Sagen aus Thüringen
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Die Saalenixe

Es ist eine allgemeine Sage, daß die Nixe der Saale jedes Jahr an einem bestimmten Tage ihr Opfer haben wolle. Darum vermeiden die Anwohner des Flusses, an diesem Tage zu baden; namentlich unterlassen es die Fischer zu derselben Zeit, ihrem Gewerbe nachzugehen. Schon mancher, der das nicht glauben wollte und darum nicht beachtet hat, mußte seinen Vorwitz mit dem Tode im Wasser büßen. – Ein Fleischer, der vom Paradiese bei Jena nach der Schneidemühle geschwommen war, wurde, als er zurück wollte, bei den Füßen festgehalten und unter das Wasser gezogen. Er rief um Hilfe, und einige weiter unten badende Leute schwammen heran. Sie ergriffen ihn und versuchten durch gemeinsame Anstrengung, ihn loszumachen. Das gelang endlich, und nun sah man an den Beinen den mit Blute unterlaufenen Abdruck zweier großer Krallen. Die Nixe hatte ihn nieder ziehen wollen. – An derselben Stelle wollte ein Maler die Nixe kennen lernen. Er ging deshalb am Ufer hin und her und lockte sie durch Weisen auf der Gitarre, von denen er wußte, daß sie ihr eigen waren. Eines Abends sah er die Nixe in ihrer Schöne hinter sich herkommen, und floh in der Verwirrung nach der Saale zu, wo er verschwand. Sein Gefährte, ein Jenaer Maler, hatte es gesehen, rief und suchte ihn aber vergebens; so auch andere Leute, die dazukamen. Dann eilten sie zum Fischer, der auch sogleich mit seinem Sohne anfing zu suchen, doch wieder umsonst. Erst am andern Tage sahen sie nahe dem Ufer einen Gegenstand gleich einem Hühnerkorbe. Sie ruderten hin und wurden gewahr, daß es die von dem Wasser ausgebreiteten Haare des Malers waren.

 


 


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