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»Da!«
»Ich kann sie aber nicht nehmen, wenn du sie blos schenkst,« sagte Tiburius.
»Da ihr gesagt habt, daß ihr sie recht gerne hättet, so müsset ihr sie ja nehmen,« antwortete sie, »ich gebe sie euch auch mit sehr gutem Willen.«
»Wenn du sie mit sehr gutem Willen gibst, dann nehme ich sie wohl an,« sagte Tiburius, indem er den flachen Stein mit Vorsicht aus ihrer Hand in die seinige nahm. Er aß aber in dem ersten Augenblike nicht davon.
Sie beugte sich wieder nieder und richtete das Körbchen mit dem weißen Tuche in den vorigen Stand. Als sie sich empor gerichtet hatte, sagte sie: »So sezt euch auf diesen Stein nieder, und eßt eure Erdbeeren.«
»Der Stein ist ja dein Siz, da du ihn zuerst eingenommen hast,« antwortete Tiburius.
»Nein, ihr müßt euch darauf sezen, weil ihr esset, ich werde vor euch stehen bleiben,« sagte das Mädchen.
Tiburius sezte sich also, um ihren Willen zu thun, nieder und hielt das Steinschüsselchen mit den Erdbeeren vor sich. Er nahm mit seinen Fingern zuerst eine und aß sie, dann die zweite, dann die dritte, und so weiter. Das Mädchen stand vor ihm und sah ihm lächelnd zu. Als er nur mehr wenige hatte, sagte sie: »Nun, sind sie nicht gut?«
»Ja, sie sind vortrefflich,« antwortete er, »du hast die besten und gleichbedeutendsten zusammen gesucht. Aber sage mir, warum verkaufst du denn keine Erdbeeren?«
»Weil ich durchaus keine verkaufe,« erwiederte sie, »ich suche sehr schöne und gute, und der Vater und ich essen sie dann. Das ist so: der Vater ist alt und wurde im vorigen Frühlinge krank. Der Badedoctor schaute ihn an, und gab ihm dann einige Dinge. Er muß ein närrischer Mann sein, denn nach einer Zeit sagte er, der Vater solle nur viele Erdbeeren essen, er werde schon gesund werden. Was sollen denn Erdbeeren helfen, dachte ich, sie sind ja nur ein Nahrungsmittel, keine Arznei. Weil man es aber doch nicht wissen konnte, ging ich in den Wald und suchte Erdbeeren. Der Vater aß sie gerne und ich nahm immer einen Theil mehr aus dem Walde mit, daß auch einige für mich blieben; denn ich liebe sie auch. Der Vater ist schon lange gesund, ich weiß nicht, haben es die Erdbeeren gethan, oder wäre er es auch ohne ihnen geworden. Weil sie aber so gut sind, so gehe ich noch immer, und suche uns einige.«
»In dem Bade sind schon lange keine mehr zu haben, weil bereits Herbst ist,« sagte Tiburius.
»Wenn ihr viele Erdbeeren wollt,« erwiederte das Mädchen – – »wie heißt ihr denn, Herr?«
»Theodor heiße ich«, antwortete Tiburius.
»Wenn ihr in dieser Jahrszeit viele Erdbeeren wollt, Herr Theodor,« fuhr das Mädchen fort, »so müßt ihr in die Urselschläge hinüber gehen; denn da werden sie erst im Spätsommer reif. Jezt sind sie noch schön genug. Geht einmal hin und pflükt euch einige. In andern Zeiten sind sie wieder an andern Pläzen gut.«
Tiburius war unterdessen mit allen seinen Erdbeeren fertig geworden, und er legte das Schüsselchen mit den grünen Blättern neben sich auf den Stein.
»Ich habe an diesem Plaze nur ein wenig gerastet, und gehe jezt fort,« sagte das Mädchen.
»Ich gehe mit,« sagte Tiburius.
»Wenn ihr wollt, so geht,« antwortete das Mädchen.
Sie beugte sich auf das weiße Linnen, das das Körbchen umhüllte und zu ihren Füssen auf dem Wege stand, nieder, faßte die vier Zipfel geschikt in ihre Hand, hob sie auf, und ging, das Körbchen an ihrer Seite tragend, fort. Tiburius hob sich von seinem Size, streifte die auf den Stein gefallenen Waldnadeln von seinem grauen Roke, und ging mit.
Sie führte ihn auf dem Wege, der zu der Steinwand und zu seinem Wagen ging, hinaus. Als sie aber zu der Gabel kamen, die Herrn Tiburius zum ersten Male verführt hatte, bog sie in den wohlbetretenen Pfad ein, und ließ den zu ihrer Rechten liegen, der zu der Wand und zu Tiburius Pferden hinaus führte. Er ging neben ihr her, der Pfad lenkte in schönen dicht bestandenen Wald ein und ging in ihm fort. Das Mädchen schritt, von den tanzenden Lichtern des Waldes bald besprengt bald gemieden, in einem mäßigen Tritte fort, daß Tiburius ohne Beschwerde neben ihr gehen konnte. Als sie eine Streke zurük gelegt hatten, glaubte Tiburius den großen Stein zu erkennen, zu dem er damals gerannt war, und auf dem er stand, da er nach seinem Wagen und nach seinen Leuten gerufen hatte.
»Ich muß euch doch um etwas fragen, das ich nicht verstehe,« sagte das Mädchen, da sie so mit einander gingen.
»So frage,« antwortete Tiburius.
»Ihr habt gesagt, da ihr mir die Erdbeeren abkaufen wolltet, daß ihr kein Geld an jener Stelle hättet, wenn ich aber bis auf die Straße hinausginge, wolltet ihr mir sie dort gut bezahlen. Wie ist nun das zu verstehen? Liegt euer Geld auf der Straße?«
»Nein, das ist nur so,« antwortete Tiburius, – »aber sage mir auch, wie heißest denn du?«
»Maria heiße ich,« erwiederte das Mädchen.
»Also siehst du, Maria, das ist so: ich gehe nur öfter ganz allein in den Wald herein, um da spazieren zu gehen, mein Diener wartet auf der Straße. Da nun er alles einkauft, was wir bedürfen, und da er auch das bezahlt, was ich kaufe, so trage ich nie ein Geld mit mir, sondern er hat mein Geld und verrechnet es mir zu gesezten Zeiten.«