Rudolf Steiner
Die Prüfung der Seele
Rudolf Steiner

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Drittes Bild

Zimmer in rosenrotem Grundton, freundliche Stimmung. (Johannes vor einer Staffelei; Maria, später eintretend, dann Geistgestalten als Seelenkräfte.)

Johannes:
Maria schwieg vor meinem Bilde,
als sie zuletzt es sah. –
Sie schenkte mir vorher doch stets
Aus ihrer Weisheit reichem Schatze,
was meines Werkes Fortgang fördern kann.
So wenig ich mir selbst getraue,
ein Urteil mir zu bilden,
ob ich mit meiner Kunst erfülle,
was unsre Geistesströmung fordert,
so sehr vertrau' ich ihr –.
Und immer wieder höre ich im das Wort im Geiste,
das kraftverleihend mich beglückte,
als ich an dieses Bild mich wagte.
»Du kannst auf diesem Bilde«, sprach sie,
»das Wagnis unternehmen,
was geistig nur die Seele schaut,
dem Sinnenschein zu offenbaren.
Es wird dir nicht verborgen bleiben,
wie Formen, Gedanken gleichend,
den Stoff bezwingen;
und Farben, gefühlsverwandt,
die Lebenskraft durchwärmen.
So darfst du auch die höhern Reiche
Mit deinem Können bilden.«
Empfindend dieser Worte Kraft,
ergeb' ich mich dem Glauben,
daß ich dem Siele näherkomme,
das Benedictus mir gewiesen hat.
Ich saß oft mutlos vor dem Bilde;
Vermessen schien es mir so manche Stunde,
unmöglich dünkt es mir zu andern Zeiten,
in Farben und in Formen nachzubilden,
was meine Seele schauen darf.
Wie kann man webend Geistessein,
das allem Sinnenschein entrückt,
sich nur dem Seheraug' erschließt,
mit Mitteln offenbaren,
die doch dem Sinenreich gehören.
So fragt' ich mich recht oft.
Wenn ich jedoch verbanne Eigenwesen,
und nach der Geisteslehre Sinn
zu schaffenden Weltenmächten
in Seligkeit entrückt mich fühlen darf,
erwacht in mir der Glaube
an solche Kunst, die mystisch wahr
wie unsre Geistesforschung ist.
Ich lernte mit dem Lichte leben
und in der Farbe des Lichtes Tat erkennen,
wie echter Mystik wahrer Schüler
im Reich des form- und farbenlosen Lebens
die Geistestaten und das Seelensein erschauen.
Vertrauend solchem Geisteslicht,
erwarb ich mir die Fähigkeit,
zu fühlen mit dem flutenden Lichtesmeere,
zu leben mit dem strömenden Farbengluten;
erahnend waltende Geistesmächte
im stoffentrückten Lichtesweben,
im geisterfüllten Farbenwesen.
(Maria tritt ein, ohne von Johannes bemerkt zu werden.)
– – – – – – – –
– – – – – – –
Und wenn mich dann der Mut verlassen will,
so denk' ich deiner, edle Freundin. –
In deinem Seelenfeuer
Erwarmet meiner Schaffenslust;
In deinem Geisteslicht
Erwachen mir die Glaubenskräfte.
(Er sieht Maria)
O – du bist hier – – – – –
– – –,
ich harrte deiner ungeduldig
und konnte doch dein Nahen übersehn!

Maria:
Erfüllen muß es mich mit Freude,
den Freund in seine Arbeit so vertieft zu sehn,
daß er der Freudin selbst vergißt.

Johannes:
O sprich nicht solches Wort –,
du weißt, wie nichts ich schaffen kann,
das nicht von dir gesegnet ist.
Es gibt kein Werk von mir,
daß dir nicht seinen Ursprung dankt.
Du hast im Liebefeuer mich geläutert,
daß ich vermag, durch meine Kunst zu bilden,
was dir sich offenbart im Schönheitsglanz,
der wesenwärmend, seinsverklärend strahlt,
und strahlend offenbart das Geistesland.
Empfinden muß ich meines Schaffens Strom
Aus deiner Seele Quell in meine fließen;
Dann fühle ich die Schwingen, die mich heben
Zu erdenfernen, geisterfüllten Höhen. –
Ich liebe, was in deiner Seele lebt,
und kann ihm liebend Bildgestalt verleihn.
Nur Liebe kann dem Künstler Kräfte zeugen,
die in den Werken fruchtbar weiterleben.
Und soll ich Bilder aus den Geistesweiten
Als Künstler in die Sinneswelten tragen,
so muß der Weltengeist durch mich erscheinen,
und Werkzeug nur mein Wegenwesen sein.
Der Selbstsucht Fesseln muß ich sprengen können,
daß ich nicht eigner Willkür Wahngestalten
statt Geisterwelten kunstvoll bilden möchte.
– – – – – – – –
– – – – – – – –

Maria:
Und wenn du, statt durch meine Seelenschau,
aus dir des Werkes Urbild holen müßtest,
es könnte dann aus einem Seelengrunde
der Schönheit Wesen einheitvoller wirken.
– – – – – – – –
– – – – – – – –

Johannes:
Ich müßte nur mach eitlen Denkgespinsten jagen,
wenn ich ergübeln wollte, was mir besser ist:
ob deine Geistesschau verkörpernd schaffen,
ob in mir selbst der Bilder Ursprung suchen.
Ich weiß, daß ich ihn so nicht finden
könnte.
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– – – – – – – –
Versenken kann ich mich in Seelengründe,
und selig mich in Geisteswelten finden,
ich kann am Sinnenreiche mich verlieren
und mit de Auge folgenFarbenwundern,
die Schöpfungstaten mich erschauen lassen.
Bin ich mit meiner Seele nur allein,
so führt, was ich erleben kann in mir,
ein Dasein nur, das nicht zum Schaffen drängt.
Doch darf ich dir in Weltenhöhen folgen,
und warm in Seligkeit dur nacherleben,
was du schon dort im Geist erblicken konntest,
empfind' ich Feuer in der Geistesschau,
das in mir selbst dann weiterflammt, und flammend
in mir entzündet Kräfte, die zum Schaffen zwingen.
– – – – – – – –
– – – – – – – –
Wenn ich in Worten wollte Menschen künden,
was ich in Höhenwelten kann erkennen,
so dürft' ich mich mit eigner Seele heben
in Sphären, wo der Geist zum Geiste spricht.
Als Künstler muß ich jenes Feuer finden,
daß aus dem Werk in Herzen strahlend wirkt;
und meine Seele kann dem Bild nur geben,
was magisch Geistesglut in Herzen strömt,
wenn sie erst selbst aus deinen Herzenstiefen
die Geistesoffenbarung trinken kann.
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– – – – – – – –
Wie Ursprungskräfte sich in Sehnsucht dichten,
und Schöpfungsmächte geistend sprühen,
und schon, den Menschen fühlend, seinsbedürftig,
als Götter sich im Zeitbeginn erschaffen,
dies hat der Freundin Seele oft mit edler Rede
in unsichtbarer Art mich greifen lassen.
Im zarten Ätherrot der Geisteswelt
versucht' ich, Unsichtbares zu verdichten,
empfindend, wie die Farben Sehnsucht hegen,
sich geistverklärend in Seelen selbst zu schauen.
So spricht der Freundin Seelenwesen wie mein eignes
Aus meinen Bildern zu den Menschenherzen.

Maria:
Bedenk', Johannes, daß die Eine Seele,
getrennt von andern, als ein Eigenwesen
seit Weltbeginn sich selbst entfalten muß.
Die Liebe soll getrennte Wesen binden,
doch nicht die Eigenheiten töten wollen.
Es ist der Augenblick für uns gekommen,
in welchen wir die Seelen früfen müssen,
wie sie des Geistespfades weitre Schritte
zu einer jeden Heil zu lenken haben. (Geht ab)
– – – – – – – –
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Johannes:
Was sprach die Freundin?
So unverständlich klangen ihre Worte!
Ich muß dir folgen, Maria! – – –
(Die drei Gestalten der Seelenkräfte erscheinen.)

Luna:
Du kannst dich selbst nicht finden
Im Spiegel einer andern Seele.
Die Kraft des eignen Wesens,
sie muß im Weltengrunde Wurzeln schlagen,
wenn sie aus Geisteshöhn
die Schönheit in Erdentiefen
mit echtem Sinn verpflanzen will.
Erkühne dich zum Eigensein,
daß du als starke Seelenform
dich Weltenmächten opfern kannst.
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Astrid:
Du sollst auf deinen Weltenwegen
Dich nicht verlieren wollen;
Zu Sonnenfernen dringen Menschen nicht,
die sich des Eigenseins berauben wollen.
So mache dich bereit,
durch Erdenliebe vorzudringen
in tiefe Herzensgründe
die Weltenliebe reifen lassen.
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Die andre Philia:
O höre nicht die Schwestern;
Sie führen die in Weltenweiten,
und rauben dir die Erdennähe, –
sie sehen nicht wie Erdenliebe
der Weltenliebe Züge trägt.
In Kälte walten ihre Wesenheiten,
die Wärme fliehen ihre Kräfte,
und Menschen wollen sie entführen,
aus ihren Seelentiefen
in kalte Höhenwelten.

(Vorhang, während Johannes, Philia, Astrid, Luna noch stehenbleiben.)


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