Ludwig Anzengruber
Kalendergeschichten
Ludwig Anzengruber

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4. Die Versuchung.

Bald is's gar nimmer wahr, so lang ist's her, aber ich besinn' mich noch, es war ein schöner Herbsttag g'wesen, mir hat er aber nit zu Sinn woll'n, denn damal is's mir grad grimmig schlecht gegangen, was braucht mir auch d'Sunn' so freundlich in' leeren Sack und in' hungrigen Magen z' scheinen, hab' ich mir denkt, was hab' ich davon? Is a boshaftig's Ding! Die Rauch' hab'n mich geärgert, die aus die Schornstein' gradauf g'stieg'n sein, 's Obst af dö Bäum' – mein war's net – und af der G'meinwiesen hätt' ich mögen 's ganze Gras ausreuten, na, ich war ja kein' Kuh, daß ich's hätt' mögen fressen. Teufi h'nein!

Ich war froh, wie die Sonn' ein' Anstalt macht zum Untergehn und bin noch fort ins Gebirg, bin durch Schluchten ang'stieg'n, daß ich vor ihre letzten Lichter sicher bin, bis 's Monad 'raufkimmt, was nit so aufdringlich is mit sein Licht.

Wie ich später so forttapp', denn 's sakrische Mondschein is hinter du Wolken blieb'«, riegelt sich was in der Finstern, kommt hervor aus 'm Schatten und steht a schmächtig's Bürschel vor mir, so wie man's sieht auf der Wanderschaft.

Er fragt nach 'm Ort, was überm Berg enten liegt, G'scheiter's wußt' ich mir grad nit zu thun, denk' ich mir, führst ihn bis hin, vielleicht zahlt er dir dafür doch a Glasl Wein.

Sag' ich also zu ihm, wann's ihm recht wär', könnten wir ein' Weg gehn, ich selbst möcht' nach Tappenthal.

Er steht, schaut mich eine Weil' an, auf einmal sagt er, es wär' ihm lieber, ich gäbet ihm die Weisung, daß er sich allein hinfinden könnt'.

Ahan, denk' ich, selb' is a notiger Kerl, der furcht' sich z'weg'n einer klein' Derkenntlichkeit und sag' deswegen zu ihm: Ich steh' af nix not an, ich führ' eng schon umsonst.

Da sagt das Bürschel ganz wegwerferisch: Ich hab' eng gebeten, mir 'n Weg z' beschreiben, wollt's net, so such' ich mir'n halt selber.

Auf dös sag' ich nöt freundlich: Na, na, wo ich z'wider bin, dring' ich mich nöt auf! – Weis' ihm die Steig', sag', von da geht's a so und von dort a so nach Tappenthal zu, halt, daß er nit irr' geht, dreh' mich dann um und b'hüt Gott!

No gibt er mir dö Hand, bedankt sich recht schön und meint, ich söllt's ihm nöt in Uebel aufnehmen, aber er wär' noch in tausend Angst und Schrecken.

U mein und wie er das sagt, schau' ich ihm ins G'sicht, er war käs'weiß.

Je, je, lieber Herr, sag' ich, was is eng denn zug'stoßen?

No erzählt er mir, es hätt' sich ihm heut auf 'm Weg a wilder Kerl ang'schlossen, der wär' schon 'm Anschau'n nach zum fürchten und nit von der Seit' z' bringen g'west, wie's aber in finstern Wald kämma, fallt der Kerl über ihn her und wann nöt a alte Holzklauberin dahertappt und zum schreien und zettern anhebt, wer weiß, was g'schehn wär'! Nöt gar weit von da und vor a klein' Halb'nstund' hätt' sich dös zutrag'n. Selb' hätt 'n ganz scheu und verzagt g'macht, er wußt' sich kaum aus in sein Sinn, gern möcht' er allein gehn, doch noch lieber mit ein' ehrlichen Menschen.

No, sag' ich, da seid's schon recht, ich bin, soweit ich warm bin, a ehrlicher Kerl, von was nit mein war, hon ich all mein Lebtag nit was schwarz unterm Nagel is wegg'nomma!

Jo, lacht er, freilich, um was schwarz unterm Nagel is, zahlt sich's net aus, in der Weis' steckt die ganze Welt voll lauter ehrliche Leut', aber wann's mehr gilt, da probiert sich dö Ehrlichkeit.

Kreuzsakra, sag' ich, nöt um 'n Kaiser sein G'schloß that ich a Schlechtigkeit.

Glaub's wohl, meint er, a G'schloß kann mer halt wieder net leicht in' Sack schieb'n, was z' g'ring is, oder was einer nit aufheb'n mag,Mögen, im Sinne von vermag, daher die komischen Mißverständnisse, wenn einem Hochdeutschen gegenüber ein Bauer erklärt: I mag nit, was aber heißt: Ich vermag es nicht. laßt a jeder lieg'n, um z' wenig und z' viel belobt sich a jed's der Enthaltsamkeit von fremdem Gut, aber, mein lieber Hanns (ich wüßt wahrhaftig net, woher er mein' Nam' g'wußt hat, aber g'nennt hat er 'n), mein lieber Hanns, es is ganz a andere Sach', wann's um a schwermächtig Stück Geld hergang' und dös kunnt eins nehma und war sicher vor Klagen und Fragen und mußt kein' lebendige Seel' drum.

Na, na, sag' ich, ehrlich währt am längsten und wann's wollts, ich soll weiter noch mit eng gehn, so thut's ein' andern Dischkurs anheb'n, sonst müßt' ich frei glaub'n, ös halts mich net für besser wie den Schubjak, der eng vorhin hat ausraub'n wöll'n.

Ah, sagt das Bürschel und lacht dabei so spöttig, daß ich ihm hätt' eins versetzen mög'n. Ah, beileib', Hanns, ich weiß schon, du bist a ganz a andrer Mann. Üebrigens is 's a Glück für mich, daß der Rauber von vorhin sich wohl auch denkt hat, es zahlt sich net aus, hätt' er g'wüßt, was ich weiß, ich mein', er wär' dabei 'blieb'n und hätt' mich und dö alte Holzklauberin spediert.

No, was is's denn nachher, was ös wißts? brumm'ich, daß ich nur was red', obgleich ich von dem dummen Dischkurs gern los'kommen wär', aber ich mag net so z'neben ein' hertorkeln und mein' Gedanken nachhänga.

No, sagt er, was ich bei mir führ', wär' schon ein' Mord und ein' Totschlag wert g'wesen. Was meinst?

Was weiß denn ich, um was sich ein Mord und Totschlag auszahlt, schrei' ich, glaubt 's, ich bin a g'lernter Rauber?

Na, sagt er, Hanns, a dreißigtausend Gulden sein doch a Geld!

Dreißigtausend Gulden! Liebe Leut', wie er dös sagt, is mer völlig schwindlich word'n, denkt's, so viel Geld und ich nöt ein Groschen im Sack, auch kein' Aussicht für morg'n oder übermorg'n und noch weiter, daß ich zu a bissel was komm'.

Dreißigtausend Gulden, sagt er, und alles in kleine Bankanoten, was sich leicht verzetteln lassen und wo kein' Frag' is, wie kommst dazu?

Bei der Red' kommen wir über 'n hochen Kamm, der Weg is kaum für zwei, turmhoch, steilauf steigen da die Felsen übers Thal an; dort bleib'n wir a Weil' stehen, denn das Bürschel schnappt a wen'g nach Luft, dann hebt er wieder an:

Dreißigtausend Gulden, Hanns, kein groß's Papier dabei, wo dich der Kramer oder der Wirt drum groß anschaut; langsam, wann Jahr drüber hin'gangen sein, kann mer's nach und nach zum Vorschein bringen, mer gewinnt in kleine Händel, es wird mehr und mehr, dö Leut' können ein'm doch nit jeden Posten nachrechnen, auf einmal, alle Welt muß meinen, es is mit rechten Dingen zu'gangen, sitzt mer af ein Bauerngut, kujoniert sein G'sind, is wer und stellt was vor, hat Gründ' und Liegenschaften, Geld im Kasten; all dös, was kost's? Ein Griff nach meiner Taschen und ein' Ruck, daß ich da h'nunterflieg – und morgen is weiter kein Reden drüber, als daß a armer Handwerksbursch verunglückt is.

Höllteufel, verfluchter! schrei ich auf.

Da lacht er und sagt: Und wann d'noch weiter wüßt'st, Hanns, das Geld alles hon ich noch dazu selber g'stohl'n; ich bin in einer großen Handlung g'west, da is's mir g'lungen. Wär' doch a Narr, der in die Gericht rennet, kann er mich doch selber b'strafen und fand' mer mich morg'n da unt' lieg'n und d'erkennet mich auch, wer denket, ich hätt' all dös Geld sauber durch'bracht.

Du elendiger Dieb, schrei ich, du hast Lohn und alles g'habt, ich hab' nix, gar nix als 's nackete Leb'n, teil dein g'stohlen's Gut mit mir, oder –

Kein' Red', sagt er, alles oder nix is mein' Wahl!

Da hab' ich mich nimmer ausg'wüßt, der Teufel hat mich bei jedem Haar g'habt, – kein' Seel' weiß's, was du thust, – es kann gar nit aufkommen, – Liegenschaften, – Geld im Kasten, – bist wer, auf Lebzeit geborgen –! Das geht mer durch 'n Kopf wie a Spinnradl schnell. Alsdann nix, schrei' ich und stürz' mich af ihn, reiß' ihm die Taschen weg und gib ihm gleichzeitig ein' Renner.

Da lacht er wie der leidige Teufel auf, und nöt wie a anderer Mensch kopfüber abisaust, langsam, ganz langsam wie a Federn fallt er hinunter und dabei lacht er fort und fort und schreit: Hanns, du ehrlicher Mann, du! Und unten fallt er schwer auf und nochmal hör' ich von unt' ganz tief, wie aus der Höll' auffer, sein' Lacher: Hanns, du ehrlicher Mann, du!

Ich schrei' aber auf: Jesses und Joseph! und fall' – aus 'm Bett.

»No is's halt wieder a Traum g'west,« sagten die Zuhörer.

Hanns zwinkerte mit den Augen. »Als a Wacher bracht ich ja kein Hendel um, freilich war's a Traum, aber Leuteln, es is mir lieb g'west, daß's nix Wirklich's war, und ich mein', es därf jedem lieb sein, er hätt' an meiner Stell' auch nur 'träumt.«

»No und was beweist dös af dös Heutige?« fragte ein junger Bursche.

»Die Müllerin und der Knecht,« sagte der Steinklopfer, »dös sein verlorene Leut', laßt's dö Richter mit dö fertig werd'n, sein wir froh, daß wir froh sein könna, aber überheb 'n mer uns net; freu'n mer uns, daß wir g'sund sein, sorg'n wir allfort für die G'sundheit von Leib und Seel', aber vergessen wir nöt, daß doch unser jeden ein Uebel anfall 'n kann, und sollt' uns vor ein Siechtum auch grausen, so dürf'n mer doch mit dö Kranken a Barmherzigkeit hab'n.«

IV.

Weit außerm Ort in einer armseligen Hütte, die an eine Felswand angebaut war, und so recht bescheidentlich ihrem Erbauer die Errichtung einer vierten Mauer erspart hatte, wohnte der alte Lehnerfranzl und führte ein recht beschauliches Leben. Wie lange schon? Je nun, böse Leute im Ort – es gibt aber doch überall böse Leute! – meinten, gar so lange wäre das nicht her. Eben diese bösen Leute behaupteten, daß sein Sohn, der Ferdl, dem Vater völlig nachgerate; der sei einmal gerade so ein Raufbold und Störenfried gewesen, hätte seiner Zeit gleich tief in das Glas geguckt, wie derzeit sein Junge und hätte es auch gern mit den Dirnen gehabt, wenn eine so unvorsichtig war, ihm den kleinen Finger zu zeigen, so nahm er gleich die ganze Hand; aber das wäre nicht so schlimm gewesen, die ehrlichsten Burschen halten ja um die Hand ihrer Mädeln an, aber er nahm etwas mehr, und ließ dann die Hand der Betrogenen fahren und diese mußte recht froh sein, wenn sich später noch ein gutmütiger Bursche fand, der nicht nachfragte, was der Lehnerfranzl etwa vorweggenommen. Wollte man den bösen Leuten alles glauben, so kannten die Jägerburschen gar gut auch den »Wilderer« Lehnerfranzl, der aber stets so gerieben war, der Ehre einer gar zu nahen Bekanntschaft auszuweichen und sich nie erwischen ließ.

Aber da kam denn die Zeit, wo der bisher im Rufe der Unbezwinglichkeit Stehende nicht mehr gefürchtet wurde, wo man ihn spottweise schon fragte, »in welches Eck er geschupft sein wolle, und ob er lieber rücklings oder kopfüber dorthin fiele«. Und – o Schmerz – man stellte nicht nur diese beleidigenden Anfragen, sondern man löste auch die in drohendst abweisendem Tone erteilten Aufgaben auf das glücklichste, »prompt und billig«, wie die Kaufleute sagen.

Ja, es kam die Zeit, wo ihn ein Trunk über den Durst zum Gespötte der Jungen machte und wo die willigsten Dirnen des Kirchspiels nimmer den kleinsten Finger ihm reichten, sondern – einem andern. Eine Zeit, wo sein Auge nicht mehr scharf auslugen und sein Arm nimmer gehorchen wollte, je nun, gar so lange war das nicht her, aber seit dieser Zeit war ihm die Beschaulichkeit eingeschossen, und seit es auf dieser Welt nicht mehr recht mit ihm fort wollte, verlegte er sich auf das »andere Leben« und da er nicht zweifelte, dort in Gnaden angenommen zu werden, natürlich auf die »ewige Seligkeit«.

Sonderlich ist's schon, daß Leute, die oft für die Welt zu schlecht, oder wenigstens zum übelsten Beispiel waren, sich noch immer gut genug für den lieben Gott halten; oder daß andere, so unverträglich und grillenhaft, daß kein Mensch ihrer begehren möchte, sich in ein Kloster versperren, zur »himmlischen Brautschaft«. Nur soll nicht damit gesagt sein, daß nicht in letztgenannten Mauern manch Herz Zuflucht gesucht, dem in all seinem Hoffen und Träumen die Welt nicht Wort gehalten hat, aber kommt die entsagende Demut wohl da zu dem gleichen Gespann, wenn sie zur geistlichen Hochfahrt kommt?

Ich möchte wohl ein solches Herz fragen, aber es würde schweigen und – brechen.

Aber der Lehnerfranzl schwieg nicht von allen den Herrlichkeiten, deren er sich sicher glaubte; er besuchte fleißig die Kirche, er las in allen Büchern, deren er habhaft werden konnte und in denen etwas stand vom »lieben Himmelreich«, und schließlich mußte er jedem, der es Lust zu hören hatte, mehr davon zu sagen, als selbst der Herr Pfarrer.

Nun geht es aber noch sonderlicher zu auf der Welt, weiß nicht, woher es kommt, aber es ist einmal so, das läßt sich nicht abstreiten; wie einer einmal seinen Himmel sich recht sauber erbaut und ausgezimmert hat, da leidet es ihn nimmer allein drin und wär' der Himmel auch so schmal geraten, daß er nur einen Bettgeher darinnen aufzunehmen vermöchte, so wird er wenigstens den suchen. Größere Etablissements werden natürlich mit mehr Komfort und größerem Belegraum ausgestattet und gibt es da auch mehr Thürsteher und Ordnungsmacher. Nun weiß man zwar wieder nicht, woher das kommt, aber es ist einmal so, gleichwie der Mensch nicht gerne allein ist, nicht einmal im Himmel, so ist es auch ein menschliches Gefühl, daß ein jeder auf seine Kosten kommen will, und ist er erst einig, daß er etwas von seinem Himmelreich zu vermieten gedenkt, so kommt er auch auf einen gewissen Tarifsatz und so viel kostet dann der mit Wolken gepolsterte Sitz und so viel der ordinäre Stuhl. Und nun wird jeder eingeladen, sich das Himmelreich zu betrachten und einzutreten; soweit wäre alles gut, aber, wie gesagt, jeder will auf seine Kosten kommen und da wird einer nicht lange gefragt: Willst du ins Himmelreich? Nein, da heißt es: Du mußt in das Himmelreich und das ist vom Uebel.

Es ist recht nutzbringend auf dieser Welt, daß der Mensch aus allem, was man weiß und wissen kann, seinen Vorteil zieht und daher seinen Beruf nimmt, vom Arzt bis zum Hundedoktor, vom Forstmann bis zum Holzfäller, vom Bergmann bis zum Steinklopfer, vom Maschinisten bis zum Rastelbinder, ja vom Chemiker bis zum Lumpensammler u.s.w., aber daß der Mensch auch Vorteil aus dem zieht, was man nicht weiß und wissen kann, das ist mehr scharfsinnig als nutzbringend und war von jeher mehr betrübend als erfreulich.

Was soll mit dem allem gesagt sein? Wenn's so ist, man weiß zwar nicht warum, aber es läßt sich einmal nicht abstreiten, daß jeder, der sich mit dem Himmel abgibt, zugleich ein kleines irdisches Unternehmen damit verbindet, so wird doch nicht der alte Lehnerfranzi eine himmlische Kleinkrämerei betreiben?!

Und warum nicht? Jeder in seiner Art. Da war im Orte eine Bäuerin, gehörte als Dirndl auch zu denen, welche dem Lehnerfranzl den kleinen Finger gezeigt; der war es so gut geworden, einen gutmütigen Burschen zu finden, der sie heimführte, und das mußte man der Baltzerliese nachsagen, sie ist ein braves Weib geworden, und er hat's bis auf seine letzte Stund' nicht bereut, daß er sie genommen hat. Seine letzte Stund' war aber vor kurzem, kaum drei Monate her, und so war sie Witwe geworden.

Schlimmer noch war's, daß sie, obwohl die Ehe lange Jahr' unfruchtbar blieb, zuletzt vor sechs Monaten niederkam – bei ihrem Alter wohl das erste und letzte Kind – und jetzt mit dem armen Würmlein verlassen in der Welt stand.

Das arme Kind, das ohnedies etwas zu spät für die Mutter zur Welt kam, kam also auch zur schlimmsten Zeit. Die Bäuerin hatte keine Augen für ihr Glück, keine Hände, zu schaffen für das kleine Ding. Sie brauchte die Augen zum Weinen, die Hände zum Ringen, und als man ihr Trost zusprach von allen Seiten, da hob sie Augen und Hände zum Himmel, gedachte des Seligen, und wenn ja einer sie auf das arme, verlassene, verwahrloste Kind aufmerksam machte, da sagte sie: »Der arme Wurm! Ich kann ihm wenig mehr helfen, denn ich werde bald hinaufgehn zu meinem Jakob in das himmlische Reich, hier bin ich zu nichts mehr nütze.«

Das war gewiß recht fromm gesprochen, aber die Leute ärgerten sich darüber. Und wenn mich einer fragen würde, so würde ich sagen: Gott hatte gewiß seine Freude an diesem Aerger.

Indessen verwahrloste das arme Kind und nebenbei die kleine, aber doch einträgliche Wirtschaft, die Leute waren geärgert und zogen sich ohne weiteres Zureden zurück und das war wieder nicht gut gethan von den Leuten. Nur einer kam jetzt in das Haus, erst ein paarmal in der Woche, dann Tag für Tag, der alte Lehnerfranzl.

Wär' sonst zu einer Witwe im Ort ein früherer Liebhaber so häufig auf Besuch gekommen, die Leute hätten das gewiß recht sündlich und schandbar gefunden, aber da beide über die Jahre der »Löffelei« hinaus waren, so dachte man allgemein, die Bäuerin würde dadurch auf andere Gedanken kommen, man wollte es selbst dem alten Lehnerfranzl gönnen, wenn er mit ihr die Wirtschaft erheiratete und rechtschaffen darauf hausen und arbeiten wollte und das alles, damit es mit dem armen Kinde anders würde. Was doch so ein klein unschuldig' Ding über alle Lästermäuler vermag! Und wie die »bösen Leute« oft gut sind, wenn sich's nur der Mühe lohnt.

Aber dem alten Lehnerfranzl Arbeit zuzumuten, das war wohl ein wenig zu weit gegangen, ihr lieben Leute! Er kam ja nur, weil er hörte, daß sie so gottseliger Gesinnung geworden sei und bald da hinaufgehen wollte zu ihrem seligen Jakob in das himmlische Reich, und da er da oben so gut Bescheid wußte, so wollte er sie nicht ohne Weisung lassen. So kam er denn in der ersten Woche ein paarmal zu plaudern vom himmlischen Reich und nebstbei etwas Kuchen zu essen und ein Gläschen Wein zu trinken. Und als er sah, daß seine Gespräche Beifall fanden, daß er als »Wegweiser in das neue Jerusalem« bereits unentbehrlich geworden war, da kam er alle Tag', um die einzelnen Stationen der großen Reise eingehend durchzusprechen und – sich ausfüttern zu lassen. So gut war es ihm schon lange nicht geworden, aber daß sich alles aufzehrt, wo nichts gearbeitet wird, daß er's einer Witwe und einer Waise von der Schüssel fräße und der Tag nahezu vorher zu bestimmen war, wo er mit einem heuchlerischen »Vergelt's Gott« von der leeren Schüssel weggehen würde auf Nimmerwiederkehr, und wie dann die Schüssel allnächster Tage leer bleiben würde und Mutter und Kind hungernd davor sitzen würden, das bekümmerte ihn wenig, oder, wenn wir ihm viel Ehre anthun wollen, das vergaß er über dem frommen Eifer gottseliger Gespräch- und Gebetstunden!

Nun war den Leuten die Geduld gerissen, sie hatten einmal ausnahmsweise, wie sie meinten, Gnade für Recht ergehen lassen – hatten das Bessere über ihre Nebenmenschen gedacht und gesprochen und sahen sich jetzt getäuscht. Sie schämten sich förmlich ihres guten Herzens, nannten es eine Schwachheit, und wurden, wie es in solchen Fällen geht, ärger wie je, ja einige verschworen es sogar im stillen: Einmal gut gewesen und nie wieder.

Aber hoffentlich werden sie alle wieder einmal eidbrüchig und dann sollen die lieben Englein, was ich ihnen sonst immer, der braven Leute auf Erden wegen, nur höchst ungern gestattet habe, über einen von ihnen mehr Freude haben dürfen als über neunundneunzig Gerechte, und ich will selbst mitthun, wenn sie mich früher unterweisen wollen, wie sich Engel freuen.

Jetzt aber war der Teufel los an allen Enden und Ecken, die Wirtschaft wurde mit den unsaubersten Namen belegt, die Gespräch- und Betstunden in ihrer »Gottseligkeit« arg beanstandet, die Bäuerin alles, nur keine braue Frau, und der Lehnerfranzl dafür alles geheißen, was sich an wortreichen Zusammensetzungen haarsträubender Eigenschaften ersinnen ließ.

Dieses Gewitter mit seinem vernichtenden Grollen und zornigen Aufleuchten konnte nicht unbemerkt über dem Haupte der Bäuerin wegziehen, und als der Lehnerfranzl, der für derlei eine härtere Haut hatte, zunächst zu einer Gesprächstund ' wieder bei ihr einsprach, fand er sie mit verweinten Augen auf ihrem Stuhle und zugleich zu seinem Mißvergnügen den Steinklopferhanns, den »Ketzer und Spöttler«, neben ihr sitzen.

»Grüß Gott ... miteinander!« sagte der Fromme mit einem aufrichtig bösen Seitenblick auf den unerwarteten Gast; dann sah er sich in der Stube um, da mußte etwas vorgegangen sein! – Da war ja aufgeräumt, und auch das Kind in der Wiege sah so frisch darein, das war offenbar einmal nach langer Zeit wieder gewaschen und gestriegelt worden, und die Bäuerin sah auch nicht so versudelt aus, hatte wenigstens in der Eil' einen reinen Rock übergeworfen und sich die wirren Haare glatt gestrichen; war da der »Geist der Eitelkeit der Welt« wieder eingezogen? Dann ade, du lieb' Himmelreich und ade, du schon so hübsch angewohnte tägliche Atzung samt dem erfreulichen Tröpfchen Wein!

Der Fromme that einen wehmütigen Seufzer.

Wie das Zorn- und Schimpfgewitter gerade im Ort am ärgsten tobte, kam auch der Steinklopfer wieder einmal des Weges daher und mußte sich, da er sich früher nicht darum bekümmert hatte, die ganze Sachlage vorschimpfen lassen. Das Schicksal des armen Weibes ging ihm nah, er und ihr verstorbener Mann mochten einander gut leiden und bei sich dacht' er, getröst' ist sie word'n, erbaut ist sie word'n und nix genutzt hat's, gelacht hat sie aber noch nicht!

Und so sann er hin und her, wie er's anstellen möchte, ihr zu helfen, verfiel aber auf nichts Rechtes. »Blitz, Dunnerstreich,« sagte er, »zersinnt sich einer, kommt er erst recht auf nix. Da faß' ich lieber grad an; hab' ich sie nur so weit, daß sie mir lacht, so ist's richtig, ein lachendes Gesicht vor mir verspart alle Müh', da fällt mir 's närrischste und richtigste Zeug ein.« So ging er schnurstracks vor die Hütte der Witwe, klopfte an und trat ein.

Ein Blick zeigte ihm die ganze Schmutzfinkwirtschaft, die dort eingerissen war. »Grüß dich Gott, Baltzerlies,« sagte er, »einmal, hab' ich mir denkt, müßt' ich dich doch heimsuchen.«

Sagte sie: »'s ist schön von dir, Steinklopfer, daß d' dich auch einmal umschaust, mein Alter hat noch die letzte Zeit oft von dir g'red't.«

Sagt der Hanns drauf: »Gott tröst' ihn, dös freut mich, mir hab'n uns allzeit gut z'samm' vertrag'n.«

Drauf fangt die Bäuerin zum Weinen an, »Daß d' heut kommst,« hat s' unter Schluchzen vor'bracht, »das zeigt, daß d' mir Freund gesinnt bist. O, mein Gott, mein Gott, was s' über mich für Reden führ'n ...«

»Wenn nur nix Wahr's dran ist,« tröst' sie der Steinklopfer.

»Kein Zipferl,« sagt sie und legt die Hand aufs Herz, »aber völlig verfeinden thut sich jeder mit die Leut', der mit mir red't – und doch bist zu mir kommen, vergelt dir's Gott. Sag aber, Hanns, was halt'st denn dein Hut in der Luft und legst ihn nit af 'n Tisch und was setzt dich denn nit nieder?«

»Na, weißt Bäuerin,« sagt der Hanns, »viel is an mein' Hut net z' ruinieren, aber mutwillig riskier' ich 'n doch nit und leg 'n do in den Schmier h'nein.«

Da hat die Bäuerin kein Wörtel g'sagt, is rot worden und hat mit ihrem Vortuch die Tischplatte sauber abg 'wischt.

»Leicht möch'st mir 'n Sessel a a bissel abstaub'n,« sagt der Hanns.

Die Bäuerin thut auch das und der Steinklopfer setzt sich und wie er sitzt, so fahrt er so mit 'm Fuß über 'n unsauber« Stubenboden, da is gleich der Staub aufg'flogen und der Mist hat unter seinen Sohlen geknistert. »Ich siech schon,« sagte er, »du bist heut noch nit zum Auskehr'n kommen, laß dich nit aufhalten, derweil d' mit 'm Besen hantierst, können wir ak'rat so gut reden, als ob d' neben meiner sitzest.«

Da holt die Bäuerin den Besen und kehrt aus. »No,« sagt der Hanns, »was du riegelsam bist, du zeppelst um wie a jung's Reh, nimmt man dich von rückwärts, könnt' man glauben, d' jüngst' Dirn' schwänzelt durch die Stub'n.« Da war's der Bäurin doch, trotz aller Kümmernis, als müßt' sie ganz still vor sich hinlachen, aber sie unterdrückt's und sagt: »Du bist a narrischer Ding.«

»Dös sag'n eh' dö mehrern,« sagt der Steinklopfer. »Aber, Liesl, mein' Treu', du warst allmal a rechte Schafferin, selb' hat dir a dein Mann bei Lebzeiten viel tausendmal nachg'sagt und dich drum belobt und wie er kein' zweite hätt finden können, die ihm 's Seine so z'samm'halt'. Drum hat er wohl a in Frieden seine Augen zu'than, wenn er gleich sein arm's Waserl da z'rucklassen mußt', denn du wirst ihm nix verwirten, ehender bleibt ihm amal mehr, als der Vater hinterlassen hat.«

Da war der Bäuerin, als ging ihr ein schneidiges Messer durch die Brust. »Jesses und Joseph,« sagt s', »na, na, Steinklopfer, er is zur Unzeit versturb'n, ich taug' auf derer Welt zu nix mehr.«

»War nit übel,« sagt der Hanns. Wie er aber das desperate Gesicht der Bäuerin sieht, denkt er, da mußt umsatteln, sonst kommst vor Traurigkeit selber nit auf. Sagt er: »Aber sag mal, Bäu'rin, wo hast denn dein Klein's, möcht' doch sehn, ob's dem Selig'n a weng gleichschaut.«

Da schaut ihn die Bäuerin groß an, »Aber z'neben deiner steht ja die Wieg'n, wo's drein schlaft.«

»Jesses, Jesses!« sagt der Steinklopfer und bückt sich tief herab, wie einer, der nicht weiß, ob er seinen Augen trauen darf. »Das wär's? Ich hab' schon lang sinniert, was das sein möcht', und hitzt is dös dein Kind! Möch'st es nit a bissel säubern, daß man's anschau'n kann?«

Da hat die Bäuerin erst ein trotziges Gesicht gemacht, dann hat sie gesagt: »Du schaffst aber heut viel an in meiner Hütten!«

»Gang mir a schwer, wann ich's in der meinigen sollt',« lacht der Steinklopfer. »Weil wir aber grad dabei sein, möch'st mir nit a Glasel Kornbranntwein schenken, a bissel Herzstärkung kunnt' ein'm net schaden, du hast wohl lang 's Kleine verabsäumt und dös hat sich nit brav aufgeführt, es riegelt ein'm d'Seel auf.«

Jetzt ist die Bäuerin ernstlich bös worden. »Wann d' mich bloß heimsuchst, daß d' mich heruntermachst, war' mir glei' lieber, du warst nit kommen.«

Sagt der Hanns drauf: »Begehr nit auf, gib mir mein' Herzstärkung, so mach' ich dir a Kindsdirn' und wasch' dir 's Kleine.«

Drauf hat die Bäuerin wieder lachen müssen und wie sich der Hanns dann nach der Herzstärkung übers Kind hermacht und hat's waschen wollen, wie man ein' Holzkübel scheuert, und wie das gründlich bös geworden ist und gegreint und gestrampft hat und wie ihm der Hanns wieder zugeredet hat mit dem Spruch vom seligen Vater: Ob d' haltst oder net! da hat die Bäuerin doch lachen müssen und ganz laut noch dazu; völlig erschrocken ist sie darüber und hat um sich geschaut, ob es niemand hört, aber das Kind hat sie dem Steinklopfer aus seinen Fängen genommen und hat's selbst gewaschen und wie das bei der Mutter war und der Steinklopfer hat ihm immer im Spaß gedroht, daß er wieder mit dem Striegel kam', da hat das Kind gelacht wie toll und die Mutter hat gelacht und der Steinklopfer hat die närrischsten Gesichter nach beiden geschnitten.

Und wie das abgethan war, da hat der Steinklopfer sich im Zimmer umgeschaut, hat gesagt: »Na, hitzt sieht's doch brav und manierlich aus und braucht sich kein anständiger Besuch zu beklagen, wenn d' jetzt noch ein' säubern Rock überwerfen und a bissel Ordnung mit deine Haar machen müch'st, – denn du trägst a Frisur, Bäu'rin, wie die Sunn' im Kalender aufg'mal'n is – so hätt'st mir alle Ehr' an'than, und ich war' z'frieden.«

Nachdem auch das geschehen, sagte der Hanns: »Na, so meint man doch wieder, man ist bei eng wie vorzeit und kunnt' der Jakob – Gott tröst 'n – glei' bei der Thür h'rein kommen und sag'n: »Heim sein mir wieder, ob's halt' oder net.«

»Jo, mein armer Jakob!« sagt die Bäuerin, und wie sie und der Steinklopfer wieder niedersitzen: »Jetzt red aber von was Gescheiten!«

»Ja, ja,« sagt der, meint aber, 's war ihm lieber von allem andern eher zu reden, als was etwa die Bäu'rin g'scheit nennt.

Und all' zwei sind lang still gesessen und gerad zur Zeit ist die Thür aufgegangen und der Fromme ist hereingekommen.

»Grüß Gott... miteinander!«

»Auch so viel,« hat der Steinklopfer g'sagt und hat den Willkomm' recht ehrlich gemeint, denn mehr zur Rechtzeit hätt' ihm keiner kommen können und kein Erwünschterer schon gar nicht als der alte Lehnerfranzl.

Da hat der Fromme wehmütig geseufzt! warum, haben wir vorhin gehört. Dann aber ist er zornig worden und hat barsch den Steinklopfer gefragt: »Was machst denn du da?«

»Bissel Ordnung!« hat der gesagt.

»Geh zu denen, die dich rufen,« hat der Alte drauf gesagt.

Und drauf der Steinklopfer: »Grad dö mich brauchen, rufen mich oft nöt.«

Mittlermeil' war die Witib wieder melancholisch worden und hat sich jetzt ins Mittel gelegt. »Wartelt's nit miteinander,« hat sie gesagt, »ös seids mir all' zwei lieb und wert, mein Seliger war immer mit 'm Hanns gut, du (den Lehnerfranzl hat sie gemeint) darfst mer 'n nit in mein' Haus verunehr'n. Er is a billiger Mon, und wenn ich dich bitt', du sollst mir vom ewigen Leben was d'erzahlen, so kennt er schon a a Art und hört manierli zu.«

Der Lehnerfranzl warf einen Blick, der besagte, daß er das sehr bezweifle, auf den Steinklopfer, schüttelte den Kopf und sagte: »Und spott halt, und spott nachher!«

»Nachher, möglich, aber a erst nachher. Fang nur an, beim wievieltesten Himmel seid's denn letzthin stehn blieb'n?« so sagte der Steinklopfer und lehnte sich in seinen Sessel zurück.

Der alte Lehnerfranzl faltete die Hände, blickte salbungsvoll zu den Balken auf, die querüber an der Decke der Stube hinliefen, und verfiel in tiefes Nachsinnen.

Er dachte aber in diesem Augenblicke nicht an das Himmelreich, sondern nur, wie er den Steinklopfer wegbringen möchte, und da hatte er einen frommen Wunsch, der mehr an das Gegenreich der Seligen gerichtet war, daß nämlich jenen der Teufel holen möchte, natürlich mit Zulassung Gottes.

Der Steinklopfer aber war im Innern von den freundschaftlichen Gesinnungen des Lehnerfranzl ganz durchdrungen, und wurde durch den stillen verzweiflungsvollen Aerger desselben in die heiterste Laune versetzt. Er fing an, sich höchst bedenklich hinter dem Ohr zu krauen, faltete gleichfalls die Hände und sah ebenfalls salbungsvoll in die Luft und sagte in dieser Stellung: »Lehnerfranzl, sag mir einmal, um welche Zeit herum hast denn du die letzten Nachrichten aus 'm Himmel kriegt?«

Keine Antwort.

Der Steinklopfer aber fuhr, ohne sich zu rühren, fort: »Weißt, ich möcht' nicht gern, daß einer wider Wissen und Willen die Leut' irrführt und Sachen sagt, wo er freilich selbst nicht weiß, daß sie schon lang nimmer wahr sein. Von was für ein' Himmel verzählst denn der Baltzerin, vom alten oder vom neuchen?«

Diesmal brummte der Lehnerfranzl in die Luft: »Dumm's G'red', 's gibt doch nur ein': vom alten, natürlich! Möchts ös Ketzer 'leicht gar ein' neu'n einführ'n?«

»No, so is's richtig so, wie ich mir denkt hab',« sagte der Steinklopfer, »du weißt halt nix davon, daß vor etwa drei Monat' alle alten Himmel kassiert worden sein!« Da zuckte der Lehnerfranzl zusammen, rückte die fromm gefalteten Hände voneinander und ballte sie zu sehr weltlich schlagfertigen Fäusten und richtete den Blick, aber nicht salbungsvoll, auf den Sprecher. »Du Höllenbraten!« schrie er, »wo steht das geschrieben, wo is's geoffenbart? Halunk'! Red!«

»Was braucht's geschrieben zu stehn,« sagte sehr gelassen der Steinklopferhanns, »hab' ich's doch von ein', der dabei war.«

»Der dabei war? Du Narr, wer kann dabei gewesen sein, der's wieder hätt' auf der Welt aussag'n können? Wer denn?«

»Geduld dich a bissel, alles nach der Reih', nix durcheinander, so geht's nach der Ordnung. Vor a drei Monaten ist der Baltzer-Jakob – Gott hab 'n selig – verstorben, und kurz drauf, wie's eng erinnern werd'ts, is a armer Teufel von Handwerksbursch ins Ort kommen, siech und elendig, und den hat man so h'rumkugeln lassen – um ›Gotteslohn‹ – in ein' Heuschober (so wie damal mich auf 'm Steinbruch, wie mir gleich übel 'gangen is) und hat sich kein Teufel um ihn umg'schaut und so hat er a paar Tag hin'zog'n und is verstorben. Am dritten Tag hat man ihn eingrab'n woll'n, na, ös werd'ts eng noch auf den Schrocken entsinna, wie er da auf einmal wieder lebendig wird. Dann hat er sich nach und nach z'samm'klaubt und wie er wieder ganz bei'nander war, is er fortzog'n aus der Gegend. Na, der wird doch dort g'wesen sein? Von dem hab ich die G'schicht', und war auch a Auftrag vom seligen Baltzer dabei, – aber mir hab'n 's immer verschob'n, z'weg'n, ös könnt' die Witib z' stark angreifen.«

»Von mein' Jakob?« sagt die Bäuerin halb freudig halb ungläubig.

Da hat der Lehnerfranzl laut aufgeschrien: »Lies', laß dich nit bethör'n um dein Seelenheil, das ist wieder eine von dö höllischen Lügengeschichten, mit denen er die Leut' verwirrt!« »Möch'st ein'm nur du nit ins Handwerk pfuschen mit die himmlischen G'schichten, wobei dir weniger um die Leut' als um das Ihre is! Uebrigens is mein' G'schicht' wohl a net besser und a net schlechter als a andere und kann man s wohl anhör'n. Und was die Botschaft an die Baltzerlies angeht, so mein ich, du wart'st 's ab, ob sie meint, es wär' verlog'n und aus seiner Art, oder ob sie's dafür nimmt, es hätt' ihr seliger Mann zu ihr g'red't. Und no kusch dich, los zu oder laß's bleiben, für dich reu't ein'm die Müh', daß man sich eins ausdenkt, und für dich is's a net.«


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