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Mopsus und Menalkas, zwei Ziegenhirten, begegnen sich im Sommer auf der Weide des Bergwaldes. Der jüngere Mopsus, ein trefflicher Flötenspieler, wird von Menalkas, einem vorzüglichen Sänger, freundlich zum Wechselgesang eingeladen, worauf jener den Tod des Daphnis, dieser die Vergötterung desselben besingt.
Daphnis erscheint V, 50-52 als ein neulich verstorbener Liebling der beiden, von welchen Menalkas V, 85-87 den Vergil selbst, den Verfasser des Alexis und des Palämon, vorstellt.
Wessen Tod konnte damals so allgemeine Trauer, wessen göttliche Verehrung so allgemeine Freude erregen? Keines anderen, als des Diktators Julius Cäsar. Nach den Greueln des Triumvirats konnten auch wohl altrömische Herzen mit Wehmut an die bessere Verwaltung des Julius und an die großen Tugenden und Entwürfe dieses, wenn Freiheit nicht länger stattfand, der Oberherrschaft so würdigen Mannes, zurückdenken.
Menalkas. |
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Mopsus, warum, da wir als Tüchtige beid' uns begegnet, Du zu blasen auf leichtem Geröhr, ich, Lieder zu singen, Sitzen wir hier nicht unter haseldurchwachsenen Ulmen? |
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Mopsus. |
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Du bist älter; dir folgt der jüngere billig, Menalkas, | ||
5 | Ob wir unter die rege, von Zephirn wankende Schattung, Ob zur Grotte vielmehr wir hineingehn. Schau, wie die Grotte Dort von der waldigen Rebe mit einzelnen Trauben behängt ist. |
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Menalkas. |
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Dir wetteifert allein in unseren Bergen Amyntas. | ||
Mopsus. |
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Der wetteifert ja wohl, im Gesang zu besiegen den Phöbus. | ||
Menalkas. |
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10 | Singe du, Mopsus, zuerst, sei's nun von den Flammen der Phyllis, Oder von Alkons Lobe dein Lied, auch von Hader des Kodrus, Singe nur; Tityrus hat wohl acht auf die weidenden Böcklein. |
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Mopsus. |
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Nein, der Gesang, den ich neulich in grünende Rinde des Buchbaums Eingeritzt und messend den Ton umeinander bezeichnet, |
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15 | Werde versucht. Dann rufe zum Wettkampf du den Amyntas. | |
Menalkas. |
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So wie die Weide des Sumpfs nachsteht dem grünlichen ÖlbaumDie Blätter des Ölbaums haben eine matte graugrüne Farbe. So wie die niedere Narde den purpurnen Rosengebüschen, Muß nach unserem Dünken auch dir nachstehn Amyntas. |
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Mopsus. |
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Weiter kein Wort, o Jüngling; wir sind in die Grotte gelanget. | ||
20 |
Ihn beweinten die Nymphen, den grausam scheidenden Daphnis, |
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25 | Rinder hinab zu des Baches Erfrischungen; keines der Tier' auch Kostete weder den Strom noch berührt' ein Hälmchen des Grases. Ja, daß dich, o Daphnis, auch punische Löwen beseufzet, Als du erblichst, das reden verödete Berg' und Gehölze. Daphnis hat an den Wagen armenische Tiger zu spannen, |
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30 | Daphnis gelehrt, im Triumph Festreihn zu beginnen des Bacchus Und mit weichem Geranke den schmeidigen Stab zu umwinden. So wie die Rebe dem Baume zum Schmuck, wieder der Rebe die Traub' ist, So wie den Herden der Stier, wie die Saat dem fetten Gefilde, So, du einzig der Schmuck den Deinigen. Seit das Geschick dich |
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35 | Raffte, verließ selbst PalesPales ist die Schutzgöttin der Hirten und Herden; ihr zu Ehren wurden die Palilien am 21. April, dem Gründungstage Roms, gefeiert. – Apollo, welcher dem Könige Admetus am Ufer des thessalischen Flusses Amphrysus die Rinder gehütet hatte, wurde als Beschützer der Herden verehrt. und selbst Apollo die Felder. Wo großkörnige Gerste wir oft den Furchen vertrauet, Sproßt unseliger LolchDer Taumellolch, Tollkorn (lolium temulentum), loglio oder loglio inebbriante, im heutigen Italien, ein verhaßtes Unkraut auf den Feldern, giftig für Menschen und Tiere, doch soll der Same von Hühnervögeln ohne Schaden gefressen werden. – Der Flughafer (Wild- oder Windhafer, avena latua) schadet besonders in Haferfeldern wegen der schwierigen Absonderung der Früchte. und ein Schwarm des verwilderten Hafers. Statt der sanften Viol' und der purpurhellen Narzisse Steigt die Distel empor und scharfgenadelter Wegdorn. |
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40 | Streut den Boden mit Laub, umzieht die Quellen mit Schatten, Hirten der Flur; es verlangt, daß dies ihm geschehe, noch Daphnis. Auch erhöht ihm ein Grab und fügt zum Grabe die Aufschrift: »Daphnis ich hier in den Hainen bekannt bis zum sternigen Himmel, Schönem Vieh ein Hüter vordem, noch schöner ich selber.« |
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Menalkas. |
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45 | So ist mir dein holder Gesang, o göttlicher Dichter, Wie ein Schlummer dem Müden im Gras' ist, wie wenn am Mittag Durstige labet ein Trunk aus des Quellbachs süßem Gesprudel. Nicht mit dem Rohr nur gleichest du ihm, auch an Stimme dem Meister. Du, glückseliger Knabe, du bist nun der zweite nach jenem. |
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50 | Doch will dir ich, so gut ich vermag, dies meine dagegen Singen und Daphnis' Preis dir erhöh'n zu den Sternen des Himmels. Daphnis erheb' ich zum Himmel; denn mich auch liebete Daphnis. |
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Mopsus. |
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Was kann werter mir wohl als solches Ehrengeschenk sein? Selber ja ward der Jüngling des Loblieds würdig, und längst schon |
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55 | Ward mir jener Gesang von Stimicho häufig gerühmet. | |
Menalkas. |
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Glanzvoll staunt an der Schwelle des ungewohnten Olympus Daphnis und unter den Füßen erblicket er Wolken und Sterne. Drum hat froh die Gehölz' und die sämtlichen Fluren Entzückung, Pan zugleich und die Hirten erfüllt und dryadischen Jungfrau'n. |
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60 | Weder WölfeMit dem Frohlocken der belebten und leblosen Natur vereinigt sich die größte Sicherheit und Ruhe, vgl. Jesaias 11, 6 ff.: »Und der Wolf wird nahe dem Lamme wohnen, und der Panther neben dem Böcklein lagern, und Rind und Löwe und Mastvieh werden zusammen weiden . . . Kuh und Bärin werden weiden und ihre Jungen nebeneinander lagern, und der Löwe wird sich wie die Rinder von Stroh nähren.« umschleichen die Trift, noch drohen dem Hirsche Tückische Garne versteckt; Ruh' liebt der gütige Daphnis. Selbst nun schwingen empor ihr Jubelgetön zu den Sternen Struppige Bergwildnisse, ja selbst lobsingen die Felshöh'n. Selbst Weinbäumen entschallt: Gott, Gott ist jener Menalkas. |
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65 | O sei gnädig den Deinen und hold! Schau, vier der Altäre: Zwei, o Daphnis, dir selbst, zwei Hochaltäre dem Phöbus. Jährlich hinfort zwei Becher, von frisch aufschäumender Milch voll, Stell' ich und zwei Mischkrüge dir dar mit der Fette des Ölbaums. Reichlich das Gastmahl dann mit Bacchus' Gaben erheiternd, |
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70 | Neben dem Herd, wenn Kälte beginnt, wenn Ernte, im Schatten, Gieß' ich Wein aus Schalen herab, ariusischenAriusia, eine wüste Gegend auf Chios, wo vortrefflicher Wein wuchs. Nektar. Singen soll mir Damötas zugleich und der LyktierLyctus, eine der ältesten, schon von Homer genannten Städte Kretas (heute Ruinen Xyda). Ägon, Und nachahmen den Tanz der Satyre Alphesiböus. Das wird immer dir sein, so wenn die Gelübde wir festlich |
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75 | Zahlen den Nymphen mit Dank, als wenn wir die Felder umwandeln. Weil im Gebirge der Eber, der Fisch im Strome sich freuet, Weil mit Thymus die Biene sich nährt, mit Tau die ZikadeNach der Meinung der Alten lebten die Zikaden von Tau; jedenfalls mögen sie auch Tau trinken, aber ihre eigentliche Nahrung ist der Saft der Bäume, den sie mit dem Rüsselchen aussaugen. : Immer bleibt dir Namen und Ehr' und ewiger Nachruhm. Dir wird jährlich das Volk auf der Flur gleich Bacchus und Ceres, |
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80 | Weihen Gelübd', auch dir die gewährten Gelübde bezahlen. | |
Mopsus. |
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Was doch, was für solchen Gesang zur Gabe dir biet' ich? Denn nicht freuet mich so das Geräusch des kommenden Südwinds, Nicht am geschlagenen Strande der Wog' Aufwallungen, nicht so, Wenn durch felsige Täler hinab sich stürzet die Bergflut. |
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Menalkas. |
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85 | Diese Syringe von Rohr, die zerbrechliche, schenk' ich zuerst dir. Sie sagt: Korydon brannt' um den jugendlich schönen Alexis, Sie hat auch mich gelehrt: Wes Herde da? Wohl Meliböus'? |
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Mopsus. |
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Nimm du den Krummstab hier, den Antigenes, da er mir oftmal Schmeichelte, nimmer gewann; und er war der Liebe nicht unwert; |
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90 | Schau, wie mit ähnlichen Knoten er prangt und mit Erze, Menalkas. |