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13.

Des Detektivs Triumph.

Hans Sontheimer war frei, frei von jeder Schuld. Der wirkliche Mörder war entdeckt worden und der war der Schuldige, an den er am wenigsten gedacht haben mochte – sein Diener Emil, den Steinherz Johann Forster genannt hatte.

Wer war dieser Johann Forster? Weshalb hatte er Robert Willig ermordet und warum hatte er den Verdacht dieser Tat auf ihn gelenkt?

Mit diesen Fragen beschäftigte sich Hans Sontheimer, während er die Freilassung erwartete, die jede Minute erfolgen mußte.

Da erschien Detektiv Steinherz bei ihm.

Auf diesen eilte Sontheimer zu, faßte dessen Hände und drückte sie herzlich aus Dankbarkeit, denn nur diesem hatte er dieses Ende zu verdanken. Nur die unermüdliche Tätigkeit des Detektivs hatte die Überführung des Mörders noch im letzten Augenblick möglich gemacht.

»Ihre Freilassung wird soeben angeordnet. Ich habe Sie vorher noch aufgesucht, denn Sie werden viele Fragen zu stellen haben, die ich in Gegenwart anderer nicht beantworten kann.«

»Wie haben Sie diese Spur ausfindig gemacht?«

»Nach unserer letzten Unterredung war ich sicher, daß Esdeale und Tornay mit dem Morde an Robert Willig nichts zu tun hatten. Ich mußte also eine andere Spur aufgreifen. Nun konnte jemand nur mit den richtigen Schlüsseln in die einsame Villa gelangt sein, ohne das Schloß zu verletzen. Der Mörder mußte also Gelegenheit gehabt haben, sich von den richtigen Schlüsseln Abdrücke zu verschaffen. Er mußte also in Ihrer Wohnung verkehren. Diese Annahme fand seine Bestätigung, als der Fund in Ihrem Schlafzimmer bekannt geworden war. Damals schon dachte ich an den Diener Emil.«

»Ich aber hätte niemals solche Tat durch ihn vermutet,« gestand Sontheimer zu, der aufmerksam den Ausführungen des Detektivs zuhörte.

»Aber dagegen standen zwei sehr bedeutungsvolle Bedenken. Der Diener war bartlos, der Mörder hatte ähnliche Haare wie Sie. Und aus welchem Grunde sollte Emil ein solches Verbrechen begangen haben, das ihm scheinbar keinen Vorteil bringen konnte. Auch kein anderes Motiv zur Tat war zu finden. Da die Ähnlichkeit der Haare und des Bartes so von Wichtigkeit wurde, da dies als entscheidendes Merkmal zur Überführung angeführt wurde, kam ich schließlich zu der Vermutung, daß es sich um eine Perücke und einen falschen Bart handeln müsse. Ich stellte daher bei allen Perückenmachern Nachforschungen an, bis ich erst am Tage vor der Verhandlung den richtigen Zeugen ausfindig machte. Nach seiner Schilderung konnte Emil, der Diener, jener Unbekannte sein, der die Perücken gekauft hatte. Meine Vermutung bestärkte sich; aber seltsam fand ich immer nur, daß dieser gar keine Veranlassung haben konnte. Wenn ich ein entscheidendes Resultat erzielen wollte, so konnte ich das nur durch eine Durchsuchung von dem Zimmer des Dieners erreichen.«

Da Steinherz in seinem Berichte eine kurze Pause eintreten ließ, so sagte Sontheimer:

»Das konnten Sie nur in seiner Abwesenheit tun! Das geschah, während dieser bei der Verhandlung zugegen war. Dabei fanden Sie die Perücken?«

»So ist es!«

»Aber damit ist es doch noch unbegreiflich, weshalb er diese Tat begangen hat.«

»Gewiß! Aber ich habe noch manches gefunden, das etwas Licht in das Rätsel bringt, wenn es auch keine volle Aufklärung zu geben vermag, die nur durch den nun Toten möglich gewesen wäre.«

»Was war es?«

»Er hatte sich früher Johann Forster genannt; aber die Papiere, die ich noch vorgefunden hatte, zeigten mir, daß sein richtiger Name Johann Andersson gewesen war. Er war also der Bruder von Maria Andersson, von Ihrer Gattin, die sich Maria Forster genannt hatte.«

»Also deshalb?«

»Können Sie es sich erklären?«

»Vielleicht wollte er Rache üben, weil ich die Schuld an ihrem Untergang trug. Er mochte wohl daran glauben und wollte mich deshalb vernichten. Und fast wäre es ihm gelungen, mich seelisch und körperlich zugrunde zu richten.«

Steinherz nickte.

»Rache! Das könnte die eine Veranlassung sein. Aber es gibt noch eine andere Möglichkeit. Wenn die Kinder seiner Schwester nicht mehr lebten, dann hatte er einen Erbanspruch. Denn Sie hatten diese nicht enterbt. Deshalb hatte erst Robert Willig sterben müssen, wie er es auch Ihrer Tochter bestimmt haben mag.«

»Ob es das gewesen sein mag?«

»Vielleicht! Oder es leiteten ihn beide Absichten gemeinsam! Er allein könnte die Wahrheit angeben aber seine Lippen sprechen nicht mehr.«

»Dann ist mit ihm also die ganze schreckliche Vergangenheit begraben.«

»So ist es.«

»Und Esdeale?« fragte Sontheimer etwas ängstlich. »Er weiß doch vieles, was er nicht wissen sollte. Wenn er davon meinem Kinde verriet?«

»Er wird es nicht! Sein Teilhaber Tornay ist ihm mit allen Geldern durchgegangen. Esdeale war deshalb mehr als froh, als ihm mit einer entsprechenden Geldsumme der Weg über das große Wasser möglich gemacht wurde. Die falschen Bankscheine wurden alle zurückgekauft. Esdeale hat durch seine Unterschrift seine Schuld zugestanden und sich zum Schweigen verpflichtet.« –

»Das alles haben Sie für mich getan!« rief Sontheimer erstaunt. »Sagen Sie mir, wie ich Ihnen dafür danken soll.«

»Diesmal sind es fremde Federn, mit denen ich mich schmücke. Daran trägt mein Teilhaber, Michael Gebhart, die Verantwortung.«

»Aber ich kenne diesen Herrn doch gar nicht.«

»Das schadet nichts! ist deshalb doch ein sehr netter Mensch.«

»Weshalb hat er das für mich getan? Ich bin ihm doch ein Fremder!«

»Aber Ihre Tochter nicht.«

Hans Sontheimer konnte eine solche Möglichkeit gar nicht erfassen, denn er konnte nicht wissen, daß es die Liebe war, die die Tat ausgeführt hatte.«

Eine weitere Frage wurde abgeschnitten, denn der Staatsanwalt Wadricza war eingetreten; mit entgegenkommender Höflichkeit begrüßte er Sontheimer und auch den Detektiv.

»Ihre Freilassung wurde verfügt! Sie können jetzt gehen, wohin Sie wollen. Ich wollte Ihnen diese Nachricht bringen, da ich die Anklage gegen Sie führen mußte. Sie werden es verstehen, daß ich in meinem Berufe und nach der Lage der Sache so hatte handeln müssen. Wie ich als Mensch darüber denke, das kommt dabei niemals in Frage.«

»Ich weiß es!«

»Lassen Sie mich Ihnen die Hand drücken. Sie haben das Schwerste ertragen müssen und sind dabei doch stark geblieben und haben über das geschwiegen, was Sie verschweigen wollten.«

»Ich danke Ihnen! Mein erster Weg soll mich jetzt zu meinem Kinde führen.«

Und Hans Sontheimer eilte davon, um in die Arme seiner Tochter zu kommen.

Staatsanwalt Wadricza und der ehemalige Kommissar standen sich nun allein gegenüber.

»Herr Staatsanwalt,« sagte dann Steinherz mit einer ebenso höflichen wie ironischen Verbeugung, »in diesem Falle will es mir fast scheinen, als käme der, welcher die größte Eile zeigt, nicht immer als erster an das Ziel.«

»Ein Zufallserfolg!«

»So rechnen Sie! Ich aber will keine Erfolge, wie ich keine Karriere machen will. Das ist ja dieser große Fehler in allen Ämtern. Alle wollen nur für sich Erfolge haben, alle wollen selbst Karriere machten und darüber wird das Amt vergessen, darüber weiß keiner mehr, daß er um der anderen willen sein Amt versieht. Die Gerechtigkeit wird nicht nach den Erfolgen schöner Reden bemessen, sondern danach, daß sie Recht erkennt, wo das Recht ist. Auf Wiedersehen, Herr Staatsanwalt.«


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