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Die unbesiegbare Prinzessin / Aus dem Persischen

Es lebte einmal, wie man erzählt, eine Prinzessin von wundervoller Schönheit und solcher Geschicklichkeit zu Pferde und in der Führung der Waffen, daß kein Mann ihrer Zeit ihr darin verglichen werden konnte. Viele Fürsten hatten schon um sie geworben und bekamen immer zur Antwort, daß sie sich im Felde ihr zum Kampfe stellen müßten. Denn solches war ihr Wille: »Der wird mein Gemahl sein, der mich im Zweikampf besiegt. Besiege aber ich ihn, so nehme ich ihm Waffen, Pferde und Rüstung und lasse ihm meinen Namen mit einem glühenden Eisen in die Stirne brennen.« Diese harten Bedingungen hielten manche doch nicht zurück, die von weither kamen, aber die Prinzessin besiegte sie alle, nahm ihnen die Waffen und zeichnete sie selber mit dem Eisen auf die rauchende Stirne.

Da hörte der Sohn des persischen Königs von ihr und nahm sich vor, die weite Reise zu machen und nahm große Reichtümer mit. Er kam in die Stadt, in der der Vater der Prinzessin regierte, brachte seine Schätze an einen sichereren Ort und stellte sich am nächsten Tage dem Könige mit kostbaren Geschenken vor. Der empfing ihn sehr gütig und versicherte ihm, wie glücklich er wäre, wenn er siegte. Daraufhin bereitete sich der Prinz zu dem Kampfe gegen die schöne Prinzessin und bat um die Angabe der Stunde. Die Prinzessin war es einverstanden und bestimmte die Zeit. Sofort verbreitete sich die Kunde durch die ganze Stadt, und zur festgesetzten Zeit war eine große Menge versammelt, wo der Kampf vor sich gehen sollte.

Die Prinzessin erschien vom Kopf bis zu den Füßen gewappnet und trug einen Gürtel und eine Maske. Gleich darauf erschien der Prinz in einer schönen Rüstung. Sie grüßten einander auf kriegerische Weise und begannen den Kampf. Er dauerte lange und war heftig. Kraft und Geschick taten ihr Werk, und die Prinzessin erkannte bald, daß sie dem Vorsichtigsten der Vorsichtigen zum Gegner hatte, denn noch nie hatte sie eine solche Ausdauer gefunden. Der Prinz war ihr wirklich überlegen, und sie fürchtete für ihre Niederlage. Da nahm sie ihre Zuflucht zur Schlauheit und nahm ihre Maske vom Gesicht. Sobald der Prinz ihr wundervolles Antlitz sah, war er von dessen Reizen so geblendet, daß er seiner Kraft vergaß und nicht mehr an den Kampf dachte.

Die Prinzessin bemerkte den Eindruck, den sie auf den Prinzen machte, nutzte den Augenblick, rannte ihn mit dem Speer an und hob ihn aus dem Sattel. Und wie der Blitz stellte sie ihm ihren Fuß auf die Brust.

Der Prinz aber hörte nicht auf, sie zu bewundern und achtete gar nicht auf das, was ihm geschah. Die Prinzessin nahm ihm Pferd und Waffen und Rüstung, aber ihm das Zeichen auf die Stirn zu brennen, dazu konnte sie sich nicht entschließen. Sie hieß ihn einfach, das Kampffeld zu verlassen. Da erst kamen ihm seine Sinne wieder, und er erkannte, was er verloren hatte. Vor Kummer konnte er weder essen noch trinken, so sehr war ihm die Liebe zur Prinzessin ins Herz gedrungen. Er verabschiedete sein Gefolge und schrieb seinem Vater, daß er nicht eher heimkehren wolle, er hätte denn sein Ziel erreicht. Und wenn er es nicht erreichen sollte, so sei er entschlossen zu sterben. Dieser Brief machte den Vater ganz verzweifelt, und er nahm sich vor, seinem Sohne zu Hilfe zu kommen, ein Heer auszurüsten, um die Prinzessin zu entführen. Seine Berater rieten ihm davon ab, und so übergab er Gott das Schicksal seines Sohnes. Der Prinz aber dachte sich einen Plan aus. Er legte Bauernkleider an, stellte sich so dem Obergärtner der Königin vor und sagte, er wäre ein vorzüglicher Gärtner, der sich besonders auf Rosen und Tulpen verstünde. Der Obergärtner nahm ihn in Dienst, und bald hatte der Prinz erfahren, daß die Prinzessin oft des Abends mit den Damm ihres Gefolges die Kühle ihrer Gärten aufsuchte.

Der Prinz verstand wirklich viel von der Gartenkunst, und da er so geschickt war, gewann er das Vertrauen seines Vorgesetzten, der ihm hundert Sklaven unterstellte, die dem neuen Gärtner vollen Gehorsam zu leisten hatten.

Ein paar Tage darauf kamen eine Menge Sklavinnen in den Garten, die Teppiche und kostbare Gefäße trugen. Als der Prinz sie nach der Ursache aller ihrer Vorbereitungen fragte, erfuhr er, daß am Abend die Prinzessin in den Garten kommen würde, um sich zu zerstreuen. Sofort eilte der Prinz an den Ort, wo er seine Schätze und Kostbarkeiten vergraben hatte, brachte einige Kassetten mit herrlichen Steinen und befahl seinen Sklaven, sich zurückzuziehen.

Er selber versteckte sich in einem Boskett. Bald darauf erschien die Prinzessin inmitten ihres Gefolges, wie der Mond unter den Sternen. Erst liefen die Damm lachend und scherzend durch den Garten und kamen so an die Stelle, wo sich der Prinz versteckt hielt. Er hatte alle seine edlen Steine ausgebreitet und saß bescheiden daneben. Die Damen fragten ihn erstaunt, was er da täte. Er antwortete, daß er ein Gärtner des Palastes wäre, und daß er beim Graben diesen Schatz entdeckt habe. Darauf trat die Prinzessin, die ihn in der gewöhnlichen Kleidung nicht erkannte, näher und bewunderte verständnisvoll die Steine. Sie fragte ihn, was er denn könne, und er erwiderte, daß er stark und geschickt im Zweikampf wäre, und wenn eine der Damen mit ihm kämpfen wolle, so gebe er den Schatz um einen Kuß. Die Prinzessin, die gerne scherzte, lachte laut und bezeichnete eine der weniger schönen unter ihren Damen und sagte:

»Ich gebe dir diese da als Gegnerin.«

Die Prinzessin hatte alle ihre Damen zum Zweikampf abgerichtet. Nachdem mm die beiden Gegner die hinderlichsten Kleidungsstücke abgelegt hatten, kämpften sie miteinander, und der Prinz bezwang die Dame und gab ihr sofort einen Kuß auf die Wange. Die Besiegte stand errötend und seufzend und sagte ihren Freundinnen Dinge ins Ohr, daß diese erröteten und lachen mußten. Darauf bezeichnete die Prinzessin eine andere Schöne und sagte zu dem falschen Gärtner: »Kämpfe nun mit dieser.« – »Gerne, gnädige Frau,« entgegnete er, »aber diesmal muß der Einsatz ein Kuß auf den Mund sein.« Die Dame willigte ein, wurde besiegt und bekam den Kuß, der so lange dauerte, daß die Prinzessin ihm Einhalt befehlen mußte. Mit zitternden Lippen und bebendem Busen trat die Besiegte zu ihren Gefährtinnen, und der Gärtner war nicht minder erregt als sie. Da befahl die Prinzessin einer dritten noch schöneren Dame, sich zum Kampf zu bereiten. Diesmal war die Bedingung ein Kuß auf den Busen. Und wieder siegte der Prinz. Und er konnte sich vor Erregung nicht mehr beherrschen und riß sich alle Kleider vom Leibe, die ihn hinderten, als sich nun die Prinzessin selber zum Kampfe stellte. »Und was ist der Einsatz?« fragte der Prinz. »Mein Leben gegen das deine,« schrie die Prinzessin auf. Nach einem harten Kampf ließ der Prinz die Prinzessin nach rückwärts gleiten und fiel auf sie nieder und drückte seinen Mund auf ihren. Nun hatte die Prinzessin ihren Gegner aus dem Turnier erkannt, und ohne sich nur leise zu wehren, empfing sie zweimal die brennende Liebe ihres Besiegers, in derselben Stellung, in die sie hingestürzt waren. Als sie sich zitternd vor Scham, Liebe und Freude erhoben hatte, sprach sie zum Prinzen: »Ich will meine Niederlage nicht öffentlich bekennen. Du hast gesiegt, und ich gehöre dir. Entführe mich noch heute nacht zu dir, denn ich liebe dich.« Der Prinz warf sich vor ihr nieder und küßte ihre Füße. In derselben Nacht bestiegen sie schnelle Pferde und galoppierten nach Persien, wo sie glücklich ankamen. Dem Vater der Prinzessin sandten sie sofort Nachricht und luden ihn zur Hochzeit, welche die beiden zu einem glücklichen Paar vereinte.


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