Richard Dehmel
Erlösungen
Richard Dehmel

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Erste Hoffnung

           

Eine Frauenseele klingt:

Mein Freund hat mir ein Bild gemalt:
Maria weint vor Wonne
und ist von lauter Sonne
überstrahlt.
Wer weiß die Melodie dazu?

Mein Freund hat mir ein Wort gesagt;
das klang so fern beglückend,
mir schlag das Herz so drückend,
so verzagt.
Wer weiß die Melodie dazu?

.Mein Freund hat mir ein Lied gemacht;
es ist ein Lied vom Leben,
ich fühl es in mir beben
Tag und Nacht.
Wer weiß die Melodie dazu?

Sie liest sein Lied:

O Leben! o Liebe! wie geht sie verändert,
die seligen Augen von Schatten umrändert,
und lacht kaum.
Und ist doch mein Mädel, mein sonniges, flottes;
nun will ich sie malen als »Mutter Gottes
am Ufer«.

Die Hände über den Schooß gebreitet,
die seligen Augen ins Land geweitet,
und Frühling:
so soll sie zwischen den Binsenspitzen
am Ufer im Kahn unterm Weidenbusch sitzen
und warten.

Nackt flimmern die Zweige, die Knospen platzen;
links oben im Bilde schnäbeln zwei Spatzen,
wie damals.
Und hinter ihr wölbt sich der blankblaue See;
da stecken vier fünf Enten die Stietze in die Höh,
wie immer.

Zehn rudernde Beine in emsiger Runde;
die Hälse, die suchen was unten im Grunde
der Wellen –
der Wellen, die wimmelnd wie lauter Pfeilspitzen
aus eitel Silber zum Himmel aufblitzen,
rechts oben.

Denn links stand ein Ahorn, mit knallgelben Blüten.
Nun, Mädel, mein braunes, mag Gott dich behüten,
verdammt ja:
wie werd' ich mich blos so als Vater betragen,
herrjee ja, und was wird das Publikum sagen,
oh Mutter Gottes! –

 


 


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