Leo Tolstoi
Ausgewählte Erzählungen für die Jugend
Leo Tolstoi

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Jermak und die Eroberung Sibiriens

Unter der Regierung des Zaren Iwan Wassiljewitsch des Grausamen lebten in der Stadt Permj am Flusse Kama die reichen Kaufherren Stroganow. Sie hörten, daß es am Flusse Kama hundertvierzig Werst im Umkreise gutes Land gäbe: Äcker, die noch kein Mensch gepflügt hatte, dichte Wälder, in denen noch kein Baum abgeholzt worden war. In den Wäldern gäbe es viel Wild und längs des Flusses fischreiche Seen; in diesem Lande wohne aber niemand, nur die Tataren kämen ab und zu hin.

Die Stroganows schrieben dem Zaren einen Brief: »Gib uns dieses Land, wir wollen da Städte bauen, Menschen ansammeln, das Land besiedeln und den Tataren den Weg versperren.«

Der Zar ging darauf ein und gab ihnen das Land. Die Stroganows sandten ihre Bevollmächtigten aus, um Volk zu sammeln. Und es kamen zu ihnen viele Landstreicher. Einem jeden, der kam, wiesen die Stroganows ein Stück Land und Wald zu, gaben ihm auch Vieh, erhoben aber keinerlei Steuern: leb', wie du willst, wenn es aber nötig ist, mußt du mit den anderen gegen die Tataren ziehen. Und so wurde dieses Land von Russen besiedelt.

Es vergingen an die zwanzig Jahre. Die Kaufherren Stroganow waren noch reicher geworden, und das Land von hundertvierzig Werst im Umkreise genügte ihnen nicht mehr. Sie wollten noch mehr Land haben. Hundert Werst weiter erhob sich das mächtige Uralgebirge, und hinter diesem Gebirge gab es, wie sie hörten, gutes Land, das gar keine Grenzen hatte. Dieses Land gehörte aber dem sibirischen Fürsten Kutschum. Kutschum hatte sich einst dem russischen Zaren unterworfen, sich aber dann gegen ihn aufgelehnt und drohte die Stroganowschen Städte zu zerstören.

Nun schrieben die Stroganows dem Zaren: »Du hast uns das Land gegeben, und wir haben es für Dich erobert. Jetzt lehnt sich aber der falsche Zar Kutschum gegen Dich auf, er will uns das Land wegnehmen und uns zugrunde richten. Befiehl uns, das Land hinter dem Uralgebirge zu besetzen; wir werden den Kutschum bekriegen und sein ganzes Land für Dich erobern.« Der Zar ging darauf ein und antwortete: »Wenn Ihr die Macht habt, so nehmt Kutschum das Land weg! Daß Ihr mir aber nicht zu viel Volk aus Rußland zu Euch herüberlockt!«

Als die Stroganows vom Zaren den Brief erhielten, sandten sie ihre Bevollmächtigten aus, um noch mehr Volk zu sammeln. Sie befahlen ihnen, hauptsächlich Kosaken von der Wolga und vom Don anzuwerben. Um jene Zeit trieben sich aber an der Wolga und am Don viele Kosaken herum. Sie sammelten sich zu Banden zu zweihundert, dreihundert, sechshundert Mann, wählten sich einen Hauptmann, fuhren in Barken auf den Flüssen herum und plünderten; im Winter schlugen sie aber Lager an den Ufern auf.

Die Bevollmächtigten kamen an die Wolga und fragten herum, was für Kosaken es hier gäbe. Man sagte ihnen: »Es gibt viel Kosaken. Sie setzen uns furchtbar zu. Es gibt einen Mischka Tscherkaschenin, es gibt einen Sary-Asman . . . Aber am schlimmsten ist der Hauptmann Jermak Timofejewitsch. Er hat tausend Mann unter sich, und nicht nur das Volk und die Kaufleute fürchten ihn, sondern auch das Heer des Zaren wagt nicht, ihm nahe zu kommen.«

So fuhren die Bevollmächtigten zum Hauptmann Jermak und begannen, ihn zu überreden, zu den Stroganows zu ziehen. Jermak empfing die Bevollmächtigten, hörte ihre Reden an und versprach, um Mariä Himmelfahrt mit seinem Volke zu kommen.

Um Mariä Himmelfahrt kamen zu den Stroganows die Kosaken, sechshundert Mann, mit dem Hauptmann Jermak Timofejewitsch. Stroganow ließ sie gegen die nächsten Tataren los. Die Kosaken schlugen sie. Als sie dann nichts mehr zu tun hatten, fingen sie an, sich in der Gegend herumzutreiben und zu plündern.

Stroganow ließ Jermak zu sich kommen und sagte: »Ich kann euch nicht länger behalten, wenn ihr euch so benehmen werdet.« Und Jermak antwortete: »Ich bin dessen selbst nicht froh, aber meine Leute lassen sich nicht im Zaume halten, sie sind außer Rand und Band. Gib uns eine Arbeit!« Da sagte Stroganow: »Geht hinter den Ural, bekriegt den Kutschum und erobert sein Land! Euch wird auch der Zar belohnen.« Und er zeigte Jermak den Brief des Zaren. Jermak freute sich darüber. Er versammelte die Kosaken und sagte:

»Ihr tut mir vor dem Kaufherrn Schande an, denn ihr plündert ohne jeden Sinn. Wenn ihr nicht aufhört, jagt er euch davon; was werdet ihr dann anfangen? An der Wolga stehen viele Regimenter des Zaren, man wird uns alle abfangen und auch für die früheren Taten bestrafen. Wenn ihr euch aber langweilt, so gibt es Arbeit für euch.«

Und er zeigte ihnen den Brief, mit dem der Zar den Stroganows erlaubte, das Land hinter dem Ural zu erobern. Die Kosaken überlegten und willigten ein. Nun ging Jermak zu Stroganow und beriet sich mit ihm, wie sie ziehen sollten.

Sie besprachen, wieviel Barken man brauchte, wieviel Brot, Vieh, Gewehre, Pulver, Blei, wieviel gefangene Tataren als Dolmetscher und wieviel deutsche Büchsenmeister.

Stroganow denkt sich: »Es kommt mir zwar nicht billig zu stehen, aber ich muß ihm das alles geben, denn wenn sie hier bleiben, richten sie mich zugrunde.« Stroganow ging auf alles ein, schaffte alles an und rüstete Jermak und die Kosaken aus.

Am 1. September 1579 zogen die Kosaken mit Jermak an der Spitze auf zweiunddreißig Barken den Fluß Tschussowaja hinauf; in jeder Barke waren zwanzig Mann. Sie ruderten vier Tage die Tschussowaja hinauf und kamen in den Silbernen Fluß. Weiter konnten sie nicht mehr rudern. Sie fragten die Führer aus und erfuhren, daß sie hier über die Berge ziehen und dann noch zweihundert Werst auf dem Landwege gehen mußten; dann würden wieder Flüsse kommen. Die Kosaken machten hier halt, schlugen ein Lager auf und luden ihre ganze Ausrüstung aus; sie ließen ihre Barken stehen, bauten sich Wagen, packten alles ein und zogen auf dem Landwege über die Berge. Die Gegend war waldreich, und es wohnten gar keine Menschen da. Sie gingen an die zehn Tage auf dem Landwege und gerieten an den Fluß Scharownja. Hier machten sie wieder halt und begannen Barken zu bauen. Sie bauten sich Barken und fuhren den Fluß hinunter. Sie fuhren fünf Tage, die Gegend wurde noch schöner: Wiesen, Wälder, Seen. Es gab da viel Fische und Wild, und die Tiere fürchteten die Menschen noch nicht. Sie fuhren noch einen Tag und kamen in den Fluß Tura. Hier, längs dieses Flusses stießen sie auf Menschen und auf Tatarenstädte.

Jermak sandte seine Kosaken aus, um eine der Städte anzuschauen, was es für eine Stadt sei und ob viele Bewaffnete in ihr wären. An die zwanzig Kosaken gingen hin, scheuchten die Tataren auf, eroberten die Stadt und erbeuteten das ganze Vieh. Einen Teil der Tataren erschlugen sie, und einen Teil brachten sie gefangen mit.

Jermak befragte die Tataren durch die Dolmetscher: was sie für Menschen seien und unter wessen Gewalt sie lebten? Die Tataren antworteten, daß sie zum Zarenreich Sibirien gehörten und daß Kutschum ihr Zar sei.

Jermak ließ die Tataren laufen und nahm nur drei von ihnen, die klüger als die anderen schienen, mit, damit sie ihm den Weg zeigten.

Sie fuhren mit ihren Barken weiter. Je weiter sie kamen, um so breiter wurde der Fluß und um so schöner die Gegend.

Sie stießen auf immer mehr Volk. Das Volk war aber schwach. Und die Kosaken eroberten alle Städte, die am Flusse lagen.

In einer der Städte nahmen sie viele Tataren gefangen, darunter auch einen alten, geachteten Mann. Sie fingen an, diesen Tataren auszufragen, was er für ein Mensch sei, und er sagte: »Ich heiße Tausik, ich bin ein Knecht meines Herrn Kutschum und von ihm als Befehlshaber dieser Stadt eingesetzt.«

Jermak befragte Tausik über seinen Zaren. Ob es nach dessen Stadt Sibirj noch weit sei? Ob Kutschum ein starkes Heer und viele Reichtümer habe? Tausik erzählte ihm alles. Er sagte: »Kutschum ist der erste Zar in der Welt. Seine Stadt Sibirj ist die größte Stadt in der Welt. In dieser Stadt gibt es soviel Menschen und Vieh wie Sterne am Himmel. Und das Heer des Zaren Kutschum ist ohne Zahl: alle Zaren zusammen werden ihn nicht besiegen können.«

Jermak aber sagte: »Wir Russen sind hergekommen, um deinen Zaren zu besiegen und seine Stadt zu erobern und dem russischen Zaren zu unterwerfen. Wir haben ein großes Heer. Die mit mir gekommen sind, sind nur die Vorhut, hinten kommen aber noch mehr in Barken nach, und alle haben Gewehre. Unsere Gewehre schlagen aber einen Baum durch, ganz anders als eure Bogen und Pfeile. Da, schau!«

Und Jermak feuerte auf einen Baum, der Baum spaltete sich, und die Kosaken fingen an, von allen Seiten zu feuern. Tausik fiel vor Schreck in die Kniee. Und Jermak sagte zu ihm: »Geh' nun zu deinem Zaren Kutschum und sage ihm, was du gesehen hast. Soll er sich unterwerfen, und wenn er sich nicht unterwirft, so machen wir auch ihm den Garaus.« Und er ließ Tausik frei.

Die Kosaken fuhren in ihren Barken weiter. Sie kamen in den großen Strom Tobol und näherten sich immer mehr der Stadt Sibirj. Wie sie zum Flüßchen Babassan kamen, sahen sie am Ufer eine kleine Stadt stehen und um die Stadt herum viele Tataren lagern.

Sie schickten einen Dolmetsch zu den Tataren, um zu erfahren, was es für Menschen seien. Der Dolmetsch kam zurück und sagte: »Hier hat sich das Heer Kutschums versammelt. Der Befehlshaber ist aber der Schwiegersohn Kutschums, Mametkul selbst. Er sprach mit mir und ließ euch sagen, ihr solltet umkehren, sonst werde er euch alle umbringen.«

Jermak versammelte die Kosaken, stieg ans Ufer und fing an, auf die Tataren zu feuern. Als die Tataren die Schüsse hörten, ergriffen sie sofort die Flucht. Die Kosaken setzten ihnen nach, erschlugen einen Teil und nahmen einen Teil gefangen. Mametkul selbst entkam mit knapper Not.

Die Kosaken ruderten weiter. So kamen sie in den breiten und schnellen Strom Irtysch. Sie ruderten einen Tag auf diesem Strom, erreichten eine hübsche Stadt und machten halt. Die Kosaken gingen auf diese Stadt zu. Sobald sie näher kamen, fingen die Tataren an, mit Pfeilen zu schießen, und verwundeten drei Kosaken. Jermak schickte einen Dolmetsch zu den Tataren, um ihnen zu sagen, sie möchten ihm die Stadt übergeben, sonst würden sie alle umkommen. Der Dolmetsch ging hin, kehrte zurück und sagte: »Hier wohnt der Knecht Kutschums, Atik-Mursa-Katschara. Er hat ein großes Heer und sagt, er werde die Stadt nicht übergeben.«

Jermak versammelte die Kosaken und sagte:

»Nun, Kinder, wenn wir diese Stadt nicht nehmen, werden die Tataren frohlocken. Und sie werden uns nicht weiterziehen lassen. Je mehr Angst wir ihnen aber einjagen, um so leichter werden wir es haben. Steigt alle aus und stürmt alle auf einmal vorwärts!« So machten sie es auch. Es waren hier aber viele Tataren versammelt, und diese Tataren waren tapfer.

Als die Kosaken vorwärts stürmten, fingen die Tataren an, mit ihren Bogen zu schießen. Sie überschütteten die Kosaken mit Pfeilen. Einen Teil töteten sie, einen Teil verwundeten sie.

Nun wurden auch die Kosaken wütend. Sie rückten näher heran und erschlugen alle Tataren, die ihnen in den Weg kamen.

In dieser Stadt fanden die Kosaken große Reichtümer: Vieh, Teppiche, Felle und viel Honig. Sie beerdigten ihre Toten, ruhten aus, nahmen die Beute mit und ruderten weiter. Sie sind noch gar nicht weit gekommen, da sehen sie: am Ufer steht etwas wie eine Stadt, es lagert ein Heer ohne Zahl und Ende, das Lager ist von einem Graben umgeben, und der Graben ist mit umgehauenen Bäumen angefüllt. Die Kosaken machten halt und überlegten. Jermak versammelte die Kosaken in einem Kreise um sich und fragte: »Na, Kinder, was sollen wir machen?«

Die Kosaken hatten Angst. Die einen sagten: wir müssen vorbeirudern; die anderen sagten: umkehren.

Und sie fingen an, zu murren und auf Jermak zu schimpfen. Sie sagten: »Wozu hast du uns hergeführt? Da hat man schon so viele von uns erschlagen und so viele verwundet, wir werden hier alle umkommen.« Und sie fingen zu weinen an.

Jermak sagte nun zu seinem Gehilfen, Iwan Kolzo: »Nun, Wanja, was meinst du?« Und Kolzo antwortete: »Was ich meine? Wenn wir heute nicht umkommen, so morgen, und wenn nicht morgen, so sterben wir unnütz daheim. Ich meine, wir müssen ans Ufer steigen, gegen die Tataren losstürmen und auf Gott bauen.«

Und Jermak sagte: »Du bist ein kühner Bursch, Wanja! Ja, so soll man es machen. Hört, Kinder! Ihr seid keine Kosaken, sondern Weiber. Ihr versteht wohl nur Fische zu fangen und die Tatarenweiber zu schrecken. Seht ihr es denn nicht selbst? Wenn wir umkehren, machen sie uns den Garaus; wenn wir vorbeirudern, machen sie uns den Garaus; auch wenn wir hier stehen bleiben, machen sie uns den Garaus. Wo sollen wir nun hin? Wenn man sich einmal ordentlich anstrengt, hat man es später leichter. So ist es, Kinder: mein Väterchen hat einmal eine kräftige Stute gehabt. Bergab fuhr sie gut, auf ebener Erde fuhr sie gut; wenn es aber galt, bergauf zu fahren, wurde sie störrisch und machte kehrt: sie glaubte, so werde sie es leichter haben. Da nahm Väterchen eine dicke Stange und schlug ihr mit der Stange den Buckel voll. Sie wand sich und drehte sich und zerschlug den ganzen Wagen. Väterchen spannte sie aus und schindete ihr die Haut herunter. Hätte sie aber den Wagen gezogen, so wäre ihr diese Qual erspart geblieben. So ist es auch mit uns, Kinder. Es bleibt uns nur das eine übrig: auf die Tataren loszustürmen.«

Die Kosaken fingen zu lachen an und sagten: »Du bist wohl klüger als wir, Timofejewitsch. Uns Narren braucht man gar nicht zu fragen. Führe uns, wohin du willst. Zwei Tode gibt es nicht, und einem Tod kann man nicht entrinnen.« Und Jermak sagte: »Also hört, Kinder! So wollen wir es machen. Sie haben uns noch nicht alle gesehen. Wollen wir uns in drei Haufen teilen. Der eine Haufe wird gerade auf sie losstürmen, und die beiden anderen sollen nach rechts und links marschieren. Wenn sie den mittleren Haufen erblicken, werden sie glauben, es seien alle, und werden gegen ihn losziehen. Da werden wir sie aber an den Flanken angreifen. So ist es, Kinder. Wenn wir mit diesen fertig werden, haben wir niemand mehr zu fürchten, dann werden wir selbst Zaren sein.«

So machten sie es auch. Als der mittlere Haufe mit Jermak näher kam, erhoben die Tataren ein Geschrei und zogen los; nun schlug von rechts Iwan Kolzo drein und von links – der Hauptmann Meschtscherjak. Die Tataren erschraken und ergriffen die Flucht. Die Kosaken metzelten alle nieder. Niemand wagte nun Jermak zu widerstehen. So zog er in die Stadt Sibirj ein. Und Jermak setzte sich in dieser Stadt fest wie ein Zar.

Die kleineren Fürsten kamen alle zu Jermak, um ihm ihre Ergebenheit zu bezeigen. Andere Tataren kamen herbei und siedelten sich in Sibirien an; aber Kutschum und sein Schwiegersohn Mametkul fürchteten, gegen Jermak zu ziehen; sie gingen immer im Kreise herum und überlegten sich, wie ihm den Garaus zu machen.

Im Frühjahr, zur Überschwemmungszeit, kamen die Tataren zu Jermak gelaufen und sagten: »Mametkul zieht wieder gegen dich, er hat ein großes Heer angesammelt und steht am Flusse Wagai.«

Jermak zog durch die Flüsse, Sümpfe, Bäche und Wälder, schlich sich mit den Kosaken heran, stürzte sich gegen Mametkuls Heer, tötete viele Tataren, nahm Mametkul selbst gefangen und brachte ihn lebend nach Sibirj. Nun waren schon fast alle Tataren unterworfen, und gegen die, die sich noch nicht unterwerfen wollten, zog Jermak im Sommer; längs der Flüsse Irtysch und Obj eroberte er so viel Land, daß man es in zwei Monaten nicht umgehen kann.

Als Jermak dieses ganze Land erobert hatte, schickte er einen Boten zu den Stroganows mit einem Brief: »Ich habe die Stadt Kutschums erobert und Mametkul gefangen genommen und mir das ganze hiesige Volk unterworfen. Aber ich habe viele Kosaken verloren. Schickt uns noch mehr Leute, damit wir es lustiger haben. Der Reichtum dieses Landes ist aber unermeßlich.«

Und er schickte ihnen teures Pelzwerk: Füchse, Marder und Zobel.

Es vergingen zwei Jahre. Jermak hielt immer noch Sibirj besetzt, aber aus Rußland kam keine Hilfe, und Jermak hatte nur noch wenig Russen bei sich.

Einmal schickte der Tatare Karatscha einen Boten und ließ ihm sagen: »Wir haben uns dir unterworfen, uns bedrängen aber die Nogajer. Schicke uns deine tapferen Leute zur Hilfe! Wir werden zusammen die Nogajer bekriegen. Daß wir aber deinen Leuten kein Haar krümmen, das wollen wir dir beschwören.«

Jermak glaubte ihrem Schwur und schickte vierzig Mann mit Iwan Kolzo. Wie diese vierzig Mann hinkamen, fielen die Tataren über sie her und töteten sie; nun hatte Jermak noch weniger Kosaken.

Ein anderes Mal schickten Bucharer Kaufleute Jermak die Botschaft, daß sie zu ihm nach Sibirj mit Waren kommen wollten; unterwegs stehe aber Kutschum mit seinem Heer und lasse sie nicht passieren.

Jermak nahm fünfzig Mann und zog aus, um den Bucharern den Weg zu säubern. Er kam zum Flusse Irtysch, traf aber die Bucharer nicht an. Er schlug ein Nachtlager auf. Die Nacht war finster, und es regnete. Kaum hatten sich die Kosaken schlafen gelegt, als plötzlich die Tataren erschienen, sich über die Schlafenden stürzten und auf sie einschlugen. Jermak sprang auf und fing an, sich zu wehren. Man verwundete ihn mit einem Messer an der Hand. Er stürzte sich zum Fluß. Die Tataren setzten ihm nach. Er sprang in den Fluß und ward nicht mehr gesehen. Man fand auch seinen Leichnam nicht, und niemand erfuhr, wie er umgekommen war.

Im nächsten Jahr kam aber das Heer des Zaren, und die Tataren unterwarfen sich.

 


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