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Ursula Reischl steht auf dem Hausanger hinter dem Hofe und tut Mist breiten. Es ist ein schöner Herbsttag, und die Nachmittagssonne brennt so heiß herunter, daß die Ursula oftmals die Arbeit aussetzt und ein bissel Umschau hält, um zu rasten. Sie wischt sich mit dem Ärmel die Schweißtropfen von der Stirne und fährt mit der Hand ein paarmal unter der Nase auf und ab. Dann nimmt sie wieder eine Gabel voll Mist und schüttelt ihn bedächtig auf den Anger.
Mit einemmal tönt ein schriller Pfiff vom Hofe herüber, und dann noch einer.
Die Urschel schaut um und sieht, daß ihr der Vater winkt. Sie stößt die Mistgabel in den Boden und geht bedächtig auf das Haus zu. "Wos geit's?" fragt sie, als sie näher gekommen ist.
"Der Brandlbauer ist do mit sei'n Nazi und schaut's Sach o. Mach, daß d' in d' Stuben neikimmst."
"Is scho recht", sagt die Urschel und geht mit dem Vater in das Haus. Vor der Küchentür bleibt sie stehen und schlieft mit den bloßen Füßen in ein Paar Pantoffeln. Dann tritt sie hinter dem Bauern in die Stube und schaut bolzengerade, aber doch ein bissel schüchtern auf die fremden Leute.
Am Tisch sitzt der Brandlbauer; ein stämmiger Alter mit grauen Haaren und glattrasiertem, braunrotem Gesicht.
Neben ihm sein Nazi im Feiertagsgewande. Lustige, kleine Augen, Stumpfnase, großer Mund, hinter dem eine Reihe gesunder Zähne heraussieht. In den gut entwickelten Ohrwascheln trägt er Sterne aus Goldblech.
Die Brandlbäuerin sitzt neben der Reischlin auf der Ofenbank. Man sieht nicht viel von ihren Zügen, weil sie durch das große schwarze Kopftüchel verhüllt sind. Auf dem Schoße hält sie den bei Besuchen unerläßlichen Handkorb und darübergebreitet einen blauen Schal.
"Da is d' Urschel", sagte der Reischlbauer. "S' Good", ruft der Nazi, und der Brandlbauer sagt: "Jetzt geh mi in Stall naus", damit steht er auf, und die Gesellschaft setzt sich in Bewegung zur Haustür hinaus über den Hof.
Im Pferdestall, der sehr reinlich gehalten ist, sieht der Brandlbauer mit Wohlgefallen das hohe Gewölbe und die fetten Hinterteile der strammen Gäule.
"Achti?" fragt er.
"Ja", sagte der Reischl, "und oaner is im Feld d'außt."
"San neuni", meint der Brandl und streicht dem nächststehenden Gaul mit der Hand bedächtig über den Rücken.
"l hab allaweil Glück g'habt im Stall", fährt der Reischl fort; "is guetta fünf Johr, daß mi koaner mehr verreckt is. No, 's Fuatta is guat; an Habern bau i selm."
"Baust selm?" fragte der Brandl und schaut dem Rotschimmel prüfend in das Maul.
Währenddem führen auch die zwei Bäuerinnen ein eifriges Gespräch unter der Stalltüre.
"Und mit die Antten (Enten) is mi gor net viel aufgricht", meint die Reischlin; "erst gesting hon i zu der Brummerin g'sagt, Brummerin, sag i, wann mi denkt, was mi an a so an Anten hifuattert, hab i g'sagt nacha is leicht g'schaugt, sag i. Des muaß, ma net moan, hab i g'sagt, daß da Profit so groß is, sag i..."
"Do hoscht recht Reischlin, aba do is mi an Anten no, liaba, wia so a Henn'..."
Die Brandlbäuerin wird durch ihren Ehemann unterbrochen, welcher mit seinem Nazi und dem Reischl unter die Tür tritt und sagt: Jetzt schau mi an Kuahstall o."
Sie gehen darauf zu.
Der Nazi dreht hie und da den Kopf nach der Ursula um, welche mit der Mitterdirn hinterdrein geht.
So oft er umschaut, rennt die Ursula ihrer Begleiterin den Ellenbogen in die Hüfte, und alle zwei halten die Hände vor die Mäuler, damit man nicht hören soll, wie sie gar so herzhaft lachen müssen.
Im Kuhstall kommen auch die Weiber zum Reden. Die Reischlin gibt die Vorzüge einer jeden Kuh bekannt; sie erzählt, wieviel Milch eine jede gibt, und ob sie zwei- oder dreistrichig ist. "Die Scheck sell doben is mi de allaliaba, Brandlin. I hab scho oft zum Bauern g'sagt Bauer, sag i, die Scheck is mi de liabeste. Wann i anort nei geh dazua zum Melken, hebt sie si so staad. Da braucht's gar nix, sag i. A so a rechtschaffen's Vieh is, hab i g'sagt, daß 's grad a Freud is, sag' i. .."
Der Stall ist eingehend besichtigt, und der Brandlbauer hat dem letzten Ochsen den Schweif aufgehoben und seine Qualitäten gemustert. "Reischl", sagt er jetzt, "mi g'fallt de Sach. Und indem mei Peter an Hof kriagt und der Nazi heiraten will, halt i für eahm um die Ursula o."
"Mi is recht", erwiderte der Reischl, "und wenn mi aushandeln, übergib i an Hof."
Die Ehe ist ein Vertrag, wie ein anderer auch. Soll er richtig werden, dann müssen die Leute wissen, wie sie daran sind. Deswegen muß man sich vorher alles genau anschauen, damit man nicht hinterher ausgeschmiert ist. Vorsicht ist besser wie Nachsicht, und für die Reu' gibt der Jud nichts. Ich wüßte noch viele Sprichwörter, um das zu entschuldigen, was ich jetzt beschreiben möchte, aber nicht sagen darf.
Kurz und gut, der Nazi ist der Meinung, daß man keine Katz' nicht im Sack kauft, und während die Eltern die Übergabe des Hofes besprechen müssen, hat er eine andere Prüfung vor, die nicht weniger wichtig ist.
Es wird kein Wort darüber verloren.
Das ist einmal so Brauch. Die Eltern haben nichts dagegen, und die Ursula auch nicht. Die tut wohl ein bisserl geschämig und schaut recht spaßig aus ihrem Kopftuch heraus. Dann aber fährt sie sich ein paarmal mit dem Rücken der Hand unter der Nase auf und ab, und geht, ohne daß es ein Zureden gebraucht hätte, langsam die Stiege hinauf, den Gang hinter, in die Menscherkammer.
Der Nazi marschiert tapfer hinterdrein; sie läßt die Türe offen, er lehnt sie zu, und das andere ist nicht mehr recht zum Erzählen.
Wir müssen die Zwei schon allein lassen und wieder zu den Alten hinuntergehen, die in der Stube eifrig verhandeln. Die Bäuerinnen sitzen auf der Ofenbank und horchen zu, wie die Mannsbilder den Austrag besprechen und das Abstandsgeld.
Nur hie und da redet die Reischlin ein Wort mit wenn ihre besonderen Interessen in Frage kommen. "Fufzeh Henna muaß i b'halten derfa, und acht Anten und vier Gäns..."
"Zu wos brauchst denn gor so vüll Henna?"
"Zu wos mi de Henna braucht? De braucht mi scho. Ich möcht Oar handlen, daß mi a weng a Geld in d' Hand krigat. Bald braucht mi des, und bald braucht mi des ander. I mog net, daß mi geht wie der Huaberin. Reischlin, hat s' g'sagt, balst amol übergibst, sagt s, nacha nimmst da was G'scheits aus, hat s'g'sagt. I bin aa so dumm g'wen, sagt s', und hob nachgeben, hat s' g'sagt, und jetzt kon i wegen an jeden Oar zu der Bäurin laff a, sagt s', und muaß no recht schö bitten aa, hat s' g'sagt. Und des mog mi gor net..."
"No, no, Reischlin, wegen de Henna z'tragen mir uns net. Also, Reischl, nacha kriagt's ös fufzehtausad March Abstandsgeld..."
"Ja, aba de Taub'n muaß i aa kriag'n", fällt ihm die Reischlin ins Wort; "an Taubenkobel muaß i aa hamm daß mi im Fruhjohr mit die junga Tauben handeln ko. Des gibt's gor it, daß i de Taub'n herlaß..."
"No, vo mir aus", brummt der Brandlbauer, "also ös kriagts drei Zimmer zu da Wohnung, an Austrag, wia ma's g'sagt hamm, und fufzehtausend March Guatsabstand..."
"Ja, und acht Anten und vier Gäns; des sell gibt's gor it."
"Jessas ja, du kriagst deine Anten scho. Also sechstausad March zahl i bei da Hozet, fünftausad auf Liachtmeß und viertausad auf Micheli's nächst Johr. Is a so recht?"
"Mi is recht", sagt der Reischl.
"Nacha mach ma's moring notarisch. Ös kembts um achti in da Fruah auf Dachau zum Ziaglerbräu. Bal i no net do bin, fragt an Bräumoaster Engart, der woaß nacha, wo i bi."
Im Rahmen der Türe erscheint in diesem Augenblick der Nazi. Und hinter ihm die Ursula.
Er schlenkert ruhig in die Mitte der Stube vor und dreht den Hut in den Händen; sie macht sich zu der Ofenbank hin und zupft an ihrem Kopftüchel.
Ihre Ankunft erregt kein Aufsehen.
Der Brandlbauer erklärt seinem Stammhalter, daß man sich herunten geeinigt hätte.
Da zieht der Nazi seinen Geldbeutel, nimmt bedächtig einen Silbertaler heraus und gibt ihn der Ursula als Drangeld, zum Zeichen, daß auch oben alles in Ordnung befunden worden sei, und daß nunmehr der Vertrag als richtig und fertig gelte.
"So, und jetzt pfüat enk", sagt der Brandl und geht mit seinen Leuten zum Hofe hinaus.
Sie drehen sich nicht um, und die andern schauen ihnen nicht nach.
Die Ursula schlieft wieder aus ihren Pantoffeln und geht auf den Anger. Sie zieht die Mistgabel aus dem Grasboden und fängt gemächlich die Arbeit an, wo sie aufgehört hat.
Währenddem ist der Brandl zügig dahingegangen; wie sein Weib einmal neben ihm herstapft, stoßt er sie an und sagt: "Hast as g'sehg'n, Bäurin, de oa Sau is guat trachti? Mi müassen schaug'n, daß d' Hozet bald is, sinscht vokaft da Reischl no g'schwind de kloan Fackeln."