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Die häufig beobachtete Eigentümlichkeit komplizierter Gebilde: daß das Verhältnis eines Ganzen zu einem ändern sich innerhalb der Teile eines dieser Ganzen wiederholt – liegt auch in dem Verhältnis zwischen Theorie und Praxis vor. Wenn man innerhalb der theoretischen Erkenntnis nicht auf den rein ideellen Inhalt, sondern auf das Zustandekommen desselben achtet, auf die psychologischen Motive, die methodischen Wege, die systematischen Ziele, so erscheint doch auch die Erkenntnis als ein Gebiet menschlicher Praxis, das nun seinerseits wieder zum Gegenstand des theoretisierenden Erkennens wird. Damit ist zugleich ein Wertmaß für die erkenntnistheoretische und methodologische Betrachtung der Wissenschaften gegeben; sie verhält sich als Theorie der Theorie zu der auf die Objekte gerichteten Forschung, wie sich eben die Theorie zur Praxis verhält, d. h. von geringerer Bedeutung, unselbständiger, mehr im Charakter des Registrierens als des Erwerbens, nur die formalen Seiten eines schon gegebenen Inhaltes auf höherer Bewußtseinsstufe wiederholend. Im allgemeinen liegt dem Menschen mehr daran, etwas zu machen, als zu wissen, wie er es macht, und die Thatsache des ersteren ist auch stets der Klarheit über das letztere vorausgegangen. Ja, nicht nur das Wie, sondern auch das Wozu des Erkennens pflegt im Unbewußten zu bleiben, sobald es über die nächste Stufe der Zweckreihe hinaus nach den entfernteren oder letzten Zielen desselben fragt; die Einordnung der einzelnen Erkenntnis in ein geschlossenes System von Wahrheiten, ihre Dienstbarkeit als Mittel zu einem höchsten Erkennen, Empfinden oder Handeln, ihre Zurückführung auf erste Prinzipien – dies alles sind Angelegenheiten, die in einem ideellen Weltbild obenan stehen mögen, bei der thatsächlichen Bildung desselben aber sowohl der Zeit als der Wichtigkeit nach nur Epilog sind.
Diesem geschichtlichen Gang sich entwickelnder Erkenntnis entspräche es, wenn man insbesondere bei einer erst beginnenden Wissenschaft, wie die Sociologie ist, alle Kraft an die Einzelforschung setzte, um ihr zunächst einen Inhalt, eine gesicherte Bedeutung zu geben, und die Fragen der Methode und der letzten Ziele so lange bei Seite ließe, bis man hinreichendes thatsächliches Material für ihre Beantwortung hat, auch weil man andernfalls in die Gefahr geräth, eine Form zu schaffen, ohne die Sicherheit eines möglichen Inhaltes, ein Gesetzbuch ohne Subjekte, die ihm gehorchen, eine Regel ohne Fälle, aus denen sie gezogen wird und die ihre Richtigkeit gewährleisteten.
Dies im allgemeinen zugegeben, begründet doch der jetzige Zustand der Wissenschaften einen Unterschied gegen die oben charakterisierten früheren Arten, eine solche zustande zu bringen. Wie sich moderne politische Revolutionen dadurch von denen primitiverer Zeiten unterscheiden, daß man heute schon bekannte, anderwärts verwirklichte und erprobte Zustände zu verwirklichen sucht, daß eine bewußte Theorie vorangeht, der man die Praxis nachbildet: so wird es auch durch die höhere Bewußtheit des modernen Geistes gerechtfertigt, daß man aus der Fülle vorhandener Wissenschaften und bewährter Theorieen heraus die Umrisse, Formen und Ziele einer Wissenschaft fixiere, bevor man an den thatsächlichen Aufbau derselben geht.
Ein besonderes Moment kommt noch für die Sociologie hinzu. Sie ist eine eklektische Wissenschaft, insofern die Produkte anderer Wissenschaften ihr Material bilden. Sie verfährt mit den Ergebnissen der Geschichtsforschung, der Anthropologie, der Statistik, der Psychologie wie mit Halbprodukten; sie wendet sich nicht unmittelbar an das primitive Material, das andere Wissenschaften bearbeiten, sondern, als Wissenschaft sozusagen zweiter Potenz, schafft sie neue Synthesen aus dem, was für jene schon Synthese ist. In ihrem jetzigen Zustande giebt sie nur einen neuen Standpunkt für die Betrachtung bekannter Thatsachen. Deshalb aber ist es für sie besonders erforderlich, diesen Standpunkt zu fixieren, weil die Wissenschaft allein von ihm ihren specifischen Charakter entlehnt, nicht aber von ihrem, den Thatsachen nach sonst schon bekannten Material. In diesem Fall sind die allgemeinen Gesichtspunkte, die Einheit des letzten Zwecks, die Art der Forschung mit Recht das Erste, was in das Bewußtsein zu heben ist; denn dies muß thatsächlich in ihm vorhanden sein, damit es zu der neuen Wissenschaft komme, während andere mehr von dem Material als von seiner Formung ausgehen, welche letztere bei ihnen unmittelbarer durch das erstere gegeben wird. Es braucht kaum erwähnt zu werden, daß es sich dabei nur um graduelle Unterschiede handelt, daß im letzten Grunde der Inhalt keiner Wissenschaft aus bloßen objektiven Thatsachen besteht, sondern immer eine Deutung und Formung derselben nach Kategorieen und Normen enthält, die für die betreffende Wissenschaft a priori sind, d. h, von dem auffassenden Geiste an die an und für sich isolierten Thatsachen herangebracht werden. Bei der Socialwissenschaft findet nur ein quantitatives Ueberwiegen des kombinatorischen Elementes gegenüber anderen Wissenschaften statt, woher es denn bei ihr besonders gerechtfertigt erscheint, sich die Gesichtspunkte, nach denen ihre Kombinationen erfolgen, zu theoretischem Bewußtsein zu bringen.
Damit ist indes natürlich nicht gemeint, daß es unbestrittener und festumgrenzter Definitionen für die Grundbegriffe der Sociologie bedürfe, daß man z. B. von vornherein die Fragen beantworten könne: was ist eine Gesellschaft? was ist ein Individuum? wie sind gegenseitige psychische Wirkungen der Individuen auf einander möglich? u. s. w.; vielmehr wird man sich auch hier mit einer nur ungefähren Umgrenzung des Gebietes begnügen und die völlige Einsicht in das Wesen der Objekte von, aber nicht vor der Vollendung der Wissenschaft erwarten müssen, wenn man nicht in den Irrtum der älteren Psychologie verfallen will: man müsse zuerst das Wesen der Seele definiert haben, ehe man die seelischen Erscheinungen wissenschaftlich erkennen könne. Noch immer gilt die aristotelische Wahrheit, daß, was der Sache nach das Erste ist, für unsere Erkenntnis das Späteste ist. Im logisch systematischen Aufbau der Wissenschaft bilden freilich die Definitionen der Grundbegriffe das Erste; allein erst eine fertige Wissenschaft kann sich so vom Einfachsten und Klarsten aufbauen. Wenn eine Wissenschaft erst zustande gebracht werden soll, muss man von den unmittelbar gegebenen Problemen ausgehen, die immer höchst kompliziert sind und sich erst allmählich in ihre Elemente auflösen lassen. Das einfachste Resultat des Denkens ist eben nicht das Resultat des einfachsten Denkens. Vielleicht ist das unmittelbar gegebene Problem auch gerade bei der Socialwissenschaft eines der kompliziertesten, die überhaupt denkbar sind. Ist der Mensch das höchste Gebilde, zu dem die natürliche Entwickelung sich aufgipfelt, so ist er dies doch nur dadurch, daß ein Maximum verschiedenartiger Kräfte sich in ihm gehäuft hat, die durch gegenseitige Modifizierung, Ausgleichung und Auslese eben diesen Mikrokosmos zustande brachten; offenbar ist jede Organisation eine um so höhere, je mannichfaltigere Kräfte sich in ihr im Gleichgewicht befinden. Ist nun schon das menschliche Einzelwesen mit einer fast unübersehbaren Fülle latenter und wirkender Kräfte ausgestattet, so muß die Komplikation da noch eine viel größere werden, wo gegenseitige Wirkungen solcher Wesen auf einander vorliegen und die Kompliziertheit des einen, gewissermaßen mit der des ändern sich multiplizierend, eine Unermeßlichkeit von Kombinationen ermöglicht. Wenn es also die Aufgabe der Sociologie ist, die Formen des Zusammenseins von Menschen zu beschreiben und die Regeln zu finden, nach denen das Individuum, insofern es Mitglied einer Gruppe ist, und die Gruppen untereinander sich verhalten, so hat die Kompliziertheit dieser Objekte eine Folge für unsere Wissenschaft, die sie in einer erkenntnistheoretischen Beziehung, der ich eine ausführliche Begründung widmen muß, neben die Metaphysik und die Psychologie stellt. Diese beiden haben nämlich das Eigentümliche, daß durchaus entgegengesetzte Sätze in ihnen das gleiche Maß von Wahrscheinlichkeit und Beweisbarkeit aufzeigen. Daß die Welt im letzten Grunde absolut einheitlich und alle Individualisierung und aller Unterschied nur ein täuschender Schein sei, kann man ebenso plausibel machen, wie den Glauben an die absolute Individualität jedes Teiles der Welt, in der nicht einmal ein Baumblatt dem ändern völlig gleich ist, und daß alle Vereinheitlichung nur eine subjektive Zuthat unsres Geistes, nur die Folge eines psychologischen Einheitstriebes sei, für den keine objektive Berechtigung nachweisbar wäre; der durchgehende Mechanismus und Materialismus im Weltgeschehen bildet ebenso einen letzten metaphysischen Zielpunkt, wie im Gegentheil die Hinweisung auf ein Geistiges, das überall durch die Erscheinungen hindurchblickt und den eigentlichen letzten Sinn der Welt ausmacht; wenn ein Philosoph das Gehirn als das Ding-an-sich des Geistes bezeichnet hat, und ein anderer den Geist als das Ding-an-sich des Gehirns, so hat der eine ebenso tiefe und gewichtige Gründe für seine Meinung angeführt, wie der andere. Und Ähnliches beobachten wir in der Psychologie, wo ihr noch nicht der Zusammenhang mit der Physiologie die Isolierung und damit die exaktere Beobachtung der primitiven sinnlichen Grundlagen des Seelenlebens ermöglicht, sondern wo es sich um Kausalverhältnisse der an der Oberfläche des Bewußtseins auftauchenden Gedanken, Gefühle, Willensakte handelt. Da sehen wir denn, daß persönliche Glückssteigerung die Ursache von selbstloser Freundlichkeit ist, die den Ändern gern ebenso glücklich sehen möchte, wie man selbst ist, – ebenso oft aber von hartherzigem Stolz, dem das Verständnis für das Leiden anderer abhanden gekommen ist; beides läßt sich psychologisch gleichmäßig plausibel machen. Und so deduzieren wir mit gleicher Wahrscheinlichkeit, daß die Entfernung gewisse Empfindungen zweier Menschen für einander steigert, wie daß sie sie schwächt; daß der Optimismus, aber auch gerade der Pessimismus die Vorbedingung eines kräftigen ethischen Handelns ist; daß die Liebe zu einem engeren Kreise von Menschen das Herz nun auch für die Interessen weiterer Kreise empfänglich macht, wie daß sie dasselbe gegen die letzteren abschließt und verbaut. Und ebenso wie der Inhalt läßt sich auch die Richtung der psychologischen Verknüpfung umkehren, ohne an Richtigkeit einzubüssen. Daß Unsittlichkeit die Ursache inneren Unglücks ist, wird uns mit ebenso starken Gründen von dem einen Psychologen bewiesen, wie von dem ändern, daß das Unglück die Ursache der Demoralisierung ist; daß der Glaube an gewisse religiöse Dogmen die Ursache geistiger Unselbständigkeit und Verdummung wird, ist mit nicht schlechteren Gründen und Beispielen bewiesen, wie das umgekehrte, daß die geistige Unzulänglichkeit der Menschen eigentlich die Ursache sei, die sie zum Glauben an überirdische Dinge greifen ließ. Kurz, weder in metaphysischen noch in psychologischen Dingen findet sich die Eindeutigkeit einer wissenschaftlichen Regel, sondern stets die Möglichkeit, jeder Beobachtung oder Wahrscheinlichkeit die entgegengesetzte entgegenzustellen. Die Ursache dieser auffallenden Zweideutigkeit ist offenbar die, daß die Objekte, über deren Beziehungen ausgesagt wird, schon an und für sich nicht eindeutig sind. Das Ganze der Welt, von dem metaphysische Behauptungen sprechen, enthält eine solche Fülle und Mannigfaltigkeit von Einzelheiten, daß fast jede beliebige Behauptung über dasselbe eine Anzahl von Stützen findet, die oft genug soviel psychologisches Gewicht besitzen, um entgegenstehende Erfahrungen und Deutungen aus dem Bewußtsein zu verdrängen, die nun ihrerseits in ändern, gerade für sie disponierten Geistern den Gesamtcharakter des Weltbildes bestimmen. Das Falsche liegt nur darin, daß entweder eine partielle Wahrheit zu einer absolut gültigen verallgemeinert, oder aus der Beobachtung gewisser Thatsachen ein Schluß auf das Ganze gezogen wird, der unmöglich wäre, wenn die Beobachtung noch weiter ausgedehnt wäre; also sozusagen weniger Irrtümer im Inhalt des Urteils als in dessen Betonung, mehr in der Quantität als in der Qualität. Nahe dabei fließt die Quelle für die Unzulänglichkeit der psychologischen Urteile. Die Allgemeinbegriffe psychischer Funktionen, zwischen denen sie Verbindungen stiften, sind so sehr allgemein und schließen eine solche Fülle von Nuancen ein, daß je nach der Betonung der einen oder der ändern ganz verschiedene Folgen aus dem der Bezeichnung nach identischen Affect hervorgehen können; ein so weites Gebiet umfaßt z, B. der Begriff des Glücks oder der Religiosität, daß die von einander abstehendsten Punkte desselben trotz des Enthaltenseins unter dem gleichen Begriff durchaus als Ursachen heterogener Folgen verstandlich sind. Ganz Unrecht hat mithin keine jener allgemeinen psychologischen Sentenzen; sie irren meistens nur darin, daß sie die specifische Differenz vernachlässigen, die, die in Rede stehenden Allgemeinbegriffe näher bestimmend, sie bald in diese, bald in jene ganz entgegengesetzte Verbindung bringt. Es ist ganz richtig, daß Trennung die Liebe steigert; aber nicht Trennung überhaupt und Liebe überhaupt, sondern nur eine bestimmte Art beider steht in diesem Verhältnis; und ebenso ist es richtig, daß Trennung die Liebe schwächt; aber nicht jede Trennung jede Liebe, sondern eine gewisse Nuance der ersteren schwächt eine gewisse Nuance der letzteren. Hier ist auch insbesondere der Einfluß der Quantität des seelischen Affekts im Auge zu behalten. Wir können freilich gewisse Abänderungen einer Empfindung nur unter die Denk- und Sprachkategorie der Quantität bringen und bezeichnen sie deshalb noch immer mit dem gleichen Begriff; thatsächlich aber sind es auch innerliche, qualitative Veränderungen, die auf diese Weise mit ihr vorgehen. Wie ein großes Kapital zwar nur quantitativ anders ist, als ein kleines, dennoch aber qualitativ ganz anders geartete wirtschaftliche Wirkungen ausübt, so und noch viel mehr ist der Unterschied zwischen einer großen und einer geringen Empfindung in Liebe und Haß, Stolz und Demut, Lust und Leid ein nur scheinbar quantitativer, thatsächlich aber ein so genereller, daß, wo über die psychologischen Beziehungen einer Empfindung als solcher und im allgemeinen ausgesagt werden soll, je nach dem Quantum derselben, über das man gerade Erfahrungen gesammelt hat, die heterogensten Verbindungen derselben beweisbar sind. Und nun das, was für die Analogie, die ich im Auge habe, das Wichtigste ist. Wo wir von der Verursachung irgend eines psychischen Ereignisses durch ein anderes sprechen, da ist das letztere in der Isolierung und Selbständigkeit, die sein sprachlicher Ausdruck anzeigt, doch nie die an sich zureichende Veranlassung des ersteren; vielmehr gehört der ganze übrige bewußte und unbewußte Seeleninhalt dazu, um, im Verein mit der neu eingetretenen Bewegung, den weiteren Vorgang zuwege zu bringen. Insofern man psychische Ereignisse wie Liebe, Haß, Glück, oder Qualitäten wie Klugheit, Reizbarkeit, Demut und ähnliche als Ursachen bezeichnet, faßt man in ihnen einen ganzen Komplex mannichfaltiger Kräfte zusammen, die nur von jener besonders hervorgehobenen die Färbung oder die Richtung empfangen. Das Bestimmende hierbei ist nicht nur der allgemeine erkenntnistheoretische Grund, daß die Wirkung jeder Kraft von dem sonstigen Gesamtzustand des Wesens abhängt, an dem sie sich äußert, und so gewissermaßen als die Resultante zwischen der hervorgehobenen Kraft und einer Anzahl anderer, im gleichen Augenblick auf den gleichen Punkt wirkender anzusehen ist; sondern speciell die menschliche Seele ist ein so außerordentlich kompliziertes Gebilde, daß, wenn man einen Vorgang oder Zustand in ihr unter einen einheitlichen Begriff bringt, dies immer nur eine Benennung a potiori ist; es spielen stets so viele Prozesse zugleich in unserer Seele, so viele Kräfte sind zugleich in ihr wirksam, daß die Feststellung einer Kausalverbindung zwischen einfachen psychologischen Begriffen, wie in den bisherigen Beispielen, immer ganz einseitig ist; nicht der eine einheitliche Affekt geht in den ändern einheitlichen über, sondern Gesamtzustände thun dies, in denen jene etwa die Hauptsachen oder besonders hell beleuchtete Punkte sind, deren entscheidende Nüancierung aber von unzähligen gleichzeitigen Seeleninhalten herrührt. Wie ein Ton seine Klangfarbe von den zugleich erklingenden Obertönen erhält, wir also nicht den reinen Ton, sondern eine große Anzahl von Tönen hören, von denen einer nur der hervortretendste, keineswegs aber über den ästhetischen Eindruck allein entscheidende ist: so hat jede Vorstellung und jedes Gefühl eine große Zahl psychischer Begleiter, die es individualisieren und über seine weiteren Wirkungen entscheiden. Von der Fülle des gleichzeitigen psychischen Inhaltes treten immer nur wenige führende Vorstellungen in das klare Bewußtsein, und die Kausalverbindung, die man einmal zwischen ihnen beobachtet hat, ist das nächste Mal schon nicht mehr gültig, weil inzwischen der Gesamtzustand der Seele sich geändert hat und anderweitige Vorgänge etwa das erste Mal in der Richtung jener Verbindung, das zweite Mal aber ihr entgegenwirkten. Dies ist der Grund, weshalb die Psychologie keine Gesetze im naturwissenschaftlichen Sinne erreichen kann: weil wegen der Kompliziertheit ihrer Erscheinungen keine isolierte einfache Kraftwirkung in der Seele zu beobachten ist, sondern jede von so vielen Nebenerscheinungen begleitet wird, daß nie mit vollkommener Sicherheit festzustellen ist, was denn nun wirklich die Ursache einer gegebenen Folge oder die Folge einer gegebenen Ursache ist.
Trotzdem wäre es falsch, den metaphysischen und psychologischen Aufstellungen deshalb nun den wissenschaftlichen Wert absprechen zu wollen. Wenn sie auch nicht exakte Erkenntnis sind, so sind sie doch Vorläufer derselben. Sie orientieren doch einigermaßen über die Erscheinungen und schaffen die Begriffe, durch deren allmähliche Verfeinerung, Wiederauflösung und Zusammenfügung nach anderen Gesichtspunkten eine immer größere Annäherung an die Wahrheit erreicht wird; sie stiften unter diesen zwar einseitige Verbindungen, deren Einseitigkeit aber durch die entgegengesetzte paralysirt wird; sie stellen wenigstens eine erste Organisierung der Massen dar, wenn sie diese auch noch nicht soweit beherrschen, um zu den Beziehungen der letzten einfachen Teile vorzudringen, in die die komplexen Erscheinungen aufzulösen das letzte Ziel der Wissenschaft ist. In einer ähnlichen Verfassung nun befindet sich die Sociologie. Weil ihr Gegenstand eine solche Fülle von Bewegungen in sich schließt, wird je nach den Beobachtungen und Tendenzen des Forschers bald die eine, bald die andere als typisch und innerlich notwendig erscheinen; das Verhältnis des Individuums zur Allgemeinheit, die Ursachen und die Formen der Gruppenbildung, die Gegensätze und Übergänge der Klassen, die Entwickelung des Verhältnisses zwischen Führenden und Beherrschten und unzählige andere Angelegenheiten unserer Wissenschaft zeigen einen solchen Reichtum von verschiedenartigen geschichtlichen Verwirklichungen, daß jede einheitliche Normierung, jede Feststellung einer durchgehenden Form dieser Verhältnisse einseitig sein muß und die entgegengesetztesten Behauptungen darüber sich durch vielfache Beispiele belegen lassen. Der tiefere Grund liegt auch hier in der Kompliziertheit der Objekte, die der Auflösung in einfache Teile und deren primitive Kräfte und Verhältnisse völlig widerstehen. Jeder gesellschaftliche Vorgang oder Zustand, den wir uns zum Objekt machen, ist die Erscheinung, bzw. Wirkung unzählig vieler tiefer gelegenen Teilvorgänge. Da nun die gleiche Wirkung von sehr verschiedenen Ursachen ausgehen kann, so ist es möglich, daß die genau gleiche Erscheinung durch ganz verschiedene Komplexe von Kräften hervorgebracht werde, die, nachdem sie an einem Punkte zu der gleichen Wirkung zusammengegangen sind, in ihrer weiteren, darüber hinausgehenden Entwickelung wieder völlig verschiedene Formen annehmen. Aus der Gleichheit zweier Zustände oder Perioden in großen Entwickelungsreihen läßt sich deshalb noch nicht schließen, daß die Folge dieses Abschnitts in der einen der des gleich erscheinenden in der ändern gleich sein werde; im weiteren Verlaufe kommt dann die Verschiedenheit der Ausgangspunkte wieder zur Geltung, die nur einer zufälligen und vorübergehenden Gleichheit Platz gemacht hatte. Eine Häufigkeit dieses Verhaltens wird natürlich da am wahrscheinlichsten sein, wo die Fülle, die Komplikation und die Erkenntnisschwierigkeit der einzelnen Faktoren und Teilursachen die größte ist. Dies aber trifft, wie gesagt, bei den gesellschaftlichen Erscheinungen im höchsten Maße zu; die primären Teile und Kräfte, die diese zustande bringen, sind so unübersehbar mannichfaltig, daß hundertfach gleiche Erscheinungen eintreten, die im nächsten Augenblicke in ganz verschiedene Weiterentwickelungen auslaufen – gerade wie die Kompliziertheit der seelischen Kräfte die ganz gleiche Bewußtseinserscheinung bald mit einer, bald mit einer ändern, genau entgegengesetzten Folge verbindet. Auch in sonstigen Wissenschaften ist ähnliches zu beobachten. In der Geschichte der Gesundheitslehre, insbesondere iri den Theorieen der Ernährung, sehen wir oft die entgegengesetztesten Behauptungen über den Wert eines Nahrungsmittels einander ablösen. Innerhalb des menschlichen Körpers sind aber thatsächlich so viele Kräfte thätig, daß eine neu eintretende Einwirkung die verschiedenartigsten Folgen haben, die eine fördern, die andere hemmen kann. Deshalb irrt vielleicht keine jener Theorieen ganz in dem Kausalverhältnis, das sie zwischen dem Nahrungsmittel und dem menschlichen Organismus aufstellt, sondern nur darin, daß sie dieses für das einzige und definitive hält. Sie vergißt, daß dasjenige, was in einem sehr komplizierten System nach einer Seite hin entschieden wirkt, nach einer ändern eine entschieden entgegengesetzte Nebenwirkung haben kann, und überspringt die zeitlichen und sachlichen Zwischenglieder, die sich zwischen die unmittelbare Wirkung einer Kraft und den schließlichen Gesamtzustand des Ganzen, auf das sie einseitig wirkt, einschieben. Eben diese Unbestimmtheit in den schließlichen Erfolgen eines Vorgangs am socialen Körper, die zu so vielen Entgegengesetztheiten im sociologischen Erkennen führt, veranlaßt die gleichen auch in den praktisch socialen Angelegenheiten; die Mannichfaltigkeit und Feindseligkeit der Parteien in diesen, von denen doch jede mit ihren Mitteln das gleiche Ziel eines Glückseligkeitsmaximums für die Gesamtheit zu erreichen glaubt, beweist jenen eigentümlichen, durch seine Kompliziertheit jeder exacten Berechnung widerstrebenden Charakter des socialen Materials. Von Gesetzen der socialen Entwickelung kann man deshalb nicht sprechen. Zweifellos bewegt sich jedes Element einer Gesellschaft nach Naturgesetzen; allein für das Ganze giebt es kein Gesetz; so wenig hier wie sonst in der Natur erhebt sich über die Gesetze, die die Bewegungen der kleinsten Teile regeln, ein höheres Gesetz, das diese Bewegungen nun in immer gleicher Weise und zu dem gleichen Gesamteffect zusammenschlösse. Deshalb können wir nicht wissen, ob nicht in jedem von zwei gleich erscheinenden gesellschaftlichen Zuständen Kräfte latent sind, die im nächsten Augenblick völlig verschiedene Erscheinungen aus jenen hervortreiben. So ist auch die Differenzierung, über die im folgenden gehandelt wird, keine besondere Kraft, kein in das Spiel der primären Mächte der socialen Gestaltung eingreifendes Gesetz, sondern nur der Ausdruck für ein Phänomen, das aus der Wirkung der realen elementaren Kräfte hervorgeht. Und ferner: wo wir die Folge eines Komplexes einfacher Erscheinungen festzustellen suchen, ist es nur durch die schwierigsten und auf höheren Gebieten oft ganz unanwendbaren Methoden möglich, diejenige Erscheinung festzustellen, die die allein oder wesentlich wirksame ist; wo überhaupt Mannichfaltiges mit Mannichfaltigem in eine einheitlich erscheinende Beziehung tritt, da ist überall dem Irrtum über die eigentlichen Träger der Ursache wie der Wirkung Thür und Thor geöffnet.
Dieser Gesichtspunkt führt auf einen Einwand, den man vom erkenntnistheoretischen Standpunkt gegen die Gesellschaftswissenschaft überhaupt erheben kann. Der Begriff der Gesellschaft hat offenbar nur dann einen Sinn, wenn er in irgend einem Gegensatz gegen die bloße Summe der Einzelnen steht. Denn fiele er mit letzterer zusammen, so scheint er nicht anders das Objekt einer Wissenschaft sein zu können, als etwa »der Sternhimmel« als Gegenstand der Astronomie zu bezeichnen ist; thatsächlich ist dies doch nur ein Kollektivausdruck, und was die Astronomie feststellt, sind nur die Bewegungen der einzelnen Sterne und die Gesetze, die diese regeln. Ist die Gesellschaft nur eine in unserer Betrachtungsweise vor sich gehende Zusammenfassung von Einzelnen, die die eigentlichen Realitäten sind, so bilden diese und ihr Verhalten auch das eigentliche Objekt der Wissenschaft, und der Begriff der Gesellschaft verflüchtigt sich. Und wirklich scheint es sich so zu verhalten. Was greifbar existiert, sind doch nur die einzelnen Menschen und ihre Zustände und Bewegungen: deshalb könne es sich nur darum handeln diese zu verstehen, während das rein durch ideelle Synthese entstandene, nirgend zu greifende Gesellschaftswesen keinen Gegenstand eines auf Erforschung der Wirklichkeit gerichteten Denkens bilden dürfe.
Der Grundgedanke dieses Zweifels an dem Sinn der Sociologie ist durchaus richtig: wir müssen in (der That so scharf wie möglich zwischen den realen Wesen, die wir als objektive Einheiten ansehen dürfen und den Zusammenfassungen derselben zu Komplexen, die als solche nur in unserem synthetischen Geiste existieren, unterscheiden. Und auf dem Rückgang auf jene beruht freilich alles realistische Wissen; ja, die Erkenntnis der Allgemeinbegriffe, die ein noch immer spukender Platonismus als Realitäten in unsere Weltanschauung einschwärzt, als bloß subjectiver Gebilde und ihre Auflösung in die Summe der allein realen Einzelerscheinungen ist eines der Hauptziele der modernen Geistesbildung. Allein wenn der Individualismus diese Kritik gegen den Gesellschaftsbegriff richtet, so braucht man die Reflexion nur noch eine Stufe zu vertiefen, um zu sehen, daß er damit zugleich sein eigenes Urteil spricht. Denn auch der einzelne Mensch ist nicht die absolute Einheit, die ein nur mit den letzten Realitäten rechnendes Erkennen fordert. Die Vielheit, die schon der individuelle Mensch in und an sich aufweist, als solche zu durchschauen, ist wie ich glaube eine der wichtigsten Vorbedingungen für eine rationelle Grundlegung der Gesellschaftswissenschaft, der ich deshalb hier näher treten möchte.
Solange der Mensch, ebenso wie alle organischen Arten, als ein Schöpfungsgedanke Gottes galt, als ein Wesen, das mit all seinen Eigenschaften fertig ausgestattet in die Welt trat, da lag es nahe und war fast erfordert, den einzelnen Menschen als eine geschlossene Einheit anzusehen, als unteilbare Persönlichkeit, deren »einfache« Seele in der einheitlichen Zusammengehörigkeit ihrer körperlichen Organe Ausdruck und Analogie fand. Die entwicklungsgeschichtliche Weltanschauung macht dies unmöglich. Wenn wir die unermeßlichen Wandlungen bedenken, die die Organismen durchmachen mußten, ehe sie von ihren primitivsten Formen sich zum Menschengeschlecht aufgipfeln konnten, die entsprechende Unermeßlichkeit der Einflüsse und Lebensbedingungen, deren Zufälligkeiten und Entgegengesetztheiten jede Generation ausgesetzt ist, endlich die organische Bildsamkeit und die Vererbung, vermöge deren jeder dieser wechselnden Zustände irgend ein Merkmal, eine Modifikation auf jeden Nachkommen abgelagert hat: so erscheint jene absolute, metaphysische Einheit des Menschen in einem sehr bedenklichen Lichte. Er ist vielmehr die Summe und das Produkt der allermannichfaltigsten Faktoren, von denen man sowohl der Qualität wie der Funktion nach nur in sehr ungefährem und relativem Sinne sagen kann, daß sie zu einer Einheit zusammengehen. Auch ist es physiologisch längst anerkannt, daß jeder Organismus sozusagen ein Staat aus Staaten ist, daß seine Teile immer noch eine gewisse gegenseitige Unabhängigkeit besitzen und als eigentliche organische Einheit nur die Zelle anzusehen ist; und auch diese letztere ist nur für den Physiologen und nur insofern eine Einheit, als sie, abgesehen von den aus bloßem Protoplasma bestehenden Wesen, das einfachste Gebilde ist, an das sich noch Lebenserscheinungen knüpfen, während sie an und für sich eine höchst komplizierte Zusammensetzung chemischer Urbestandteile ist. Wenn man den Individualismus wirklich konsequent verfolgt, so bleiben als reale Wesen nur die punktuellen Atome übrig und alles Zusammengesetzte fällt als solches unter den Gesichtspunkt der Realität geringeren Grades. Und was man sich unter der Einheit der Seele konkret zu denken habe, weiß kein Mensch. Daß irgendwo in uns ein bestimmtes Wesen säße, das der alleinige und einfache Träger der psychischen Erscheinungen wäre, ist ein völlig unbewiesener und erkenntnistheoretisch unhaltbarer Glaubensartikel. Und nicht nur auf die einheitliche Substanz der Seele müssen wir verzichten, sondern auch unter ihren Inhalten ist keine wirkliche Einheit zu entdecken; zwischen den Gedanken des Kindes und denen des Mannes, zwischen unsern theoretischen Überzeugungen und unserm praktischen Handeln, zwischen den Leistungen unserer besten und denen unserer schwächsten Stunden bestehen so viele Gegensätze, daß es absolut unmöglich ist einen Punkt zu entdecken, von dem aus dies alles als harmonische Entwickelung einer ursprünglichen Seeleneinheit erschiene. Nichts als der ganz leere, formale Gedanke eines Ich bleibt, an dem alle diese Wandlungen und Gegensätze vor sich gingen, der aber eben auch nur ein Gedanke ist und deshalb nicht das sein kann, was, vorgeblich über allen einzelnen Vorstellungen stehend, sie einheitlich umschließt.
Daß wir also eine Summe von Atombewegungen und einzelnen Vorstellungen zu der Geschichte eines »Individuums« zusammenfassen, ist schon unexakt und subjektiv. Dürfen wir, wie jener Individualismus will, nur das als wahrhaft objective Existenz ansehen, was an und für sich im objectiven Sinne eine Einheit bildet, und ist alle Zusammensetzung solcher Einheiten zu einem höheren Gebilde nur menschliche Synthese, der gegenüber die Wissenschaft die Aufgabe der analysierenden Zurückführung auf jene Einheiten habe: so können wir auch nicht bei dem menschlichen Individuum stehen bleiben, sondern müssen auch dies als eine subjektive Zusammenfassung betrachten, während den Gegenstand der Wissenschaft nur die einheitlichen, atomistischen Bestandteile derselben bildeten.
Ebenso richtig wie diese Forderung in der Theorie des Erkennens ist, ebenso unerfüllbar ist sie in der Praxis desselben. Statt des Ideales des Wissens, das die Geschichte jedes kleinsten Teiles der Welt schreiben kann, müssen uns die Geschichte und die Regelmäßigkeiten der Konglomerate genügen, die nach unsern subjektiven Denkkategorieen aus der objektiven Gesamtheit des Seins herausgeschnitten werden; der Vorwurf, der diese Praxis trifft, gilt jedem Operieren mit dem menschlichen Individuum so gut, wie dem mit der menschlichen Gesellschaft. Die Frage, wie viele und welche realen Einheiten wir zu einer höheren, aber nur subjektiven Einheit zusammenzufassen haben, deren Schicksale den Gegenstand einer besonderen Wissenschaft bilden sollen – ist nur eine Frage der Praxis. Wir haben also, die bloße Vorläufigkeit und den blos morphologischen Charakter solcher Erkenntnisse ein für allemal zugegeben, nach dem Kriterium derartiger Zusammenfassungen, und wie weit diejenige zu einer Gesellschaft ihm genügt, zu fragen.
Es ist mir nun unzweifelhaft, daß es nur einen Grund giebt, der eine wenigstens relative Objektivität der Vereinheitlichung abgiebt: die Wechselwirkung der Teile. Wir bezeichnen jeden Gegenstand in demselben Maße als einheitlich, in dem seine Teile in gegenseitigen dynamischen Beziehungen stehen. Darum gewährt ein Lebewesen so besonders die Erscheinung von Einheit, weil wir in ihm die energischste Wirkung jedes Teils auf jeden beobachten, während der Zusammenhang eines unorganischen Naturgebildes schwach genug ist, um nach Abtrennung eines Teiles die ändern in ihren Eigenschaften und Funktionen im wesentlichen unverletzt zu lassen. Innerhalb des persönlichen Seelenlebens ist trotz der vorhin erwähnten Diskrepanz seiner Inhalte doch die funktionelle Beziehung höchst eng; jede entlegenste oder noch so lange vergangene Vorstellung kann so sehr auf jede andere wirken, daß hierfür freilich die Vorstellung einer Einheit von dieser Seite her die größte Berechtigung besitzt. Natürlich sind die Unterschiede solcher Berechtigungen nur gradweise; als regulatives Weltprinzip müssen wir annehmen, daß Alles mit Allem in irgend einer Wechselwirkung steht, daß zwischen jedem Punkte der Welt und jedem ändern Kräfte und hin- und hergehende Beziehungen bestehen; es kann uns deshalb logisch nicht verwehrt werden, beliebige Einheiten herauszugreifen und sie zu dem Begriff eines Wesens zusammenzuschließen, dessen Natur und Bewegungen wir nach historischen wie gesetzlichen Gesichtspunkten festzustellen hätten. Das Entscheidende hierbei ist nur, welche Zusammenfassung wissenschaftlich zweckmäßig ist, wo die Wechselwirkung zwischen Wesen kräftig genug ist, um durch ihre isolierte Behandlung gegenüber den Wechselwirkungen jedes derselben mit allen ändern Wesen eine hervorragende Aufklärung zu versprechen, wobei es hauptsächlich darauf ankommt, ob die behandelte Kombination eine häufige ist, so daß die Erkenntnis derselben typisch sein kann und, wenn auch nicht Gesetzmäßigkeit, die für die Erkenntnis den Wirkungen der einfachen Teile vorbehalten ist, so doch Regelmäßigkeiten nachweist. Die Auflösung der Gesellschaftsseele in die Summe der Wechselwirkungen ihrer Teilhaber liegt in der Richtung des modernen Geisteslebens überhaupt: das Feste, sich selbst Gleiche, Substantielle in Funktion, Kraft, Bewegung aufzulösen und in allem Sein den historischen Prozeß seines Werdens zu erkennen. Daß nun eine Wechselwirkung der Teile unter dem statt hat, was wir eine Gesellschaft nennen, wird niemand leugnen. Ein in sich völlig geschlossenes Wesen, eine absolute Einheit ist die Gesellschaft nicht, so wenig wie das menschliche Individuum es ist. Sie ist gegenüber den realen Wechselwirkungen der Teile nur sekundär, nur Resultat, und zwar sowohl sachlich wie für die Betrachtung. Wenn wir hier von der morphologischen Erscheinung absehen, in der freilich der Einzelne ganz und gar das Produkt seiner socialen Gruppe ist, sondern vielmehr auf den letzten erkenntnistheoretischen Grund zurückgreifen, so müssen wir sagen: es ist nicht eine Gesellschaftseinheit da, aus deren einheitlichem Charakter sich nun Beschaffenheiten, Beziehungen, Wandlungen der Teile ergäben, sondern es finden sich Beziehungen und Thätigkeiten von Elementen, auf Grund deren dann erst die Einheit ausgesprochen werden darf. Diese Elemente sind nicht etwa an sich wirkliche Einheiten; aber sie sind hier für die höheren Zusammenfassungen so zu behandeln, weil jedes im Verhältnis zum ändern einheitlich wirkt; darum brauchen es auch nicht nur menschliche Personen zu sein, deren Wechselwirkung die Gesellschaft konstituiert, sondern es können auch ganze Gruppen sein, die mit ändern zusammen wieder eine Gesellschaft ergeben. Ist doch auch das physikalische und chemische Atom kein einfaches Wesen im Sinne der Metaphysik, sondern absolut genommen immer weiter zerlegbar; aber für die Betrachtung der betreffenden Wissenschaften ist dies gleichgültig, weil es thatsächlich als Einheit wirkt; so kommt es auch für die sociologische Betrachtung nur sozusagen auf die empirischen Atome an, auf Vorstellungen, Individuen, Gruppen, die als Einheiten wirken, gleichviel ob sie an und für sich noch weiter teilbar sind. In diesem Sinne, der von beiden Seiten her ein relativer ist, kann man sagen, daß die Gesellschaft eine Einheit aus Einheiten ist. Es ist aber nicht etwa eine innerliche, geschlossene Volkseinheit da, welche das Recht, die Sitte, die Religion, die Sprache aus sich hervorgehen ließe, sondern äußerlich in Berührung stehende sociale Einheiten bilden durch Zweckmäßigkeit, Not und Gewalt bewogen diese Inhalte und Formen unter sich aus, und dieses bewirkt oder vielmehr bedeutet erst ihre Vereinheitlichung. Und so darf man auch für die Erkenntnis nicht etwa mit dem Gesellschaftsbegriff beginnen, aus dessen Bestimmtheit sich nun die Beziehungen und gegenseitigen Wirkungen der Bestandteile ergäben, sondern diese müssen festgestellt werden, und Gesellschaft ist nur der Name für die Summe dieser Wechselwirkungen, der nur in dem Maße der Festgestelltheit dieser anwendbar ist. Es ist deshalb kein einheitlich feststehender, sondern ein gradueller Begriff, von dem auch ein Mehr oder Weniger anwendbar ist, je nach der größeren Zahl und Innigkeit der zwischen den gegebenen Personen bestehenden Wechselwirkungen. Auf diese Weise verliert der Begriff der Gesellschaft ganz das Mystische, das der individualistische Realismus in ihm sehen wollte.
Man scheint freilich nach dieser Definition der Gesellschaft auch zwei kämpfende Staaten etwa für eine Gesellschaft erklären zu müssen, da unter ihnen doch zweifellose Wechselwirkung stattfindet. Trotz dieses Konfliktes mit dem Sprachgebrauch würde ich glauben, es methodologisch verantworten zu können, wenn ich hier einfach eine Ausnahme zugebe, einen Fall, auf den die Definition nicht paßt. Die Dinge und Ereignisse sind viel zu kompliziert und haben viel zu flüssige Grenzen, als daß man auf eine Erklärung, die für die Thatsache geeignet ist, verzichten sollte, weil sie auch auf andere und sehr abweichende Thatsachen paßt. Man hat dann eben nur die specifische Differenz zu suchen, die zu dem Begriff der wechselwirkenden Personen oder Gruppen noch hinzugesetzt werden muß, um den üblichen Begriff der Gesellschaft im Gegensatz zu dem der kämpfenden Parteien zu ergeben. Man könnte etwa sagen, er sei eine Wechselwirkung, bei der das Handeln für die eignen Zwecke zugleich die der ändern fördert. Allein ganz reicht auch dies nicht zu; denn man wird auch dasjenige Zusammen noch immer Gesellschaft nennen, das nur durch den Zwang von einer Seite und zum ausschließlichen Nutzen dieser gestiftet und gehalten wird. Ich glaube überhaupt: welche einfache und einheitliche Definition der Gesellschaft man auch aufstellen mag, es wird immer ein Grenzgebiet aufzufinden sein, auf dem sie sich nicht mit dem von unserer Vorstellung der Gesellschaft umschriebenen Gebiete deckt. Auch ist dies das Loos aller Definitionen, die noch etwas mehr wollen, als einen selbstgemachten Begriff beschreiben, und die infolgedessen ihren Gegenstand völlig decken, weil ihr Gegenstand eben nichts anderes ist, als was sie beschreiben; will man aber eine Definition so geben, daß sie zugleich in der Einheit ihres Inhalts einen gewissen sachlichen, in der Natur der darunter fallenden Dinge selbst liegenden Zusammenhang kenntlich macht, so macht sich in demselben Maße auch gleich die Inkongruenz zwischen der Abrundung unserer Begriffe und der Fluktuation der Dinge geltend. Es ist aber auch viel wichtiger, statt unsere Begriffe als abgeschlossene Gebilde anzusehen, deren implizierten Inhalt man sich nur zu explizieren hätte, sie als bloße Hinweisungen auf Wirklichkeiten zu behandeln, deren eigentlicher Inhalt erst zu ergründen ist, nicht als Bilder, die nur die helle Beleuchtung brauchen, um einen in sich vollendeten Inhalt zu zeigen, sondern als Umrißskizzen, die erst der Erfüllung harren. So scheint mir die Vorstellung der wechselwirkenden Wesen jedenfalls die im Gesellschaftsbegriff liegende Hinweisung auf die Beziehungen zwischen Personen einigermaßen zu erfüllen.
Allein diese Bestimmung muß wenigstens quantitativ verengert werden, und vielleicht erzielt sich hiermit wenigstens eine nähere Hinweisung auf den Inhalt dessen, was wir Gesellschaft nennen. Denn auch zwei Menschen, zwischen denen nur eine ephemere Beziehung existirt, würden dem Obigen gemäß eine Gesellschaft bilden. Prinzipiell muß das auch zugegeben werden; es ist nur ein Unterschied des Grades zwischen der losesten Vereinigung von Menschen zu einem gemeinsamen Werk oder Gespräch, dem flüchtigsten Auftauchen einer Veränderung in jedem von ihnen, die durch eine vom ändern ausgehende Kraft bewirkt wird – und der umfassendsten Einheit einer Klasse oder eines Volkes in Sitte, Sprache, politischer Aktion. Man kann aber die Grenze des eigentlich socialen Wesens vielleicht da erblicken, wo die Wechselwirkung der Personen untereinander nicht nur in einem subjektiven Zustand oder Handeln derselben besteht, sondern ein objektives Gebilde zustande bringt, das eine gewisse Unabhängigkeit von den einzelnen daran teilhabenden Persönlichkeiten besitzt. Wo eine Vereinigung stattgefunden hat, deren Formen beharren, wenngleich einzelne Mitglieder ausscheiden und neue eintreten; wo ein gemeinsamer äußerer Besitz existiert, dessen Erwerb und über den die Verfügung nicht Sache eines Einzelnen ist; wo eine Summe von Erkenntnissen und sittlichen Lebensinhalten vorhanden ist, die durch die Teilnahme der Einzelnen weder vermehrt noch vermindert werden, die, gewissermaßen substantiell geworden, für jeden bereit liegen, der daran teilhaben will; wo Recht, Sitte, Verkehr Formen ausgebildet haben, denen jeder sich fügt und fügen muß, der in ein gewisses räumliches Zusammensein mit ändern eintritt – da überall ist Gesellschaft, da hat die Wechselwirkung sich zu einem Körper verdichtet, der sie eben als gesellschaftliche von derjenigen unterscheidet, die mit den unmittelbar ins Spiel kommenden Subjekten und ihrem augenblicklichen Verhalten verschwindet.
Man kann das Allgemeine in doppeltem Sinne verstehen: als dasjenige, was, gewissermaßen zwischen den Einzelnen stehend, sie dadurch zusammenhält, daß zwar jeder daran Teil hat, aber keiner es doch ganz und allein besitzt; oder als dasjenige, was jeder besitzt und was nur durch den beziehenden oder vergleichenden Geist als Allgemeines konstatiert wird. Zwischen beiden Bedeutungen aber, die man die reale und die ideelle Allgemeinheit nennen könnte, bestehen sehr tief gelegene Beziehungen. Obgleich es nämlich sehr wohl möglich ist, daß die letztere ohne die erstere vorkommt, so wird man doch wenigstens als heuristischen Grundsatz annehmen können: wo sich gleiche Erscheinungen an äußerlich in Berührung stehenden Individuen zeigen, ist von vornherein eine gemeinsame Ursache anzunehmen; entsprechend deduziert Laplace aus der Thatsache, daß die Umläufe der Planeten sämtlich in einer Richtung und fast in einer Ebene vor sich gehen, es müsse dem eine gemeinsame Ursache zu Grunde liegen, weil diese Übereinstimmung bei gegenseitiger Unabhängigkeit ein nicht anzunehmender Zufall wäre; so beruht die Entwicklungslehre auf dem Gedanken, daß die Ähnlichkeiten aller Lebewesen untereinander es gar zu unwahrscheinlich machen, daß die Arten unabhängig von einander entstanden sind. So giebt jede Gleichheit einer größeren Anzahl von Gesellschaftsgliedern Anweisung auf eine gemeinsame, sie beeinflussende Ursache, auf eine Einheit, in der die Wirkungen und Wechselwirkungen der Gesamtheit Körper gewonnen haben und die nun, ihrerseits auf die Gesamtheit weiterwirkend, dies in für alle gleichem Sinne thut.
Daß hierin sehr viele erkenntnistheoretische Schwierigkeiten liegen, darf nicht verkannt werden. Jene mystische Einheit des Gesellschaftswesens, die wir oben verwarfen, scheint sich hier auf dem Wege wieder einschleichen zu wollen, daß sein Inhalt nun doch von der Vielheit und Zufälligkeit der Individuen sich ablösen und ihnen gegenüberstehen soll. Es stellt sich wieder das Bedenken ein, daß gewisse Realitäten jenseits der Einzelnen existieren und doch offenbar, abgesehen von diesen, nichts haben, woran sie existieren könnten. Es ist ungefähr die gleiche Schwierigkeit, wie sie sich in dem Verhältnis zwischen den Naturgesetzen und den Einzeldingen, die ihnen unterworfen sind, aufthut. Denn ich wüßte keine Art von Wirklichkeit, die jenen Gesetzen zuzuschreiben wäre, wenn es keine Dinge gäbe, auf die sie Anwendung finden; andererseits scheint doch die Kraft des Gesetzes über den Einzelfall seiner Verwirklichung hinauszuragen. Wir stellen uns vor, daß, wenn ein solcher auch bis jetzt nie eingetreten wäre, dennoch das Gesetz als ein allgemeines, sobald er nur einträte, seine Wirkung unweigerlich üben würde; ja, wenn überhaupt die Kombinationen der Wirklichkeit nie zu den Bedingungen dieser Wirkung führten, so haben wir dennoch die Vorstellung, daß dieses unrealisierte, bloß ideelle Naturgesetz noch eine Art von Giltigkeit hätte, die es von einem bloßen Traume oder einer logisch und physisch unmöglichen Phantasie unterschiede. In diesem zwischen Realität und Idealität schwebenden Zustande steht auch das Allgemeine, das die Individuen zu einer Gesellschaft zusammenbindet, jedem von diesen gegenüber – von ihm getragen und doch von ihm unabhängig. So wenig man zu sagen wüßte, wo denn der Ort der Naturgesetze sei, die wir als wahr anerkennen, wenn sie auch vielleicht nie eine absolut reine Verwirklichung erfahren haben (wie z.B. die geometrischen Sätze), so wenig ist der Ort dieser ungreifbaren intersubjektiven Substanz zu nennen, die man als Volksseele oder als deren Inhalt bezeichnen könnte. Sie umgiebt jeden in jedem Augenblick, sie bietet uns den Lebensinhalt dar, in dessen wechselnden Kombinationen die Individualität zu bestehen pflegt – aber wir wissen niemanden namhaft zu machen, von dem sie entsprungen wäre, keinen einzelnen, über den sie nicht hinausragte, und selbst wo wir den Beitrag einzelner Menschen meinen feststellen zu können, da bleibt noch immer die Frage, ob diese nicht auch ihr Wesentliches von jenem öffentlichen Besitz empfangen haben, der sich in ihnen nur konzentrierte oder originell formte. Die Schwierigkeiten, die sich in dem Verhältnisse zwischen dem Allgemeinen und dem Individuellen in sociologischer Beziehung finden, entsprechen ganz denen, die es in rein erkenntnistheoretischer Hinsicht aufweist, wie sie sich denn auch in den praktischen Schwierigkeiten und Kontroversen über die reale Gestaltung dieses Verhältnisses spiegeln.
Ich glaube nun, daß die eigentümlichen Widersprüche, die jenes Verhältnis im Theoretischen zeigt und die in dem mittelalterlichen, aber noch immer in ändern Formen fortlebenden Gegensatz von Nominalismus und Realismus auffälligste Gestaltung gewonnen haben, eigentlich nur aus mangelhafter Denkgewohnheit stammen können. Die Formen und Kategorieen unseres Denkens und unserer Ausdrücke für das Gedachte haben sich zu Zeiten gebildet, in denen die primitiven Geister von einerseits höchst einfachen, andererseits verworren komplizierten Vorstellungen erfüllt waren, was durch die Einfachheit unkultivierter Lebensinteressen und durch das Vorherrschen der psychologischen Association vor der logischen Abstraktion begreiflich wird. Die Probleme späterer Zeiten drehen sich um Begriffe und Verhältnisse, von denen die früheren keine Ahnung hatten, zu deren Bewältigung aber nur diejenigen Denk- und Sprechformen da sind, die von den letzteren zu ganz arideren Zwecken geprägt sind; diese Formen sind längst erstarrt, wenn es sich, darum handelt, einen ganz neuen Inhalt in sie aufzunehmen, der sich nie vollkommen mit ihnen decken wird und der eigentlich ganz andere, jetzt aber nicht mehr herstellbare Denkbewegungen fordert. Schon für die psychischen Vorgänge haben wir keine besonderen Ausdrücke mehr, sondern müssen uns an die Vorstellungen äußerer Sinne halten, wenn wir uns ihre Bewegungen, Reibungen, quantitativen Verhältnisse etc. zum Bewußtsein bringen wollen, weil viel eher die Außenwelt als die psychischen Ereignisse als solche Gegenstände der menschlichen Aufmerksamkeit waren und, als die letzteren diese errangen, die Sprache nicht mehr schöpferisch genug war, um eigenartige Ausdrücke für sie zu formen, sondern zu Analogieen mit den ganz inadäquaten Vorstellungen des räumlichen Geschehens greifen mußte. Je allgemeiner und umfassender die Gegenstände unserer Fragestellung sind, desto weiter liegen sie hinter dem Horizonte, der die Epoche der Sprach- und Denkbildung umgrenzte, desto unhaltbarere, oder nur durch eine Umbildung der Denkformen sich lösende Widersprüche müssen sich ergeben, wenn wir derartige Probleme, also etwa die Frage nach dem Verhältnis zwischen Einzelding und Allgemeinbegriff, mit unseren jetzigen Kategorieen behandeln. Es scheint mir, als ob die Erkenntnisschwierigkeiten, die das Verhältnis zwischen dem Individuum und seiner socialen Gruppe umgeben, aus einer entsprechenden Ursache stammten. Die Abhängigkeit von der Gattung und der Gesellschaft nämlich, in der der Einzelne in den grundlegenden und wesentlichen Inhalten und Beziehungen seines Lebens steht, ist eine so durchgängige und undurchbrechlich giltige, daß sie nur schwer ein besonderes und klares Bewußtsein für sich erwirbt. Der Mensch ist ein Unterschiedswesen; wie wir nie die absolute Größe eines Reizes, sondern nur seinen Unterschied gegen den bisherigen Empfindungszustand wahrnehmen, so haftet auch unser Interesse nicht an denjenigen Lebensinhalten, die von jeher und überall die verbreiteten und allgemeinen sind, sondern an denen, durch die sich jeder von jedem unterscheidet. Die gemeinsame Grundlage, auf der sich alles Individuelle erst erhebt, ist etwas Selbstverständliches und kann deshalb keine besondere Aufmerksamkeit beanspruchen, die vielmehr ganz von den individuellen Unterschieden verbraucht wird; denn alle praktischen Interessen, alle Bestimmung unserer Stellung in der Welt, alle Benutzung anderer Menschen ruht auf diesen Unterschieden zwischen Mensch und Mensch, während der gemeinsame Boden, auf dem alles dies vorgeht, ein konstanter Faktor ist, den unser Bewußtsein vernachlässigen darf, weil er jeden der allein wichtigen Unterschiede in der gleichen Weise berührt. Wie Licht und Luft keinen ökonomischen Wert haben, weil sie allen in gleicher Weise zugute kommen, so hat der Inhalt der Volksseele als solcher oft insoweit keinen Bewußtseinswert, als keiner ihn in anderem Maße besitzt, als der andere. Auch hier kommt es zur Geltung, daß, was der Sache nach das Erste ist, für unsere Erkenntnis das Letzte ist; und da findet denn die neu geforderte Erkenntnis nur schwer Kategorieen, in denen die Verhältnisse ihres Inhalts sich widerspruchslos formulieren ließen, insbesondere da, wo es sich um weiteste Gebiete handelt, für die es keine Analogieen giebt.
Das einzige Gebiet, auf dem das Socialgebilde als solches früh in das Bewußtsein getreten ist, ist das der praktischen Politik, viel später das der kirchlichen Gemeinde. Hier war der zu allem Bewußtwerden erforderte Unterschied durch den Gegensatz gegen andere Gruppen gegeben, und außerdem fordert das Verhältnis zwischen dem Einzelnen und der Allgemeinheit nach seiner politischen Seite hin sehr fühlbare Beiträge des ersteren, was denn immer ein stärkeres Bewußtsein erweckt als das Empfangen, wie es in anderen Beziehungen zwischen dem Individuum und seiner Gruppe für jenes vorherrscht. Im Gegensatz zu den Bewegungen der ganzen Gruppe, die sich dem sociologischen Denken als nächstes Objekt darboten, sollen die folgenden Überlegungen im wesentlichen die Stellung und die Schicksale des Einzelnen zeichnen, wie sie ihm durch diejenige Wechselwirkung mit den ändern bereitet werden, die ihn mit diesen zu einem socialen Ganzen zusammenschließt.