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Im Wohlstand kann man an seinen Grundsätzen am besten festhalten.
Querkopf Wilsons Kalender.
14. Januar abends. – Die ›Rosetta‹, mit der wir absegeln, ist ein schlechtes altes Schiff, das man versichern und untergehen lassen sollte. Auch hier, wie auf der ›Oceana‹, hält man die Mittagstoilette für eine Art frommer Pflicht. Aber dergleichen vornehme Formen stehen in grellem Gegensatz zu der Aermlichkeit der schäbigen Ausstattung des Fahrzeugs . . . . Wenn man zum Nachmittagstee eine Limonenscheibe haben möchte, muß man erst am Schenktisch eine Anweisung unterzeichnen. Und dabei kostet das Faß Limonen vierzehn Cents.
18. Januar. Nachdem wir das Arabische Meer durchschifft haben, sind wir jetzt dicht an Bombay, das wir noch heute abend erreichen sollen.
20. Januar. Bombay! – wie ein Märchen aus ›Tausend und eine Nacht‹, entzückend, verwirrend, bezaubernd! Es ist eine ungeheure Stadt, mit etwa einer Million Einwohnern, meist braune Leute; die wenigen Weißen, die man zerstreut unter der Masse der Bevölkerung findet, kommen gegen alle die dunkeln Gesichter kaum in Betracht. Hier ist es Winter: ein himmlisches Juniwetter und frisches, köstliches Sommerlaub. Im Schatten der großen prächtigen Baumreihe dem Hotel gegenüber sitzen malerische Gruppen von Eingeborenen beiderlei Geschlechts; der Gaukler im Turban mit den Schlangen und Zauberkünsten ist natürlich dabei. Den ganzen Tag sieht man die verschiedenartigsten Trachten zu Fuß und zu Wagen vorüberziehen; es ist, als könnte man nie müde werden, diese endlosen Wandelbilder, dies glänzende und stets wechselnde Schauspiel zu betrachten . . . Die fest eingekeilte Masse der Eingeborenen im großen Bazar bot einen wunderbaren Anblick; es war ein Meer von buntfarbigen Turbans und faltigen Gewändern, zu dem die fremdartigen, prunkvollen indischen Bauwerke gerade den richtigen Hintergrund bildeten. Bei Sonnenuntergang folgte ein anderes Schauspiel: eine Fahrt am Seestrande bis zur Malabar-Spitze, wo Lord Sandhurst, der Gouverneur der Präsidentschaft Bombay, wohnt. Auf der ersten Hälfte des Weges, den alle Welt fährt, steht ein schöner Parsenpalast neben dem andern. Die Privatequipagen der reichen Engländer und vornehmen Eingeborenen haben außer dem Kutscher noch drei Bediente in wundervollen orientalischen Livreen. Zwei davon, prächtig anzuschauen, stehen als beturbante Statuen hintenauf. Manchmal nehmen die öffentlichen Fuhrwerke dergleichen überschüssige Diener mit: einen zum Fahren, einen um neben dem Kutscher zu sitzen und ihm zuzusehen, und einen, der hinten auf dem Tritt steht und schreit, wenn jemand im Wege ist; wenn niemand da ist, schreit er auch, um nicht aus der Uebung zu kommen. Das alles bringt Leben und Bewegung mit und erhöht den Gesamteindruck von Hast, Schnelligkeit und Verwirrung.
In der Nähe der ›Läster-Spitze‹ – ein sehr bezeichnender Name – sind Felsen, auf denen man bequem sitzen kann, um nach der einen Seite hin den herrlichen Blick auf das Meer zu genießen und auf der andern die Menge der schön geschmückten Wagen bei der Hin- oder Rückfahrt vorbeirasseln und -jagen zu sehen; dort haben die Frauen wohlhabender Parsen in Gruppen Platz genommen, wahre Blumenbeete voll Farbenglanz, ein unwiderstehlich fesselndes Bild. Trab, trab, trab, kommt es die Straße entlang, einzeln, zu zweien, in Gruppen und Abteilungen – das sind Arbeiterscharen, Männer und Frauen, aber nicht gekleidet wie bei uns. Der Mann, meist eine große, stolze Athletengestalt, hat außer seinem Lendentuch nicht einen Fetzen an, seine Gesichtsfarbe ist dunkelbraun, auf der glatten Haut, die wie Atlas glänzt, treten die Muskeln in Wülsten hervor, als ob Eier darunter lägen. Die Frau ist gewöhnlich schlank und wohlgebildet, kerzengerade wie ein Blitzableiter und trägt nur ein Kleidungsstück – einen langen, hellfarbigen Stoffstreifen, den sie um Kopf und Leib windet, fast bis zu den Knieen herunter, und der sich so fest wie ihre eigene Haut an den Körper schmiegt. Füße und Beine sind nackt, desgleichen die Arme, bis auf die Gehänge von losen, verschlungenen Silberringen an den Armen und Fußgelenken. Auch in der Nase trägt sie Schmuck und glänzende Ringe an den Fußzehen. Beim Schlafengehen wird sie ihr Geschmeide wohl ablegen; mehr kann sie nicht ausziehen, sonst würde sie sich erkälten. Man sieht sie meist mit einem großen, schön geformten Wasserkrug von blankem Metall, den sie mit erhobenem Arm auf dem Kopfe festhält. Aufrecht, würdevoll und doch mit leichtem, anmutigem Gang kommt sie daher; ihr gebogener Arm und der blanke Krug erhöhen noch die malerische Wirkung und machen sie zu einer wahren Zierde für die Straße. Unsere Arbeiterfrauen können es ihr darin auch nicht entfernt gleichtun.
Farben, wohin man blickt, entzückende, bezaubernde Farben, rings umher und längs der gewundenen Straße an der großen, bunt schillernden Bucht, bis man das Haus des Gouverneurs erreicht. Dort stehen, den Turban auf dem Kopf, die großen Chuprassies, die eingeborenen Diener in ihren feuerroten Gewändern an der Eingangspforte gruppiert und bilden den theatralischen Schluß des prächtigen Schauspiels. O, wäre ich doch ein Chuprassy!
Ja, das ist Indien! Das Land der Romantik und der Träume, wo fabelhafter Reichtum und fabelhafte Armut wohnt, das Land der Pracht und Herrlichkeit, der Lumpen, der Paläste und elenden Hütten, der Pest und Hungersnot, der Schutzgeister und Riesen, wo Aladdins Lampe, Tiger, Elefanten, die Kobra, der Dschungel zu finden sind, wo hunderterlei Völker in hunderterlei Sprachen reden, das tausend Religionen und zwei Millionen Götter hat. Indien ist die Wiege des Menschengeschlechts, der Geburtsort der menschlichen Sprache, die Mutter der Geschichte, die Großmutter der Sage, die Urgroßmutter der Ueberlieferung; was für andere Völker graues Altertum ist, zählt zu Indiens jüngster Vergangenheit. Es ist das einzige Land unter der Sonne, das für den Fürsten und den Bettler, den Gebildeten und den Unwissenden, den Weisen und den Toren, den Sklaven und den Freien den gleichen, unzerstörbaren Reiz hat. Alle Menschen möchten es sehen, und wer es einmal auch nur flüchtig geschaut hat, würde die Wonne dieses Anblicks nicht für alles Schaugepränge eintauschen, das der gesamte übrige Erdball zu bieten vermag.
Selbst jetzt, nach Ablauf eines Jahres, ist mir die sinnverwirrende Freude jener Tage in Bombay noch vollkommen gegenwärtig, und ich hoffe, sie wird mich nie verlassen. Es war alles ganz neu und ungewohnt; auch warteten die Überraschungen nicht erst bis zum nächsten Morgen, sie waren da, sobald wir das Hotel betraten. In den Hallen und Vorsälen wimmelte es von braunen Eingeborenen mit Turban, Fez oder gestickter Mütze, die in baumwollenem Gewand barfuß durcheinander liefen oder ruhig auf dem Boden saßen und hockten. Einige schwatzten mit großem Nachdruck, andere saßen still und träumerisch da; im Speisezimmer stand hinter dem Stuhl jedes Gastes sein farbiger Aufwärter, angekleidet wie in einem Märchen aus ›Tausend und eine Nacht‹.
Unsere Zimmer waren nach vorn hinaus in einem oberen Stock. Ein Weißer – es war ein handfester Deutscher – führte uns hinauf und nahm drei Hindus mit, um alles in Ordnung zu bringen. Etwa vierzehn andere folgten in langem Zuge mit dem Handgepäck; jeder trug nicht mehr als ein Stück, was es auch sein mochte. Ein starker Eingeborener trug meinen Ueberzieher, ein anderer einen Sonnenschirm, der dritte eine Schachtel Zigarren, der vierte einen Roman, und der letzte kam nur noch mit einem Fächer beladen daher. Sie taten das alles mit großem Ernst und Eifer; von vorn bis hinten war in dem ganzen Zuge auf keinem Gesicht ein Lächeln zu sehen. Jeder einzelne wartete, ruhig, geduldig und ohne die geringste Eile zu verraten, bis er ein Kupferstück erhielt, dann verneigte er sich ehrfurchtsvoll, legte die Finger an die Stirn und ging seiner Wege. Diese Leute scheinen sanften und milden Gemüts zu sein; es lag etwas Rührendes in ihrem Verhalten, das zugleich für sie einnahm.
Eine große Glastür führte zum Balkon hinaus. Sie sollte geputzt oder verriegelt werden – was weiß ich – und ein Hindu kniete auf dem Boden, um die Arbeit zu tun. Anscheinend machte er seine Sache ganz ordentlich, aber das mußte wohl nicht der Fall sein, denn die Miene des Deutschen verriet Unzufriedenheit, und ohne ein Wort der Erklärung schlug er den Hindu plötzlich derb ins Gesicht und sagte ihm dann erst, was er falsch gemacht hatte. Der Diener nahm die Züchtigung demütig und schweigend hin; auch zeigte weder sein Gesichtsausdruck noch sein Wesen überhaupt den geringsten Groll. Mir schien es eine wahre Schande, so etwas in unserer Gegenwart zu tun; seit fünfzig Jahren hatte ich solchen Auftritt nicht erlebt. Urplötzlich fühlte ich mich in meine Knabenzeit zurückversetzt und mir fiel ein, daß dies ja die gewöhnliche Art sei, wie man einem Sklaven seine Wünsche begreiflich machte – eine Tatsache, die mir ganz entfallen war. Damals hatte ich diese Methode richtig und natürlich gefunden, denn ich war von klein auf daran gewöhnt und glaubte, man mache das nirgends anders; aber ich erinnere mich recht gut, daß mir bei solchen stumm ertragenen Schlägen der Empfänger stets leid tat und ich mich für den Strafenden schämte. Mein Vater war ein edler, gütiger Mann, sehr ernst und enthaltsam, von strengster Gerechtigkeit und Redlichkeit, ein rechtschaffener Charakter durch und durch. Zwar war er nicht Mitglied irgend einer Kirche, sprach auch nie von religiösen Dingen und nahm an den frommen Freuden seiner presbyterianischen Familie keinen Anteil, doch schien er das nicht als Entbehrung zu empfinden. Er hat mich, so lange er lebte, nur zweimal körperlich gezüchtigt und gar nicht hart. Einmal, weil ich ihn belogen hatte – was mich höchlich überraschte und mir sein gutes Zutrauen bewies, denn es war keineswegs mein erster Versuch gewesen. Mich schlug er, wie gesagt, nur zweimal und seine anderen Kinder gar nicht; aber unsern kleinen gutmütigen Sklaven Lewis ohrfeigte er häufig für die geringfügigste Ungeschicklichkeit oder ein kleines Versehen. Mein Vater hatte von Geburt an unter Sklaven gelebt, und wenn er sie schlug, so tat er das nach damaliger Sitte, gegen seine Natur. – Als ich zehn Jahre alt war, sah ich einmal, wie ein Mann einem Sklaven im Zorn ein Stück Eisenerz an den Kopf warf, weil er etwas ungeschickt gemacht hatte – als ob das ein Verbrechen wäre. Es sprang von seinem Schädel ab, und der Mensch fiel hin, ohne einen Laut von sich zu geben. Nach einer Stunde war er tot. – Ich wußte wohl, daß der Herr das Recht hatte, seinen Sklaven zu töten, wenn er wollte, aber doch kam es mir erbärmlich vor und eigentlich unstatthaft, wiewohl ich nicht gescheit genug gewesen wäre, um zu erklären, was unrecht daran sei, wenn man mich gefragt hätte. Niemand in unserm Dorf billigte jene Mordtat, aber es war natürlich nicht viel davon die Rede.
Merkwürdig, wie der Gedanke Raum und Zeit überspringen kann! Eine Sekunde lang war mein ganzes Ich in dem kleinen Dorf von Missouri auf der andern Halbkugel der Erde; jene vergessenen Bilder von vor fünfzig Jahren standen mir lebendig vor Augen, und alles übrige versank gänzlich vor meinem Bewußtsein. In der nächsten Sekunde war ich schon wieder in Bombay, während die Backe des knieenden Dieners noch von der Ohrfeige brannte. Bis zur Knabenzeit – fünfzig Jahre – zurück ins Alter – abermals fünfzig, und ein Flug um den ganzen Erdball – alles in einem Zeitraum von zwei Sekunden!
Verschiedene Eingeborene – ich weiß nicht mehr wie viele – begaben sich nun in mein Schlafzimmer, brachten alles in Ordnung und befestigten das Moskitonetz. Dann legte ich mich zu Bett, um meine Erkältung rascher los zu werden. Es war etwa neun Uhr abends und an Ruhe gar nicht zu denken. Drei Stunden lang dauerte das Geschrei und Gekreisch der Eingeborenen in der Vorhalle noch ununterbrochen fort, auch das sammetweiche Getrappel ihrer behenden, nackten Füße hörte nicht auf. Nein, dieser Lärm! Alle Bestellungen und Botschaften wurden drei Treppen hinunter geschrieen; es klang wie Aufruhr, Meuterei, Revolution. Auch noch andere Geräusche kamen hinzu: von Zeit zu Zeit ein furchtbarer Krach, als ob Dächer einfielen, Fenster zerbrächen, Leute ermordet würden. Dann hörte man die Krähen krächzen, hohnlachen, fluchen; Kanarienvögel kreischten, Affen schimpften, Papageien plapperten, zuletzt erscholl wieder ein teuflisches Gelächter, gefolgt von Dynamitexplosionen. Bis Mitternacht hatte ich alle nur erdenklichen Schreckschüsse über mich ergehen lassen und wußte nun, daß mich nichts mehr überraschen und stören konnte – ich war auf alles gefaßt. Da trat plötzlich Ruhe ein – eine tiefe, feierliche Stille, die bis fünf Uhr morgens dauerte.
Dann ging der Spektakel aber von neuem los. Und wer hat ihn angefangen? Die indische Krähe, dieser Vogel aller Vögel. Mit der Zeit lernte ich ihn näher kennen und war dann ganz in ihn vernarrt. Ich glaube, er ist der durchtriebenste Spitzbube, der Federn trägt und dabei so lustig und selbstzufrieden wie kein anderer. Ein solcher Vogel konnte nicht mit einemmal zu dem geschaffen werden, was er ist: unvordenkliche Zeitalter haben an seiner Entwicklung gearbeitet. Er ist öfter wiedergeboren als der Gott Schiwa und hat bei jeder Seelenwanderung etwas zurückbehalten und es seinem Wesen einverleibt. Im Verlauf seines stufenweisen Fortschritts, seines glorreichen Vorwärtsschreitens zu schließlicher Vollendung, ist er ein Spieler gewesen, ein zuchtloser Priester, ein Komödiant, ein zänkisches Weib, ein Schuft, ein Spötter, ein Lügner, ein Dieb, ein Spion, ein Angeber, ein käuflicher Politiker, ein Schwindler, ein berufsmäßiger Heuchler, ein bezahlter Patriot, auch Reformator, Vorleser, Anwalt, Verschwörer, Rebell, Royalist, Demokrat; er hat sich überall eingemischt, sich unehrerbietig und zudringlich benommen, hat ein gottloses, sündhaftes Leben geführt, bloß weil es ihm das größte Gaudium machte. Und das Ergebnis der stetigen Ansammlung aller verwerflichsten Eigenschaften ist merkwürdigerweise, daß er weder Sorge, noch Kummer, noch Reue kennt; sein Leben ist eine einzige Kette von Wonne und Glückseligkeit, und er wird seiner Todesstunde ruhig entgegengehen, da er weiß, daß er vielleicht als Schriftsteller oder dergleichen wiedergeboren wird, um sich dann womöglich als noch größerer Schwerenöter behaglicher zu fühlen denn je zuvor.
Wenn die Krähe mit großen Schritten breitbeinig einherkommt, dann seitlich ein paar kräftige Hopser macht, eine unverschämte, pfiffige Miene aufsetzt und den Kopf schlau auf die Seite legt, erinnert sie an die amerikanische Amsel. Doch ist sie viel größer und lange nicht so schlank und wohlgebaut; auch ihr schäbiger grau und schwarzer Rock hat natürlich nicht den herrlichen Metallglanz, in dem das Federkleid der Amsel prangt. Die Krähe ist ein Vogel, der nicht schweigen kann; er zankt, schwatzt, lacht, schnarrt, spottet und schimpft beständig. Seine Ansicht äußert er über alles, auch wenn es ihn gar nichts angeht, mit größter Heftigkeit und Rücksichtslosigkeit. Er nimmt sich nicht erst Zeit nachzudenken, weil er keine Gelegenheit vorbeigehen lassen will, ohne seine Meinung zum Besten zu geben, selbst wenn es sich gerade um etwas ganz anderes handelt.
Ich glaube, die indische Krähe hat keinen Feind unter den Menschen. Sie wird weder von Weißen noch Mohammedanern belästigt, und der Hindu tötet schon aus religiösen Rücksichten überhaupt kein Geschöpf; er schont das Leben der Schlangen, Tiger, Flöhe und Ratten. Wenn ich an einem Ende auf dem Balkon saß, pflegten sich die Krähen auf dem Gitter am andern Ende zu versammeln und ihre Bemerkungen über mich zu machen; nach und nach flogen sie näher herzu, bis ich sie fast mit der Hand erreichen konnte. Da saßen sie und unterhielten sich ohne Scham und Scheu über meine Kleider, mein Haar, meine Gesichtsfarbe und vermutlich auch über meinen Charakter, Beruf und politischen Standpunkt, und wie ich nach Indien gekommen sei, was ich schon alles getan hätte, wie viele Tage mir zur Verfügung ständen, warum ich noch nicht an den Galgen gekommen wäre, ob es mir noch lange glücken würde, dem Strick zu entgehen, ob es da, wo ich herkäme, noch mehr Leute meines Schlages gäbe, und so immer fort, bis ich es vor Verlegenheit nicht länger aushalten konnte und sie wegscheuchte. Darauf kreisten sie eine Weile in der Luft, unter Geschrei, Gespött und Hohngelächter, kamen dann wieder auf das Gitter geflogen und fingen die ganze Geschichte noch einmal von vorne an.
In wahrhaft überlästiger Weise zeigten sie aber ihre gesellige Neigung, wenn es etwas zu essen gab. Ohne daß man ihnen erst zuzureden brauchte, kamen sie auf den Tisch geflogen und halfen mir mein Frühstück verzehren. Als ich einmal ins Nebenzimmer ging und sie allein ließ, schleppten sie alles fort, was sie nur tragen konnten, und obendrein lauter für sie ganz nutzlose Dinge. Man macht sich keinen Begriff davon, in welcher Unzahl sie in Indien vorkommen, und der Lärm, den sie verursachen, ist nicht zu beschreiben. Ich glaube, sie kosten dem Land mehr als die Regierung, und das ist keine Kleinigkeit. Doch leisten sie auch etwas dafür, und zwar durch ihre bloße Gegenwart. Wenn man ihre lustige Stimme nicht mehr zu hören bekäme, so würde die ganze Gegend einen trübseligen Anstrich erhalten.