Robert Ascher
Der Schuhmeier
Robert Ascher

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Zum Geleite

Vielseitigen Wünschen und Anregungen folgend, liegt nun der wienerische, soziale Roman »Der Schuhmeier«, der zuerst als Zeitungsroman erschien und unerwartet großes Interesse fand, als Buch vor. Er wird damit einem weiteren Kreise zugänglich gemacht, als es einer Zeitung möglich ist.

Es bereitete große Schwierigkeiten, die sich am Beginne der Arbeit nicht voraussehen ließen, eine Persönlichkeit zum Helden eines Romanes zu machen, die viele der heute Lebenden gekannt und am Werke gesehen haben und eine Anzahl noch lebender Menschen in dem Roman handelnd auftreten zu lassen. Ein Roman ist eine Dichtung, die der Phantasie freiesten Spielraum läßt. Der Autor eines solchen Romanes aber läuft Gefahr, daß ihm von den Zeitgenossen seines Helden und von den lebenden Mitakteuren auf die Finger geklopft und er historischer Fälschungen bezichtigt wird.

Solcher muß er sich freilich schuldig machen, weil sonst kein Roman, sondern eine trockene Biographie daraus würde, die der Leser gelangweilt weglegt. Dieser Roman soll aber gelesen werden. Er ist der erste Versuch, die Geschichte der Arbeiterbewegung im alten Österreich, jener Bewegung, die aus einer stumpfen, wesenlosen Masse wissende, wollende, handelnde Einzelmenschen gemacht, in erzählender und daher nicht ermüdender Form einer großen Öffentlichkeit verständlich zu machen. Der Versuch, gleichermaßen in die Handlung einzuweben das abrollende Schicksal und die schmerzhafte Agonie dieses alten Österreich, des Völkerkerkers, in dem die österreichische Arbeiterbewegung ihre ersten Gehversuche machte und an dessen morschen Mauern sie sich oft wundstieß, und nebenher ein Stück Geschichte Wiens aus jenen Tagen. Und schließlich der Versuch, der älteren Generation, die Franz Schuhmeier noch gekannt und mit ihm marschiert ist, ihre Jugendtage und das Heldenzeitalter der österreichischen Arbeiterbewegung in verklärte Erinnerung zu rufen; der Jugend, die an dieser mordenden Zeit irre werden will, zu zeigen, wie ihre Väter mit noch viel ärgeren Widerwärtigkeiten fertig geworden sind und was zu erreichen ist und wie hoch man auch von ganz unten hinauf kann, wenn der Wille da ist, die Begeisterung und das Wichtigste: der Zusammenhalt.

Da es nicht jedermanns Geschmack ist, solche Kenntnisse aus bloß lehrhaften Abhandlungen zu schöpfen, wurde der Versuch gewagt, diese Kenntnisse über eine romanhafte Lektüre zu verbreiten. Und weil die Arbeiterbewegung, soll sie siegen – und sie will und sie muß siegen – recht viele Menschen braucht, die über solche Kenntnisse verfügen, ist diesem Versuch vollstes Gelingen dringend zu wünschen.

Deshalb wird und muß manches, das strenger historischer Prüfung nicht standhält, in Kauf genommen werden. Die Schilderungen der Kindheit und der frühen Jugend Franz Schuhmeiers erheben keinen Anspruch auf Authentizität. Sie bezwecken ja auch nur, die Zeit und die Umwelt darzustellen, aus der Franz Schuhmeier hervorgegangen und herausgewachsen ist. Die Schilderungen des Wirkens und Kämpfens des Mannes Schuhmeier hingegen brauchen keine Nachprüfung von Zeitgenossen und Forschern zu scheuen. So geht denn dieses Buch hinaus in die Welt, begleitet von der Hoffnung, daß es seinen Zweck erfülle.

Dieses Werk hätte nicht werden können ohne vielseitige und bereitwilligste Unterstützung und Förderung.

Die Anregung zu ihm stammt von den Herren Chefredakteur Maximilian Schreier und Verlagsdirektor Ernst Hein. Gefördert wurde es von dem Freunde und Weggenossen Franz Schuhmeiers, Landeshauptmann a. D. Nationalrat Albert Sever, der mir seinen kostbaren Reliquienschrein, der Persönliches und Persönlichstes von Franz Schuhmeier birgt, überließ und auch sonst wertvolle Winke gab; vom Sekretariat der Organisation Wien der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Deutschösterreichs, die mir monatelang in ihren Archiven zu arbeiten gestattete; dem Bezirksrat Philipp Müllner, der aus dem reichen Schatze seiner persönlichen Erinnerungen an Franz Schuhmeier viel Wertvolles beitrug, und den Freunden Johann Suchanek, Oskar Sternglas und vielen anderen.

Ihnen allen sei herzlichst gedankt.

Als Quellen wurden ferner benützt: die im Freidenkerverlag erschienene Broschüre: »Leben und Wirken unseres Führers Franz Schuhmeier« von Hugo Burghauser und August Schuhmeier, die »Geschichte der österreichischen Sozialdemokratie« von Ludwig Brügel und die »Geschichte der Stadt Wien« von Heinrich Penn.

Wien, im Februar 1933,
dem 20. Todesjahre Franz Schuhmeiers.

Robert Ascher


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