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Die Bürgschaft, die Benno geleistet hatte, beunruhigte ihn nicht lange. Ein paar Tage war ihm die Erinnerung daran unangenehm, doch wußte er sich zu trösten und seinen Leichtsinn zu entschuldigen.
Man ist halt gutmütig und kann einem Freunde die Hilfe nicht verweigern. Er gab sich nicht einmal Rechenschaft darüber, ob er, wenn er in Anspruch genommen würde, der eingegangenen Verpflichtung nachkommen könnte.
Dazu würde es schon nicht kommen; der Rabl war ein Ehrenmann und der Schmidramsl ein geriebener Kerl, der sein Geld nicht an zweifelhafte Spekulationen setzte. Nach einer Woche hatte Benno die ganze Sache vergessen.
Er wurde daran erinnert, als ihm Schmidramsl ordnungshalber mitteilte, daß der Schuldner die Zinsen nicht bezahlt habe. Da schrieb er an Rabl einen Brief, in dem der Standpunkt eines ehrenhaften Geschäftsmannes mit starken Worten hervorgehoben wurde.
»Es gibt gewisse Ehrenpflichten«, schrieb er, »die man unter keinen Umständen verletzen darf. Ich hoffe nicht, daß sich mein Vertrauen, welches ich auf Deine anständige Gesinnung gesetzt und selbes auch bekundet habe, als ein blindes herausstellt. Andernfalls müßte ich verlangen, daß man gegen Dich unnachsichtlich vorgeht, denn ich bin nicht gewillt, für etwaige Liederlichkeit in die Bresche zu treten...«
Er unterstrich die schärfsten Stellen seines Schreibens zweimal und dreimal.
Zwei Tage darauf kam Rabl zu Benno und wies ihm die Quittung des Herrn Schmidramsl vor.
»Dös hätt's net braucht, daß d' ma du an solchen Brief schickst... i war in geschäftlichen Angelegenheiten abwesend und hab in Gotts Namen net dran denkt, daß i vor der Abreise diese Lappalie erledigt hätt'... desweg'n schmeißt ma oan net solchane Ausdrück an 'n Kopf...«
»Erlaub du mir...«
»Das is net freundschaftlich gehandelt; dös muaß i dir scho sag'n...«
»Erlaub du mir, ich stell mich da auf den Boden der Tatsachen, net wahr? Ich erhalte ganz einfach eine Zuschrift vom Schmidramsl des Inhalts, daß du de ersten Zinsen nicht bereinigt hast. Ergo muß ich doch annehmen, daß diese Kapitalistengruppe... net wahr... von der du die Summe bezogen hast, deine Kreditwürdigkeit in Frage gestellt hat. Z'weg'n was schreibt mir denn sonst der Schmidramsl?«
»Dös is zum Lacha! I muaß in einer Angelegenheit, bei der a bissel mehr im Feuer is als wia der Pfifferling da, verreis'n, es pressiert, daß i grad no den nächst'n Zug erwisch', und in der G'schwindigkeit vergiß i auf de paar Markl'n...«
»Zugegeben, aber das kann doch ich net wissen! Ich hab mich einfach auf den Boden der Tatsachen g'stellt. Mein Brief an dich war nur eine gegebene Konsequenz...«
»Schön, also betracht'n wir die Sach als erledigt...«
Rabl schüttelte Benno herzlich die Hand. Es konnte einem Ehrenmanne nicht leicht fallen, so herbe und so ungerechte Vorwürfe zu vergessen, aber echte Freundschaft überwindet viel.
Diese Mischung von gekränktem Biedersinne und verzeihender Gutmütigkeit war in den Augen Rabls deutlich zu lesen. Benno war gerührt.
Sein heftiger Unwille, der sich tags vorher in langen Selbstgesprächen Luft gemacht hatte, wich dem Frohgefühle über die Abwendung der Gefahr.
Und dies machte ihn gesprächig und jovial.
Er schlug dem Freunde kräftig auf die Schulter. »No, alter Spezi, wie geht's dir denn sunst?«
»Guat, wenn i koane Briaf kriag...«
»Ah was! Dös is jetzt vergess'n... aber daß ma di gar nia siecht?«
»Was glaubst d' denn, was i für G'schäft hab. Jetz is der gegebene Zeitpunkt, mei Liaba, wo i allaweil g'sagt hab, München steht vor einer Entwicklungsperiode wie no gar nia... Jetzt bringt ma sei Heu rein.«
»Hast d' wieder eine Spekulation?«
»Oane? Zehni... zwanz'g... dös sag i dir, Globerger; sag, i hab's gsagt, mir mach'n aus München die Zentrale des Fremdenverkehrs... den Treffpunkt der feinen Welt... wer si amisier'n will, muaß nach München...«
»Man hört allgmein, daß si da Fremdenverkehr hebt, und neuli, der Bürgermeister...«
»Ah... was! Heb'n... Organisier'n tean ma'n... Mir gründen erst die Fremdenzentrale München... bis jetzt war's ja nix... was is denn g'schehg'n? A bissel inseriern und Zeitungsschmarrn und vielleicht Festspiele, na hamm ma's beinand. Mit dem macht ma's net, mei Liaba... man muß dem reisenden Publikum ganz was anderes bieten. Von diesem Gesichtspunkte gehen wir aus...«
Rabl wurde eifrig und kam ins Hochdeutsche; es klang, als lese er Sätze aus einem Prospekte vor.
Benno wurde aufmerksam.
»Du sagst allaweil ›wir‹...«
»Ja... ein Komitee von ungefähr zwanzig Personen... hat sich im stillen gebildet, is nix in d' Zeitung kumma, denn derartige Unternehmungen im größten Stil verlangen eine gewisse Diskretion... Dös kannst dir ja denk'n...«
»Is der Schmidramsl dabei?«
»Ja... dös hoaßt... er is zugelassen als Vertreter einer bestimmten Kapitalistengruppe... aber er spielt keine Rolle... mei Liaba, da san ganz andere Persönlichkeiten beteiligt... Vertreter der Finanzwelt, Künstler, bedeutende Anwälte, in erster Linie Architekten...«
»Daß ma da no nix g'hört hat davo?«
»Vorläufig hängt ma's net an de groß Glock'n... dös is doch ganz klar... weil mir inbetreff der Baugründe eine vorsichtige Politik treib'n... wenn mir unsere Direktiven verrat'n, treib'n mir ja selber die Preise in eine schwindelnde Höhe... dös sagt oan doch der Verstand...«
»Seit wann is denn dieses Komitee beinand?«
»Seit wann? No... mit dir kann i ja drüber red'n... obwol mir sonst die größte Diskretion wahren... das is jetzt zwoa Monat... da hat sich der Verein zur Organisation der Fremdenzentrale konstituiert... es san dann mehrere Gruppen gebildet worden... die kaufmännische Abteilung, die künstlerische Abteilung...«
»Also is dös in an ganz an großen Stil?«
»Dös glaab i! Es san erste Namen dabei, Baufirmen, Künstler... und dös sag i dir, dös ganze intelligente München... was überhaupt in Betracht kummt und was an' Unternehmungsgeist hat, wird sich da in kurzer Zeit anschließn, oder muaß si anschließ'n...«
»M... hm... ja...«
Benno verhielt sich noch reserviert, obwohl ihn als neuzeitlichen Münchner das Wort Fremdenverkehr sogleich in seinen Bann gezogen hatte.
»Übrigens fallt mir grad ei«, sagte Rabl, »heut nachmittag kommen einige Vertreter von alle drei Gruppen im Kaffee Gröber z'samm... wenn's di intressiert...«
»I mag mi nimmer auf Spekulationa einlass'n...«
»Von dem red i do net... Mei Liaba, dö hätt i aa gar net den Einfluß, daß ich dir den Beitritt zu Spekulationen verschaffen kunnt... dös geht net so leicht... aber i hab g'sagt, wenn's dich intressiert, weil du früher Interesse zoagt hast, in diesem Fall hätt ich dir Gelegenheit verschafft...«
»Man is also net gezwungen, daß ma si da g'schäftlich beteiligt?«
»Gezwungen!« Rabl lachte herzlich. »Du bist guat! Da muaß ma verschiedene Garantien leist'n, bis ma die Genehmigung kriagt, daß ma si beteiligt... So liegt die Sache...«
»Dös mag scho sei. Ich sag's ja auch bloß zu dir, damit i mein Standpunkt klar leg. I hab mir's zum Prinzip g'macht, daß i nimmer spekulier...«
»Dös is dei Sach. I sag dir bloß, dös Prinzip gibst no amal gern auf, Mannderl! Sag, i hab's g'sagt... Aber i will di wahrhaftig net überred'n...«
»Hinschau'n kann i ja amal. Im Café Gröber, sagst?«
»Ja... Um zwoa bin i dort. Wenn's d' kumma willst, is recht... aber, wia g'sagt... ganz nach dei'n Belieb'n...«
»Vielleicht kimm i...«
»Also pfüat di Good, Beni... und gel, dös siechst ei, daß ma bei dem Großbetrieb a so a Lappalie übersehg'n ko?«
»Von dem red'n ma nimmer... pfüat di Gott...« Rabl ging bis zur Türe. Als er die Hand auf die Klinke legte, fiel ihm noch etwas ein.
»Ah... paß auf... Beni... daß i net vergiß... gel... die alte Frau Harwig in Schwabing drunt... de dös Anwes'n hat... den Gart'n... woaßt scho... bei der Seestraß'n... de is a Verwandte von dir?«
»Ja... sie is a Bas'n von mein Vater selig... Wie kommst denn auf de?«
»Neuli war die Sprach davo. De Frau hat ein großes Vermög'n und woaß 's net...«
»Du... wenn du vielleicht da was glaabst... da sag i dir glei, gib dir koa Müah! De alte Frau hängt an ihrem Häusel und will nix von der Welt...«
»Ko' ma net wiss'n...« Rabl zog die Achseln hoch und machte eine geheimnisvolle Miene. »De alt'n Leut rechna mit ganz andere Verhältnis... Aber wenn amal Riesensummen geboten wer'n, verstehn de Leut auch, daß sie si net selber Feind sei de'n... Es kummt a neue Zeit... Beni... dös sag da'r i... also adje!«
*
Es traf sonderbar zu, daß gerade um diese Zeit die alte Frau Sephi Hartwig von einem schweren Kummer bedrückt wurde, denn aus der neumodischen Welt, von der sie und ihr stilles Häuschen abgeschieden waren, drang eine Nachricht zu ihr, die ihr alle Ruhe nahm.
Der Magistrat wollte den südlichen Friedhof, der mit dem Wachstum der Stadt von neuen Straßen eingefaßt worden war, auflassen, und der Beschluß war schon gefaßt, daß von einem nahen Zeitpunkte ab niemand mehr darin begraben werden dürfe.
Nichts hätte die Alte härter treffen können als die Befürchtung, daß sie nicht, wie sie es immer gedacht hatte, einmal neben ihrem Manne und ihrer einzigen Tochter, die vor mehr als dreißig Jahren als angehende Zwanzigerin gestorben war, liegen sollte. Die Nachricht kam ihr zuerst unglaubwürdig vor. So grausam konnte doch die Verwaltung ihrer Heimatstadt nicht vorgehen, so wichtig konnten doch diese neuen Interessen nicht sein, daß man ihr den billigen Wunsch, den einzigen, den sie noch hatte, verwehrte.
Damals, als ihr Katherl sterben mußte, hatten sie, die Hartwigs, noch ihre Wohnung in der inneren Stadt gehabt; erst später hatten sie, weil sie die Erinnerung an das einzige Kind bedrückte, das kleine Haus mit Garten in Schwabing gekauft.
Und wie vor acht Jahren auch ihr Xaver Abschied genommen hatte, war es ganz selbstverständlich gewesen, daß er zur letzten Ruhe neben die Tochter zu liegen kam. Da wartete er jetzt auf seine Sephi, die auf dieser Welt nichts mehr zu suchen und alle Freude in der andern zu erwarten hatte.
Wie hätte sie je daran denken können, daß die neue Zeit, die ihr München so verändert, ihr Leben, wo es nur möglich war, bedrängt hatte, nun auch noch die so ehrwürdige Hoffnung bedrohen sollte?
Sie war gleich ins Rathaus gegangen und hatte sich in den finstern Gängen, wo man Stufen auf und Stufen ab und immer um Ecken herum gehen mußte, zu dem Rechtsrat durchgefragt, der diese Sachen zu verwalten hatte.
Der behäbige Herr mit dem Zwicker auf der Nase hatte mit einem überlegenen Lächeln dieses Überbleibsel aus einer vergangenen Zeit betrachtet.
»Gute Frau«, hatte er dann gesagt... »gute Frau, Ihr Wunsch ist ja begreiflich, obwohl... aber das ist am Ende ein anderer Standpunkt... ich meine, mir wäre es nicht so wesentlich, ob ich im östlichen oder nördlichen oder im südlichen Friedhof beerdigt würde... ich verstehe«, der Herr Rat war eine Säule des Liberalismus und eigentlich über so was erhaben, »ich verstehe, daß Sie als gläubige Christin einmal – wir wollen hoffen, erst nach einiger Zeit – in geweihter Erde Ihre Ruhestätte finden mögen, aber was nun das Spezielle anlangt, obwohl ich, wie gesagt, den Wunsch begreiflich finde, was das Spezielle anlangt, so können wir uns nur an den Beschluß halten. Wo kämen wir hin, wenn wir Ausnahmen machten? Bedenken Sie, dreißig Jahre nach der Bestattung des letzten Toten kann der Friedhof erst dem Verkehr übergeben werden...«
»Ja... ich muß doch neben meine Leut kommen... mir hamm doch auch allaweil unser Sach richtig g'macht und war'n ordentliche Bürgersleut...«
Frau Sephi hatte vor Weinen nicht weiter reden können.
Da war dem Herrn Rat die Einsicht gekommen, daß er mit Vernunftgründen nichts ausrichten könne, und vielleicht hatte ihn auch das Mitleid ein wenig gefaßt.
»Jetzt trösten Sie sich nur«, hatte er gesagt. »Wir wollen einmal sehen, ob sich eventuell was tun läßt.«
Frau Sephi war aber nicht getröstet; in der Trambahn sprach sie still vor sich hin, und da sie die Hände auf dem Schoße gefaltet hielt, glaubten die andern Fahrgäste, das alte Weiblein bete.
Nahe beim großen Wirt stieg sie aus und ging in der Richtung gegen den Englischen Garten zu.
Da war vor kurzer Zeit noch ein Dorf mit kleinen Häusern und niedlichen Gärten davor gewesen.
Nun waren die meisten verschwunden und hatten kahlen Miethäusern Platz gemacht, aus deren Fenstern die grämliche Verdrossenheit zusammengepferchter Menschen schaute.
Ein Steinhaufen nach dem andern hatte sich über die Wiesen vorgeschoben und die alten Wohnstätten eingepreßt, daß ihnen Licht und Luft fehlte, und daß sich die Besitzer bestimmen ließen, dem Zeitgeiste nachzugeben und ihr vererbtes Gut Spekulanten zu überlassen.
Aber etliche Dorfhäuser waren erhalten geblieben, und eines der nettesten, das Hartwigsche, das mit einem stattlichen Vorgarten an der Kreuzung zweier neu angelegter Straßen lag, konnte die Aufmerksamkeit fortschrittlicher Bauschwindler in hohem Grade erregen. Und konnte die Freunde alter Behaglichkeit erfreuen.
Die kleinen Fenster schauten mit hellen Scheiben zwischen dem Laub der Spalierbäume heraus auf Blumen und Gemüsebeete; ein blanker Kiesweg lief vom Gartenzaune bis zur überdachten Haustüre und schien jeden einzuladen, sich aus der angerußten Stadt in diese Reinlichkeit zu flüchten.
Aber Frau Sephi freute sich nicht über all das Anheimelnde, als sie von ihrem Gange zurückkehrte.
Und doch war der Herbsttag feierlich schön, und das Sonnenlicht lag wie flüssiges Gold auf den Blumen; an den eben erst aufgeblühten Astern saßen scharenweise die Bienen, und bunte Schmetterlinge klammerten sich gierig daran fest.
Frau Sephi beachtete es nicht; sie machte sich auch nicht wie sonst an den Beeten was zu schaffen, sondern ging zum besorgten Erstaunen ihrer alten Magd in die Wohnstube und setzte sich am hellen Vormittag, kurz vor der Essenszeit, wo sie immer in der Küche nachgesehen hatte, in einen Lehnstuhl.
Über der polierten Kommode hingen zwei Porträts, in der Manier der vierziger Jahre gemalt; eine junge Münchner Bürgersfrau mit der Riegelhaube auf starken Zöpfen. In dem frischen Gesichte fielen zwei rehbraune Augen auf, die schalkhaft zu dem dicken Herrn hinüberschauten, der nebendran aus seinem Rahmen ehrenfest auf den Beschauer blickte.
Sein rosiges Gesicht erzählte eine ansprechende Geschichte von der alten münchner Wohllebigkeit, vom Gedeihen des bürgerlichen Handwerks und von seiner Ehrlichkeit.
Das war das Porträt des Bortenmachers Xaver Hartwig, der mit seiner Eheliebsten vor beinahe dreißig Jahren dieses Haus erworben und seine Ruhetage darin beschlossen hatte.
Heute schien er seine Blicke verwundert auf seine Sephi zu richten.
Was sie nur hatte?
Warum sie hier vor ihm so müde und zerschlagen im Lehnstuhl saß, statt wie sonst in Haus und Garten nach dem Rechten zu sehen?
Ging es schon an Krankheit und Sterben? Aber kürzlich war sie doch noch frisch und munter gewesen und hatte ihm liebevoll mit dem Staubtuche über das Gesicht gewischt, nachdem sie, ganz wie sich's gehörte, die Uhr im Säulentempelchen aufgezogen hatte. Und wenn das Ende herankam, warum war sie darüber gar so betrübt? Wie oft hatte sie gesagt und es ganz gewiß auch gedacht, daß es Zeit für sie werde, neben ihrem guten Xaver Platz zu nehmen!
Darin war keine Wehleidigkeit gelegen, die ja zur heiteren Frau Sephi nicht gepaßt hätte, das war mit klarer Vernunft überlegt und ausgesprochen, denn wer den Achtziger überschritten hat, kann nichts Schönes mehr erwarten und darf daran denken, wie er das letzte Geschäft richtig und mit Anstand abmachen werde.
»O mei Xaver!« seufzte unten im Lehnstuhl Frau Sephi, und die Tränen kugelten ihr über die eingeschrumpften Wangen auf den Schoß herunter.
»Wie s' di naustragen hamm, is mir net so traurig z' Mut g'wes'n wie heut. I hab mir denkt, wegen de paar Jahrl Trennung is net aus, und i kumm bald, und nacha schlaf'n mir nebenanander bis zum Jüngsten Tag...«
Sie weinte ins Taschentuch hinein.
»Daß es eine solchene Zeit und solchene Leut geben kann! Vor nix Respekt haben, alles z'sammreiß'n, alle Ruh und Gemütlichkeit aus der Welt schaff'n, und jetzt gunnen s' einem nicht einmal das Platzl unterm Boden...«
Draußen klapperte die alte Resi mit Geschirr und Schüsseln und kam herein.
»Frau Hartwig...«
»Was denn?«
Das klang müde, beinahe krank.
»Ja, was hamm S' denn?«
»Nix hab i... Mußt mi heut net frag'n und plag'n...«
»Zweg'n da Dampfnudeln, hab i gmoant...«
»Mach s' no selber... i hab net derweil und mag net außi.«
Kopfschüttelnd ging Resi in die Küche zurück, und kopfschüttelnd räumte sie nach dem Essen ab.
Ihre Frau hatte kaum was angerührt; wenn sie krank würde, das wär arg. Siebenunddreißig Jahr war sie im Hause, und jetzt in den alten Tagen da heraus müssen, unter fremde Leut?
Da setzte sich auch Resi auf einen Küchenstuhl und weinte.