Rudolf von Tavel
Der Donnergueg
Rudolf von Tavel

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V.
Der Peter reckt i Sparhafen und bouet mit dem Annemarie im «Hölzigen Ofen» Cabinetli

Wenn d’Lüt meh würde drüber nachedänke, was es für ne junge Möntsch bedütet, öpper i der Neechi z’wüsse, wo-n-ihm z’grächtem wohl wott, so gäb sech no mängs chly williger här für sy Nächschte. I ds Peters Härz het’s afa jäse. ’s isch warm worde, und es isch grad gsi, wi wenn gwüssi Gedanken und Gwohnheite, wo sech wi Zäggen i d’Härzwand hei gfrässe gha, di Wermi nid mögten erlyden und ihri Sugrüßle müeßten yzieh. Wenn so öppis afat gscheh, so merkt me de undereinisch, daß me vil wöhler sy chönnti, als me sit langem isch. E Druck lat nah, wo me sech dra het gwanet gha, und es wohlet eim. So nes Wäse wi ds Annemarie ghört richtig in e suberi Stube, und chunnt es in en ungwüschti, so git’s nid Rueh, bis gfägt isch. Bessers cha keim Möntsch uf Ärde widerfahren als e settigi Usruumeten anere Liebi z’lieb. Aber da heißt’s ehrlech sy bis i di innerschte Rümpf ynen und kei Ruumi la chläbe, sünsch git’s mit der Zyt bösi Gschichte.

Wi meh der Peter drüber nachedänkt het, descht größer isch ihm ds Glück vorcho, wo-n-ihm ds Annemarie würdi bringe, wenn er’s einisch dörfti uf ne Pfruend use mitnäh. Das gäb e Pfarrfrou! Er isch a däm Glückstroum ufegchlätteret wi nen Eichhorn an ere Wyßtanne. Nume schad, daß er sech nid Zyt gno het, für mit der Rysbürschten i d’Rümpf yne z’fahre!

Derfür isch der Peter Harzchopf mit syne Finger i 33 d’Schublade gfahren und i Sparhafe, wo für ne Studänt rächt e schöne Schübel Gäld isch drinne gsi. En Ougeblick het er sech bsunnen und nachezellt, und du het er hundert Franken use gno, es schöns Päckli druus gmacht und druuf gschribe: «Für den armen Liechti, von Peter Harzkopf.» Aber undereinisch isch ihm en anderi Idee dür e Chopf gange. Er het ds Päckli wider i d’Schublade ta, het d’Chappen agleit und isch uf d’Suechi na nere neue Bhusig für e Liechti. Na mängem nutzlose Gang vor d’Stadt use het er du bim «Hölzigen Ofen» ussen eine gfunde, wo sech willig zeigt het, der Liechti zue sech i ds Huus z’näh und zue-n-ihm z’luege, wenn öpper für ihn well hinderlegen oder guetstah. Und das het du der Peter unbsinnet uf sech gno.

Im hälle Triumph isch er du der Jumpfer Sunnefroh ga brichte, was er usgrichtet heigi. «Ja, aber und de?» het du ds Annemarie gfragt, «was höischt de dä?» — «O, das isch ekei Sach», seit der Peter, «löjt mi derfür sorge! I will mi umtue derfür, wenn Dir mer nume weit hälfe, der Liechti us syr alte Bhusig furt z’bringe.» Das het du no mängs gä z’rede, und di beide hei e grüüslechi Freud gha, daß sie so zsämethaft hei chönnen es guets Wärk tue.

Dem Liechti het’s du no schier e chly weh ta, wo-n-er us sym alten Eländ het use sölle. «I ha gmeint, i chönn jitz hie sy, bis daß es erläbt isch, aber mira!» I der Erschti na der Züglete hei si Angscht gha, es blas ne-n-um. Aber i der warme Sunnen und früsche Luft het er sech doch du chly möge bchyme. ’s wär würklech schwär gsi z’säge, wär vo beidne, der Liechti oder der Peter, ds Annemarie meh aglüüchtet heigi. Jedefalls sy ihrere drü derby glücklech worde.

Ds Allerschönschte für e Peter isch du gsi, daß er 34 jitz ds Annemarie a menen Ort het chönne träffe, wo niemer nüt dervo gmerkt het. Im Afang isch es dem Annemarie nid rächt wohl gsi derby. Es het bis jitz nie nüt hinder em Rügge vo synen Eltere gmacht gha. Aber es het o nüt anders dänkt, als das syg so nes Erläbnis, wo de o wider vorbygangi, wi öppen es paar Tag schön Wätter.

Nah-ti-nah het der Peter e fyni Nasen übercho für z’merke, wenn d’Jumpfer Sunnefroh i «Hölzigen Ofen» usen isch. Aber alles het er doch nid gschmöckt. Ei Tag emel, wo ds Annemarie bi sym Patiänt vor em Huus i der Sunne gsässen isch, het me der Peter Harzchopf o gseh um ds Huus ume stryche; aber undereinisch isch er wider dervo wäg, wi ne Schelm, wo ungsinnet dem Ringgi begägnet isch. Ringgi het frylech dert keine bället, derfür aber isch der Herr Profässer Reißhagen da gsässe. Ds Annemarie het dem Peter der Rügge gchehrt und nüt gmerkt. Der Profässer hingäge het ne gseh um e Husegge cho z’rönnen und z’rückschieße. Er het nüt derglyche ta, nume chly amüsiert drygluegt. Er het juscht dem Liechti sys Handgleich zwüsche Duumen und Mittelfinger gha und i der andere Hand d’Uhr. Wo-n-er fertig gsi isch, seit er: «Sagen Sie mal, Sie sonnenfrohes Kind, kennen Sie vielleicht einen gewissen Theologen Harzkopf?»

Ds Annemarie het gspürt, wi-n-es rot wird, und seit: «Ja, Herr Professor, er ist ein Freund von meinem Vetter, der bei uns wohnt. Da sehe ich ihn etwa.»

«Was halten Sie denn von dem jungen Mann?»

«O, er ist noch nett! Er hat mir geholfen, dem Liechti ein Plätzchen zu suchen. Ich weiß emel nicht, wie ich ohne ihn gemacht hätte.»

35 «So, so, hm, hm», het der Profässer gmacht. «Na gut, das nimmt sich besser aus.»

«Haben Sie etwa Ungutes von ihm vernommen?»

«Na, scheint ein bißchen Radaubruder zu sein.»

«So?»

«Jawohl. Kürzlich hat er ne gesalzne Buße zudiktiert bekommen. — Hat sich in Dinge gemischt, die ihn nichts angehn. — Aber, lassen wir’s gut sein! Jugend kennt keine Tugend. — Also, mein lieber Lichty, genießen Sie Ihre Sonnenwärme tüchtig, und fahren Sie fort mit dieser Mixtur. Leben Sie wohl, Fräulein Sonnenschein, habe die Ehre.»

«Was dä mer nid scho alles gseit het!» seit ds Annemarie, wo-n-es wider allei bi sym Chrankne gsässen isch. «Ja», meint der Liechti mit mene müede Lachen im Gsicht, «ds vorder Mal het er Ech sogar gseit: Jumpfer Mondenschein.»

«He ja, öppe, und Sunneblueme, Sunneguld und alles, was me mit Sunne cha zsämehänke.» Aber währed däm Gspräch isch dem Annemarie geng öppis im Chopf ume gange, wo me mit Sunne nid het chönne zsämehänke: «Radoubrueder.» Wär ihm der Verchehr mit dem Peter Harzchopf würklech no gar nüt anders gsi als es Erläbnis, wo der nächscht bescht Luftzug verblaset wi d’Büüßeli von ere Söublueme, so hätti ds Annemarie sy «Chumm-mer-z’Hülf» bim Liechti eifach glägetlech gneckt: «Wenn Dir wüßtet, was mir ds chly Fingerli gseit het!» Es hätti de bald usebracht, mit was er sech der Name Radoubrueder verdienet het. Aber es het es Gspräch gschoche, wo dem Peter Glägeheit botte hätti, ihm, Annemarie, nes Leid z’chlagen und’s dermit für sich yz’näh. Und wenn es de gar a sy Papa 36 dänkt het, so isch es ihm geng dütlecher worde, daß es gschyder wär, sech der Peter drei Schritt oder no chly wyter vom Lyb wäg z’ha. Es isch ihm o grate. Het der Peter e fyni Nase gha für d’Spur vom Annemarie, so het äs es no besser verstande, niene meh umewäg z’sy, wenn er uf syr Spur derhär galöpplet isch. Und wenn’s ihm einisch nid het chönnen etwütsche, so het es famos guet gwüßt ne z’meischtere. Es isch fei e chly stolz worden uf sy Chunscht; aber derby het es nid gmerkt, daß es mit allem däm i den Ouge vom Peter geng höcher ufe gstigen isch und ne je länger descht meh azoge het.

Derby isch es dem Liechti guet gange. Er hätti müesse vom Sack troffe sy, wenn er nüt gmerkt hätti. Aber er isch de no chly e Läcker gsi und het sy stille Gspaß dranne gha, zuez’luege, wi di zwöi über sym Chrankebett us fromme Wünsch und Zuekunftsscheieli es Liebescabinetli ufgrichtet hei. Und wenn er de alben allei glägen isch und so gruusam vil Zyt het gha zum Nachedänke, so isch er de sälber als Prieschter uf d’Schwelle vo däm lustige Tämpeli gchnöilet und het dem liebe Gott gseit, er söll doch rächt die beide Möntschechinder glücklech mache. Es het ne-n-ob däm Bätte dunkt, er chönni für sich grad um ds halbe ringer ds Läbe la fahre, und doch isch es sech nie so derwärt, z’läbe, wi wenn me für anderi ysteit. Ds Liechtis Ouge hei nume so gstrahlet, und wenn de di zwöi das gseh hei, so hei si sech ybildet, es sygi nume d’Dankbarkeit vom Liechti — e chly isch es ja gsi — wo ne so machi z’lüüchte, und de het se de d’Freud ob em gmeinsame Lohn für di gmeinsami Tuged no um ne Seigel höcher ufe glüpft uf ihrer Himmelsleitere.

Jitz isch bekanntlech der Möntsch nie säliger als i de 37 Tröum; aber ds Tragischen isch äbe, daß es eim nid Rueh lat, bis men us em Troum cha Wahrheit mache, und de überchunnt undereinisch alles ganz es anders Gsicht. Hundertmal erfahrt me’s, aber zum hundert und erschtemal möcht me’s doch wider erläben und nid numen ertroumet ha.

Uf all Wys und Wäg het der Peter probiert, ds Annemarie einisch under vier Ouge z’erwütsche, und geng isch es ihm drusgschloffe, bis du einisch e tolli Rägeschütti cho und bim Liechti numen ei Rägeschirm ufz’trybe gsi isch. Jitz wohl! Jitz het du der Peter uf em Heiwäg i d’Stadt sys Härz under das blaue Rägedach usgläärt. «Lueget», het er gseit, «Dir wüsset halt nid, was Dir mer syd! Wenn i Euch nid hätti, so wär i scho lang mit der ganze Wält im Ungreis. I cha mi halt nid liecht under d’Lüt schicke. I mueß de albe graduse reden und mache, und das geit de halt übel a. Jede meint, er sygi öppis Bsunders, und wenn de üsereine sech einisch erloubt, o ne Meinung z’ha, so git’s uf der Stell Füür. Was hätt i nid scho alles agrichtet, wenn nid der Gedanken a Euch mi bändiget hätti!»

«E das wird öppe nid so gfährlech sy!» Im stille het ds Annemarie richtig a «Radoubrueder» müesse dänke.

«Wohl, wohl», het der Peter furtgfahre, «lueget, i kenne der Drahtgügger; wüsset Dr, e schlächte Kärli bin i nid, es cha de no einisch guet cho. Es chunnt ganz nume druuf a, ob i ds Glück ha, daß Dir mi lang gnue a der Halftere heit.»

«Das isch nüt, wenn me so vo mene Möntsch abhängig wird; Dir wüsset doch öppis Bessers. So ne Theolog!»

«Ja, scho, aber einschtwyle geit’s halt no nid ohni.»

38 Wo si du zum Chrischtoffelturm cho sy, het der Peter gwüßt, daß er nid wyter mit dem Annemarie darf gah und het ihm der Schirm wellen überla. Aber ds Annemarie het ihm ne-n-aghänkt und gseit, es bruuchi für sych keine. Und so het der Peter sy bouelige Bychtstuehl sälber müesse heitrage. Er isch zfride gsi mit sym Gständnis und het ds Gfüehl gha, er heig sy Sach gschickt gmacht.

Ds Annemarie het ganz guet gspürt, wi rächt der Peter gha het mit syne Bekenntnisse. Und dermit isch es mit syr Rueh uus gsi. Het’s dä jung Ma dörfe la falle?

I de nächschte Tagen isch es schwygsamer gsi als gwöhnlech, und bald hei si daheim gmerkt, daß ihns öppis plaget. Der Papa het afa vermuete, wo der Schueh sy Tochter drücki. Als Möntsch het ihm der Peter Harzchopf gar nid schlächt gfalle. Er het sech sogar gseit, di zwöi gäbe villicht ganz es glücklechs Paar, und ds Annemarie wär gar kei übli Pfarrfrou. Aber — aber, da hei syni Familieportraits ne wider so kritisch agluegt, und es isch ihm so mängs wider z’Sinn cho, wo-n-ihm sys Läbe schwär gmacht het. Het er jitz dä Kampf söllen ufgä? O, hätt er doch! Aber er het gmeint, er syg’s sych, sym Namen und der Himmel weiß wäm schuldig, der Tochter e besseri Partie z’sueche. Het der Peter Harzchopf dem Annemarie sy eigeti Seel uf e Charre gleit, so het ihm der Papa syni Plän, sy Name mit Schiff und Gschirr ufglade. Vor wele het es sech sölle spanne? Weli Ladig isch schwärer, weli wärtvoller gsi?


 


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