Johannes Trojan
Das Wustrower Königsschiessen und andere Humoresken
Johannes Trojan

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Findigkeit der Hunde.

Von der Findigkeit der Hunde will ich ein rührendes Beispiel erzählen.

Im Seebade Warnemünde wurde ein grosses Bade- und Volksfest gefeiert, und der Landesfürst selbst nahm daran Theil. Natürlich strömte in Warnemünde ein grosses Publikum zusammen, und besonders aus der nahe gelegenen Hafenstadt Rostock kamen so viele Tausende, als nur irgend aus einer mittelgrossen Stadt, in der Wohlfahrt, Vergnügungstrieb und gute Gesundheitszustände herrschen, herausströmen können. Von Rostock nach Warnemünde brauchen die Dampfschiffe, 129 die auf dem breiten Fluss den Verkehr zwischen den beiden Orten vermitteln, zur Zurücklegung der Fahrt eine Stunde; der Landweg aber beträgt beinahe Meilen.

Der Festtag erschien, und voll bis zum Sinken kam vom frühen Morgen an Dampfschiff auf Dampfschiff nach Warnemünde. Es war eine unzählbare Menge, die auf dem Festplatz sich drängte, das Fest aber war über die Massen schön. Da es sich nun zum Ende neigte und es dunkel ward, bemächtigte sich des Publikums eine grosse Furcht, es könnte am Ende nicht mehr mit den Schiffen mitkommen, die nach Rostock zurückfuhren. Alles stürzte dem Wasser zu, wo die Schiffe lagen, und dieselben waren im Nu überfüllt. Die aber voll waren, fuhren ab.

Bei dieser Ueberstürzung wurde eine grosse Anzahl von Hunden, die ihren Herren aus Rostock gefolgt waren, vergessen und blieb in Warnemünde zurück. 130 Ihre Zahl soll mehrere Hunderte betragen haben. Diese haben dann laut heulend bis tief in die Nacht hinein, ja bis gegen den Morgen hin am Ufer gestanden, und durch ihren Jammer um ihre treulosen Herren ist manch Bewohner von Warnemünde im Schlafe gestört worden. Endlich aber, scheint es, haben sie Berathung gehalten und einen Beschluss gefasst. Sie sind wenigstens um den ersten Hahnenschrei aufgebrochen und in geschlossenem Haufen auf der Chaussee nach Rostock abmarschirt. Die Kleinsten und die schon müde waren, nahmen sie in die Mitte; die Wegkundigsten führten, eine zuverlässige Nachhut sorgte dafür, dass keiner zurückblieb.

Das alles weiss man, weil ein später oder vielmehr früher Wanderer in der Morgendämmerung dem Zuge auf der Landstrasse begegnet ist und darüber berichtet hat. Er hat auch die Hunde 131 gezählt und gefunden, dass es 279 waren, und alle Racen waren darunter vertreten. Es sei ihm aber, sagt er, beim dem Anblick eiskalt über den Rücken gelaufen, denn er habe das Ganze für einen höllischen Spuk gehalten. Viele der Hunde hätten gar zu geisterhaft ausgesehen.

Was das Letztere betrifft, so ist das kein Wunder, da die Hunde lange Zeit nichts gefressen hatten und in Sorge um ihre Herren waren. Dass es aber kein Spuk war, erwies der andere Tag. Da fand jedweder Bürger von Rostock, der am Tage vorher seinen Hund in Warnemünde vergessen hatte, denselben richtig vor seiner Hausthüre wieder vor.

Das ist ein Beispiel von der Findigkeit und zugleich von der Treue der Hunde. Wie viele Menschen hätten denn unter ähnlichen Umständen gleich richtig gehandelt? 132

 


 


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