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20. Schlußworte.

Bald nach Ostern fand der Umzug in das große Haus statt, und im Herbst wurde in den elegant eingerichteten Räumen Minnas Hochzeit gefeiert.

Die Generalin von Cronitz ließ es sich nicht nehmen, mit Fräulein von Meerkatz dem Feste persönlich beizuwohnen.

»Was für ein glücklicher Mann sind Sie, Uslar,« sagte die alte Dame mit warmer Versicherung, »drei so reizende, liebenswürdige und vorzügliche Töchter zu haben!«

»Ja, ich fühle dieses Glück tief,« entgegnete er sehr ernst. »Und doch – halten Sie mich nicht für zu egoistisch – und doch denke ich manchmal daran, daß ich in gar nicht langer Zeit ein einsamer alter Mann sein werde.«

Aber wie hätte wohl Minna mit ihrem sorgenden Herzen des Vaters einsames Alter nicht voraussehen sollen? Wie hätte sie in ihrem Glück vergessen können, daß nach ihrer Trennung die Schwestern einer leitenden Hand, das Haus einer Wirtschafterin bedürfte? Nein, Minna hatte das alles längst überlegt und vorgesorgt.

»Kamillchen,« sagte sie eines Tages zu dem kleinen Fräulein, »ich habe eine große Bitte an dich. In unserm Hause wird, wenn ich es verlasse, ein Platz leer, der wieder besetzt werden muß. Du errätst meine Bitte; kannst du es mir abschlagen, diese Stelle einzunehmen? – Meine liebe Schwiegermama wird ja in mir eine Tochter finden, und wenn es dich beruhigt, will ich dir versprechen, jeden Abend mit ihr ein Partiechen Pikett zu spielen.«

Kamilla lag schluchzend in Minnas Armen. »Es ist als habest du allein an mein Glück gedacht,« sprach das kleine Fräulein tief bewegt, »alles, wonach sich mein Herz gesehnt hat, gibt mir deine Hand; nun werde ich ein Haus haben, in dem ich schaffen kann, und Töchter, die ich lieben, und einen Freund, den ich pflegen darf. Wie soll ich dir je genug danken! Aber wie bist du darauf gekommen, an mich unscheinbares altes Geschöpf zu denken?«

»Weil ich sah, wie gütig dein Herz ist; da dachte ich: bei ihr sind Papa und die Kinder gut aufgehoben.«

So konnte die Älteste mit beruhigtem Gemüt aus dem Vaterhause scheiden.

Am frühen Morgen ihres Hochzeitstages begab sich Minna mit ihrem Bräutigam zu Brunos Grab, wo beide Kränze niederlegten.

»Es ist mir immer, als hätte uns das teure Kind zusammengeführt,« gestand sie Egon.

Pastor Steube war es, der sie traute. Dem Hochzeitsmahl wohnten natürlich Rosamunde wie die Familie Zarnikow und die guten Grimmels bei. Da aber Frau Rosine Zeit gefunden hatte, ihren Ottel durch anhaltende Belehrung auf die vornehme Gesellschaft vorzubereiten, benahm er sich ganz exemplarisch gut.

Wie sehr der junge Student bei dem fröhlichen Mahle von grimmiger Eifersucht geplagt wurde, konnte freilich niemand ahnen, aber Ottel litt furchtbar. Doch war es nicht mehr Baron Neitung, den er mit eifersüchtigen Blicken verfolgte, sondern ein junger Kommilitone, Hans von Zarnikow. Minna war ja nicht länger der Gegenstand seiner Verehrung; er betete die sechzehnjährige liebenswürdige Adele an. Sie entzückte durch ihr bezauberndes Wesen die ganze Gesellschaft, und es war kein Wunder, daß Hans ihr zu Füßen lag. Armer Ottel!

Mit dem Nachtzug fuhr das junge Paar nach dem Comersee, an dessen Ufern es die erste Zeit des Zusammenlebens verbringen wollte.


Wir nehmen nun Abschied von Herrn Uslars Töchtern. Doch auf die Gefahr hin ausgelacht zu werden, will ich gestehen, daß mir diese drei Mädchen ans Herz gewachsen sind. Der Wunsch, daß Minnas ferneres Leben vollkommen glücklich sein möchte, schwebt auf meinen Lippen, aber ich spreche ihn nicht aus; ich könnte selbst nicht an die Erfüllung dieses Wunsches glauben. Wie sollte das Leben, über dessen Schwelle unsre Minna kaum geschritten ist, ihr nichts als Freuden bringen? Sind wir denn für ewigen Sonnenschein geboren? Nein, die großen Prüfungen des Menschenlebens können auch ihr nicht erspart werden. Aber des einen bin ich sicher: Minna wird auch das Unglück zu ertragen wissen, denn sie besitzt jene wahre Frömmigkeit, die sich in Demut vor dem göttlichen Willen beugt. Aus Sorgen und Schmerzen wird sie nur mit geläuterter Seele hervorgehen.

Zugleich aber besitzt Minna die seltenen Eigenschaften, die andre beglücken – Selbstlosigkeit und heiteren Sinn. Sie wird niemals bloß an das eigne Glück denken, sondern die, mit denen sie vereint lebt, glücklich zu machen bestrebt sein; darum wird sie sich, auch unter ungünstigen Verhältnissen und während trauriger und schwerer Zeiten, den inneren Frieden bewahren.

Es scheint vielen so schwer, die häusliche Zufriedenheit zu erringen, und es gehört doch nur Selbsterkenntnis und Demut dazu. Finden wir erst, daß wir selbst die Schuld oder doch einen Teil der Schuld tragen, an der der Friede eines Hauses scheitert, so kann es uns nicht schwer werden, ihn zu erlangen; wir brauchen ja nur die eignen Fehler zu bekämpfen.

Ach, wüßten doch alle, die von Jahr zu Jahr auf ein wunderbares Glück, und immer vergebens hoffen, welch einen reichen Schatz des Glückes sie schon im Herzen tragen! Sie warten auf etwas Außergewöhnliches, während ihnen jeder Tag Gelegenheit gibt, glücklich zu sein, sobald sie nur die, die ihnen die Nächsten sind, glücklich machen. Wie behaglich und fröhlich würde es dann in manchem Hause aussehen, wo jetzt Unfriede herrscht! Und in manches verbitterte Gemüt würde mit der hingebenden Liebe auch der Friede einziehen.

 


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