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Die langen Sommerwochen schlichen träge dahin, dann aber begann eine politische Wahlschlacht, die mit großem Eifer eröffnet wurde, und bei der die Gemüter sich mehr und mehr erhitzten. Die Zwillinge stürzten sich über Hals und Kopf hinein, denn ihre Eigenliebe kam mit ins Spiel. Auf die maßlose Gunst, die man ihnen zu Anfang von allen Seiten entgegengebracht hatte, war ein sehr natürlicher Rückschlag erfolgt. Außerdem aber fing man an sich hier und da zuzuflüstern, es sei doch höchst seltsam, daß ihr wunderbares Dolchmesser nicht wieder zum Vorschein komme. – Ob es wirklich so wertvoll sei? – Ob es denn überhaupt je vorhanden gewesen? – Dabei blinzelten die Leute einander verständnisvoll zu, kicherten und stießen sich mit den Ellbogen – lauter Dinge, die ihren Einfluß auf das große Publikum nicht verfehlten. Die Zwillinge waren der Ansicht, daß ein günstiges Wahlergebnis sie wieder zu Ehren bringen, eine Niederlage ihnen dagegen einen Schaden zufügen werde, der nicht wieder gut zu machen sei. Deshalb strengten sie alle ihre Kräfte an, aber der Richter Driscoll und Tom arbeiteten ihnen mit ebenso großem Eifer entgegen, besonders während der letzten Tage vor der Abstimmung. Tom hatte sich zwei Monate lang so musterhaft betragen, daß sein Onkel ihm jetzt nicht nur Geld anvertraute, um den Wählern die richtige Ueberzeugung beizubringen, sondern er gestattete ihm jetzt sogar, sich die Summen selbst aus dem eisernen Schrank im Studierzimmer herauszunehmen.
Richter Driscoll hielt die Schlußrede in dem ganzen Wahlfeldzug und trat dabei als Widersacher der beiden Fremden auf. Die Wirkung, die er erzielte, war geradezu vernichtend. Er strömte ganze Fluten von Hohn und Spott über sie aus und zwang die große Massenversammlung zu lautem Gelächter und Beifallsklatschen. Nachdem er ihre glänzenden Titel erbarmungslos der Lächerlichkeit preisgegeben hatte, nannte er sie Abenteurer, Marktschreier, Helden der Schaubude, verkleidete Barbiergesellen, herumziehende Leierkastenmänner, denen ihr Affe abhanden gekommen sei, und Hausierer, die sich als vornehme Herren aufspielten. Zuletzt machte er eine Pause; er schwieg ganz still, bis die Zuhörer vor Erwartung den Atem anhielten, und schoß dann seinen tödlichsten Pfeil ab. Er that es mit eisiger Ruhe und legte auf die letzten Worte noch einen ganz besonderen Nachdruck. Die ausgeschriebene Belohnung für das verlorene Dolchmesser, sagte er, sei nichts als Schwindel und leeres Gewäsch, der Eigentümer würde schon wissen, wo es zu finden wäre, sobald er nur einmal Veranlassung hätte, einen Menschen umzubringen.
Damit stieg Driscoll von der Rednerbühne herab, aber nicht unter dem gewöhnlichen Zuruf und Beifallklatschen seiner Partei. Eine dumpfe, lautlose Stille herrschte in der erstaunten Versammlung.
Die seltsame Schlußbemerkung des Richters verbreitete sich wie ein Lauffeuer durch die ganze Stadt und erregte das ungeheuerste Aufsehen. Jeder fragte, was sie wohl zu bedeuten habe, aber man fragte und verwunderte sich vergeblich. Driscoll äußerte zwar, er wisse, wovon er rede, erklärte sich aber nicht deutlicher. Tom versicherte, er habe keine Ahnung, was seines Onkels Worte heißen sollten, und so oft man Wilson um seine Ansicht fragte, half er sich damit, daß er den Spieß umkehrte und den Frager bat, ihm doch seine Meinung darüber zu sagen.
Wilsons Wahl ging durch, aber die Zwillinge erlitten eine gänzliche Niederlage; sie sahen sich von aller Welt verlassen, und kein Mensch nahm sich mehr ihrer an. Tom konnte nun hochbeglückt nach St. Louis zurückkehren.
In Dawson war man infolge dieser Ereignisse sehr der Ruhe bedürftig und eine Woche lang blieb auch alles still. Doch herrschte immerhin eine gewisse Aufregung in den Gemütern, denn Gerüchte von einem neuen Duell schwirrten durch die Luft. Der alte Driscoll hatte sich während der Wahlbewegung überanstrengt, aber man versicherte, sobald er wieder wohl genug sei, werde ihm Graf Luigi eine Herausforderung schicken.
Die Brüder zogen sich ganz von allem Verkehr zurück und grämten sich in der Stille über ihre Demütigung. Sie vermieden es sorgfältig, den Leuten zu begegnen und gingen nur spät abends aus, um frische Luft zu schöpfen, wenn es leer und einsam auf den Straßen war.