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Treulosigkeit der Welschen bei Elsaßzabern.
Schon hatte auch der Kampf mit den Vorhaufen der großen Volksbewegung jenseits des Rheins und mit dem nördlichen Flügel begonnen.
Herzog Anton von Lothringen, einer jener fürstlichen Tiger aus dem Geschlecht der Guisen, die finsterste Bigotterie im Leibe und den Durst nach Blut auf der Zunge, kenntlich daran, daß er stets seinem Hofgesinde wiederholte, es sei genug zur Seligkeit, wenn einer das Paternoster und Ave Maria beten könne Acta Martyr. 215. – dieser Anton von Lothringen bewegte, dem Landvogt Jakob von Mörsperg im Niederelsaß, dem Bischof von Straßburg und sich selber zur Hülfe, seine raub- und mordlustigen Banden aus dem Gebirge hervor. Er hatte alle Besatzungen aus der Bourgogne und Champagne an sich gezogen, den ganzen Lehenadel seines Herzogthums, 2000 italienische Schützen und mehrere Fähnlein niederländischer Knechte geworben; dazu kamen die Hülfsvölker, die ihm sein Bruder gab, der während Königs Franz Gefangenschaft Reichsverweser von Frankreich war, und viele durch die Niederlage von Pavia dienstlos gewordene Abenteurer, Ritter und Knechte, die jetzt diese Schlappe an den deutschen Bauern abrächen wollten. Nach französischen Berichten betrug sein Heer über 30,000 Mann. Calmet, Histoire de Lorraine. V. 502. Haarer, hier wie überall außerhalb der Pfalz schlecht oder höchst oberflächlich unterrichtet, hat 6000 zu Fuß und 2000 zu Roß; Eckard Wiegersheim gibt ganz übereinstimmend mit Calmet in der Schlacht am Kästenholz 30,000 Lothringer an. Am 6. Mai brach er von Nancy auf und zog nach Vic. Schon hier unterwarfen sich manche seiner aufgestandenen Flecken. Am 8. Mai erhielt er ein Schreiben von Erasmus 414Gerber, dem obersten Hauptmann im Elsaß, mit der Bitte, daß er in ihre Brüderschaft eintrete, wie die andern Fürsten und Herren bereits gethan, und daß er dem Evangelium sich nicht weiter widersetze; sie wollen nichts, weder seinem Land noch seiner Person anhaben, nur die Freiheit des Evangeliums wahren und die erkannte Wahrheit aufrecht halten. Der Herzog, noch begieriger, die katholische Religion als sein Herzogthum zu schützen, ließ den Boten, der ihm, ein Unterthan seinem Fürsten, solchen Brief gebracht, als Majestätsverbrecher enthaupten. Zu gleicher Zeit kam, außer Fassung, Graf Reinhard von Bitsch: von 6000 seiner Unterthanen seien ihm nicht sechs mehr gehorsam. Die Grafen von Leiningen, von Salm, von Nassau, die edlen Herren alle an den Gränzen umher, kamen und klagten über Bedrängniß durch die Bauern. Ritter Hans Braunbach, der mit Andern die Lande des Bischofs von Metz zu decken befehligt war und die Bauern überaus verachtete, erbat sich 100 Pferde und 600 deutsche Knechte, die »Ketzer« in der Abtei Herbelsheim anzugreifen. Es bekam ihm schlecht, er wurde gefangen; sie schlugen ihm vor, in die evangelische Brüderschaft zu treten; er weigerte es, und sie ließen ihn nach einer Schätzung von 2000 Gulden frei. Man fand diese Großmuth auffallend im Lager des Herzogs, der eben ihren Gesandten ermordet hatte; aber sie wollten zeigen, daß sie evangelische Christen seien. Sobald die Prinzen Franz von Baudemont und Claude von Guise, und die Herren aus der Normandie und Anjou, und der Bischof von Metz, wie jene, ein Bruder des Herzogs, mit ihrem Kriegsvolk angekommen waren, mit Albanesen, Stratioten, Piemontesen und Spaniern, rückte er gegen die bei Saargemünd verschanzten Bauern vor. Diese aber zogen sich vor seiner Ankunft in das Elsaß zurück, auf den hellen Haufen. Da sprachen die Einen: Laßt uns diesseits des Gebirges bleiben; hüben ist kein Feind mehr und drüben herüber sollen sie nicht kommen; warum uns gewisser Gefahr aussetzen? Die Andern sagten, es wäre eine Schande, die Feinde der Religion ungestraft zu lassen und mit einer so schönen Armee heimzugehen, ohne etwas zu thun. Da ging's über das Gebirg, einige Pässe wurden forcirt, und Anton zog Zabern zu. Es kam ein zweiter Bote von Erasmus Gerber mit einem Schreiben, darauf ein rothes Andreaskreuz, das Zeichen dieses hellen Haufens. Der 415Herzog nahm ihn gefangen und schickte ihn nach Saarbrück. Erasmus Gerber bat in dem Schreiben um sicheres Geleit zu einer Unterredung mit dem Herzog. Die Fürsten sahen darin nur einen Kunstgriff der Bauern, um Zeit zu gewinnen, alle ihre Haufen nach Zabern zusammen zu ziehen. Einige edle Herren, die es mit den Bauern zu leicht nahmen und scharmützelten, holten sich Wunden oder Tod. Zuletzt lagerte das Heer des Herzogs bis auf 600 Schritte vor Zabern, am 16. Mai. Es ging das Gerücht, es seien wohl 30,000 Bauern vom jenseitigen Rheinufer im Zuzug begriffen. Zugleich erfuhr der Herzog, daß bereits in dem Markt Lupfstein, drei Stunden von Zabern, 4000 Bauern angekommen seien. Sogleich rückten die Prinzen von Guise und Baudemont mit einigen Fähnlein Landsknechten, den albanischen und italienischen Schützen und gutem Geschütz dahin. Sie fanden die Bauern auf einer Ebene gelagert bei einem Gehölz unterhalb Lupfstein hinter einer Wagenburg. Der Ueberfall geschah schnell; doch gelang es den Bauern, sich in das etwas befestigte Lupfstein hineinzuwerfen. Der Graf von Baudemont hatte einen harten Stand, die Bauern wehrten sich »mit Wuth.« Der Prinz von Guise, der die Gefahr seines Bruders und des Fußvolks sah, ließ Feuer in die Wagenburg, die Verzäunungen und die Pallisaden werfen, die den Bauern als Mauern dienten. Anfangs schienen sie dadurch verwirrt, aber sie wichen keinen Schritt und machten neue Angriffe auf das Fußvolk. Lange Zeit währte der Kampf, ohne daß es den Lothringischen gelang, in das Dorf zu dringen. Endlich brach die Reiterei ein, die Bauern zogen sich in die Kirche und die benachbarten Häuser; wiesen, aufs Tapferste sich vertheidigend, hartnäckig die Uebergabe zurück; da zündeten die Prinzen das Dorf auf vier Seiten an; die Flamme ergriff das Dachwerk der Kirche; sie verbrannte mit Allen, die darin waren; auch das ganze Dorf verbrannte; es verbrannte Alles, was darinnen blieb; was herauslief, wurde erstochen.
Die Niederlage zu Lupfstein schlug die in Zabern nieder. Ihre Zahl in der Stadt war ohnedies so groß, daß, wenn nicht bald Entsatz kam, sie wegen Mangels an Lebensmitteln sich in die Länge beisammen nicht enthalten mochten. Ihre Boten liefen nach allen Seiten um Hülfe aus. Donnerstag den 18. Mai erreichte die Botschaft den Haufen Wolf Wagners vor Ammersweyer. Man hielt es 416der Bauerngemeinde vor. Es war denen, die unterhalb des Landgrabens lagen, lieb, ihren Brüdern zu Hülfe zu eilen; sie wollten gleich von Stund an hinabziehen, und schickten das Gut schon hinweg, das sie in dieser Landschaft gewonnen hatten. Da liefen die Bauern oberhalb des Landgrabens zusammen, sie ließen Sturm läuten bis nach Berken; auf den Matten zu Ammersweyer stellten sie sich in Schlachtordnung; sie wollten die Kochersberger Bauern nicht hinablassen, wendeten die Wägen, die sie hinabführen wollten, um, und sprachen: Wollt ihr hinweg, so müßt ihr uns oberhalb des Landgrabens des Bundeseids entlassen, und uns das Gut und die Unkosten wieder geben, die wir mit euch gehabt haben; bleibet ihr aber bei uns, so wollen wir auch bei einander leben und sterben. Jetzt, da ihr das Gut habt, wollt ihr euch aus dem Land machen und uns in der Sache stecken lassen? Entweder bleibt, oder entlaßt uns des Eids, oder wehrt euch gegen uns, wie fromme redliche Leute; das wollen wir auch gegen euch thun; wer obliegt, der liege ob! Ja, sagte Eckard Wiegersheimer, ehe wir euch von uns ziehen lassen, ehe müßt ihr uns erwürgen, oder wir euch, unter den zweien muß eines obliegen.
So blieben sie und legten sich vor Kaisersberg und belagerten die Stadt bei Allspach. Noch denselben Abend zündeten sie das Kloster an und verbrannten es. Die von oberhalb des Landgrabens zogen ihr Geschütz von Ammersweyer auf den Berg, die von Reichenweyer und Berken stellten sich mit ihrem Geschütz diesseits bei dem Kaisersberger Schloß, und schossen weidlich zusammen bis Mittag. Da steckten die Kaisersberger ein Friedensfähnlein aus, und hielten Sprache mit den Bauern bis zur Nacht; dann gaben sie die Stadt auf, ließen die Bauern hinein und schwuren in den Bund. Am Freitag, den 19. Mai, hielten alle Fähnlein eine Gemeinde vor Kaisersberg. Der Oberbefehl über alle oder und unter des Landgrabens wurde an Wolf Wagner gegeben, das Heer, in die 12,000, in zwei Haufen getheilt, über den einen Hans Beck von Münster, über den andern Lenz Mayer von Hunnenweyer als Hauptmann gesetzt. Die Heerfahne wurde Denny Beck von Beblenheim vertraut. Während die Gemeinde noch beisammen war, kam Botschaft von den Bauern in Zabern, daß sie geschlagen worden.
Erasmus Gerber, welcher fürchtete, die Feinde möchten die 417einzelnen Zuzüge nach einander aufreiben und schon wegen Proviantes im Gedränge war, unterhandelte mit dem Herzog auf freien Abzug. Der Herzog ging darauf ein, aber ohne Waffen und gegen 100 Geißeln, daß sie sich in ihre Heimath zerstreuen und ihre lutherischen Irrthümer aufgeben. Sie öffneten dem Volke des Bischofs die Stadt am 17. Mai; der Graf von Salm und der Herr von Richarmeuil besetzten sie. In aller Frühe fingen die Bauern an, nachdem sie ihr Gewehr von sich gelegt, aus der Stadt zu ziehen, und sich 400 Schritte davon auf dem Marterberge zu sammeln. Während dem wurden Briefe Gerbers aufgefangen, worin er seinen Verbündeten jenseits des Rheins auftrug, ihn zu erwarten, und Lebensmittel und Waffen herbei zu schaffen, damit sie sich ohne Verzug vereinigen und wohlgerüstet ins Elsaß zurückkehren könnten, stärker als zuvor. Im Abzug riefen etliche Bauern, es lebe Luther! Das reizte die katholischen Landsknechte, durch deren Reihen sie durchs Thor zogen, mit aller reichen Beute, die sie vertragsmäßig mitnehmen durften, und nach der die Landsknechte ärgerlich lüsteten. Ein Landsknecht faßte einen Bauern am Aermel, und that, als wollte er ihm seine Tasche nehmen, der Bauer widersetzte sich und schimpfte. Zugleich hörte der Landsknecht schreien: »Schlagt drein, es ist uns erlaubt!« Sogleich schlug er drein, und seine Kameraden thaten's ihm nach; sie hatten nur dieses Vollmachtssignal erwartet, um die Bauern niederzumachen. Die Verrathenen, die nichts als weiße Stäblein in Händen hatten und vermeinten, dieselben sollten eine Losung des Friedens sein, ein Zeichen sichern Geleits unter den Reitern und Knechten vor der Stadt, und die jetzt die weißen Stäblein sich zum Zeichen werden sahen, sie zu würgen, eilten die Stadt wieder zu gewinnen und ihre Waffen. Die Landsknechte verfolgten sie eben so hitzig und richteten ein gräuliches Gemetzel unter den Unglücklichen an. Die Bauern wollten das Fallgatter am Thor herab lassen, aber sie konnten nicht dazu kommen. Die lothringischen Banden drangen zugleich mit ihnen in die Stadt. Sie vertheidigten sich, so gut sie konnten, in den Straßen und auf dem Markt; aber es stachen, schlugen und schossen jetzt auch die Salmischen, die die Stadt besetzt hatten, in sie, und Reiter und Knechte ergossen sich zu den Thoren herein. Die meisten Bauern, noch wehrlos, mußten in sich stechen 418und hauen lassen. Alle Straßen und Häuser schwammen in Bauernblut. Laurentius Pilladius, Rusticiados libri VI. Ein anderer gleichzeitiger französischer Schriftsteller erzählt es etwas anders. Während nach ihm die Prinzen, die aufgefangenen Briefe Gerbers in der Hand, rathschlagten, ob man Leuten, die ihr Wort so offenbar brechen, Wort zu halten verbunden sei, geschah es, daß ein geldrischer Knecht unter den aus der Stadt Ziehenden einen wohlgebildeten hübschen Bauer lachend anrief: Gesell, du bist gut davon gekommen! Der Letztere erwiderte auf eine beleidigende Weise und rief mehrere Male Luther, Luther! Der Geldrische schlug nach ihm und tödtete ihn. Die andern Bauern mischten sich drein, und die andern Lothringer; und so kam es zum Gemetzel. Hier ist offenbar zwischen Deutschen und Welschen ein Mißverstand. Als der raublustige Landsknecht dem Elsäßer nach dem Beutel griff, schrie dieser gewiß nicht, wie die Franzosen sagen: vive le gentil Luther! wahrscheinlich aber, vielleicht auch bei einer unanständigen Geberde, noch mehr als beim diebischen Griff: Weg, oder pfui Schandluder! Die Franzosen wollen glauben machen, der Herzog Anton und die andern Guisen haben abgemahnt, und die Kriegsknechte nur nicht auf sie gehört, und so seien zwischen 16,000 bis 18,000, darunter auch Kinder, erstochen und erschlagen worden. Daß Zabern nicht angezündet wurde, dagegen waren sie; aber geplündert wurde die ganze Stadt, auch die Häuser des Adels, der bischöflichen Räthe und Diener. Alles Silber, Gold, Geld und Geschütz, auch viele Bürger führten sie hinweg, die sie nachher in der Gefangenschaft erstachen. »Die schönsten Weiber, Töchter, Kindbetterinnen nahmen sie mit sich, brauchten sie nach ihrem Willen, und ließen sie dann wieder heim gehen; sie handelten mit Weibern und ließen die Männer zusehen, die sie hernach erstachen und erbärmlich behandelten.« Dies sagt der über den Sieg frohlockende Herr von Rappoltstein. Der Markgraf Ernst von Baden und der Landvogt Mörsperg waren auch zugegen: Landvogt, sprach der Herzog, so der Bund meiner begehrt, will ich über Rhein ziehen und ihm Hülfe thun, auf daß der Bund mir auch eine Gesellenreise thue, wenn ich ihrer bedürftig sein sollte. Der Landvogt antwortete: Gnädiger Herr, des Bunds Oberster ist mein Vetter und mir wohl vertraut; soll ich ihm das 419zuschreiben? Der Herzog befahl es ihm. Herr Georg Truchseß empfing den Brief noch im Lager zu Plieningen, und schrieb dem Erzherzog und den Bundesständen, er rathe, den Lothringer kommen zu lassen, oder ihn ins Allgau zu weisen, dieselben Bauern zu schlagen. Seidler, Handschrift. Aber trotz ihrer Noth wollten weder Ferdinand noch der Pfalzgraf die lothringischen Schandbuben auf deutschem Boden hausen lassen.
Hinweg von der Todtengrube, zu der er das schöne Zabern gemacht hatte, 16,000 Todte hat Rappoltstein, 18,000 Calmet und Pillad, 18 bis 20,000 Wiegersheim. zog der Herzog nach Mauersmünster, zerbrach daselbst das Schloß und raubte daraus das Geschütz und alles Gut. Einen gefangenen Bauernhauptmann und einen Prädikanten ließ er hier zu einem Haus heraus hängen, und sich darunter schwören. Handschrift des Ulrich von Rappoltstein.
Im Schloß zu Zabern hatte er den obersten Hauptmann Erasmus Gerber gefangen genommen, der thöricht genug gewesen war, von dem fürstlichen Tiger sich überlisten zu lassen. Man fragte ihn peinlich, und er erklärte, daß in wenigen Tagen sein Haufe 60,000 stark gewesen wäre. Ob er alle seine Briefe anerkenne? fragte ihn der Herzog; ich habe sie nicht geschrieben, sagte der Bauernhauptmann, denn ich kann weder lesen noch schreiben; mein Schreiber hat sie aufgesetzt. Man fragte weiter, ob er sie nicht wenigstens diktirt habe? Darüber ist Gott Richter! sagte Erasmus. Als man zwischen angezündeten Dörfern Handschrift Waldners von Freundstein. weiter hinzog, ließ der Herzog ihn an einer Waldecke mit seiner Prädikanten einem aufhängen, treulos wie alle Guisen.
Noch während die Lothringischen Zabern plünderten, kam Botschaft, bei Buxweiler zeigen sich 6000 Bauern. Es war dies der Kolbenhaufe, dem der Kleeberger Haufe auf dem Fuß folgte. Beide wollten auf Erasmus Gerbers Aufmahnung den Brüdern in Zabern zu Hülfe eilen. Als sie hörten, was vorgegangen war, wandten sie um.
Der Herzog wollte durch das Leberthal oder durch das Willerthal heimkehren. Kaum war seine Vorhut zu Sotzheim, als sie auf 420eine große Menge Wagen mit Lebensmitteln stieß, und aus dem Staub in der Ferne auf den Anzug eines großen Haufens schloß. Bald erfuhr man, daß zu Scherweiler bei Schlettstadt für 10,000 Bauern Quartiere bestellt seien.
Sobald der Haufen vor Kaisersberg von dem Blutbad zu Zabern und dem Heraufzug der Lothringer hörte, waren alle, jetzt zu spät, Eines Sinnes, bis an den Landgraben den Feinden entgegen zu ziehen. Die von unterhalb des Landgrabens zogen sogleich hinab, die von oberhalb boten noch zuvor mehr Volk auf und wollten folgen. Vom Landgraben aus schickten sie aus, den Marsch des Herzogs zu erkunden. Es war fest verabredet, nicht weiter als zum Landgraben zu ziehen, und hinter dieser 24 Fuß tiefen und breiten Wehre den Feind zu erwarten, aber die Unterelsäßer zogen, als noch kein Feind da war, über den Landgraben hinaus bis nach Schlettstadt an die Burner Brücke hinab. Die Schlettstädter antworteten auf ihre Anfrage, sie wollen sie nicht in die Stadt lassen, aber in ihrem Eide sein, und ihnen 200 Mann zuschicken, auch Proviant genug zuführen, und wenn sie von ihren Feinden genöthigt würden, so wollen sie ihnen mit Geschütz und Pulver zu Hülfe kommen, auch wo sie vom Feind in die Flucht geschlagen würden, ihnen die Thore aufthun und sie einlassen. Des andern Tages fanden die Oberelsäßer ihre Brüder nicht am Landgraben: diese waren von der Burner Brücke bis Kästenholz vorgegangen, während die Lothringer vor Scherweiler eintrafen. Sie gingen über den Gießen und stellten sich in Schlachtordnung in aller Weite bis an Scherweiler hin: dieses Dorf hatten sie zu ihrer Spitze und gegen Morgen, das Willerthal im Rücken und gegen Abend, die Weinberge zur Rechten und zur Linken, so daß Scherweiler ihnen als Vormauer diente, und daß die Lothringer dieses mit Gewalt erst nehmen mußten, ehe sie an sie kamen. Auch hatten die Bauern ein gutes Geschütz, 12 Falkonetlein, viele Doppelhaken und Büchsen.
Als der Haufen so in seinem Vortheil an den Reben und am Gießen stand: »da haben ihn etliche Ritter besehen und ihn durch Geschicklichkeit aus seinem Vortheil gebracht auf die Wiesen.« Handschrift des Ulrich von Rappoltstein. »Wir hatten zum Theil Hauptleute, sagt Eckard Wiegersheim, die uns 421verführten, verrathen und verkauft hatten.« Wie anderswo, machten die Edeln, die im Haufen waren, die Verräther, besonders die Vögte der Städte. Der Haufe entbot denen am Landgraben, sie sollen als Brüder kommen, die Feinde seien schon da. Laßt uns ziehen, riefen die Besseren; sollten wir unseren Brüdern nicht zu Hülfe kommen? Da kam ein Bote über den andern vom untern Haufen und schrie: Sie greifen schon an! Hernach, hernach! So zogen auch diese obern über den Landgraben; noch nicht über 1800 waren ihrer beisammen, es waren nur erst die Fähnlein von Berken, Rappoltsweiler und Reichenweyer; die im Thale waren noch nicht angelangt. Sie zogen bis an den Hattenberg Da jagte der Vogt von Reichenweyer heran und sprach: Warum zieht ihr vom Landgraben hinweg? Sind wir doch noch nicht alle bei einander. Ihr lieben Brüder, diejenigen, die auf diese Zeit unsere Feinde sein sollen, die sind des Bischofs von Straßburg Volk und in seinem Namen da; sie haben uns einen Brief nach Berken geschickt, der Bischof sei da und begehre sein Volk zu strafen, er habe aber mit uns oberhalb des Landgrabens nichts zu schaffen, und begehre uns nichts zu thun. Da schrieen Einige aus dem Haufen: Schlagt ihn über die Mähre herab, oder jag einer einen Büchsenklotz durch ihn! sollen wir unsere Brüder also lassen ermorden? Da bat sie der Vogt, sie sollen Eines thun, und nach Kästenholz ziehen, auch das Dorf nicht verlassen, bis er wieder zu ihnen käme. Sie zogen hin, der untere Haufen der Bauern hatte schon angegriffen, es kam ein Bote über den andern und schrie: Her, her, ihr lieben Brüder! wir haben die Feinde schon umzogen. Sie sind unser, wir wollen auf diese Nacht Ehre und Gut gewinnen. Da liefen sie alle hinaus aus Kästenholz und über den Gießen und stellten sich hinter dem untern Haufen. Die Sonne war im Niedergehen, nach 7 Uhr Abends; da entbrannte die Schlacht. Der Vogt von Reichenweyer kehrte nicht wieder; auf ihm und einigen Edeln liegt schwerer Verdacht. Die Lothringischen, die, weil sie des Terrains ganz unkundig seien, zuerst nicht schlagen wollten, »hatten die Bauern bald hinten und vorn umzogen.« Von der einen Seite griff der Graf von Baudemont, von der andern der Prinz von Guise an. Der Paß von Scherweiler wurde mit Sturm genommen und der gewaltige Haufe des feindlichen Fußvolks drang durch das Dorf 422auf den Gewalthaufen der Bauern im ebenen Feld zwischen Scherweiler und Kästenholz. Die Landsknechte steckten Scherweiler in Brand, »damit sie beim Schein des Feuers in der Nacht sehen und die Bauern blenden möchten.« Das Geschütz der Bauern war nicht gut bedient, es war zu hoch gerichtet; die Kugeln schlugen kaum über die Birkenspitzen und Lanzen der Lothringer hin. Nachdem die Landsknechte zwischen den Weinbergen vorgegangen waren, machten sie einen Sturm auf das bäurische Geschütz, das an diesem Paß aufgestellt war; aber wegen der Enge des Raums, wo nur wenige zum Handgemenge kamen, wurde der erste und zweite Sturm abgeschlagen. Indessen kamen die Reisigen des Herzogs am Gebirg her und stürzten sich auf die Hinterhut, auf den Haufen von oberhalb des Landgrabens, während die Landsknechte vorn den dritten Sturm unternahmen. Der Angriff von hinten brachte solche Verwirrung, daß die Bauern, während sie auf die Reiter abschießen wollten, sich einander selbst erschossen. Sie zogen sich hinter ihre Wagenburg. Die Italiener schlüpften unter die Wagen, hoben sie mit dem Rücken auf und warfen sie aus dem Weg: es wurde Raum für Fußvolk und Reiter. Diesen Augenblick benutzte der Prinz von Guise, brach mit seiner Reiterei in die Bauern ein; 250 seiner Reiter stürzten, von den Kugeln der Bauern getroffen; dennoch durchbrach er sie. Es war 10 Uhr in der Nacht. Gegen 30,000 Lothringer hatten seit drei Stunden 7000 Bauern den Kampf gehalten: mehr Bauern waren es nicht; die vom Thale hatten das Schlachtfeld noch nicht erreicht, die Schlettstädter keine Büchse und keinen Mann geschickt. Die Franzosen gaben den Bauern ein schönes Zeugniß. Klafterhoch lagen sie übereinander gebettet, die Todten, einer auf dem andern. Durch ihre Schießart waren die Lombarden und die Landsknechte sehr im Vortheil, den Bauch am Boden, schossen jene, knieend diese hinauf; die Bauern schossen stehend herab, trafen darum die Liegenden und Knieenden seltener, diese sie fast immer. Von allen Seiten durch Verrath umzogen und umgangen, zogen die Bauern sich in den Schutz des Waldes und der Nacht zurück, viele kamen auf dem Rückzug noch um: 5000 Bauern lagen erschlagen, 3000 Herzogliche. »Wäre es Tag gewesen, sagt Wiegersheim, es wären unser nicht 20 entkommen: so waren wir verrathen und verkauft. Es war keine Ordnung da, es wollte Keiner dem Andern folgen, und ein Jeder mehr wissen, als 423der Andere. Ich meinte, daß die Bauern voll Teufel wären. Auch floh der Fähndrich von Beblenheim, Deny Beck, und warf das Fähnlein von sich, da noch kein Feind an ihm gewesen war, und er sich noch gegen keinen gewehrt hatte. Rudolf Theuber, der Pfarrer von Ostheim, ließ bei dieser Gelegenheit mit seinen Schafen das Leben. Ich sage Gott dem Allmächtigen Dank, daß ich Eckard Wiegersheim aus der Schlacht davon kam.«
Die Nacht über blieb die ganze lothringische Reiterei mit dem Herzog zu Pferd; er fürchtete einen Ueberfall von den abgezogenen und von den noch nicht zur Schlacht gekommenen Bauern; und schreckensvoll über seinen Verlust, ohne Sehnsucht, noch einmal mit den Bauern zu schlagen, eilte er früh Morgens durchs Willerthal aus dem Land, nachdem er zur Rache 300 zu Zabern hinweggeschleppte Männer im Lager hatte hinrichten lassen. Er zog hinweg mit den Fähnlein, mit dem Geschütz und der reichen Klosterbeute der Bauern. In den Vogesen hatte er noch manchen Schrecken, überall waren die Wege verhauen und er fürchtete Ueberfall. Die Bauern ließen ihn aber ungestört nach Nancy entkommen. Hätten sie nicht auf das große Geschrei von Weib und Kindern, hätten sie nicht auf die, die zuvor gesagt, »sie sollen nicht so fast eilen, es thue nicht Noth,« und die sie dadurch vom Schlachtfeld zurückgehalten hatten, auch jetzt gehört, die Bauern hätten den Herzog mit all den Seinen in den Engpässen des Gebirgs vernichten müssen. Eckard Wiegersheim, Handschrift; Rappoltsteins Handschrift; Freundsteins Handschrift; Calmet V. 508-—520; Herzogs Elsaßer Chronik.
Von Nancy aus wüthete der Herzog gegen die dem Evangelium anhängigen Flecken seiner Herrschaft mit Feuer und Schwert. Das drohte er auch dem Städtchen St. Pollen. Wolfgang Schuch, der Prediger daselbst, stellte sich selbst nach Nancy, seines Glaubens Rechenschaft zu geben und die Seinen der Gefahr zu entledigen. Herzog Anton verurtheilte ihn zum Feuer, und ließ Schuch, der heldenmüthig blieb bis an's Ende, am 19. August 1525 lebendig verbrennen. Acta Martyrum.