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Wie die Schildbürger einig wurden, ein neues Rathhaus zu bauen, und was sich damit begeben habe.
Als in den folgenden Tagen des genannten wichtigen Gegenstands willen die Gemeinde nochmals zusammenberufen und Raths gepflogen wurde, was sie ihrer Thorheit für einen löblichen, namhaften Anfang geben wollten, damit sie desto eher auskäme und kundbar würde, da ward nach vorgängiger Abstimmung endlich beschlossen: dieweil sie fürderhin ein ander Regiment, Leben und Wesen anzunehmen und zu führen bedacht und gesonnen, so sollte zu einem guten glückhaften Anfang vorerst ein neues Rathhaus, das ihre Narrheit ertragen und leiden könnte (denn in ihrem Sinne waren sie schon damals nicht geringe Narren) mit gemeiner Hülf und Kosten erbaut und aufgerichtet werden.
Freilich war dies noch nicht so gar ungereimt. Allein sie, die ihrer Weisheit noch nicht völlig verzichtet hatten, mußten es dabei angreifen, weil dies noch die Gestalt der Weisheit hatte, und es sich nicht fügen wollte, daß sie mit ihrer Narrheit haufenweise hervorbrächen, mit einem Mal und auf einen Stutz, wodurch ihre angelegte und angenommene Thorheit allzuleicht verrathen worden wäre. Darum wollten sie den Narren ganz weislich eine Zeitlang hinter den Ohren verbergen, bis sie nach und nach Gelegenheit fänden, ihn allgemach herauszulassen.
Sie hatten aber auch zu ihrem gefaßten Rathsschluß, das neue Rathhaus anlangend, ein nicht zu verachtendes Vorbild an ihrem Pfaffen gesehen, welcher im Dienst so eifrig war, daß er, wenn er nur läuten hörte, allzeit meinte, er müßte mit seiner Postill auf der Kanzel rumpeln. Als dieser nämlich erst von den Schildbürgern angenommen und gedingt worden, begehrte er von ihnen, ehe er anfinge zu predigen, daß sie ihm eine neue Kanzel machen ließen, von gutem starkem Eichenholz und mit Eisen wohl beschlagen, damit sie seine kräftigen Worte, die er jederzeit hervorbringen würde, erdulden und ertragen könnte.
Und, wie gemeldet, der gefaßte Beschluß war ihnen über alle Maßen angenehm und wohlgefällig, auch erboten sich Alle, dazu mit Leib und Gut behülflich zu sein. Denn es hatte das Ansehen, als wollte etwas Anderes daraus werden, als da jener Poet sagt:
Parturiunt montes nascetur ridiculus mus.
Einst hörte man die Berge krachen, Als ob sie Junge wollten machen, Groß war der Menschen Sorg und Qual: »Wir sind verloren allzumal: Wenn diese Berge Junge hecken, So werden sie uns all bedecken.« Niemand wußte, was noch würde draus: Da wars nur eine kleine Maus, Die aus dem Berge schloff zuletzt, Als sie die Welt in Angst gesetzt. |
Als nun die Glocken, wie man zu sagen pflegt, des neuen Rathhauses wegen gegossen, die Ämter ausgetheilt und Alles abgeredet und geordnet war, was zu einem so wichtigen Werke nothwendig erfordert würde, befand sich's, daß nichts mehr dazu mangelte, als ein Pfeifer oder Geiger, der mit lieblichem Sang und Klang Holz und Steine gelockt hätte, daß sie von selber herzugelaufen wären und sich fein ordentlich, wie zu einem solchen Bau nothwendig, auf einander gelegt hätten. Wie denn bei den alten Scribenten gelesen wird von Orpheus, daß wenn er auf seiner Harfe gespielt, so seien ihm, seinen anmuthigen Gesang zu hören, nicht nur die Vögel und wilden Thiere, sondern auch die Bäume und ganze Wälder, ja ganze Berge (ist vielleicht zu der Zeit gewesen, da die Berge noch gehen und reden konnten) nachgezogen, ja große Wasserflüsse habe er bewogen, daß sie still gestanden und sich an seinem Gesang ergötzt und erquickt hätten. Also liest man auch vom Amphion, der mit lieblichem Klang seiner Harfe zu Wege brachte, daß ihm die Steine nachzogen, sich fein ordentlich auf einander fügten und die Ringmauern der Stadt Theben, in Böotien gelegen, von selbst also hervorbrachten, daß sie hundert Thore und ohne Zweifel noch viel mehr Thürme bekommen hat.
Einen solchen Gesang hätten sie zur Förderung ihres beschlossenen Baus haben sollen, welches sie auch zu vielen Malen wünschten, denn derselbe hätte ihnen viel Mühe und Arbeit benommen, dazu auch nicht wenig Kosten erspart. Weil aber ein solcher nirgend zu finden war, vereinbarten sie sich mit einander, das Werk insgemein anzugreifen und Einer dem Andern zu helfen, auch nicht eher abzulassen, bis der Bau vollbracht und vollendet wäre, daß man ihn gebrauchen und benutzen könnte.