Ludwig Anzengruber
Kalendergeschichten
Ludwig Anzengruber

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2. Die G'schicht' vom jüngsten Tag.

Da sein wir so alle nacheinander herg'leg'n, wir Toten, drunter und drüber, einschichtig, paarweis', z' dritt und z' viert und wie sich's halt 'troffen hat, – ich weiß nit, war'n's 3000 Jahr' – 2000 Jahr', sechs Wochen, oder was für a Zeit war, nach mein'm Versterben, die allerältesten, wie die jüngsten Toten führ'n kein' Kalender. Auf einmal is mir, als wurd' 'blasen – aber schon wie! Du weißt noch, wie die böhmischen Musikanten bei uns war'n im Ort und sein ins G'meinwirtshaus in die klein' Gaststub'n kämma, wie da, so oft der kleine Dicke mit der großen Blechblasen ang'hob'n hat, die Wand' zum zittern ang'fangt hab'n, just a so war's, tief bis in die Erd' h'nein hat sich alles 'beutelt.

Na, du weißt, unsereins schind't sich gehörig und man hat sein g'sund's Stückl Schlaf. Na, so denk' ich mir, is dos dumm, is g'wiß wieder so a Malefizball beim Wirten im Dorf unten, daß man kein' Ruh' hat – und will mir die Aug'n reib'n – heilige Mutter Anna, war das a Schrocken, wie ich mir mit die dürren Beiner in die leeren Augen einifahr' – und am ganzen Leib zum Scheppern anfang'!! – Jessas, denk' ich, du bist ja vorlängst verstorb'n – und hitzt dürft etwa gar schon der jüngste Tag sein. Wann ich nur g'schwind' mein' Hosen zum H'neinschliefen bei der Hand hätt' –! So kannst doch nit unter die Leut' gehn! –

Ich tapp' h'rum, greif' aber nur dort und da ein' Knopf von der Hosen, in derer sie mich vorzeit beig'setzt hab'n, und wo ich an mich ankomm', g'spür' ich's deutlich, ich muß ausschau'n wie der ang'mal'ne Tod an der Kirchhofmauer. Brauchst gar kein G'wandstuck, denk' ich mir, hast ja eh' nix Unanständiges an dir, wenn dich aber nur nit der Spodiumbrenner aus der Kreisstadt d'erglengt, da gang's dir übel!

Ich überleg's noch, sollst h'naus oder nit? Aber es is so a Hundsmüdigkeit über mich kämma, daß ich zum Tunken ang'fangt hab'. Und wie ich mich so ausstreck', gespür' ich noch, daß sich an die Beiner was ansetzt, nit anderst wie der Feuerschwamm an die Bäum'.

Dann schlaf' ich wieder.

Wie ich munter werd', scheint die Sonn' in mein' Truhen, rundum is die Erd' aufg'wühlt, als wie von einer Million Maus' und Maulwurf'; ich schau' mich an, o Fix h'nein, da is derweil der Feuerschwamm rundum sauber nachg'wachsen, ich bin a mordsauberer Bursch word'n, ich heb' mich, ich guck' h'rum – alle Gruben sein leer! Jesses Maria, hab' ich dir 'n jüngsten Tag verschlafen g'habt.

Ich war dir ganz verzagt.

Schau' in mein' Grubn, sieh noch die schweren Hämmer, nimm s' auf die Achsel, denk' mir, gilt's oder gilt's net, schaust halt, wo du zum ewigen Leben dein Brot hernimmst; wann sie 's himmlische Jerusalem bauen, werden s' wohl auch a Straßen hinführen, müßt's doch im Himmel mit 'm Teufel zugehn, wann's da keine Steiner zum Klopfen gab'!

Wie ich noch so spintisier', kommen zwei Engerln daherg'flog'n, fledern um mich herum. Dos war so sauber, daß ich mein' guten Hamur wieder krieg' und sag': Na, ös himmlisch's Geziefer, was pfnurrts mir denn um 'n Kopf? Was wollts ös?

Sag'n s': Hanns, du sollst zum Gottvatern kommen.

Sag' ich: Eh'nder muß ich mich doch a weng waschen und anziehn.

Sag'n s': Dös gibt's net unter die Selig'n.

Sag' ich: Dös is unscheniert: aber ös werds uns doch nit 's ewige Leben neiden, wann mir im Schmutz d'ersticken, was nutzt uns die ganze Seligkeit?!

Sag'n s', ich soll keine Umständ' machen und mitkommen.

Einer packt meine Hammer und tragt mir s' nach und der andere führt mich, und wir kommen zum Gottvatern.

Und wie er uns sieht, hebt der Gottvater die Hand mit den drei ausg'streckten Fingern in d'Höh', wie im Bild am Hochaltar, und sagt: Grüß dich Gott, Hanns!

Sag' ich: Grüß dich Gott, Gottvater!

No, sagt er, wie g'fallt dir denn die aufg´wärmte Welt?

Sag' ich drauf: Lieber Gottvater, du mußt's für kein' vorlaute Red' nehmen, aber ich kenn' mich halt eben da noch nit aus. Die frühere Welt war auch kein schlecht's Stückl Arbeit – Gott bewahr' – a jed's hat was drein g'funden, was ihm g'fallen hat, und die meisten hab'n g'meint, die Dirndl wär'n dir so viel gut g'raten. Aber a bissel Zeit hätt'st dir schon lassen können, – was richt' eins in sechs Tagen? Es war ja sein' g'friemte Sach', du auf 'n Tag hätt' fertig sein müssen! Ich hab' mich auch nit recht mit allem abfinden können – so that ich dich rechtschaffen bitten, wann mir's etwa da auch wieder nit anstehn sollt, thu mir den G'fall'n und mach', daß ich auch im ewig'n Leben wieder versterb'n kann.

Rasonnierhannsl, sagt der Gottvater und lacht, thu wie's d' willst. Ich hab's aber gleich gestern g'merkt, wie ich eng G'lump aufg'weckt hab', ös seids nit anderst word'n, wie 's g'wesen seids; seid's noch alleweil nit g'scheit!

Mein Gott, sag' ich, hätt'st uns g'scheiter g'macht!

Sagt er: Ja, glaubst, ich hab' mein Allmacht g'stohl'n, wollts ös gar nix dazu thun? In d' tausend und tausend Jahr' schau ich eng schon zu, und seid's noch alleweil so dumm! Wöllts ös nit 'leicht a ganz andere Welt und ein'ganz andern Herrgott'n? Tauget grad zu euch! – He, liegt da unten nit auch noch der Gruß-Franzl und schnarcht in jüngsten Tag h'nein? Na, dem is da auch 's Grüßen verspart!

Lieber Gottvater, sag' ich, dös legt der nit ab.

Herob'n trag'n wir keine Haub'n, sagt er.

Da nimmt der ehender 'n Kopf 'abe, als er's sein laßt! Ich kenn' ihn, sag' ich.

Na, so sagt es der heiligen Veronika, sie soll ihm was zurichten für sein Kopf, lacht der Gottvater. Na, was sag' ich denn, muß der nit sein Mützen hab'n, daß er im ewigen Leben fortgrüßen kann, und dir muß ich wohl auch dein Pfeifen d'erlaub'n, daß d' doch meinst, du bist es!? Was half euch die g'scheiteste Welt? Jetzt mach, daß d' h'nunter kommst, zum Gruß-Franzl und sag ihm, ich nehm' eng nix in Uebel auf, die andern, die sich's da unten meist hab'n wohl sein lassen, die hab'n freilich a leicht' Auferstehn g'habt, die war'n ausg'schlafen, ös habts aber auf Erden schwer gearbeit'! Also sag ihm, es macht nix, wenn er 'n jüngsten Tag verschlaft und im ewig'n Leb'n soll er auch sein' himmlische Mützen hab'n! –

»Da wär' ich recht froh,« sagte der Gruß-Franzl, »wann der Traum so ausging!«

»Warum sollt' er nit? Gute Nacht!«

Der Steinklopferhanns ging seiner Wege.

II.

Waren sie heute neugierig gewesen im Ort! »Horch, was ist das?« und »Horch, was mag's sein?« hieß es schon früh morgens, denn überm Berg drüben hat es so gepfustert und gerädelt, als ob eine Eisenbahn wär' – so sagten nämlich einige, die schon eine solche probiert hatten.

Der Ort lag im Thal und hinter den Bergen fing ein hübsch groß' Stück Flachland an, dort war es, wo es heut nicht recht geheuer schien, aber wie groß auch die Neugier sein mochte, es ging eben ans »Schneiden« und da hatte keines Zeit für einen halbstündigen Aufstieg oder gar um den Berg herum anderthalb Stund' nach der Ausmünd' zu rennen und in die Ebene zu gaffen.

Um Mittag zur Rastzeit erst kamen ein Paar zurück, die eher ihrer Neugier ein Opfer bringen konnten, da sie gar nichts zu schaffen wußten. Die alten Ausnehmer, der »Leopold« und sein Weib waren schon früh morgens die Straße dahingehumpelt, wobei sie den Weg mit ihren Stöcken schlugen, – wahrscheinlich weil es ihnen nicht nach Wunsch vorwärts ging, – der aber kehrte sich gar nicht daran, blieb ruhig liegen, so lang er war, that wohl gar boshafterweis manchmal unversehens ein Loch vor den alten Leuten auf, in das sie sodann mit kindischem »Hopperla« regelmäßig hineinstolperten.

Und als die beiden endlich doch, abgehetzt und hundemüde, das Thalende erreichten und vor sich in die weite Fläche hineinlugten, da kannten sie sich noch weniger aus. Denn dort und da stieg über den Feldern kohlrabenpechschwarzer Rauch auf, es gab aber keinen Feuerlärm von all den Kirchtürmen rings in der Weite und dazu pfusterte und rädelte es fort und fort. Eisenbahn war über Nacht keine ins Land gekommen – nein, nein, das geht nicht so schnell, das hat ihnen einer gesagt, der selbst an einer solchen mitgegraben und geschaufelt hatte.

»Nun, und was ist's denn?« und »was war's denn nachher?« fragten die Leute, nachdem sie den verwirrten Bericht gehört hatten.

Da waren ihrer zwei am Ort, die sich heute schon oftmals mit einem überlegenen Blinzeln angesehen hatten, und das war der reichste Bauerssohn und das ärmste Dorfkind. Der eine so reich und der andere so arm, daß ihnen das an ihre Rufnamen angehängt wurde und so hieß der eine »der reiche Lois« und der andere »der arme Melcher«. Und sonderbar, der arme Melcher wußte es so gut wie der reiche Lois, was da überm Berg vorging und wenn er's aus Bescheidenheit oder Demütigkeit vor den andern nicht aussagte, so war doch der reiche Lois, so gern er sich auch sonst überheben mochte, diesmal auf die Bekräftigung seiner Worte durch den armen Melcher angewiesen.

Als es vorm Jahr hieß, »in Wien hätten sie alles, was in allen vier Enden der Welt gearbeit', gehandelt und gebaut würde, unter ein großes Dach gebracht und da könnt' jeder hineingehn und sich's anschau'n,« da litt es weder den reichen Lois noch den armen Melcher mehr daheim, der eine ließ sich von seinem »Alten« das Reisegeld und einen schönen Zehrpfennig geben, der andere hat sich bis Wien durchgebettelt und dort Verwandte – der Himmel weiß wohl wievielten Grades! – aufzufinden gewußt; ob es denen zur großen Freude geschah, thut nichts zur Sache, eine Woche herbergten sie ihn doch.

»Was wird's sein?« sagte der reiche Lois und streckte sich so hoch er war, und sah stolz um sich. »Was wird's sein? Der Oekonomiker, der Herr Graf enter 'n Berg schneid´t mit Dampf – nit wahr, Melcher?«

Melcher nickte bekräftigend so leichthin mit dem Kopfe, als wäre das »Schneiden mit Dampf« der geringsten Kleinigkeiten eine, die er zu bestätigen wüßte, lohn' sich kaum der Müh' und wüßte »ihrer einer« noch gar andere Sachen.

»So, so,« sagten die, die ins Tagwerken gingen. »So, so,« und schüttelten die Köpfe. »Kämen s' richtig schon mit den Malefizmaschinen angerückt?«

Sie zweifelten gar nicht an dem, was der reiche Lois aussagte, sie hatten schon lange gefürchtet, davon hören zu müssen, und nicht nur, was der Mensch hofft, auch was er fürchtet, glaubt er leicht!

»Schneiden mit Dampf?« sagten die andern, denen die Sache nicht so nahe ging, und schüttelten zweifelnd die Köpfe.

Das war dem reichen Lois an die Ehr' gegriffen. »Ihr Fexen, seid ihr dabei gewesen, wie unsereins, daß ihr so red't? Schneiden mit Dampf? – Warum nit? Man pflügt, man säet, man schneid't, man drischt mit Dampf! Meint man doch nit, man könnt' seinen eigenen Augen trauen, wenn man's mit ansieht, was man alles betreibt mit Dampf! Spinnt und webt man nicht, wäscht und mahlt man nicht, und weiß was sonst noch, alles per Dampf? Gelt, Melcher?«

Melcher nickte wieder bekräftigend und sagte aus: »man pflüge, säe, schneide, dresche, spinne, webe, wasche und mahle, und weiß was sonst noch, alles per Dampf.«

»Schaut man so eine Maschin',« fuhr der reiche Lois fort, »glaubt man erst', das sei ein wahrer Höllenspuk, aber sieht man näher zu, kriegt die Sach' Händ' und Füß' und Kopf obendrein. Seht, obenaus geht der Rauch von der Feuerung in die Höh'« – Lois zeigt dabei nach seinem Hut, um den Leuten den Schlot der Maschine zu versinnlichen – »und hintenaus entweicht der Dampf.« – Alle drängten sich herzu, um die Erklärung recht würdigen zu können, als aber gar der Lois ihnen zeigte, wie zur Seite rechts und links an langen Stangen die Sensen ins Korn hineinfahren und während die Maschine langsam vorwärts sich bewege, herumfuselten, solange noch ein Halm auf dem Acker stünde, und als er bedauerte, ihnen das nur mit seinen zwei alleinigen Armen vormachen zu können, da der Sensen rundum wohl an fünfzig oder hundert, wenn nicht gar mehr wären, und als sich in dieser Not der Melcher ihm anschloß, und beide gar belehrend mit den Armen fuchtelnd über das Feld hinschritten, da zweifelte keiner mehr, die Mähmaschine stand leibhaftig als unantastbare Thatsache vor ihnen. Ganz unbestritten wie der Telegraph und ebenso einleuchtend wie der, so was Alltägliches, daß eigentlich keiner zu sagen wußte, warum ihm das nicht schon längst selbst eingefallen sei, obwohl keiner seinem Buben widersprach, wenn der gelegentlich die Meinung an den Tag legte, daß an den langen Drähten gezogen würde und die Depeschen demnach aus lauter kleinen »Nuckerln« bestünden, die der Beamte am Arm oder Fuß, wo der Draht eben befestigt sei, verspüre.

War das Bescheidenheit, um vor den eigenen Kindern nicht mit dem Besserwissen zu prunken? Ach, die meisten Leute lassen sich noch heuttags die ungereimtesten Wunder, die niemand und nirgends erlebt, als glaubwürdig einreden und an denen, inmitten deren wir leben, gehen sie gleichgültig vorüber; da seht zu, denn da sind lauter begreifliche Wunder, und da ziehet fromm den Hut, denn das hat der Menschengeist erdacht und errungen, und das ist Geist von eurem Geiste, und der heitere Stolz, der euch beschleicht, wenn ihr still vor euch hinsagt: »Das hat der Mensch erdacht!« Das ist der Gruß Gottes an die strebende, ringende Menschheit!

Mittlerweile aber ging es gar sonderbar auf dem Felde zu, wo der reiche Lois und der arme Melcher den Leuten die Mähmaschine vormachten, denn nicht lange währte es, so fühlte jeder große Lust, zu zeigen, daß an ihm die Belehrung nicht nutzlos aufgewendet worden wäre, und daß er das Ding jetzt schon »weg« habe, und so schloß sich erst einer, dann der andere dem voranschreitenden Lois an und bald schritten alle Mannleute in einer langen Kette hinter dem Führer daher und fuchtelten also anschaulich mit den Armen, und da waren jetzt wirklich rundum wohl an fünfzig oder hundert, wenn nicht gar mehr Sensen in Arbeit und so mähten sie über das leere Feld, daß es eine Freude war.

Ja, wenn einer was Neues lernt, so ohne Müh', das gibt viel Lust und Freud' und geht nichts über einen wackeren Lehrmeister, etwa wie der reiche Lois einer war.

Abseits standen die Weibsleute und wußten nicht, sollten sie lachen oder erschreckt thun, denn die Männer arbeiteten sich ganz rechtschaffen ab, freilich ohne Nutz, und taktweis' war's immer ein Streich, wenn ihre Arme durch die Luft fuhren, und keiner zeigte eine Falte im Gesicht – der Augenblick war zu ernst.

Himmel, wie erschraken sie und wie fuhr die Kette auseinander, als plötzlich ein greller Pfiff ertönte, als sollte es der Maschine an gar nichts fehlen.

Da war mit einmal die ganze Maschine hübsch in alle Teile zerlegt. – Die Weiber lachten wie toll, und der letzte, der sich unbemerkt dem Zuge angeschlossen, der fuchtelte noch fort und fort mit den Armen, schnaubte und stieß dann wieder jenen schrecklichen Pfiff aus.

Jetzt aber lachten alle und riefen: »Der Steinklopferhanns!«

Der war es auch, er ließ jetzt die Arme sinken, stellte die Arbeit ein und sagte: »Grüß eng Gott! Ich hab' schon g'meint, ös seids alle miteinander narrisch word'n.«

»Ah na,« sagte einer, »was d' g'sehn hast, dös war nur die Mähmaschin' von drüben, vom Herrn Grafen, wie s' uns der reiche Lois erklärt hat.«

Man sieht, Undank ist der Welt Lohn; daß der arme Melcher sie mit aufgeklärt hatte, daran dachte keiner mehr.

»Ah,« sagte der Steinklopferhanns, »dös war also die Mähmaschin'!? Na, is a schön's G'spiel!«

»Ich find' nix Lustig's an so einer Maschin',« sagte ein Tagwerker, »dös bringt uns noch um unser Brot; was verbleibt uns hernacher? Dem feurigen Untier nachrennen und die Garben binden. Selb' werden s' a bissel Müh' nennen gegen früher und a nur a bissel Lohn zahl'n woll'n dafür.«

»Freilich wohl,« sagte der Lehnerferdl, das war auch einer vom Tagwerk und nebenbei im ganzen Ort als verwegener Bursche bekannt, war keine Rauferei oder kein Unfug ohne ihn. »Freilich wohl,« sagte der, »so kommt's und anderscht nit. Ich wüßt', was man thun sollt', aber ös seids lauter Letfeig'n und eins allein richt' da nix. Hinüber sollt' man, mit des Grafen Tagwerkern sollt' man reden, mit ihnen übereins werden und die höllischen Maschinen herausholen aus 'm Stadel und zurichten, daß s' kein Teufel mehr aufgleich bringt.«

»Und d'Schandarmerie?« warf einer bedenklich ein.

»Ho,« sagt der Lehnerferdl, »wegen der besinn' ich mich nit lang, bis sie kommt, ist die Tenne rein, dö Arbeit vorbei; folgt's mir, dö soll'n die wenigsten von uns erwischen. Mir woll'n keine Maschinen, hitzt is's Zeit, daß man ein' Weiser gibt, eh's zu spat wird und z'viel schon in der Gegend sein, als daß man s' auf ein' Streich abthun könnt. Nit mir Taglöhner allein, a Bauersleut' vom alten Schlag mögen die Maschinenwirtschaft net. Arbeit' so ein Großer billiger, so druckt er alle Klein' mit 'n Preis.«

»Wohl, wohl,« sagten mehrere, die kleine Wirtschaften hatten.

»Wer weiß, was uns so a Maschin'zeit alles noch brächt'? Hat's doch der reiche Lois selber g'sagt, man traut sein' eignen Augen kaum, was man hitzt alles mit Dampf betreibt.«

»Was frag' ich danach,« sagte der Steinklopferhanns, »eins können s' doch nicht mit der Maschin'!«

»Was?« fragte der Lehnerferdl.

»Leut' in d'Welt setzen,« sagte der Steinklopfer.

»Du bist allweil der unzeitig' Spaßmacher,« schrie der Lehnerferdl. »Allmal! Mit dir können s' auch noch fertig werden, die Steiner werd'n s' doch mit Dampf verschlagen können?«

»Thäten's vielleicht eh' schon lang,« lachte der Steinklopfer, »wann sich nur die Kohlen dafür auszahleten. D'Maschin' kann doch nit, wie ich, nebenher betteln oder ins ›Basteln‹ und Aushelfen gehn?!«

»No spaß du, no spaß du,« ärgerte sich der Aufhetzer.

»Besser ein lustiger Spaß als ein trauriger Ernst,« sagte der Hanns, »wie einer is, in den du die Leut' hineinhetzen möch'st! Dir wär' doch nur zu thun um den Wirrwarr und um das Gaudium, wenn alles drunter und drüber ging, so weit kenn' ich dich, und wenn du sagst, die Schandarm' sollten die wenigsten fangen, so mein' ich selber, daß sie nur die g'ringsten erwischen möchten, du wärst schon lang übers Eck. Und was wär' 'leicht damit gericht'? Kämen die Maschinen deßtwegen nicht ins Land? A wohl, wer s' braucht, der ruft s', und da sind s'. Halt' einer ein' Eisenbahnzug auf! Der bringt s' hergeführt, und wollt' s' unsereiner hab'n so a Maschin', möcht' s' kein'm g'fallen, wenn man ihm's möcht' in Uebel aufnehmen, daß er sein Geld drein legt. Aber Blitz h'nein, was red' ich euch, mir liegt kein' Maschin' net auf und euch thut sie's auch nit. Oes Lalli, verstund's was davon, so wüßt's, selb' kann 'm Grafen drenten von Nutz' sein, aber da für kein' Bauer gibt's a Maschin', die überm krumpen Erdboden, über die Lehnen und Anstieg' hinauf und hinunter was ausricht'. Kind und Kindskinder verleb'n wohl noch euer Tagwerkerleb'n, für dös ös eng so wehrts, eh dös anderschter wird. Aber nachater kimmt a Zeit, wo noch kein Mensch a Idee hat davon, als wie ich, der Steinklopferhanns, denn mir is's die vergangene Walpurgisnacht auf'gangen wie dös Buch mit die sieben Siegeln; no, ös wißt's, ich bin a Neusonntagskind, für unsereins hat's kein Geheimnis in die Raunächten, s' ganze Jahr über und danach a noch net.«

Einige stießen sich leise mit den Ellbogen an und lachten einander zu, andere aber, die noch abergläubig waren, blickten beinahe ehrfürchtig auf den Steinklopferhanns hin, da er versicherte, daß es für ihn kein Geheimnis habe, »'s ganze Jahr über und danach a noch nit«. Da aber der Hanns während dieser Zeit des ehrfürchtigen Schweigens das Maul zuthat, als ob er's nimmer aufmachen wollte, so fiel diesen gläubigen Seelen ein Stein vom Herzen, als ein vorlauter Bursche aus der Zahl derer, die meinten, der Hanns sollte eigentlich Prahlhanns heißen, mit der Frage losbrach:

»No, und was war denn zu Walpurga?«

»Bist recht vorlaut für dein Alter,« sagte der Steinklopfer. »Was geht's dich an? I mag's seit der Zeit nit leiden, daß man über d'Maschin' schimpft.«

»Verzähl doch, Steinklopfer, verzähl,« rief es jetzt von allen Seiten.

»Dös hab' i mir eh' denkt,« sagte der Angerufene, »daß ös mir wieder eine von meinen wahrhaften G'schichten 'rausbrateln wöllts, um hinterdrein z' sag'n, es wär' alles d'erlog'n und aus'tipfelt. Gleichwohl liegt mir nix dran. Lost's zu.«


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