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Die Ballade von Lambert Simnel, dem Thronprätendenten

Lambert Simnel saß auf goldenem Thron,
Ganz Irland kniet' ihm zu Füßen,
Als Yorks echten Erben und Königssohn
Den Knaben, den schlanken zu grüßen.
Es beugten sich Bischöfe, Grafen und Lords,
Gewärtige Diener des leisesten Worts.
Bist du echt, Lambert Simnel?

Tom Fitzgerald trug Lambert Simnels Schwert,
Der Enkel uredler Barone.
Es trug Graf Lincoln, ein Ritter wert,
Das Szepter – doch fehlte die Krone.
Die hielt König Heinrich von Engelland
Noch fest mit gewappneter Königshand.
Bist du echt, Lambert Simnel?

Eine Krone aus Gold hat vom leuchtenden Haupt
Dem allerheiligsten Bilde
Der Jungfrau Maria gerissen, geraubt,
Lord Lovell, der Frevler, der wilde.
So ward Lambert Simnel in gleißender Pracht
Zum Herrn und zum König von Irland gemacht.
Bist du echt, Lambert Simnel?

Tom Fitzgerald küßte des Knaben Hand,
Graf Lincoln, der lachte und weinte;
Es kniete Lord Lovell. Doch ferne stand
Der dicke Graf Howth und vereinte,
Verschlossen das sonst stets so muntre Gesicht,
Sein Treuwort den jubelnden Chören nicht.
Bist du echt, Lambert Simnel?

Ganz Irland huldigt dem neuen Herrn,
Ihm klangen die Harfen zum Preise.
Die Grafen und Herren, wie dienten sie gern
Dem Knaben auf höfische Weise.
Und wenn man des Königs Heinrich gedacht,
So hat man gespottet und hat man gelacht.
Bist du echt, Lambert Simnel?

Heinrich Tudor erbleichte vor wogendem Zorn
Zu London in seinem Palaste:
So geht mir ganz Irland im Fluge verlor'n?
Wohlan denn, euch lad' ich zu Gaste!
Wer Richard den Dritten im Kampfe bezwang,
Dem ist vor dem jungen Betrüger nicht bang.
Bist du echt, Lambert Simnel?

Heinrich Tudor sammelt sein riesiges Heer
Und führt es dem Feinde entgegen.
Die Britenflotte deckt Irlands Meer
Und schwarz wird's auf Irlands Wegen.
Da ward manchem Bauer die Hütte verbrannt;
So war es stets Kriegsbrauch im Irischen Land.
Bist du echt, Lambert Simnel?

Bei Stoke führt Heinrich Tudor den Streich
Und führt ihn mit eisernem Schlage.
Da endete schnell Lambert Simnels Reich
An jenem blutigen Tage.
Die Grafen und Lords sind in Eile entfloh'n.
Bist du noch Yorks Erbe und Clarences Sohn,
Bist du echt, Lambert Simnel?

König Heinrich saß auf gewappnetem Roß,
Da bracht man den Knaben gefangen.
Da lachte der König: So schickt ihn zum Troß!
Das Bürschchen da soll mir nicht hangen!
Und taugt es zum König von Irland nicht recht,
So taugt es vielleicht meinem Koche zum Knecht.
Bist du echt, Lambert Simnel?

König Heinrich setzt sich zum festlichen Mahl,
Da lud er viel Iren als Gäste.
Tom Fitzgerald saß in des Königs Saal,
Graf Lincoln war traurig beim Feste.
Lord Lovell senkt seinen trotzigen Blick
Und wünscht sich zum heimischen Herde zurück.
Bist du echt, Lambert Simnel?

König Heinrich spricht mit dem gnädigsten Wink:
So sei euer Fehler vergessen!
Es waren die Schuld und der Schaden gering,
Und jetzt, jetzt wollen wir essen.
Es schenkt euch den besten burgundischen Wein
Mein neuester Schenke nach Herzenslust ein.
Bist du echt, Lambert Simnel?

Da öffnet ein totbleicher Knabe das Tor,
In knechtischem, schlechten Gewande.
Und ward doch als König gekrönet zuvor;
Nun schleicht er in Jammer und Schande.
Ein blutrotes Zeichen umzirkelt sein Haupt,
Das Mal von der Krone, der Jungfrau geraubt.
Bist du echt, Lambert Simnel?

»Wohlan denn, mein Schenke, so biete den Trank
Dem Kreise der fröhlichen Zecher!
Ich hoffe, die Herren, sie wissen dir Dank
Und nehmen von dir auch den Becher.
Und wer dir noch gestern zu Füßen lag,
Dem diene niedrig am heutigen Tag.«
Bist du echt, Lambert Simnel?

Wer trinkt wohl als Erster den furchtbaren Wein,
Wer läßt ihn von Lambert sich reichen?
Im Saale ist's still wie in Grabes Schrein,
Die Lords und die Grafen erbleichen.
»Und trinkt ihr nicht jetzt auf des Königs Glück,
Nie kehrt ihr, Verräter, zur Heimat zurück.«
Bist du echt, Lambert Simnel?

Tom Fitzgerald schaudert und denkt an den Eid,
Den er jüngst erst dem Knaben geschworen.
Graf Lincoln wird weiß wie sein seidenes Kleid
Und dünkt sich für immer verloren.
Lord Lovell, der bangt vor Heinrichs Gericht
Und dennoch ergreift er den Becher nicht.
Bist du echt, Lambert Simnel?

Doch der Graf von Howth an der Tafel saß,
Ein Freund von Gesängen und Scherzen.
Da nahm er fröhlich die Schüssel und aß
Und sprach mit Behagen im Herzen:
»Und ist dir auch, Schenke, nicht heiter zumut,
So ist drum dein Wein wohl nicht weniger gut.
Ist er echt, Lambert Simnel?«

Der schlanke Knabe nach knechtischem Brauch,
Er reicht einen Becher dem Dicken.
Dann kamen die andern, die tranken auch
Und schienen daran zu ersticken.
Sie tranken ein Hoch Heinrich Tudors Haus,
Da stahl sich ein Knabe zur Türe hinaus.

*

Warst du echt, Lambert Simnel?


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