quälenden Gedanken, war er kaum imstande, sich ruhig zu verhalten, als er mit einemmale wahrnahm, daß eins der beiden Lichter sich verfinsterte, ganz so, als ob eine dunkle Gestalt ans Fenster getreten wäre. O, dieser Augenblick peinvoller Erwartung! Ist er der Fesseln ledig? Ha! er rüttelt an den Gitterstangen! Sie sind morsch, sie fallen, sie schlagen klirrend auf die Steine! Das Gepolter muß doch die Wächter aufstören ... Hol der Teufel seine Ungeschicklichkeit! Da, das Licht brennt wieder hell – sie haben ihn vom Fenster gerissen, sie binden ihn – doch nein! er ist bloß auf einen Augenblick vom Fenster getreten – das Poltern der fallenden Eisenstangen hat ihn selbst erschreckt – jetzt steht er wieder am Fenster – das Licht ist weg – eine breite Masse lagert sich davor – sie bewegt sich – er hat sich durchs Fenster geschwungen – da – ein dumpfer Aufprall, wie von einem in weichen Schnee fallenden Körper, und der ängstliche Horcher gewinnt die Zuversicht, daß Hatteraicks Flucht geglückt ist! Und nicht lange mehr, so sieht er eine dunkle Gestalt wie einen Schatten längs dem weißen Gestade hinschleichen, zu dem Orte hin, wo das Schiff lag ... Neue Besorgnisse! Wird er allein stark genug sein, es loszumachen? oder muß ich, fragte sich Glossin, hinabgehen und ihm helfen? Nein! Das Schiff ist los, Gott sei Dank! Schon glitzert das Segel im Mondlicht. Der Wind ist ihm günstig – o, wenn sich ein Sturm erheben – wenn die Flut ihn verschlingen wollte!
Mit diesem satanischen Begehr im Herzen verfolgte er den Lauf des Bootes, das nach der Warroch-Klippe zulenkte, mit den Blicken, bis das dunkle Segel sich von den finstern Wogen, über die es entlang zog, nicht mehr unterscheiden ließ.