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Die Bühne zeigt einen Ausschnitt aus dem ›Englischen Garten‹ in Nachmittagsbeleuchtung. Verschlungene Promenadenwege ziehen sich gegen den Hintergrund hin und verschwinden hinter den Kulissen der Baumgruppen und Gebüschinseln. Links deutet Weiden- und Erlengestrüpp auf einen nicht sichtbaren Wasserlauf, im Vordergrund davor ein großer Wegweiser mit zwei Armen, wovon der eine nach hinten, der andere nach links zeigt und die Aufschrift ›Zur Rosenau‹ erkennen läßt, in der Bühnenmitte eine Promenadenbank mit Lehne. Es ist ein schöner Tag und heiteres Wetter. Über den seidenblauen Himmel ziehen rings große weiße Kumuluswolken.
Liesl Karlstadt, die Kindsmagd, hat ein helles Sommerkleid mit farbenfreudigem Blumendruck an und einen schwarzen Gürtel mit altmodischer Schließe um die Taille geschlungen. Ihre halben gehäkelten Handschuhe lassen die fünf Finger frei, auf der üppigen Frisur sitzt ein gelber Strohhut mit flacher Krempe, auf den ein buntes Arrangement von Samtschleifen, Stoffrosen und anderen Phantasieblumen im Jugendstil getürmt ist. Sie trägt Ohrringe und schiebt einen altertümlichen Kinderwagen mit vier hohen Rädern, von denen das hintere Paar höher ist als das vordere. Das darin befindliche Baby wird von einer großen Zelluloidpuppe dargestellt.
Karl Valentin ist ein Schwerer Reiter im Sonntagsstaat, die schirmlose Kavalleriemütze mit der weißblauen Kokarde sitzt auf seinem dunklen Scheitel, dessen Haare in die niedrige Stirn gekämmt sind. Diesmal hat er eine pfiffige spitze Nase aufgeklebt, weiße Baumwollhandschuhe angezogen und das weißlederne Koppel mit dem mächtigen Säbel, an dem der bunte Faustriemen baumelt, um die Taille geschnallt. Er trägt lange enge Steghosen und Gummizugstiefel, die goldenen Knöpfe seiner Uniform blitzen in der hellen Nachmittagssonne.
Karl Valentin geht stumm über die Bühne von links nach rechts. Er bleibt zehn Sekunden hinter der Bühne und kommt denselben Weg zurück. Hierauf wartet er wieder kurze Zeit und geht dann am Horizont entlang, wieder nach rechts, kommt nach vorn, geht auf den Hintergrund zu, kehrt wieder um und geht schnurgerade zum Souffleurkasten. Er frägt den Souffleur.
Karl Valentin: »Wo geht's denn da zur Rosenau?« – kehrt wieder um und sieht den Wegweiser – geht darauf zu, betrachtet ihn 42 kopfschüttelnd und geht rechts ab. Hinter der Szene frägt er abermals: Wo geht's da zur Rosenau?
Ein Passant: Da müssen S' da nüber – allweil gradaus.
Karl Valentin: Da komm ich ja her.
Der Passant: Ja, da müssen S' nüber.
Karl Valentin: So! – Er geht wieder über die Bühne, bleibt in der Mitte beim Wegweiser stehen und sagt: Da g'hört aa so a Hand her. – Er geht links ab – kommt aber sofort wieder zurück und schreit zurück: Da ist ja a Bach, da kann man nicht nüber.
Der Passant von drüben: Ja, über den Bach geht doch a Brücken, und über de müssen S' nübergehn.
Karl Valentin: So! – Er dreht sich um und geht wieder links ab. Dann frägt er hinter der Szene. Sie, Fräulein, wo geht's denn da in d'Rosenau?
Liesl Karlstadt hinter der Szene: Da müssen S' da nübergehn in d'Rosenau.
Karl Valentin hinter der Szene: Da hat mich aber einer da rüber gschickt in d'Rosenau.
Liesl Karlstadt tritt auf und zieht einen Kinderwagen hinter sich her: Da müssen S' nübergehn, allweil gradaus, dann kommen S' direkt hin.
Karl Valentin kommt wieder auf die Szene: Ja, aber der hat gsagt, ich soll über den Bach nübergehn, der da herüben ist.
Liesl Karlstadt: Ja, das stimmt schon, der Bach ist da herüben auf der Seite.
Karl Valentin: Ja, und die Brücke?
Liesl Karlstadt: Die ist drüben' auf der andern Seite.
Karl Valentin: Das gibts doch net, daß der Bach da ist und die Brücken da drüben.
Liesl Karlstadt: Ja, das kommt mir auch a bißl dumm vor.
Karl Valentin: Das ist schon saudumm.
Liesl Karlstadt: Ja, wissen S', der Bach ist schon da drüben aa.
Karl Valentin: Des warn ja dann zwoa Bach.
Liesl Karlstadt: Ja, ich glaub, daß des da drüben der gleiche Bach ist, wie der da herüben.
Karl Valentin: Wie gibts denn des, der kann doch net zu gleicher Zeit da drüben und da herüben sein.
Liesl Karlstadt: Des woaß i aa net, vielleicht schlangelt er sich so umanander.
Karl Valentin: Ja, des teans gern, die Bach.
Liesl Karlstadt: Da ham S' recht – aber Sie wolln doch in d'Rosenau? 43
Karl Valentin: Jawohl –
Liesl Karlstadt: Ja, da gehts schon da nüber, denn wenn Sie da nunter ganga, komma Sie nie in d'Rosenau, da kommen S' immer weiter weg davon.
Karl Valentin: Das stimmt.
Liesl Karlstadt: Sehng S', da ist a so a Taferl.
Karl Valentin: Da kennt ma sich aber net aus.
Liesl Karlstadt: Ja, ja, wissen muaß ma halt an Weg – Sie wollen wahrscheinlich heut zu dem Brillantfeuerwerk, das soll ja wunderbar werden.
Karl Valentin: Ich habs no net gsehn.
Liesl Karlstadt: Ja, da müssen S' da nunter gehn, das ist leicht zum finden.
Karl Valentin: Für mich net.
Liesl Karlstadt: Ja, weil S' no nia dort warn, – ich wüßt ja an Weg guat, weil i scho a paarmal drunt war, aber heut kann i net, weil ich 's Kind dabei hab. – Aber da finden S' schon hin, den Weg kann Ihna ja jeder kloane Bua sagn.
Karl Valentin: Wenn aber koaner kommt?
Liesl Karlstadt: Dann kommt vielleicht a großer – jetzt genga S' amal immer gradaus bis zu dem Bach, dann nüber über de Brücken – dann kommt der Baum mit de vielen Äst, und dann genga S' links nei in des Gaßl – und dann müssen S' direkt zur Schleißheimer Straße nausgehn, sonst finden S' überhaupt net hin.
Karl Valentin: Mersse, danke. Er macht Honneur.
Liesl Karlstadt: Immer gradaus, dann links, dann über die Wiesen, wo de Blümerl san, da – wo vorigen Sonntag der Schmetterling g'flogn ist.
Karl Valentin: Dann find ichs schon. Er geht ab.
Liesl Karlstadt: Und nach der Wiesen sehn S' so gleich das große Schild ›Zur Rosenau‹, und wenn S' Ihna nicht mehr auskenna, dann fragn S' nochmal, und wenn niemand kommt, dann kehrn S' nochmal um und fragn mich nochmal – jetzt hört er mich doch nimmer – Sie geht zur Bank und sagt zum Kind: So, Butzerl, jetzt hast as g'hört, der Soldat geht jetzt in d'Rosenau nunter zum Brillantfeuerwerk – Brillantfeuerwerk – das hoaßt auf lateinisch Pyrotechnisches Experement. – Siehgst, jetzt wenn du auch schon groß warst, und warst auch a Soldat, dann kannten wir zwei auch zum Feuerwerk gehn, – aber du bist ja koa Soldat – du bist ja bloß a Drecksau, weilst schon wieder alles naß gmacht hast. Das ist a Kreuz mit dir. 44 Sie haut das Kind mit dem Kopf an: O Verzeihung – ist ja wahr auch, nichts wie ärgern muß ma sich mit dir. Hast's net gsehn, was das für ein strammer Soldat war, der hätt mich sicher mitgenomma, aber mit dir kommt man ja nirgends hin. Wieviel Soldaten hätt ich schon kenna glernt, wennst du net waarst. Du hast mir noch jeden Sonntag verpatzt – du bist das einzige Hindernis auf meinem Liebespfade – so, jetzt schlaf und laß mir mei Ruah. Sie setzt sich auf die Bank und strickt. Der wird wohl nunterfinden in d'Rosenau – ja, ich denk schon, der ist net so dumm – ich habs eahm ja ganz deutlich erklärt – das war ein netter Kerl – ganz mei G'schmackerl – und noch dazua a Schwerer Reiter – de Schweren Reiter san von alle de feschesten Soldaten, die man sich denken kann – jetzt d'Artilleristen gefalln ma zwar aa ganz guat, und d'Jäger san schneidig, da hab i amal oan kennt – und d'Schwoalischö – die san schö – Aber treu bleibn tut oan halt koaner – da gengas oamal oder zwoamal mit oan fort und dann lassen s' oan wieder laufa. Und ich möcht halt so gern verheirat sein – so eine Schwere-Reiterehe muaß was Herrlichs sein. Ach ja – wia hoaßt das Lied – Schatz, mein Schatz, reise nicht so weit von hier – im Rosengarten sollst meiner warten, im grünen Klee, juhee, im weißen Schnee . . . Weißer Schnee is a Schmarrn, als obs an schwarzen Schnee auch gebn tat.
Karl Valentin kommt wieder.
Liesl Karlstadt: Ja, wer kommt denn da? San Sie schon wieder da von der Rosenau?
Karl Valentin: Sie ham mich schön angschwindelt mit dem Schmetterling, d'Augn hätt ich mir bald rausgschaut – ich hab koan fliagn sehngn.
Liesl Karlstadt: Ja, Sie san guat, mit Eahna kunnt i glei so viel lacha, vorigen Sonntag hab ich den Schmetterling gsehn, moana S', daß der wega Eahna acht Tag auf oan Platz umanander fliagt? Ja, ham S' denn gar nicht hingfunden?
Karl Valentin: Naa, überhaupts net.
Liesl Karlstadt: Sie wollen doch zu dem Feuerwerk, ham S' gsagt – no ja, da hams ja noch Zeit – das ist ja erst auf d'Nacht – beim Tag ist ja nia a Feuerwerk, da braucha S' Ihna net so darenna – da san S' ja in zehn Minuten drunt, da könnten S' leicht no a bißl da auf d' Bank niedersetzen.
Karl Valentin: Wenn S' gestatten. Er setzt sich, rutscht aber gleich wieder über die Bank hinunter. 45
Liesl Karlstadt: Da brauch ich doch nichts gestatten, ich bin ja froh, wenn ich a bißl a Unterhaltung hab.
Karl Valentin hat sich wieder aufgesetzt: Das Kinderwagl ist aa net billig gwesen?
Liesl Karlstadt: Naaa – gell Sie san a Schwerer Reiter?
Karl Valentin: Ja, aber mehra Reiter wia schwar.
Liesl Karlstadt: Sie san guat, mit Eahna kunnt ich so viel lacha – Sie san fei a strammer Soldat.
Karl Valentin: Passiert schon – lieb Vaterland magst ruhig sein, wenigstens solang als ich dabei bin.
Liesl Karlstadt: San S' scho lang beim Militär?
Karl Valentin: Zwoa Jahr – jetzt bin ich ja bei einem Major als Bedienter. Das ist aber a Schmarrn, denn wenn ich ihn bediena muß, ist eigentlich er der Bediente.
Liesl Karlstadt: Hat der a Frau aa, der Major?
Karl Valentin: Freili, de Gnädige.
Liesl Karlstadt: Wia ist denn de?
Karl Valentin: Windi –
Liesl Karlstadt: Wia schauts denn aus?
Karl Valentin: Grimmi –
Liesl Karlstadt: Naa, i moan, obs a Alte oder a Junge ist?
Karl Valentin: A kloane – dicke – a recht a langs G'stemm. Kenna Sie s' net?
Liesl Karlstadt: Naa, Gott sei Dank – no ja, vielleicht siech ich s' amal.
Karl Valentin: Da sind wir neulich beim Mittagstisch gsessen, weil wir beim Major einen eigenen Mittagstisch haben, das heißt, wir stellen das Nachtessen auch gleich auf den Mittagstisch 'nauf, weil, extra wieder einen Nachttisch kaufen, das rentiert sich nicht, ein Nachtkastl haben wir schon. Gestern haben wir zu Mittag Preiselbeer g'habt und Schweinsbraten dazu, und der Schweinsbraten wird bei uns in der Küche zubereitet, weil wir zum Schweinsbratenzubereiten eine eigene Küche haben, aber nicht, daß Sie glauben, da kann man bloß einen Schweinsbraten zubereiten, nein, alles, was man essen kann.
Liesl Karlstadt: Wirklich alles? Auch das Brot?
Karl Valentin: Nein, alles auch wieder nicht. Die Semmeln zum Beispiel kriegen wir gleich fertig vom Bäcker, mein Major ist nämlich furchtbar sparsam. Nach dem Essen braucht er immer einen Zahnstocher. Glauben Sie, der wirft die gebrauchten Zahnstocher weg? Nein, er sammelt sie, bis er so 46 drei- bis vierhundert beisammen hat, dann muß ich sie zum Tischler tragen zum Abhobeln.
Liesl Karlstadt: Ja, Sie san guat. Des sagen S' ja nur, damit i recht viel lach.
Karl Valentin: Was glauben denn Sie, das ist Tatsache! Zwei Kinder habn mir auch beim Major, ein zweijähriges Mädchen und einen dreijährigen Knaben. Der dreijährige Knabe ist jetzt schon um ein Jahr älter als das zweijährige Mädchen. Mit den Kindern käme ich ja ganz gut aus, aber mit unseren Haustieren muß ich mich soviel ärgern, weil wir beim Major drei Haustiere haben, also die »Haustüre« selber unten am Hauseingang, einen Bernhardinerhund und einen Laubfrosch. De zwoa fressen zu Mittag immer aus einer Schüssel, und ein Viech ist dem andern um's Fressen neidig; immer wenn der Bernhardinerhund ein Bein im Maul hat, vergönnt es ihm der Laubfrosch nicht, jetzt möcht es einer dem anderen wieder aus dem Maul reißen, und da ziehen's damit im ganzen Zimmer umeinander, meistens wird der Bernhardinerhund Herr, weil er ja bedeutend größer und stärker ist. Vor ein paar Tagen hab ich es gemerkt, wer zum Streiten ang'fangt hat: – der Laubfrosch! – Ich hab aber dann den Laubfrosch so geprügelt, daß er am andern Tag grün und blau war, blau eigentlich weniger, nur grün.
Das Kind schreit.
Liesl Karlstadt: Jetzt fangt der aa wieder an. Glei, Butzerl, ich komm schon. Sehn S', so gehts mir allaweil. Ja, ich hab mirs ja denkt, jetzt hat er mir wieder 's ganze Wagl vollgmacht.
Karl Valentin: Da geht noch mehra nei.
Liesl Karlstadt nimmt das Kind und die Betten heraus. Die Betten fallen auf den Weg: Geh, möchten S' net a bißl halten, nehma S' 'n da um d'Mitten, aber lassen S' 'n ja net fallen.
Karl Valentin: Der is ja net stad, ich leg'n daweil da hin. Wo ist er denn – Kuckuck dadadada. Er legt das Kind am Boden hin und sticht ihm mit dem Säbel in den Bauch hinein.
Liesl Karlstadt: Ja, um Gotteswillen, was treiben S' denn – Ja Butzerl – Sie nimmt das Kind wieder.
Karl Valentin: Der ist aber wehleidig.
Liesl Karlstadt: Das könna S' mit dem net machen, das ist ein empfindlicher Kerl, den wenn ma a bißl mitn Säbel in Bauch neisticht, dann fangt er gleich zum Bläcken an. So, jetzt schlaf wieder. 47
Karl Valentin: A Fliagn sitzt auf seiner Nasen. Er schlägt mit der Mütze auf das Kind.
Liesl Karlstadt: Ja, was fallt denn Ihnen ein, der haut ihn glei mit 'r Kappn ins Gesicht nei.
Karl Valentin: Ist gut, daß ich heut an Helm net aufghabt hab.
Liesl Karlstadt: Sie waarn a saubere Kindsmagd. Ihna kannt ma net braucha dazua, das hab ich schon gspannt.
Karl Valentin faßt ihr den Busen an: Da san S' staubig, das muaß ma wegwischen.
Liesl Karlstadt: Ja, Sie san frech! Das mag ich net. – Jaja, das ist net so leicht, gel, Butzerl, das woaßt du am besten, ja, jetzt lacht er ja schon wieder – gelln S', das ist doch a netter Bua.
Karl Valentin: Und jung ist er.
Liesl Karlstadt: Und de roten Backerl, die er hat. Jetzt ist er auch wieder gsund. Aber vor vier Wochen hätten S' 'n sehn solln.
Karl Valentin: Da hab i koa Zeit ghabt.
Liesl Karlstadt: Da hat er schlecht ausgeschaut, da hätten S' 'n gar nimmer kennt.
Karl Valentin: Ja, was ist des?
Liesl Karlstadt: Da war er schwer krank, da hat er die ersten Zähn kriegt.
Karl Valentin: Mei Gnädige hats vor vierzehn Tag kriegt.
Liesl Karlstadt: So spät erst? Ach Sie, de werd erst de ersten Zähn kriagt ham.
Karl Valentin: Die dritten hats schon kriagt, weils ich selber gholt hab.
Liesl Karlstadt: Das ist ja ganz was andres – aber was moana S', was der Bua ausg'standen hat, Tag und Nacht hat er g'schrien.
Karl Valentin: Warum?
Liesl Karlstadt: Wega de Zähn.
Karl Valentin: Hat er Angst ghabt, daß er koa kriegt?
Liesl Karlstadt: Naa, so weh hats eahm to, der hat ja gleich soviel Fieber ghabt.
Karl Valentin: Ja was ist des?
Liesl Karlstadt: Er hat mich selber so viel erbarmt. Zum Doktor hab ich ihn auch fahren müssen, weil er net amal mehr a Mehlmus vertragn hat können.
Karl Valentin: Aber des hätt er scho beißen känna.
Liesl Karlstadt: Bloß mehr an Haferschleim ham ma ihm gebn dürfen. 48
Karl Valentin: Den mag mei Schimmel auch, das heißt an Schleim weniger, aber an Hafer.
Liesl Karlstadt: Ja, und dann hat er d'Fraisen noch dazuakriegt, da ist er ganz blau worn, und umanandaghaut hat er dabei mit de Händ und mit de Füß.
Karl Valentin: Ja, das macht mein Schimmel auch, erst kurz hat er wieder d'Kehl ghabt – da war er vor acht Tag da hinten ganz offen.
Liesl Karlstadt: Und der Bub vor vier Wochen.
Karl Valentin: Ja, Kinder kriegen's meistens früher. Da hat ma gar net hinkommen dürfen – so ist er im Stall drinn gstanden –, so ghört er nei, aber so war er drinn gstanden, und wia man angrührt hat, hat er ausghaut mit de Haxen. Er schlägt mit dem Fuß den Wagen um.
Liesl Karlstadt: Jessas Maria, mei Kind – ja Butzerl – wo ist er denn – sei nur grad stad, ich tu dir ja alles – hast dir weh weh to – Butzi, Butzi – geh, red halt, moana S', daß er sterbn muaß?
Karl Valentin: Das sehn S' scho, ob er alt werd.
Liesl Karlstadt: Mein Gott, bin ich jetzt derschrocken, wenn das mei Gnädige wissen tat, ich trauet mir nimmer hoam. Glei derfst wieder in das Betterl nei. Sie will den Kinderwagen aufheben, kanns aber nicht.
Karl Valentin schaut, ohne zuzugreifen.
Liesl Karlstadt: Geh, helfen S' halt a bisserl mit. Sie legt das Kind in den Wagen.
Karl Valentin »hilft« – verwickelt sich mit dem Säbel ins Strickzeug – schneidet die Wolle ab – sticht mit dem Säbel in den Wagen – haut sich den Ellenbogen an und reißt den Wiesenteppich aus. Schließlich steckt er den Säbel verkehrt in die Scheide.
Liesl Karlstadt: Mein Gott, san Sie a Mannsbild, Sie arbeiten ja rum wie a Narrischer. Das geht doch net. Auf so a kloans Kind muß ma doch Rücksicht nehmen.
Karl Valentin schleicht auf den Zehen am Wagen vorbei: Malheur gehabt.
Liesl Karlstadt: Ja – jetzt werd ich schön langsam wieder heimfahren.
Karl Valentin: Und ich werd mich schleunigst verduften.
Liesl Karlstadt: Sie san ja fein heraus – Sie dürfen jetzt bei dem schönen Wetter in d'Rosenau nuntergehen.
Karl Valentin: Ja – hoffentlich find ich nunter. Also dann adje – 49
Liesl Karlstadt: Schad, daß S' schon genga – jetzt wars eigentli erst ganz lustig worn bei uns.
Karl Valentin: Jawohl!
Liesl Karlstadt: Dann wünsch ich Ihnen halt recht viel Vergnügen, amüsieren S' Ihnen recht gut – und wenns recht kracht, dann denken S' an mich.
Karl Valentin: O bitte.
Liesl Karlstadt: Treffen Sie jemand?
Karl Valentin: Nein – leider – höchstens meine Kompagniespezeln, und da hat jeder a Gschöpf dabei.
Liesl Karlstadt: Und Sie san ganz alloa? –
Karl Valentin: Ja mei.
Liesl Karlstadt: Bräuchten S' halt aa a bißl a Ansprach. – Wissen S', ich möcht ja furchtbar gern zum Feuerwerk gehn, weil ich noch nia oans gsehn hab.
Karl Valentin: So, so . . .
Liesl Karlstadt: Natürlich hängt das von Ihnen ab – aufdrängen will ich mich nicht.
Karl Valentin: Ja, ich auch nicht.
Liesl Karlstadt: Mitganga waar i ganz gern.
Karl Valentin: Das moan ja ich. Genga S' halt mit.
Liesl Karlstadt: Ist's wahr, mögn S'? Des geht leider net, weil i's Kind dabei hab.
Karl Valentin: Des können S' doch da stehn lassen.
Liesl Karlstadt: Was fallt denn Ihna ein, naa, naa, den fahr ich jetzt hoam und Sie warten ma da auf der Bank.
Karl Valentin: Mir wars gnua, des kenn i scho, mi versetzen, des is mir schon z'oft passiert.
Liesl Karlstadt: Na, i versetz Eahna net, in zehn Minuten bin i wieder da, mein Ehrenwort.
Karl Valentin: Naa, auf des laß i mi net ei, da geh i scho lieber mit.
Liesl Karlstadt: Sie könna doch net als Soldat mit'n Kinderwagl mitlaufen, da müssen S' Eahna ja schama.
Karl Valentin: Lieber schäm i mi, als wie daß i da zehn Minuten wart.
Liesl Karlstadt: Also, na genga S' mit.
Karl Valentin: Wo wohnt denn Eahna Herrschaft?
Liesl Karlstadt: Glei da vorn in der Ludwigstraße.
Karl Valentin: In der Ludwigstraß? Das ist guat.
Liesl Karlstadt: Warum?
Karl Valentin: Ich hab an Freund – der hoaßt auch Ludwig. 50
Liesl Karlstadt: Also genga S' mit und warten mir unten a paar Minuten, nur derfen S' Ihna net direkt vors Haustor hinstelln, sonst sieht uns wer. Vielleicht vis-à-vis in a Eckerl nei.
Karl Valentin: Versteh schon – raffiniert halt.
Liesl Karlstadt: Dann, wann ich runterkomm, gehn wir gleich miteinander die Theresienstraße nunter, dann san ma soglei in der Schleißheimer Straß.
Karl Valentin: Mir könna aa an kloan Umweg machen, durch den Englischen Garten, daweil wird's schön langsam dunkel, und zum Feuerwerk komma ma noch früh gnua. Er nimmt sie um die Mitte und beide gehen ab.
Vorhang
Die Bühne hat sich in den Biergarten ›Zur Rosenau‹ verwandelt. Halblinks im Hintergrund ragt das altväterische Gasthaus in die Szene hinein und läßt Tür und Fenster sowie eine Petroleumlampe in Gestalt einer Stallaterne mit Schirm sowie den geschweiften Barockgiebel sehen. Auf der Mauer ist schwungvoll ›Zur Rosenau‹ aufgemalt. Den Bühnenhintergrund schließt ein Staketzaun ab, der in der Mitte von einem steinernen Pfeiler gehalten wird. Ein blühender Holunderbusch mit großen weißen Dolden drängt sich hindurch, rechts eine blühende Kastanie über dem Garteneingang, darunter eine Gaslaterne und ein weißblauer Wimpel zur Feier des Sonntags. Grobgehobelte Tische und Bänke ohne Lehne sind über die ganze Bühnentiefe verteilt. Auch die große Kiste mit den Feuerwerkskörpern kann man gut sehen. Im Vordergrund hängen Kastanienzweige mit weißen und roten Blütenkerzen in das Bühnenbild herein. Kreuz und quer sind Drähte über die Bühne gespannt, woran schon einige Lampions hängen, während die anderen von der Kellnerin und dem Hausknecht nach und nach bei Beginn des Spieles aufgehängt werden.
Karl Valentin und Liesl Karlstadt erscheinen im gleichen Kostüm wie im ersten Akt.
Der dicke Wirt hat eine große weiße Schürze vorgebunden, seine mächtigen Backen quellen aus dem Hemdkragen. Es ist so heiß, daß er nicht einmal eine Weste trägt, aber das schwarze Käppchen mit der hellen Fransentroddel hat er doch auf den kahlen Schädel gestülpt.
Der Feuerwerker ist klein und flink. Er trägt einen kurzen Schnurr- und Knebelbart wie alle Leute, die etwas mit Zauberei und 51 Knalleffekten zu tun haben. Eine große Hornbrille wird von buschigen dunklen Brauen überschattet, eine graue Ballonmütze hat er weit in die Stirn gezogen und legt sie während des ganzen Spieles nicht ab.
Die Kellnerin erscheint in einer weißen Leinenkleiderschürze, die sie über ihr ganzes geblümtes Sommergewand gezogen hat, um den Leib hat sie einen dünnen schwarzen Riemen geschnallt, an dem rechts die lederne Zahltasche lang herunterhängt.
Die Gäste sind Soldaten in den bunten Uniformen der Zeit vor 1914, mit weißen Koppelriemen, gewaltigen geschwungenen Säbeln, schirmlosen Mützen, blitzenden Epauletten und bunten Kragen. Sie haben Mädchen mit den langen engen, manchmal geschlitzten Röcken und gewaltigen Pleureusen im gleichen Jugendstilgeschmack bei sich.
Der Hausdiener hat die Hemdärmel aufgekrempelt und trägt zu einer alten Hose eine offene Weste, unter der das kragenlose Hemd verschwindet.
Wenn sich der Vorhang öffnet, sieht man den Wirt und die Kellnerin auf der Szene.
Der Wirt: Also los, schickts euch, Lampions aufhängen! An blauen, an roten, an grünen – habts denn gar koan G'schmack? Italienische Nacht – das Wort alloa sagt schon, daß ma net lauter gleiche an oan Draht hinhängt.
Ein Hausierer tritt auf: Zigarrn, Zigaretten, Virginia, Feuerzeig, Zigarren, Zigaretten gefällig! Er geht an alle leeren Tische und dann monoton sprechend wieder ab.
Der Wirt: Anzapfen! Viere ist's bald, habt's d'Kerzn schon neig'steckt? Die Tische müssen besser abgeputzt werden.
Man hört anzapfen.
Ein Soldat mit Mädchen: Kellnerin, a Maß! Er ißt aus einem Paket.
Die Kellnerin: Prost.
Der Wirt: Ah, grüaß Gott beianand, wia geht's, wia steht's, bleim ma heut auch da beim Brillantfeuerwerk? Sehn S', das is der Herr Feuerwerker, der richt grad alles her, und steckt alles auf, fürs Brillantfeuerwerk mit bengalischer Beleuchtung – a wunderbares Wetterl ham ma heut dada.
Der Soldat: Aber nimmer lang, heut halts net aus.
Der Wirt: Waar net übel – heut is doch ein herrlicher Tag.
Der Soldat: Aber regnen tuts heut noch, des woaß ich gwiß, denn wia ich heut mein Herrn sein Hund spaziern g'führt hab, da hat er a Gras gfressn, und wenn a Hund a Gras frißt, das ist das sicherste Zeichen, daß 's auf d' Nacht no regnt. 52
Der Wirt: Waar net übel, das waar so a Schlag für mich, das Feuerwerk kostet mich dreihundert Mark. Da taat ichs na scho glei lieber nächsten Sonntag abhalten. Sie, Herr Feuerwerker, was moana denn Sie? Grad jetzt sagt mir der Herr Soldat, daß heut 's Wetter wahrscheinlich net aushalten tuat.
Der Feuerwerker: Aaah – Papperlapapp – heute bei dem blauen, klaren Himmel kann es doch nicht regnen, wie kommen Sie denn auf so einen Unsinn?
Der Wirt: Ja, also der Soldat hat nämlich einen Herrn, und der Herr hat heut a Gras gfressn – nein – der Hund hat an Herrn gfressn – nein – der Soldat hat an Hund gfressn – nein – an Hund hat er spaziern gführt, und da hat der Hund a Gras gfressn, und er sagt, wenn a Hund a Gras frißt, dann regnt's auf d' Nacht.
Der Feuerwerker: Das glaube ich kaum. Ich halte es für ausgeschlossen, daß es heute regnet. – Das heißt, gehört hab ich das allerdings auch schon oft, daß, wenn ein Hund ein Stück Gras frißt, daß es dann bestimmt regnet.
Der Wirt: Gell, Sie hams auch schon ghört?
Der Feuerwerker: Das wäre natürlich furchtbar unangenehm, wenn im letzten Moment ein Regenwetter käme – ja, ich mache Ihnen den Vorschlag – wir verschieben das Feuerwerk auf nächsten Sonntag – ich bin allerdings mit meiner Arbeit schon fast fertig, aber wenn Sie wollen, dann nehme ich das ganze Feuerwerk wieder herunter.
Der Wirt: Runter . . .
Der Feuerwerker: Pack Ihnen alles ein!
Der Wirt: ein . . .
Der Feuerwerker: Sie heben die Kiste gut auf!
Der Wirt ; auf . . .
Der Feuerwerker: Und wir brennen das Feuerwerk am nächsten Sonntag ab.
Der Wirt: ab . . .
Der Feuerwerker: Ich will Ihnen natürlich nichts dreinreden, aber es wäre ewig schade, wenn's alles verregnen würde. Ihre schönen Ballone werden naß, – das packen wir alles ein, und Sie heben die Kiste gut auf.
Der Wirt: Ja, des stelln ma dann in d' Küch nei.
Der Feuerwerker: Um Gotteswillen – nur nicht in die Küche, zum Ofen, das sind alles Explosivkörper – die Kiste stelln Sie am besten untern Eiskasten.
Der Wirt: Naa, naa, de Raketn schaun so ähnlich aus wie d' 53 Würscht, und mei Alte, des Rindviech, verwechselts und legt's in d' Pfanna nei und Bumm –
Der Feuerwerker: Naa, so dumm wird Ihre Frau Gemahlin doch net sein.
Der Wirt: Wally, teats die Ballon wieder runter, ich trau dem Wetter nicht recht, wir halten das Feuerwerk nächsten Sonntag ab.
Alles wird abgenommen und eingepackt.
Der Feuerwerker: Ich packe gern alles ein, wegen der Arbeit ist es mir nicht, denn nächsten Sonntag haben wir dann die Garantie, daß es schön Wetter wird.
Der Wirt läuft immer an der Kiste herum.
Der Feuerwerker: Sie, mit Ihrer brennenden Zigarre, kommen Sie mir ja nicht zu nahe an die Kiste.
Ein anderer Soldat setzt sich und bestellt sich ein Bier.
Der Wirt: Grüaß Gott beinand, wie gehts, wia stehts, heut hätt ma a wunderbares Brillantfeuerwerk ghabt, auf d'Nacht, aber ich trau mir leider nicht, weils Wetter nicht aushalt dada.
Der andere Soldat: Wer sagt denn das?
Der Wirt: Der Ding sagt's – dem sei Hund hat a Gras gfressn, und da sagt er, regnts auf d' Nacht bestimmt noch.
Der andere Soldat: Ah, Schmarrn – heut halts aus! Schaun S', mir ham an Laubfrosch dahoam, und der sitzt schon seit acht Tagen ganz z'höchst oben auf der Leiter drobn, und das ist das sicherste Zeichen, daß schön Wetter bleibt.
Der Wirt: Ja, ghört hab ich das schon oft, Sapprament –
Der Feuerwerker: So, Herr Wirt, jetzt bin i fertig – also nächsten Sonntag komm ich wieder – vielleicht um dieselbe Zeit wie heute, und da brennen wir unser Feuerwerk ab. – Auf Wiedersehn. Er will gehen.
Der Wirt: Jaaaaa – Herr Feuerwerker, könnt ich Sie noch einen Moment sprechen?
Der Feuerwerker: Gewiß. Haben Sie mir noch was zu sagen, haben Sie noch einen Wunsch?
Der Wirt: Jetzt sagt mir grad der Soldat, eben im Moment, daß heut auf d' Nacht doch schön Wetter bleibt.
Der Feuerwerker: Ja was ist das!
Der Wirt: Er sagt, er hat einen Laubfrosch, und der sitzt in an Glasl drin, ganz hoch auf der Leiter drobn, und das, sagt er, ist das sicherste Zeichen, daß schön Wetter bleibt.
Der Feuerwerker: Lassen Sie sich doch net beeinflussen, Herr Wirt. 54
Der Wirt: Ja, das ist eben ein Fehler von mir.
Der Feuerwerker: Ich meine, das ist doch ein Ding der Unmöglichkeit, daß an ein und demselben Tag ein Hund Gras frißt und ein Laubfrosch oben auf der Leiter sitzt.
Der Wirt: Ja – das ist mir das Auffällige.
Der Feuerwerker: Kein Mensch kanns vorher sagen, wie das Wetter wird.
Der Wirt: Ja, weils eben kein Mensch sagen kann, drum braucht man eben diese Viecher.
Der Feuerwerker: Gehört hab ich das auch schon, daß der Laubfrosch der sicherste Wetterprophet sein soll – das lernt man doch schon in der Schule. Ich glaube selbst schon bald, daß der Laubfrosch recht hat – denn ich will Ihnen was sagen – warum hat der Hund ein Gras gfressn?
Der Wirt: Das woaß i net.
Der Feuerwerker: Ganz einfach – weil er Hunger ghabt hat. Hätt der Soldat seinem Hund eine Wurscht gegeben, dann hätte derselbe nie Gras gefressen.
Der Wirt: Natürlich – ja – wenn a Hund a Wurscht frißt, dann wirds ja net schlecht Wetter.
Der Feuerwerker: Wissen Sie was – wir brennen das Feuerwerk doch heute abend ab – ich packe Ihnen wieder alles aus und Sie hängen Ihre Lampions wieder auf.
Der Wirt: Wally – Hausl – hängts d' Lampions wieder nauf; das Feuerwerk findet heute statt.
Beide hängen die Lampions wieder auf.
Der Feuerwerker: Es ist wirklich besser, wenn wir das Feuerwerk heute abbrennen, wer weiß, wie nächsten Sonntag das Wetter wird – da kann es vielleicht noch viel mehr regnen wie heute.
Der Wirt: Ja, regnts denn heut?
Der Feuerwerker: Das weiß ich nicht – aber gehn Sie mir bitte mit Ihrer brennenden Zigarre weg! Er packt wieder alles aus.
Noch ein Soldat tritt auf: I möcht drei Quartl und an saubern Teller! Er schneidet einen mitgebrachten Rettich auf.
Der Wirt: Aaa, san ma heut auch komma zum Brillantfeuerwerk?
Der dritte Soldat: Was ist heut? A Brillantfeuerwerk? Wann?
Der Wirt: Wenns finster is, weil mas beim Tag net sicht – sehn S', jetzt richtets der Feuerwerker scho her – das wird kein 55 gewöhnliches Feuerwerk, sondern ein Brillantfeuerwerk, mit Raketen und Speibteufeln. Wenn de da naufsausn . . .!
Der dritte Soldat: Das wirds Eahna schön dawaschn, denn daß's heut auf d' Nacht noch regnt, da wett ich meinen Kopf.
Der Wirt: Waar net übi, heut is doch ein herrlicher Tag.
Der dritte Soldat: Aber regna tuats heut no, denn wia i heut in da Früah meine Roß putzt hab, san d' Fliagn so am Stallfenster umananda gsummt, und wenn d' Fliagn so am Stallfenster umananda summa, Ssssssss, das is das sicherste Zeichen, daß 's auf d' Nacht regnt.
Der Wirt: Jetzt kenn i mi gar nimma aus. Er geht weg und sagt für sich. Der Hund frißt a Gras, der Laubfrosch sitzt am Stangerl droben und d' Fliagn san bös, ja was is des. Sie, Herr Feuerwerker, genga S' amal her!
Der Feuerwerker: Und was ist los, Herr Wirt?
Der Wirt: Jetzt sagt mir der Schwere Reiter grad, daß, wenn d' Fliagn am Fenster umananda summa, daß da bestimmt an dem Tag auf d' Nacht no regnt.
Der Feuerwerker: Das ist doch schrecklich mit Ihnen, jetzt hätte alles schön geklappt, jetzt lassen Sie sich wieder beeinflussen. Ich kann Sie gar nicht verstehen – von jedem Deppen lassen Sie sich was erzählen.
Der dritte Soldat: Was Depp – ich gib Eahna nacha gleich an Deppen . . .
Der Feuerwerker: Beruhigen Sie sich doch – Sie sind doch gar nicht gemeint damit, ich meine doch Sie, Herr Wirt.
Der Wirt: Mich hat er g'meint!
Der Feuerwerker: Auch mit Recht, weil Sie nie wissen, was Sie wollen. Denn wegen dem seine drei oder vier Fliegen, die da am Fenster . . .
Der Wirt: Ah – drei oder vier – wieviel war'n s'?
Der dritte Soldat: A ganzer Haufen, a paar Hundert.
Der Wirt: Na also – a paar Hundert Fliagn san mir doch maßgebender als wia dem sein einzelner saudummer Laubfrosch.
Der Feuerwerker: Ja . . . gehört habe ich das allerdings auch schon. – Es wäre natürlich sehr unangenehm, wenns im letzten Moment alles verregnen würde. Ich will Ihnen aber in keiner Weise dreinreden –, aber wie gesagt, wenn Sie sich nicht traun, dann ist es besser, wir verschieben das Feuerwerk. Denn stell'n Sie sich vor, wenn im letzten Moment ein Wetter kommt; alle Gäste laufen weg, alles wird naß . . .
Der Wirt: Ja, mei Bier . . . 56
Der Feuerwerker: Ach, das Bier kann ja naß werden.
Der Wirt: Nein, überbleiben tut es mir.
Der Feuerwerker: Na ja, das wäre nicht so schlimm, Sie können Ihr übriggebliebenes Bier selber trinken, aber ich kann mein Feuerwerk nicht fressen. Ich packe Ihnen alles wieder ein –
Der Wirt: Wally – Hausl – das Feuerwerk findet heute nicht statt, ich trau mir net; jetzt wieder alles einpacken – warten S', ich hilf a bisserl.
Der Feuerwerker: Jetzt sind Sie schon wieder da mit der Zigarre, wie oft muß ich's denn noch sagen?
Der Wirt läßt die Zigarre fallen: Sie, Herr Feuerwerker, mei brennende Zigarre ist in die Kiste gefallen.
Der Feuerwerker: Wo, hier – um Gotteswillen!
Er macht den Deckel zu, man hört eine ziemliche Explosion. Der Wirt ist zitternd auf einen Tisch hinaufgestiegen.
Der Feuerwerker: Jetzt hat man die Bescherung! Das war ja ein Leichtsinn sondergleichen – dreimal hab ich Sie gewarnt.
Der Wirt: Und einmal ist's bloß explodiert.
Der Feuerwerker: Das ist noch gut abgelaufen, die Kiste hätte in die Luft fliegen können, – da schaun Sie her, was Sie angestellt haben. Jetzt gehn Sie mir aber nicht mehr her. Jetzt hamma den Salat.
Ein vierter Soldat tritt auf: Herrgott, ham ma heut a schöns Wetter. Grad a Freud is, weil Sonntag is! Ist's erlaubt? Er setzt sich.
Der Wirt: Grüß Gott.
Der Feuerwerker: Halt! Machen Sie, daß Sie wegkommen, Sie reden ja doch bloß wieder vom Wetter, was anderes wissen Sie nicht, sonst geht's wieder an! Er zieht den Wirt weg.
Der vierte Soldat: Herrgott, ham ma heut a schöns Wetter, grad a Freud is' – jetzt bleibts mindestens vierzehn Tag so schön. – Da g'freut einem der Ausgang nochmal so, wenns gar so schön Wetter is, so soll'n alle Sonntage sein, und d' Schwalberln fliagn ganz hoch und zwitschern – und der Rauch steigt kerzengrad in d' Höh – da kanns überhaupt net regna, dann muaß ja schö Wetter bleib'n.
Der Wirt hat aufmerksam zugehört und schreit: Herr Feuerwerker . . .
Der Feuerwerker: Weiß schon, weiß schon, Ballons aufhängen, Feuerwerk auspacken, das is' ja zum Verrücktwerden. Jetzt wird es mir zu dumm, einmal heißt es auspacken, dann 57 wieder einpacken, ich mache nicht mehr mit. Zum letztenmal pack ich's Ihnen jetzt wieder aus, aber dabei muß es nun bleiben.
Der Wirt: Da wird nichts mehr gredt – Herr bin i! Das Feuerwerk findet heute unter allen Umständen statt.
Der Feuerwerker: Ich glaub Ihnen nicht mehr, braucht bloß wieder jemand sagen, es regnet, dann sprechen Sie wieder anders.
Der Wirt: Was? – Oana soll mir heut noch kommen und bloß das Wort »Regen« sagen, den hau i mit mein Bratschlegl nieder wie an Stier. . . . Er haut mit einem Holzschlegel auf den Tisch.
Karl Valentin kommt mit Liesl Karlstadt herein.
Der vierte Soldat: Grüß Gott, Fräulein.
Liesl Karlstadt: Grüß Gott.
Karl Valentin: Servus, Kamerad! Beide setzen sich zum vierten Soldaten.
Die Kellnerin: Was is?
Karl Valentin: Sonntag is.
Die Kellnerin: Naa, was kriagn ma – a Maß oder a Halbe?
Karl Valentin: Was magst denn?
Liesl Karlstadt: Entweder a Maß oder a Halbe, das is ja gleich.
Karl Valentin: Das is gleich.
Die Kellnerin: Ja . . . was soll ich nacha bringa?
Karl Valentin: Bringens zwoa Halbe in oan Maßkrug!
Die Kellnerin: Das is ja a Maß – also, na bring ich a Maß.
Karl Valentin: Ja.
Liesl Karlstadt: Naa – des is ja zvui, i mag überhaupt koa Bier – i mag höchstens a Schluckerl.
Karl Valentin: Also, na bringen S' a Maß und a Schluckerl.
Die Kellnerin geht ab. Karl Valentin bricht eine Brezen auseinander.
Karl Valentin: Der Bäcker lebt aa nimmer, der wo de Brezn gebacken hat.
Die Kellnerin bringt eine Maß und eine Halbe: Gsundheit!
Liesl Karlstadt: Jetzt hats doch zvui bracht, so vui Geld hättst net ausgebn braucha.
Karl Valentin: Für di is mir nix zvui. Trink nur.
Liesl Karlstadt: Bittschön! Sie trinkt eine ganze Halbe aus.
Karl Valentin gibt das Glas der Kellnerin: No a Schluckerl – da, trink derweil da, bis des andere kummt.
Liesl Karlstadt: Naa – dank schön. Also i hab jetzt Durst ghabt! 58
Karl Valentin: Des ham ma scho g'sehng.
Die Kellnerin bringt neues Bier.
Karl Valentin: 's nächst Mal bringen S' mir aber an Decklkrug.
Die Kellnerin: Warum jetzt an Deckelkrug?
Karl Valentin: Weil da allweil da Dreck so neifallt.
Die Kellnerin: In der Rosenau gibts koan Deckel.
Karl Valentin: Aber an Dreck.
Liesl Karlstadt: Mir braucha doch koan Deckel, i mag sogar die Gläser ohne Deckel viel lieber. Da braucht ma net lang an Deckl aufmacha, da kann ma schnella trinka.
Karl Valentin: Ja ja . . .
Liesl Karlstadt: Ja . . . und de Arbeit mit der Putzerei, so an Deckl muaßt mit Zinnkraut putzen, da kannst glei zehn Minuten hinfummeln, bis er sauber is.
Karl Valentin: Du brauchst'n do net putz'n!
Liesl Karlstadt: Jaa. – Du aa net!
Karl Valentin: Arbeit'n möchts nichts, faule Luada seids, denk an das Sprichwort, des ma scho in der Schul gelernt ham: »Sich segen bringt Regen« . . .
Der Wirt: Regen? – Dir gib i glei an Regen! Er haut ihm den Schlegel auf den Kopf.
Ein Tumult bricht aus. Alle springen auf, halten den Wirt zurück und schimpfen wüst durcheinander.
Der vierte Soldat: Da braucht ma oan doch net glei an Schlegel auf's Dach naufhaun!
Der Wirt: Dir hab ich'n net naufg'haut, also bist staad. Da woaß ma ja gar nimmer, wo man die Nerven hernehmen soll. Zu Karl Valentin. Herr Nachbar, werden S' schon entschuldigen, i hab nimmer g'wußt, was i tua, san S' ma halt net bös, wenn i Eahna den Schlegl naufghaut hab.
Karl Valentin: Was ham S'?
Der Wirt: An Schlegl hab i Eahna naufghaut.
Karl Valentin: Wem?
Der Wirt: Ihnen!
Karl Valentin: Wann? Heut?
Der Wirt: Jetzt grad im Moment.
Karl Valentin: Mir?
Der Wirt: Freilich. Ihnen doch – oder soll ich mir'n selbst naufghaut ham?
Liesl Karlstadt: Ja was hast denn du für an Kopf? Hast du des net gspürt? 59
Karl Valentin: Naa – i hab ja a Kappe aufghabt.
Der Wirt: Des müassn S' halt 's nächste Mal aba tua, bei solcher Gelegenheit, sonst spürn Sie ewig nix, oder net so saudumm daher red'n, und sagen vom Regen, wo i a schön's Wetter brauch, weil i heut a Feuerwerk abbrenna will.
Liesl Karlstadt: Ja, Sie, wann is denn des Feuerwerk?
Der Wirt: Jetzt na, wenns finster wird.
Liesl Karlstadt: Jetzt is aber no lang net finster.
Der Wirt: Drum wirds aa jetzt no net abbrennt.
Karl Valentin: Wenns aber heut net finster wird?
Der Wirt: Des is mir wurscht, ob 's finster wird oder net, abbrennt wird's auf alle Fälle.
Karl Valentin: Na kannst 's aa jetzt abbrenna, jetzt is ja no net finster.
Der Wirt: Jetzt is do no hell, dunkler muß es auf alle Fälle werden.
Liesl Karlstadt: Ja, Sie . . . was taten S' denn da, wenns heut ausnahmsweis net finster werden tat?
Der Wirt: Geh reden S' doch net so saudumm daher, finster werds do alle Tag auf d'Nacht.
Karl Valentin: Wenn's alle Tag finster werd, dann kannt ma ja alle Tag a Feuerwerk abbrennen.
Der Wirt: Freili kannt ma das, aber wenn ma alle Tag a Feuerwerk abbrenna tat, dann is ja a Feuerwerk was ganz alltäglichs – das hätt' ja gar kein Sinn.
Karl Valentin: Na hätt ja des aa kein Sinn, wenn's alle Tag dunkel werd.
Der Wirt: Das hat eben schon an Sinn, denn wenn's auf der Welt gar niemals mehr dunkel werden tat, dann könnt ma gar nia a Feuerwerk abbrenna.
Karl Valentin: Warum net? Es hoaßt doch »Alles kann man, wenn man will«!
Der Wirt: Natürlich kann ma . . . jetzt woaß i nimmer, was i sag'n soll . . .
Liesl Karlstadt: Ja, Sie, wenn's aber dunkel is und Sie zünden Ihr Feuerwerk net an, dann kann ma's ja auch net sehn?
Der Wirt: Das is doch klar, daß ma im Finstern net sieht.
Karl Valentin: A Feuerwerk aa net?
Der Wirt: Jo! Grad a Feuerwerk sieht ma im Finstern besser.
Liesl Karlstadt: Auch wenn's net ozund'n is?
Der Wirt: Jessas, jessas, die bringa mich direkt zur Verzweiflung. – Jetzt laßt's mir mei Ruah und wartet's halt, bis finster is. 60
Karl Valentin: Ja . . . wir können doch net bis morgen in der Früh da warten, bis des Feuerwerk da angeht.
Der Wirt: Bis morgen in der Früh? Da is ja schon z'spät, da wirds ja scho wieder hell.
Liesl Karlstadt: Ja, Sie, aber wenn . . .
Der Wirt: Jetzt laßt's mir mei Ruah – steigt's ma an Buckl nauf.
Karl Valentin: Ja. Des is a guate Idee, von Eahnan Buckl aus seh ich's Feuerwerk viel besser.
Liesl Karlstadt: Sag nix mehr zu eahm – jetzt stinkt er ihm.
Der vierte Soldat: Geh weiter, Musi, sing ma oans, bis 's Feuerwerk ogeht.
Die Kellnerin bringt eine Ziehharmonika – Karl Valentin spielt.
Alle singen:
»Des Morgens um halbe viere
Ertönet der Trompetenschall,
Da heißt es, auf, ihr Kürassiere,
Und marsch hinunter in den Stall.
Und putzt das Rößlein sauber ab,
Und putzt das Rößlein sauber ab,
Woran ich meine, woran ich meine,
Woran ich meine Freude hab.
Am Sonntag gehn wir promenieren,
Hinunter in die Rosenau,
Da kann ma sich gut amüsieren,
Da gibt es oft an Mordsradau.
Da haust halt oan a paar herab,
Da haust halt oan a paar herab,
Woran ich meine, woran ich meine,
Woran ich meine Freude hab.«
Während des Singens ist die Dämmerung eingefallen; es beginnt ein wenig dunkel zu werden.
Karl Valentin: Ja, was is jetzt mit dem Feuerwerk?
Der Feuerwerker: So, meine Herrschaften, jetzt kanns losgehn – jetzt bin ich soweit!
Alle gehen nach hinten zum Zaun, Karl Valentin und Liesl Karlstadt kommen nach vorn an die Rampe.
Liesl Karlstadt: Jetzt werd's glei scheppern, da hinten.
Der Wirt: Was is denn mit euch zwei, was stellt's euch denn da her? 61
Karl Valentin: Ja 's Feuerwerk möcht'n mir anschaun.
Der Wirt: Des is doch dahinten, sehgts denn net, wo die andern Leut stehn?
Beide: Aso! Sie gehen gleichfalls nach hinten.
Liesl Karlstadt: Is scho anganga?
Alle: Naa, wir wart'n aa scho drauf.
Der Feuerwerker: Einen Moment, Herr Wirt, jetzt kann ich's nicht abbrennen, ich kann nicht anfangen, weil ich kein Zündholz hab.
Der Wirt: Jessas, Jessas, jetzt hat der wieder koa Zündholz, des is doch blöd, des is grad so dumm, als wenn a Kaminkehrer koan Kamin dabei hat.
Der Feuerwerker: Das kann doch einmal vorkommen.
Der Wirt: Das derfat net vorkommen, Sie san a trauriger Feuerwerker – hat denn niemand a Feuer?
Karl Valentin: Ja, in der Kuchl, da is Feuer gnua, brennt's es halt in der Kuchl ab!
Der Feuerwerker: In der Kuchel kann man doch kein Feuerwerk abbrennen.
Der Wirt: Red's koan Schmarrn und gebt's ihm Streichhölzer.
Der dritte Soldat: Da!
Der Feuerwerker stürzt hinaus.
Alle: Wann geht's denn amal an? – Wann werd's denn abbrennt?
Der Feuerwerker läuft wieder auf die Szene, alles fragt, er bahnt sich den Weg durch die Leute: Herr Wirt, tut mir leid, aber ich kann das Feuerwerk noch nicht abbrennen.
Der Wirt: Warum denn? Was ist denn scho wieder?
Der Feuerwerker: Es ist noch viel zu hell –
Der Wirt: Jetzt machen S' mi aber bald narrisch, jetzt hab'n S' a schöns Wetter, haben S' Streichhölzer. Jetzt is Eahna auf einmal wieder z'hell – tean S' nur mir net traun . . .
Alle lachen und schimpfen durcheinander: Das ist ja a Schwindel, so a Bamberlfeuerwerk, der alte Tritschler . . . Sie setzen sich wieder an die Tische.
Der Feuerwerker: Ich verbitte mir das, ich als Fachmann muß doch wissen, wenn ich ein Feuerwerk abbrennen kann. Jetzt is doch noch hellichter Tag, und ich brauche eine tiefdunkle Nacht.
Karl Valentin: Brennen Sie's doch im Keller ab – da is dunkel.
Der Feuerwerker: Im Keller – Unsinn. Haben Sie schon mal im Keller drunt ein Feuerwerk g'sehn? 62
Karl Valentin: Ich schon –. Im Augustinerkeller war schon oft a Feuerwerk.
Der Feuerwerker: Ja, im Augustinerkeller, aber net im Augustinerkeller-Keller, drum, ich brauch eine stockdunkle, rabenschwarze Nacht.
Karl Valentin: Jetzt ist's aber schon ziemlich dunkel. Er trinkt vom Bier.
Der Feuerwerker: Das nützt mir gar nichts. Ich kann mein Feuerwerk nicht »ziemlich« abbrennen, ich muß es ganz abbrennen.
Liesl Karlstadt: Jetzt braucht ma halt an Barometer, daß ma wissen taten, wie dunkel es ist.
Karl Valentin spuckt das Bier aus und lacht.
Liesl Karlstadt: Da brauchst net so gschwolln lacha, wenn i was sag.
Karl Valentin: Du Rindvieh – du moanst ja an Thermometer.
Liesl Karlstadt: Du kannst ja glei sagn: an Kilometer.
Der Wirt: Oder gleich an Manometer, zum Dummheit messen.
Der Feuerwerker: Das nützt mich alles nichts, ich brauch eine totale rabenschwarze Nacht.
Der Wirt: Ich weiß schon – eine rapide Finsternis.
Karl Valentin: Zu was »Fensterkiss«?
Liesl Karlstadt: A Finsternis, hat er gsagt – a Dunkelnis.
Jetzt wird es plötzlich ganz schnell dunkel.
Der Feuerwerker: So, jetzt können wir anfangen.
Liesl Karlstadt: Im Dunkeln tut's Feuerwerk funkeln!
Man hört, wie sich im Dunkeln des hinteren Gartens die Paare küssen – es folgt ein Schuß, dann wird es für wenige Sekunden wieder hell.
Der Wirt sieht die küssenden Paare und ruft: Ah, is des das Feuerwerk?
Und nun ist die Vorstellung auch schon im vollen Gange. Sie beginnt mit einem Feuerrad, dann folgen Christbaumkugeln, die Bühnenscheinwerfer blitzen ab und zu auf, es regnet rote und grüne bengalische Zündhölzer, Rauchkerzen duften, es knallt erheblich. Alle Gäste im Biergarten der Rosenau begleiten das Schauspiel mit anerkennenden Zurufen: »Aaaah« und »Ooooh« und »Da schau her!« Zum Schluß klatschen alle. Man hört »Bravo« rufen und alle verlassen die Bühne, während die Lampions aufflammen und die Gartenbeleuchtung angezündet wird.
Karl Valentin und Liesl Karlstadt schauen dem verlöschenden Feuerwerk nach: Gute Nacht, schön war's.
Der Wirt: Halloh! Was is denn mit euch zwoa? Auf was wartet's denn noch? 63
Karl Valentin: Wann is denn das Feuerwerk aus?
Der Wirt: Jessas, Jessas, des sehgts doch, daß schon aus ist, sonst tat's doch noch was sehgn.
Liesl Karlstadt: Aber schön war das Feuerwerk!
Karl Valentin: Und kracht hat's oft!
Liesl Karlstadt: Aber stinken tut so ein Feuerwerk!
Karl Valentin: Ja, ja, es riecht nicht alles gut, was kracht.
Der Wirt: Gute Nacht. – Machts, daß weiter kommts.
Karl Valentin: Hoffentlich finden ma hoam, weil's so finster is.
Der Wirt: Da, habt's an Lampion – den schenk i Euch!
Beide raufen um den Lampion und zerreißen ihn dabei.
Liesl Karlstadt: Jetzt hast'n z'rissn – schad.
Karl Valentin will ihn einstecken.
Liesl Karlstadt: Da brennst di ja.
Der Wirt: Der brennt net vor Dummheit. – Gute Nacht.
Liesl Karlstadt: Sie, wann haben S' denn wieder amal so a schöns Feuerwerk?
Der Wirt: Nächsten Sonntag.
Karl Valentin: Da gehn ma wieder runter – den Sonntag, der jetzt kommt?
Der Wirt: Jawohl.
Karl Valentin: Ja . . . wenn's aber nächsten Sonntag regnet?
Der Wirt: Jetzt leckt's mi am A . . . .
Vorhang