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[Reisen in die Venus]

*

Erste Reise in die Venus.

Den 17. November machte sie ihre erste Reise in die Venus. Diese Reise zeigte sie schon am 10. November an, als an welchem Tage sie von Herrn Ober-Amts-Arzt Dr. Abele in Kirchheim u./Teck besucht wurde, und demselben sagen ließ, daß er sich am 17. dieses Monates auf diese Weise, welche sie früher angab, mit ihr in Rapport setzen könne, wo sodann aber nur er, und ihr Bruder A. anwesend seyn dürfen.

Diese Aeußerungen gefielen dem Herrn Dr. Abele ganz wohl, er traf auch wirklich auf die bestimmte Zeit ein, aber, anstatt daß er allein hätte erscheinen sollen, so brachte er noch drei andere Herren mit.

Schon am Vormittag klagte sie eine Bangigkeit und war auch mißmuthig; ehe sie sich legte, mußte Herr Dr. Abele erinnert werden, wie er sich mit ihr in Rapport sezen könne.

Nachdem sie sich um die bestimmte Zeit gelegt hatte, so wurde man deutlich gewahr, daß sie gar nicht die Miene annahm wie sonst. Ihr Führer stellte sich richtig bei ihr ein, und so wie derselbe da war, sagte sie:

»Ich gebrauche 6 Minuten, bis ich diese Reise vollende,«

was auf die Secunde eingetroffen ist.

Nachdem sie angelangt war, so sagte sie:

»Ich bin in einer schönen Stadt«

Man verlangte von Herrn Dr. Abele, daß er sie fragen solle, wie diese Stadt heiße? »Was kümmert mich der Name dieser Stadt und wie sie aussieht,« sagte er, und stellte anstatt dieser eine ganz andere Frage an sie, und redete sie im Pluralis an, darauf sagte sie:

»Du mußt mit mir per Du reden, wenn Du mit mir in Rapport treten willst.«

Hier gehet hervor, daß in der andern Welt nicht im Plurali gesprochen wird.

Anstatt daß sie in ihrem Seyn hätte fortgeführt werden sollen, so wurde sie ganz davon abgeführt. Die Fragen, welche Herr Dr. Abele an sie machte, waren von der Art, daß sie kein Engel hätte beantworten können, damit hätte man sich an die Gottheit selbst wenden müssen. Die Antworten waren übrigens den Fragen angemessen.

Die lezte Frage des Herrn Dr. Abele lautete folgendermaßen: »Wie sie beweisen wolle, daß sie eine wahre Somnambüle sey? Darauf erwiederte sie:

»Von jezt an über 8 Wochen gehet mein Zustand zu Ende, darum besuche mich in 4 bis 5 Wochen, weil ich bis dorthin den Saturnus und Uranus bereise, von wo aus ich Mittel für Krankheiten verschiedener Art angeben werde, auf welche noch nie ein Arzt gekommen ist, da werde ich Dir die deutlichsten Beweise ablegen.« Wer aber nicht kam, war Herr Dr. Abele.

Sodann wurde sie gefragt: was sie nach dieser für Reisen mache? Darauf sagte sie:

»Wieder in die Venus, weil die heutige so elendiglich gestört worden ist. Wenn meine Venus-Reisen vollendet sind, so bereise ich den Jupiter.«

Endlich wurde sie gefragt: ob sie nicht auf unsere Erde herunter sehen könne? Da sagte sie:

»Ja, sie siehet schwärzlich aus und kommt mir nicht größer vor, als ein großer Kinderball. – Nun trete ich meine Rückreise an und lege solche um 2 Minuten bälder zurück, als meine Herreise.«

Als solche beendet war, so sagte sie zu Herrn Dr. Abele:

»Abele, jezt wecke mich auf.«

Derselbe erwiederte: »Wenn ich aber Dich nicht auferwecke, wann erwachst Du dann? Da sagte sie:

»Es ist weiter nichts, als daß ich drei Stunden in einem bewußtlosen Zustand da liege, und nach diesem mußt Du mich dennoch wecken: ich werde aber dadurch noch mehr geschwächt.«

Weil sie bereits aber sehr geschwächt war, und man ihre Schwäche durchaus nicht höher gesteigert haben wollte, so weckte er sie auf. Nachdem sie erwacht war, so war sie zwar lange nicht so heiter wie sonst, beobachtete aber gegen Herr Dr. Abele alle Achtung.

Nachdem alles vorüber war, so gestand Herr Dr. Abele aufrichtig: »daß er einen solchen Umstand nicht völlig kenne und verstehe, man möchte sich deßhalb an Herrn Professor Eschenmayer in Tübingen oder an Herrn Dr. Körner in Weinsberg wenden.«

An ersteren hat man sich gewendet, wie die in der Einleitung mitgetheilten Briefe bezeugen.

*

Zweite Reise in die Venus.

Den 19. November machte sie ihre zweite Reise in die Venus. Nachdem sie sich niedergelegt hatte, so wurde sie gegen 6 Minuten ganz stille, als sich ihr Führer bei ihr eingefunden hatte, so sagte sie:

»In 6 Minuten habe ich diese Reise vollendet,«

was wieder auf die Secunde eintraf; sie sagte sodann unaufgefordert:

»Nun bin ich wieder in einer Stadt, die heißt Zeniria

Darauf äußerte sie einen lauten Unwillen, daß ihre erste Reise dahin so elendiglich vereitelt worden sey, man solle für die Zukunft ja nicht mehr zugeben, daß unnütze Fragen an sie gestellt werden, welche durchaus zu keinem Zwecke führen. –

Nachdem sie ruhig geworden war, so wurde angefragt: ob auch heute wieder Fragen an sie gerichtet werden dürfen? Darauf antwortete sie:

»Ja wohl, aber ja keine unnützen, und solche die nichts taugen, dadurch würde ich meinen Führer sehr beleidigen.«

Nun wurde aus Auftrag eines ehrwürdigen Geistlichen nach einem, schon vor mehr denn siebenzig Jahren vermißten Geistlichen, Namens Helferich, gefragt, welcher von einem Spaziergang nicht mehr zurück gekommen ist, man weiß bis auf diese Stunde noch nicht, wie es ihm ergangen seyn mag, indem auch nicht die geringste Kunde von ihm offenbar wurde: seine Verwandten sind in die, freilich zweifelhafte Meinung gerathen: ob er, wegen seinem ausgezeichnet frommen Wandel und weil er ein so reiner Eiferer für die Religion war, nicht etwa gar lebendig an den Ort der Seligen aufgenommen worden sey. (?!) Darauf antwortete sie:

»Seine Verwandten und Freunde haben sich in ihrer Meinung geirrt; er ist von Feinden, die seinen Eifer nicht dulden wollten, umgebracht, und mit all seiner Kleidung, neben und unter einer Eiche begraben worden, die nun längst gefällt ist: wenn diese mit der Wurzel ausgegraben worden wäre, so würden seine Gebeine zum Vorschein gekommen seyn. Seine Seele lebt nun im Uranus, woselbst er als einer der ersten Lehrer angestellt ist.«

Nach diesem wurde sie gefragt: wie weit die Venus von der Erde entfernt sey? Da sagte sie:

»Fünf und eine halbe Million Meilen und Fünfzehn Millionen Meilen von der Sonne.«

Diese Erklärung machte bei den anwesenden Gelehrten einen tiefen Eindruck, weil die besten Astronomen dieselbe Entfernung annehmen.

Nach diesem fragte man nach dem hocherleuchteten, gelehrten und gottseligen Oberhofprediger Storr, welcher am 17. Januar 1805 in Stuttgart gestorben ist, darauf sagte sie:

»Mein Führer sagt, der sey ein Diener Gottes.«

Sodann fragte man nach dem Märtyrer Huß und erhielt zur Antwort:

»Auch dieser ist ein Diener Gottes und stehet Luthern zur Rechten. – Die Propheten und Apostel sind alle auch Diener Gottes, denn Gott hat unzählig viele Diener um sich.«

Ein anderer Gelehrter ließ nach Kaiser Joseph II. fragen, da sagte sie:

»Der ist im Uranus.«

Sodann wurde gefragt: wo der König Gustav Adolph von Schweden seinen Aufenthalt habe?

»Dieser, sagte sie, ist in der Sonne ein Auserwählter Gottes und genießt eine große Seligkeit.«

Endlich wurde auch nach dem Papst Clemens XIV. als einem in der Geschichte bekannten, edlen und rechtschaffenen Manne gefragt; von diesem sagte sie:

»Er ist im Saturnus als ein bedeutender Lehrer angestellt.«

Man brachte nun auch die Frage vor: wie die Venus beschaffen sey? und darauf erwiederte sie:

»Sie gleicht einer Welt, nur ist sie weit edler, hat schöne Flächen und auch Berge, aber nicht in der Menge, wie der Mond, es sind Bäume da, die herrlich geordnetsten Waldungen, die allerschönsten Blumen. Am Mittwoch mache ich eine Bergreise wieder in die Venus. – Ich sehe wieder eine Menge von Seligen, und das von allen Nationen und Religionen; glaube ja Niemand, daß, wenn man sich zu einer oder der andern Religion bekennt, selbiges in der Ewigkeit einen Vorzug bringt. Gott richtet nicht nach diesem und jenem Religions-Bekenntnisse, sondern nach dem Herzen, in welchem ein wahre Gottesfurcht und lebendiger Glaube an den Welterlöser seyn soll. Unter den vielerlei Völkern, Zungen und Sprachen, die hier sind, herrscht die größeste Liebe und Eintracht, und alle kennen einander. Mein Führer sagt mir: du weißt dir es freilich nicht zu erklären, woher die große Liebe und Eintracht von so vielerlei Völkern aus deiner Sündenwelt ihren Ursprung hat. Von der Urquelle selbst, sezt mein Führer bei, denn hier ist kein Religionsstreit mehr, wo der eine und der andere dem einen und dem andern Vorwürfe mache, deine Glaubenslehre hat diese Mängel; und der andere: die deinige hat diese; mein Führer sagt: hier fallen die so hoch getriebene Vernunft-Schlüsse alle weg, es sehe ein jedes zu deutlich ein, warum so und nicht anders, denn hier habe das Stückwerk der vorigen Welt, in vielem, vielem auf einmal ein Ende; was aber in die Eigenschaften Gottes eingreife, da gehe es langsam, und das aber, was Gott allein zustehe, bleibe in ewige Ewigkeiten unauflösbar, denn Gott ist Gott, und bleibt Gott. Nur sagt mir mein Führer, das nicht Erforschliche führe zu keinen Streitfragen mehr; denn nicht nur Bescheidenheit und die tiefeste Ehrfurcht halte einen jeden noch so hochbegabten seligen Geist zurück, sondern ein jeder Seliger ist es zum voraus überzeugt, daß dieses nur Einer Gottheit möglich sey; die allerseligste Seligen, und sogar die von Anfang erschaffenen Engel bleiben damit gerne zurück, denn mein Führer sagt, es bleibe den allerseligsten Geistern immer soviel übrig, um die Größe, Weisheit und Allmacht Gottes zu bewundern, daß sie in ewige Ewigkeiten nicht damit fertig werden können, denn Gott könne in seinen Wirkungen nie aufhören, und dieses gebe ihnen immer Anlaß zu neuen Bewunderungen. Mein Führer sagt mir, von der Größe Gottes können sich weder erschaffene Engel, und die Seligen von Erschaffung der Welt her, noch viel weniger deine sündhafte und sogar kurzsichtige Erdenbewohner gar keinen Begriff machen, denn Gott ist von Anfang her sich gleich groß. Wenn, sagt mein Führer, nur mit einer Nadel auf deinem Sündenball gedupft werden könnte, so wäre dieser gar kein Verhältniß mit dem Weltall Gottes; mit der Größe Gottes selbsten aber lasse sich in keinem Theil eine Vergleichung anstellen. Mein Führer sagt mir davon Worte, daß ich darüber vor Demuth verschmelzen möchte, ich bin auch nicht vermögend, sie nur auszudrücken.«

Dann rief sie voller Ehrfurcht, was an ihrer Stirn und ganzen Miene zu lesen war, aus:

» Heilig! Heilig! Heilig ist der Herr Zebaoth unser Gott! – Ach wenn nur in eines jeden Menschen Herzen die Größe Gottes nur in etwas eingeprägt wäre, so würde der Name Gottes und seines Sohnes von allen Menschen nicht so vergeblich geführt werden; diese Sünde ist eine von den Menschen unerkannte, aber dennoch große Sünde, wovon nicht eine aus der Rechnung bleibt.«

Nachdem sie diese Rede vollendet hatte, so blieb zwar ihre Miene heiter, sie selbst aber stille, nur wurde bemerkt, daß sie sich immer mit ihrem Führer unterhielt, sie gab aber nicht den mindesten Laut von sich. Nach einer längeren Pause wurde gefragt: ob sie noch mehrere Reisen in die Venus mache? Darauf sagte sie:

»Ja, noch fünf, außer der heutigen, nur muß ich mir den allzu großen Zudrang von Menschen verbitten, denn sie machen mir bange.«

Endlich wurde gefragt: da wegen ihres Zustandes doch hie und da noch Zweifel gehegt würden, so wäre sehr zu wünschen, daß ein Arzt, welcher davon Kenntnis habe, zugezogen würde, und daher möchte man wohl wissen, welcher der tauglichste und vorzüglichste wäre? Darauf erwiederte sie:

»Professor Eschenmayer in Tübingen wäre der Erste; Körner in Weinsberg wäre auch recht gut, doch sey jener vor diesem, sie wünsche es auf das herzlichste, daß ihre Unschuld gerettet würde.«

Weil man bemerkte, daß sie sehr matt war, so wurde keine Frage mehr an sie gerichtet; als ihre Rückreise vollendet war und ihr Führer sie verlassen hatte, so sagte sie einzig noch zu ihrem Bruder:

»Jezt wecke mich auf.«

Sieben Minuten nachher erwachte sie mit der ungetrübtesten Heiterkeit, klagte aber bald darauf über Mattigkeit.

*

Dritte Reise in die Venus.

Den 21. November machte sie ihre dritte Reise in die Venus wiederum ganz pünktlich. Als sie daselbst angekommen war, so sagte sie:

»Jezt habe ich noch zwei Minuten, bis zu dem Berg, den ich zu bereisen habe,«

und als sie sich dort befand:

»Jetzt gebrauche ich vier Minuten, bis ich diesen Berg erstiegen habe,«

welches beide auf die Secunde eintraf. Sodann fuhr sie fort:

»Daß ihr es wisset, der Berg heißt Tilli; – jezt gebrauche ich noch eine Minute, bis ich wie auf eine Art Felsen geführt werde, es ist aber kein Felsen, es ist eine ganz andere Art Stein, er glänzet ganz. – Ich habe Einhundert und achtzig Treppen, welche alle ziemlich hoch waren, ersteigen müssen, da gehet es bei weitem nicht so schnell als bei meiner Herreise von der Erde; es gehet da wie nach menschlicher Weise zu, der Weg und die Treppen zu dem Berg und auf den Berg sind sehr schmal, um den Stein, auf welchen ich geführt werde, gehet ein herrliches Geländer, denn dessen Fläche ist klein und beträgt nicht mehr als eine doppelte Tisch-Breite! Von hier aus übersehe ich einen großen Theil dieser Sternen-Welt, in derselben sind viele Städte, der Berge aber sind es, was ich jezt sehe, weniger, ich bemerke nur noch einen, welcher aber niedriger ist, als der, den ich bestiegen habe. Nur bedaure ich zu sehr, daß mir die Kräfte und Worte fehlen, um Euch die Schönheiten, welche hier sind, zu sagen und zu beschreiben. Ich kann Euch nur mit allem Ernst und Nachdruck auf meine frühere Ermahnungen verweisen. Wenn doch die elenden Erdenbewohner nur glauben würden, daß es in der Seligkeit so gar herrlich ist: gewiß, unsere Erde, welche wir bewohnen, wäre ganz anders, als sie ist, aber so liegt sie mehr als im Argen; ich sage nicht zu viel, wenn ich sage, daß es eine Teufelswelt ist.

»Alle Sterne sind, wie ich schon mehrmals angegeben habe, lauter Welten, nur kann ich sie mit der Welt, welche wir bewohnen, in gar keine Vergleichung bringen, denn hier gibt Alles einen Glanz und eine Helle von sich. Dieser Stern gibt schon auf unserer Erde einen so schönen Glanz von sich, jezt denket Euch wie schön er seyn muß, wenn man in ihn selbst kommt.«

Weil sie so ganz seelenvergnügt erschien, so waren die Anwesenden schüchtern, eine Frage an sie zu stellen; doch fing sie nach einer kurzen Pause selbst wieder zu sprechen an:

»Ich sehe hier keine seligen Geister wandeln, und doch ist der Berg mehr als wunder-wunderschön; mein Führer begnügt sich diesesmal ganz mit meinem eigenen Vergnügtseyn. Unten am Fuße des Berges ist ein herrliches Wäldchen angelegt, die Bäume stehen alle in der schönsten Ordnung da, sie sehen wie Tannen-Bäume aus, es sind aber doch keine Tannen. Es sind mehrere Wege umher, alle sind aber äußerst schmal; auch sind Blumen verschiedener Art hier, welche einen so herrlichen Geruch von sich geben, daß ich nicht vermögend bin, Euch nur den geringsten Begriff davon zu machen, ich kann denselben gar mit keiner Erdenblume, so wohlriechend sie immer seyn mag, in eine Aehnlichkeit bringen. Auch um den Berg herum gibt es Blümchen, welche niederer sind, aber eben so herrlich und erquickend riechen und das Grüne, was wir Rasen nennen, ist gar zu schön. Alles, wie ich es Euch schon angab, gibt in allen nur möglichen Farben, den herrlichsten Glanz von sich, und es bleibt mir nichts als Bewunderung übrig. In 2 Minuten verlasse ich den Berg wieder.«

Nun bat ein redlicher, wohlgesinnter Mann, daß er, abgesondert von allen Zuhörern, einige Fragen an sie gerichtet wissen möchte, worauf sich alle Anwesende entfernten; sie hat selbe nicht zur Zufriedenheit, sondern zur Verwunderung richtig beantwortet.

Darauf trat sie ihre Rückreise an, während dieser wurde noch von einer Person nach einer Verstorbenen gefragt, welche Frage sie so beantwortete, daß diejenige Person, welche die Frage an sie hatte stellen lassen, nachher sagte: »Ich habe die zuverläßigste und richtigste Antwort erhalten, denn das, was sie sagte, ist mir auf mein inständiges und anhaltendes Gebet im Traume gezeigt worden, welches noch keine Seele wußte; wer will noch an der Aechtheit zweifeln, ich bin davon mehr als gewiß überzeugt worden. – Betrübt, aber doch getröstet, verließ dieselbe das Bette der Somnambüle.

Nachdem sie ihre Rückreise vollbracht hatte, so sagte sie zu ihrem Bruder:

»Jezt wecke mich auf.«

Bei ihrem bald darauf erfolgten Erwachen war sie freundlich und heiter, nur klagte sie über eine große Mattigkeit, und verweilte noch eine volle Stunde im Bette.

*

Vierte Reise in die Venus.

Am 23. November verfiel sie auf die angekündigte Zeit in ihren Schlaf; so wie sich ihr Führer bei ihr eingefunden hatte, so sagte sie:

»In 6 Minuten bin ich wieder in der Venus.«

Als sie an Ort und Stelle und in der zu bereisenden Stadt angekommen war, so wurde sie nach deren Namen gefragt und antwortete darauf:

.

Erste Reise in den Mond.

»Sie heißt Sodia; es ist immer eine Stadt schöner als die andere, die Thore sind weit und prachtvoll, die Straße aber ist beengter. Die Seligen, welche auf der Sommerseite wohnen, haben in so weit einen Vorzug vor denen, welche auf der Winter- oder linken Seite wohnen, weil jene etwas früher wieder in die höhere Seligkeit versezt werden, denn ein jeder Selige wandert mehrere Wohnungen durch, bis er zu einer höheren Seligkeit gelangt.«

Nachdem sie die Stadt durchwandert hatte, sagte sie:

»Ich werde wieder in ein großes und prächtiges Gebäude, das außerhalb der Stadt stehet, geführt. – In demselben habe ich eine Stiege von zwanzig Treppen zu besteigen, die Stiege ist nicht gar breit, aber über die Maßen schön, und die Geländer so herrlich und glänzend, daß ich sie nicht anzurühren wage. Ich höre einen herrlichen Gesang; nun komme ich an die Thore des Saales, diese sind zu schön. Ich trete ein und vernehme den Gesang: »Lobet den Herrn, den mächtigen König der Ehre ec.« An jeder Reihe stehen die Lehrer obenan; sie haben wieder Auszeichnungen vor den Lernenden, ihre Angesichte sind verklärt und geben einen Glanz von sich. Auf der Seite des Saales, aber etwas erhöht, stehen gegen fünfzig, welche auf Harfen spielen.«

Man fragte nun um die Beschaffenheit dieser Harfen, und sie gab darüber zur Auskunft:

»Sie sind den Harfen auf unserer Erde nicht unähnlich, nur sind sie weit feiner und schöner, und der Ton, welchen sie von sich geben, ist himmlisch. Die Herrlichkeit, Liebe und Eintracht, welche hier unter den Seligen herrscht, kann ich unmöglich mit Worten ausdrücken, oder einen Begriff davon machen. Alles, was ich sage, ist zu unvollständig.«

Man stellte nun auch die Frage: Wie es in Hinsicht der Kälte und Wärme daselbst sey: darauf sagte sie:

»Es ist hier weit milder als im Monde und angenehm warm. Obwohl hier nicht mehr nach Tagen gezählt wird, weil hier keine Nacht mehr ist, so werden dennoch hier den Seligen tausend Tage nicht so lange, als hier nur ein Tag, wenn er auch noch so vergnügt und zur vollkommensten Zufriedenheit vorüber geht, weil sie der Seligkeit nie satt werden können. Man denke sich nur, daß einen Seligen gar kein Leiden von außen und von innen mehr stört, denn hier ist kein Leiden und kein Schmerz. Alles was irdisch und vergänglich heißt, ist nicht mehr, das Wohlseyn ist weit über alles das, was wir Wohlseyn nennen, unser Erdenleben ist mehr als kummervoll, wenn wir es auch sehr glücklich preisen.«

Nun wurde gefragt, ob sie keine Thiere wahrnehme oder antreffe, wie deren auf unserer Welt sind? Darauf sagte sie:

»Ich habe deren noch keines wahrgenommen und gesehen.«

Sodann fragte man: ob sie nicht auch in das Paradies komme, allwo der Schächer seine Aufnahme gefunden habe? Darauf erwiederte sie:

»Ja, es wird aber diese eine meiner lezten Reisen seyn. – Ich muß noch etwas bemerken, der Saal, der mir heute gezeigt, und in welchen ich geführt worden bin, ist bei weitem nicht so voll, als der im Mond; auch in den andern schon bereisten Sternen habe ich viel mehr Selige in den Sälen angetroffen; mein Führer sagt mir darüber, je höher die Seligkeiten, je weniger voll werde ich es antreffen, zur Erlangung einer Seligkeit, wie sie in der Venus ist, sey unendlich viel erforderlich, das Wachsen in der Ewigkeit nehme keine so schnelle Fortschritte, es gehe Alles nur von Stufe zu Stufe.«

Sie hielt nun wieder eine sehr ernstliche Anrede an Alle und beschloß dieselbe mit der herzlichsten Bitte:

»Doch ja allen Fleiß anzuwenden, um selig zu werden, ich kann es unmöglich aussprechen, wenn ich Jahre lang fortreden könnte, was es um die Seligkeit ist, weil mir immer die Worte fehlen würden, um sie nach Wirklichkeit zu schildern, weil unsere Sprache gar keine Worte dafür hat. Paulus hat recht gesagt, wenn er von seiner Entzückung sprach: ›er hörete unaussprechliche Worte,‹ es ist mehr als wahr, daß sie unaussprechlich sind.«

Nach diesem wurde sie wieder gefragt: ob die Seligen beständig in dem Saale seyen? Da sagte sie:

»Nein, ich sagte Euch schon einmal, daß sie in der Stadt ihre Wohnungen haben; wenn sie sich in den Hör- und Lehrsälen versammeln, dann ist die Stadt wie entvölkert, woher es auch kommt, daß ich nie Jemanden darin gewahr werde. Sie durchwandern auch die Gegend um die Stadt herum, woselbst die schönsten Gärten sind, die Wege in denselben sind aber alle ganz schmal und dennoch sehr bequem zum Gehen, da sind so schöne Blumen, wie unsere Erde keine hervorbringt und auch nicht hervorbringen kann, denn das Erdreich trägt sie nicht, diese behalten ihren erquickenden Wohlgeruch und verwelken auch nicht, die Seligen werden auch ihrer nie überdrüssig, denn mein Führer sagt, sie entdecken daran immer wieder etwas, das ihnen Bewunderung und die höchste Hochachtung von der unendlichen Größe Gottes einflöße.«

An diese Worte knüpfte sie wieder eine sehr ernsthafte Rede zur Buße und Bekehrung an, worauf sie folgendermaßen weiter fuhr:

»Morgen werde ich, wie ich schon früher angegeben habe, sehr schwach werden, hingegen werde ich am Sonntag Vormittag mich ganz erträglich befinden. Mittags 12 Uhr aber komme ich in einen sprechenden Schlaf, in welchem ich auch das Kräutlein angeben werde, durch welches ich meine vorige Gesundheit wieder erhalte, solches darf aber erst dann in Anwendung gebracht werden, wenn ich es sage, ich muß es jezt um deßwillen angeben, damit es noch gesammelt wird, ehe der Boden vom Frost zu hart, und vom Schnee zu viel bedeckt wird. – Wenn ich den Saturnus und Uranus bereise, so werde ich für äußere Schäden und innere Krankheiten Heil- und Kurmittel angeben können; nur ist die Sache nicht so zu verstehen, daß ich jedem nützlich werde, aber doch gewiß vielen, wenn sie meinen Anweisungen treulich nachkommen und sie befolgen. Ich wünschte nur zu sehr, daß ich diese Zeit über von einem Arzt, der einen somnambülen Zustand kennt und versteht, behandelt werden würde, dann würde gewiß recht vieles bezweckt werden, so aber, weil dieses nicht geschehen wird, wird auch vieles vereitelt werden. – Ei, mein Führer sagt mir: ich solle mich mit dem begnügen, was ich wirklich leisten werde.«

Gleich darauf sagte sie:

»Nun beginnt meine Rückreise.«

Als diese vollendet war, so wünschte sie wieder geweckt zu werden. Beim Erwachen war sie voll Liebe und Freundlichkeit, klagte aber über etwas Mattigkeit.

*

Fünfte Reise in die Venus.

Den 25. November mit dem Schlag 12 Uhr verfiel sie wieder in somnambülen Schlaf, so wie es zuvor von ihr angekündigt worden war. Nachdem sie ihren Führer vorher empfangen hatte, sagte sie:

»In 6 Minuten habe ich meine Hinreise vollendet.«

Als sie an Ort und Stelle war, fing sie an zu sprechen:

»Nun werde ich durch ein wunderschönes Wäldchen geführt, ich gebrauche drei Minuten, bis ich durch dasselbe komme; die Bäume stehen in ganz geordneten Reihen da, alle haben eine gleiche Höhe und Dicke und von oben hängen sie gar schön übereinander her; in diesem Wäldchen sind sehr viele, aber nur ganz schmale Wege und mehr als schöne Blumen: den Wohlgeruch derselben und die Annehmlichkeit dieses Wäldchens bin ich nicht im mindesten fähig zu schildern. – Die Menschen machen auch allerlei Anlagen, welche oft bewundert werden, die vorzüglichsten und besten sind aber nur alle ein elendes Schattenbild, denn diese Anlage bleibt immer gleich schön und angenehm; kein Sturm beschädigt sie, kein düsterer Tag beraubt sie ihrer Annehmlichkeit, und weder Frost, Kälte noch Schnee entblättern die Bäume oder nehmen den Blumen ihren Lenz, in der Seligkeit hat alle Verwandlung dieser Art aufgehört.«

»Jezt komme ich wie an ein Thor, es hat die Größe eines gewöhnlichen Thores und Säulen, welche ganz rund sind, sie sind zwar weiß, das Weiße aber ist wie mit einer Rosenröthe vermengt, so wie ich oftmals keine Schönheit anzugeben im Stande bin, so muß ich auch hier schweigen. – Bruder, es ist mir von meinem Führer das Kräutchen gezeigt worden, durch welches ich wieder zu meiner Genesung komme, du mußt dich zu mir herneigen; – man heißt es Pappeln, es stehen davon eine Menge um unser Haus herum, davon darf ich aber erst, wenn ich keine Reisen mehr mache, Gebrauch machen und das nur 8 Tage lang, ich habe sodann von denselben, Morgens, Mittags und Abends, jedesmal 3 Blättchen zu nehmen, dieses ist meine ganze Kur.«

Nach einer kleinen Pause fuhr sie fort zu reden:

»Jezt werde ich durch einen Garten geführt, derselbe ist wie mit einer Mauer umgeben, am Eingange oder wie am Thore stehen 2 Säulen, oben sind sie wie mit Kronen gezieret, die Steine sind wieder eigener Art, sie sind bläulich weiß und sehen wie Alabaster aus, sie sind aber noch viel feiner, ich bemerke gar keine Fugen, das Ganze besteht gleichsam aus einem Stücke. Die innere Schönheit des Gartens kann ich Euch unmöglich beschreiben, begnüget Euch mit diesem: was irdisch ist, ist irdisch, und was himmlisch ist, ist himmlisch, jenes ist vergänglich, dieses aber unvergänglich. Den Wohlgeruch, welchen die Blumen und Kräuter, die da sind, von sich geben, könnte – so sagt auch mein Führer, – ein Sterblicher nicht ertragen; es sind auch Bäume da, und auf mehreren sehe ich die allerschönsten und herrlichsten Obstfrüchte.«

Sie blieb einige Minuten stille, sodann fing sie wieder an und sagte:

»Ich habe meinen Führer gefragt, wie es denn sey, die Selige welche hier sind, haben zwar verfeinerte Körper angenommen, sie sprechen, singen, spielen auf Harfen, und wenn ich nach einem langen will, so ist es, als ob ich nach einem Schatten greife; ob sie von dem Wohlgeruch, der hier ist, und von den Früchten, die auf den Bäumen sind, auch einen Genuß haben? Darauf sagt mir mein Führer: Du bist nur dem Geiste, nicht aber der Seele nach hier, und doch wird dir der herrliche Wohlgeruch zu Theil; die Seligen selbst aber genießen ihn in einem weit höheren Maaße. Was den Genuß der Früchte betrifft, so verhält es sich damit eben so, sie genießen sie nicht wirklich, sie haben aber die Geschmacksgefühle davon, als ob sie solche wesentlich genossen hätten. Mein Führer sagt mir ferner; wenn der Mensch träumt (was das beständige Wachen der Seele ist) so kommt es ihm öfters vor, als ob er die kostbarsten Speisen, Obstfrüchte und Getränke genossen habe, und beim Erwachen findet er, daß Körper und Seele leer ist; bei den Seligen ist aber dieses nicht, ob sie es gleich nicht genießen, so finden sie sich doch gesättiget. Mehreres, sezt mein Führer hinzu, kann ich dir nicht sagen, das Weitere weiß nur die Gottheit selbsten. – Es befinden sich viele Wege in diesem Garten, aber alle sind ganz schmal, und doch wandern die Seligen in einer großen Anzahl darinnen herum. Indem ich mit meinem Führer den Garten durchwandert habe, so gehen zwei erschaffene Engel an mir vorüber, sie haben mich mit der herzlichsten Liebe und Freundlichkeit angesehen. Ich sehe in der Entfernung abermals 6 erschaffene Engel, welche mir entgegen kommen; sie gehen auf gleiche Weise an mir vorüber.«

»Nun werde ich in eine Stadt geführt, die heißet Sorrizzia, sie ist wieder schöner als die vorige, von dieser Schönheit kann ich Niemanden einen Begriff beibringen. Der Weg von dem Garten aus dahin ist hellroth, aber auch schmal; das Thor, oder der Eingang in dieselbe hat mehrere herrliche Thürmchen, die sind gar zu schön.«

Während dem, als sie die Stadt durchwanderte, so wurde nichts als eine außerordentliche Verwunderung an ihr wahrgenommen, nachdem sie dieselbe ganz durchpassirt war, so sagte sie:

»Jezt werde ich wieder in einen großen Bau, allwo die hier wohnende Seligen ihre Zusammenkünfte haben, eingeführt; derselbe hat von außen 4 Treppen, im Innern habe ich wieder eine Stiege von 20 Treppen zu besteigen; waren die vorige Treppen herrlich und schön, so sind diese noch schöner, ehe es in den Saal hineingehet, sind 2 hellrothe Säulen angebracht, die sind mehr als wunderschön.«

»So wie ich in den Saal eintrete, zeigte mir mein Führer einen Jüngling von 21 Jahren aus Amerika, der erst vor 2 Stunden hier angekommen ist, derselbe ist an der Cholera gestorben, heute früh um 8 Uhr hat denselben diese Krankheit befallen und um 10 Uhr war er schon eine Leiche. Sein Vater, ein Geistlicher, ist 61 Jahre alt, die Mutter zählt 56 Jahre, er hat auch noch 3 Geschwistern.«

Man fragte nach seinem vorigen Wohnort, sie nannte: »Philadelphia.«

Nun wollte man auch den Namen des Vaters wissen, darauf aber sagte sie:

»Begnüget Euch vor jezt mit diesem. Die Freude bei den Seligen, wenn Eins gleich von unserer Welt aus da eingeführt wird, die ist unaussprechlich groß. Auf unserer Welt werden öfters Könige und große Herren mit einem außerordentlichen Prunk, Musik und Ehrenbezeugungen empfangen, dieses ist aber gegen dem, wenn ein Seliger so heimgeholt wird, ein gar nicht beachtetes Kinderspiel. Die Musik, der Gesang und die Freude, die im Himmel, ich sage in der Seligkeit oder bei den Seligen vorkommt, die ist gar nicht zu beschreiben, noch auszudrücken. Denn hier ist nichts darunter vermengt, welches dem, was wirklich wahr, herrlich und schön ist, einen Abbruch thäte, da ist Alles sonnenhell, lauter und rein; wo dagegen auf unserer Welt, wenn einem Empfang auch der beste Anstrich gegeben wird, so viel Unlauteres, besonders von Seiten der Empfänger darunter vermischt ist, daß es nur ein Herzenskenner auseinander setzen kann.«

Als sie diese Rede vollendet hatte, so sagte sie, ohne daß Jemand nur das mindeste wissen wollte:

»Der Mann, Stadtknecht Bachofer. welcher hier todt liegt, ist dem ersten Grad der Unseligen noch entronnen, er ist in den Mond aufgenommen worden.«

Alsdann hielt sie wieder eine dringende Ermahnung an alle Anwesende, in welcher sie stets die Seligkeiten, und dann wieder die Orte der Unseligen und Verdammten, einander entgegenstellte, sie war jedesmal so eifrig und voll Ernst bemüht, daß man glauben mußte, sie wolle jeden Menschen gewaltsamerweise selig machen, so sehr war es ihr um die Seligkeit eines jeden einzelnen Menschen zu thun. – Darauf fing sie wieder an:

»Was ich nicht unangekündigt lassen kann, ist auch dieses: wenn ein Seliger von hier aus in einen höhern Grad von Seligkeit versezt wird, so wird ein solcher von den Lehrern, die da sind, eingesegnet, und von da aus wird selbiger von erschaffenen Engeln begleitet. Bei meiner lezten Reise in die Venus, sagt mir mein Führer, dürfe ich einer solchen Einsegnungshandlung beiwohnen. Die erschaffenen Engel bringen die Befehle mit, daß dieser oder ein anderer einer höhern Seligkeit empfänglich sey.«

Es wurde nun wieder nach Männern, deren rechtlicher Wandel und Frömmigkeit durch Thaten erwiesen war, gefragt, und sie gab die Aufenthaltsorte derselben befriedigend an.

Sodann fuhr sie fort zu sprechen:

»Es ist mir vergönnt worden, die Füße der erschaffenen Engel zu berühren, sie tragen glänzend weiße Bundstiefel, mit rosenrothen Bandmaschen; sie sind keine Schatten sondern wahre Körper: ihre Hände, welche sie auf die Brust aufgelegt haben, sind wie weißes Wachs, aber glänzend und ihre Angesichte geben einen ganz hellen Glanz von sich. – Ach! wie sehr weise handelt Gott, daß ich im wachenden Zustande nicht weiß, was ich höre und was mir gezeigt wird, ich würde für diese Welt ganz untauglich seyn. Die Liebe, Eintracht und Treue, die unter den Seligen wohnt, kann ich abermals nicht unberührt lassen; wirklich singen sie das von Friedrich Stark gedichtete Lied:

»In Gott bin ich immer fröhlich,
In Gott hab ich lauter Freud',
In Gott bin ich reich und selig,
Gott ist selbst die Seligkeit etc.«

In diesem Liede finden sich auch Rückerinnerungen an das Erdenleben.

»Ich muß Euch wiederholt erinnern, daß in der Seligkeit durchaus kein Ansehen der Personen Statt findet, wohl hat der, dem mehrere Pfunde gegeben worden sind, auch für so viel als er empfangen hat, Rechenschaft zu geben; ebenso haben Könige und Fürsten nach dem Grad der Höhe, der ihnen hier anvertraut war, Rechenschaft abzulegen; freilich haben diese, wenn sie ihre Herrlichkeiten in eine Stadt Gottes bringen, nur in Rücksicht des ihnen hier so viel Anvertrauten einen Vorzug, im andern Theile aber auch eine desto größere Bestrafung; so, daß vom Geringsten bis auf den Größesten der Erde, das zuverläßigste und richtigste Gleichgewicht hergestellt ist. Damit verstehet aber ja nicht, daß in der Ewigkeit ein Ansehen der Person nur im mindesten Statt finde, denn Gott richtet ganz nach dem Herzen, wie ich Euch schon einigemale gesagt habe, hier hat weder Religion, Nation, Geschlecht oder Abstammung ein Vorrecht oder einen Vorzug. Im Reiche der Ewigkeiten herrscht allein die wahre und richtige Gleichheit; auf unserer Welt läßt sie sich unmöglich herstellen, noch finden; das ist nur in solchen Reichen möglich, woselbst keine Eigenliebe, kein Hochmuth, Haß, Neid, Streit etc. mehr wohnet.«

Nachdem sie diese Reden vollendet hatte, so sagte sie:

»Nun beginnt meine Rückreise.«

Als solche vollendet war, so wünschte sie wieder geweckt zu werden; 8 Minuten hernach erwachte sie und war wieder voll Annehmlichkeit. Sie erkundigte sich, was sie gesprochen habe, weil ihr vorkomme, daß ihr Schlaf diesesmal länger als sonst dauerte. Nachdem ihr das Wichtigste davon erzählt worden war, so sagte sie:

»Ist es aber möglich, daß ich von Allem, was mit mir vorgehet, nicht das Mindeste wissen soll, in meinem Schlafe ist es mir gerade wie einem Menschen, der im tiefesten Schlafe liegt, und wenn er erwacht, nicht sagen kann, daß er nur geträumt habe, ich wäre aber auch wie ein natürlich Schlafender gar nicht zu erwecken, denn alle meine Gliedmaßen dürften mir von meinem Leibe getrennt werden, ich würde nicht das Mindeste davon gewahr werden.«

Es wurden auch früher und später Versuche gemacht und ihr mit Nadeln tief in die Fußsohlen hinein gestochen, was gewiß Jedermann schmerzhaft empfunden haben würde, aber sie blieb ganz gefühllos, und es war auch nie das mindeste, weder im Gesicht, noch an andern Gliedern bei ihr wahrzunehmen, was einer Vermuthung, als suche sie den Schmerz zu unterdrücken, hätte Raum geben können.

*

Sechste Reise in die Venus.

Nach der in der lezten Reise gemachten Angabe, kam sie am 26. November Mittags punkt 12 Uhr wieder in somnambülen Schlaf, und brauchte zur Reise genau dieselbe Zeit wie die vorigemale. Sobald sie angekommen war, sagte sie:

»Ich werde von meinem Führer wieder durch eine Stadt geführt, die heißt Sora, sie ist abermal schöner, als die vorige; je weiter, je herrlicher. Ich höre eine Harfenmusik, aber noch von einer ziemlichen Entfernung. Die Thore und Gebäude sind weit schöner als die vorigen, die Straße durch die Stadt ist wieder nicht breit, aber mehr als schön. Ach, ich weiß so vielfältig von Herrlichkeit nicht, wo ich anfangen soll, und finde nun, daß ich so vieles, was doch so leicht faßlich ist, anzugeben unterlassen habe, nämlich: daß die Gebäude in allen den Städten gleich sind, nur mit dem Unterschiede, daß sie immer schöner werden, je höher der Grad der Seligkeit steigt; es ist, als wenn eine Seite der Straße nur ein Gebäude wäre, es ist aber doch nicht so, auch sind alle mit den herrlichsten Fenstern reichlich versehen; Nebengassen habe ich nie bemerkt. Ei, mein Führer sagt, in diesen Städten habe es keine Gassen, sie gehen alle nur in die Länge; ob ich es denn noch nicht bemerkt habe, daß die Länge und Breite der Städte immer gleich sey, alle sind viereckigt, eine jede richtet sich nach der Hauptstadt, nur im Kleineren, in der Höhe aber nicht.«

»Jezt werde ich außer der Stadt wieder in ein herrliches Gebäude geführt, in demselben sind die Fenster, wie in jenen, in welchem ich vor diesem war, sehr groß und schön; um Euch nur einen ganz kleinen Vergleich zu geben, so muß ich sagen: es ist, als wenn die Fenster von der Sonne bei ihrem Untergange bestrahlt werden, wodurch sie einen goldgelben Glanz annehmen und von sich geben; ich will Euch damit nur einen kleinen, kleinen Begriff davon machen, denn ich habe mich nichts weniger als vollständig darüber ausgedrückt, weil mir die Worte dazu fehlen. – Ich habe wieder zwanzig Treppen zu besteigen; waren Treppen und Geländer in den vorigen Gebäuden schön und herrlich gearbeitet, so sind selbe hier wieder schöner; bevor ich in den Saal komme, so kommt ein großes Thor, denn alle Versammlungs-Säle, die ich noch gesehen habe, und welche mir gezeigt wurden, sind alle sehr hoch, doch ist dieses einer vor dem andern, mehr oder minder, denn auch diese richten sich nach den Graden der Seligkeiten; an dem Eingang dieses Thores sind zwei herrliche, ja mehr als schöne Säulen, oben auf denselben sind Kronen angebracht, die sind mehr als schön. Nun werde ich in den Saal eingeführt, sie singen wirklich das Lied, das Hiller gedichtet hat, welches in seinem Lieder-Schatzkästlein im 2. Theil, Seite 130 stehet; der Text dazu ist genommen aus dem Propheten Jesaias 35, 10, der also lautet:

»Ewige Freude wird über ihrem Haupte seyn: Freude und Wonne werden sie ergreifen, und Schmerz und Seufzen wird weg müssen.«

Das Lied lautet so:

»Einen Tag im Himmel leben,
Freuet mehr als tausend hier; (auf der Erde)
Sollt ich an der Erde kleben?
Nein, vor dieser ekelt mir.
Könnt' ein Mensch auch tausend Jahre,
Hier in eitler Freude seyn,
Wär' es gegen jene wahre (die in der seligen Ewigkeit ist)
Doch wahrhaft ein Pein.«

Diesen Vers sagte sie ganz langsam, wörtlich her, mit dem Zusatze:

»Mein Führer hat mir ihn vorgesagt, denn er war mir vorher nicht bekannt, er gehet mich auch besonders an, daß ich die Welt ja nicht lieb gewinnen solle.«

Dieses veranlaßte die Frage: wo denn Hiller in der seligen Ewigkeit seinen Aufenthaltsort habe? darauf sagte sie:

»Er ist in der Sonne und ein Auserwählter Gottes, er wird sich bald zu einem Diener Gottes anschicken.«

Man fragte nun: ob sie keinen von den Lehrern kenne, die da seyen? Sie erwiederte:

»Ihr kanntet sie ja doch nicht; ein Pfarrer ist hier, Namens Wurm, mein Vater kennet seinen Sohn wohl. Die Lehrer werden auch versezt, und bleiben nicht immer an einem Ort, weil die Seligkeit fortwährend wächst. Die Klarheiten, welche die Selige umgeben, kann ich Euch unmöglich hinreichend beschreiben. In der Mitte des Saales, der sehr, sehr groß ist, hängt eine große Krone herunter.«

»O, wie werden diejenige, die jezt meiner und meiner Aussagen spotten, noch niedergeschlagen und gedemüthiget werden; ist es nicht mehr in dieser Welt, so ist es bestimmt jenseits des Grabes; sie mögen selig oder unselig seyn, so wird mir jedes das Zeugnis geben müssen; daß das, was ich angegeben habe, wahrhaftig wahr ist. – Gott, der Allmächtige und Allwissende, ist mein Zeuge, ich bin gewiß keine Betrügerin, ich gehe in keinem Punkte weiter, als was mir mein Führer sagt und zu sagen befiehlt.«

Hierauf wurde gefragt; wie groß die Zahl der Seligen sey, welche sich hier befinden? Darauf sagte sie:

»Ihre Zahl ist 2384. Der Saal aber könnte noch eine ziemlich größere Anzahl aufnehmen. Was ich schon so oft sagte, gilt auch hier wieder im höchsten Sinne: daß die Eintracht und der Gleichsinn der Seligen gar nicht genug gerühmt und gepriesen werden kann; eben so wenig bin ich vermögend das Wohlklingende der Musik und des Gesanges auszudrücken.«

Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort:

»Ich habe meinen Führer dringend gebeten: wenn es je der Weisheit Gottes gemäß sey, es dahin zu bringen, daß meine irdische Hülle ausgelöst würde, daß ich da bleiben dürfte, aber er sagt mir, wenn dieses auch wäre, so wäre ich für eine solche Seligkeit noch nicht befähigt, ich müsse noch weiter kommen; ich solle ja allen Fleiß anwenden, um einer solchen Seligkeit gleich würdig zu werden, es erfordere aber den redlichsten Eifer und Ernst; ich solle jedoch mich für versichert halten, daß ich nicht mehr gar lange auf unserer Sündenwelt verweilen dürfe. – Mittwochs, den 28. dieses mache ich meine lezte Reise in die Venus; alsdann werde ich in einen Tempel geführt, allwo diejenige, die zu einer höhern Seligkeit gelangen, von ihren Lehrern eingesegnet und sodann von erschaffenen Engeln begleitet werden. Mein herzlichster Wunsch ist immer dieser: wenn ich nur dableiben dürfte!«

Sie trat nun ihre Rückreise an, und sprach während derselben, daß die Cholera bestimmt in unsere Gränzen komme, wann solches aber geschehe, gab sie auf Befragen auch wieder nicht genauer an, sie sagte nur, es so solle sich ja kein Arzt bemühen, ein Mittel dagegen anzugeben, es werde keiner eins finden, und sezte dann hinzu:

»Die Cholera wird eine bedeutende Zahl von Menschen dahin raffen, und zwar an Alten und Erwachsenen mehr als an Kindern. Die Menschen werden vorher, weil sie der Meinung sind, diese Seuche habe unser Vaterland und die an dasselbe angränzende Länder überschritten, so sicher werden, als sie zu den Zeiten Noah's waren, in welcher sie freiten und sich freien ließen, bis daß Noah in die Arche einging.«

Nach dieser Rede nahm sie eine bekümmerte Miene an, nach einigen Minuten aber sagte sie:

Mein Führer ruft mir wieder ein Trostwort zu, er sagt:

»Ihn, Ihn laß thun und walten,
»Er ist ein weiser Fürst;
»Und wird sich so verhalten, (auch wegen dem du dich bekümmerst.)
»Daß du dich wundern wirst.
»Wenn er wie ihm gebühret,
»Mit wunderbarem Rath
»Das Werk hinausgeführet,
»Das dich bekümmert hat.«

Ohne daß jemand etwas wissen wollte, sagte sie nach diesem:

»Von jezt an bin ich noch sieben Wochen in diesem Zustande; erst nach Ablauf dieser Zeit darf ich das mir selbst verordnete Kraut gebrauchen. Wenn ich den Saturnus und Uranus bereise, von wo aus ich Heilmittel angebe, so werde ich oft sehr schwach werden. Nach der Venus bereise ich den Jupiter.«

Alles dies sprach sie während ihrer Rückreise. In den Augenblicken, in welchen sich ihr Führer bei ihr beabschiedete, wurde eine besondere Aufmerksamkeit an ihr bemerkt, endlich wurde sie gefragt: von was sich ihr Führer bei seinem Abschiednehmen mit ihr unterhalten habe? Darauf sagte sie:

»Er hat mich mit den Worten beabschiedet: »Der Herr segne dich, und behüte dich, er lasse »sein Angesicht leuchten über dir und sey dir gnädig, »er gebe dir seinen göttlichen Frieden.«

*

Siebente Reise in die Venus.

Am 28. November machte sie auf die vorher angegebene Zeit ihre lezte Reise in die Venus. Nachdem sich ihr Führer bei ihr eingestellt hatte, so sagte sie.

»Oeffnet das Haus, Von dieser Zeit an mußte das Haus ihrer Eltern auf obrigkeitlichen Befehl geschlossen werden. denn es kommt eine Person zu mir, welche würdig ist, eingelassen zu werden.«

Sie gab diese Person auch namentlich an, so wie eine andere, welche eine Minute früher angekommen war. Nach der Ankunft unserer Somnambüle an dem obenberührten Orte sprach sie:

»Die Stadt, an der ich jezt vorbeikomme, und die ich erst im Rückweg durchwandern darf, hat beinahe den Namen wie die vorige, sie heißt Sorr, sie scheint mir schon von der äußern Seite wieder schöner zu sein, als jene. – Ich brauche noch 4 Minuten, bis ich zu dem angegebenen Tempel komme, derselbe hat nach unserer Sprache den Namen: Einsegnungs-Tempel. Ich höre von der Entfernung her eine zu schöne Musik und Gesang. – Nun bin ich die Außenseite der Stadt passiert, und werde in einen Garten geführt, dessen Schönheiten an Blumen und Bäumen, ich aus Mangel an Worten, wieder nicht genug ausdrücken kann; ach! es ist Alles göttlich schön! – Nun bin ich an dem Tempel angekommen, dessen äußern Glanz, Höhe und Schönheit kann ich nicht genug bewundern. Ich werde in denselben eingeführt; er ist ganz rund und sehr hoch, ringsherum gehet eine Gallerie, auf welcher die Sänger und Harfenspieler stehen, diese machen eine so herrliche Musik, daß sie kein sterblicher Mensch ertragen könnte. Das Innere übertrifft das Aeußere an Schönheit weit und es ist mir ganz und gar unmöglich nur das mindeste davon anzugeben, oder Jemanden einen Begriff davon beizubringen. In der Mitte des Tempels stehet der Altar, an den beiden Seiten desselben stehen zwei abgestorbene selige Geister der Vorzeit, welche gleichsam als Zeugen dabei anwohnen. Die Personen, oder die Seligen, welche zu einer höhern Seligkeit befördert werden sollen, sehe ich noch nicht. – Jezt öffnen sich die Thore, nun kommen diejenige, welche eingesegnet werden sollen, mit den Lehrern in Blitzesschnelle an. – Nun nimmt die heilige und feierliche Handlung ihren Anfang. Diejenigen, welche eingesegnet werden, legen ihre Hände auf die Brust, die Lehrer aber legen denselben ihre Hände auf das Haupt und sprechen den Segen über sie, diese Worte aber verstehe ich nicht; mein Führer sagt mir; es geschieht in einer Sprache, die für dich der Zeit noch nicht verständlich ist, und dir auch nicht deutlich gemacht werden kann. – Mit welch einer Würde aber, und dennoch mit der größesten Hochachtung und Demuth vor Gott, die Lehrer da stehen, und die Kraft, die in den Worten liegen muß, welches der Ernst und die Ehrfurcht, mit welcher sie solche ausdrücken, beweist, weiß ich gar nicht zu sagen; auf gleiche Weise, in voller Demuth stehen diejenige, welche eingesegnet werden, da, nur scheint es mir, als ob in der Lezteren Gesichts-Mienen eine besondere Fröhlichkeit liege; der rechte Ausdruck hiezu gehet mir aber ganz ab. – Ich weiß gar nicht, wie es mir ergangen ist, nachdem diese Handlung vorüber war; die Zeugen, Lehrer und Eingesegneten sind auf einmal verschwunden, auch Musik und Gesang sind verstummt. – Aus besonderm Wohlwollen wird mir vergönnt, noch 2 Minuten zu verweilen, um nur einiges von den Schönheiten des Altars beschauen zu dürfen; das wenige, was ich davon sagen kann, ist dieses; der Altar ist ziemlich groß und viereckigt, an jedem Eck ist eine hohe runde Säule in der Dicke eines Mannes angebracht, oben befinden sich Kronen darauf, dann sind wieder mehrere kleinere und dünnere Säulen um denselben herum, sie sind alle durchsichtig weiß und geben einen Glanz von sich, was es für eine Materie ist, weiß ich nicht, das Obere des Altares ist mit der hellesten weißen Seidendecke überdeckt. Ich bedaure es gar zu sehr, daß ich nur das allerwenigste angeben kann, denn die Schönheiten, die da sind, sind unmöglich auszusprechen, wenn ich sie begreiflich und deutlich schildern könnte, so würde ich jedem die Welt, die wir bewohnen, entleiden, ja es würde sogar einem jeden davor eckeln.«

Man fragte sie nun: wohin die Eingesegneten befördert worden seyen? Darauf sagte sie:

»Diese kommen in den Jupiter, wohin ich morgen meine erste Reise mache. Es ist hier wie in einer Schule, so wie eines für eine höhere Seligkeit fähig und empfänglich ist, so wird es dahin befördert. In den Jupiter mache ich im Ganzen 8 Reisen. – Jezt kehre ich wieder in den Garten zurück, in welchem sich die Seligen Geister besonders ergötzen, es ist bei denselben Alles so kindlich und doch nichts weniger als kindisch. In diesem Garten sind sehr viele Wege, aber alle sehr schmal, die Seligen gehen ab und zu, und verschwinden oft so schnell wieder, daß ich es kaum bemerke. – Mein Führer hat mich verlassen, dieses aber hat nichts auf sich, ich wünschte mir, ewig da bleiben zu dürfen. – Das wohlriechende Ausduften der Blumen und Bäume ist stärker als vorher. Die Kleidung der seligen Geister ist glänzend weiß, die Lehrer aber haben Kronen auf ihren Häuptern. Ich nähere mich der Stadt, und höre wieder die herrlichste Musik, ich bin aber nicht vermögend, auch nur einen Ton davon anzugeben. Die Stadt ist über alle Maßen schön, und die Umgegend ganz eben und mehr als angenehm, leider, daß ich sie verlassen muß; so eben gehet meine Rückreise an, in 4 Minuten habe ich sie zurückgelegt.«

Nach diesen Reden gab sie keinen Rapport mehr, und somit hatte diese Reise ein Ende.

* * *


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