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EINE GEISTERSCHAAR
den Herrn der Kraft geleitend:
Kommt, frohlockt dem Herrn der Gewalten,
Geister der Lust, der Liebe zum Leben,
die wir aus Sonnen Gluten entfalten,
die wir Sonnen aus Gluten weben!
Seht von Erden zu Monden ihn schreiten,
Samen ihn streun mit strahlender Hand:
um seine Schultern brausen die Weiten,
Sterne bekränzen ihm Haupt und Seiten,
feurige Nebel sind sein Gewand.
GESANG DER MENSCHEN
aus der Tiefe:
Doch was frommt dem Sterblichen
ewiger Mächte maßlos Recht?
Aus seines Schicksals engem Becher,
mit harten Würfeln,
werft ihr dem Schwachen bald Wonne bald Schmerz.
EINE ANDRE GEISTERSCHAAR
den Herrn der Ordnung geleitend:
Hört sie, die wir doch zur Freude schufen!
durch das Weltall dröhnt ihr dumpfes Rufen:
Qual nur zeugt der wilde Liebesgott.
Doch den rohen Trieben lebt ein Meister,
ihm lobsingen alle milderen Geister,
ihm erschallt kein Klagelied zum Spott.
Vor dem Joch der Lüste schützt er weise
mit dem Band der Pflichten seine Kreise.
Die nach Frieden schmachten,
er bezähmt ihr Trachten;
der Gewohnheit sanfte Kraft
läutert nun die trübe Leidenschaft.
DIE MENSCHEN:
Doch wer stillt die Sehnsucht,
wer erbarmt sich, ach, des Erdensohns!
Weh: ein Sklave der Freiheit selbst,
ewiger Mächte eherne Ketten schleppt er.
DER HERR DER KRAFT:
Aus dem Strudel der Liebe quellen
all eures Lebens Ströme und Wellen,
wälzt sich der Wünsche uferlos Meer.
Folgt nur, folgt den bewegenden Wogen:
willig zusammen ins Weite gezogen,
wachsen die Kräfte zum wuchtigen Heer.
Das ist ein Schäumen, das ist ein Schweben,
das ist ein rastlos Bäumen und Beben
hin durch Höhen und Tiefen des Glücks;
doch wer bedachtsam wehrt den Mächten,
die den Reigen des Daseins flechten,
spürt die Leere des Augenblicks.
Immer in Zweifel zerläuft der Gedanke,
oder nur höher häuft er die Schranke
um den versessenen Geist empor;
aber im Zaubermantel der Liebe
trägt dich der lachende Sturm der Triebe
auf vom Staub und ins Himmelstor.
Soll dein Sehnen nicht siech verwehen,
mußt du den Wirbel der Lust bestehen,
an dich reißen, was dir gefällt;
nur durch die Pforte, durch die dich ins Leben
die Brünste stießen, kann dein Streben
brünstig zurück in den Schooß der Welt.
DIE MENSCHEN:
Bebend lauscht der gefangene Blinde:
soll er folgen den lockenden Klängen?
DIE GEISTER DER LÜSTE:
Folgt nur, folgt! so fällt die Binde,
fallen die Banden, die euch zwängen.
Auf aus dem drückenden Dunkel der Pflicht!
euch lockt der Freiheit entzückendes Licht.
DIE MEISTEN MENSCHEN
stimmen ein:
Auf aus dem drückenden Dunkel der Pflicht!
uns lockt der Freiheit entzückendes Licht.
DIE GEISTER DER PFLICHTEN:
Weh den gern betrognen Toren,
rasch erlischt der Traum vom Glück;
immer sinkt zum Staub zurück,
was von Staubes Stoff geboren.
DER HERR DER ORDNUNG:
Nach dem Urquell seines Lichtes
wendet immer wieder sich dein Blick empor;
aber immer senkt er sich geblendet,
trüber siehst du alles als zuvor.
Zwar versinkst du in der Sonnenfülle
eine selig helle kurze Frist,
doch du fühlst, daß deines Auges Hülle
Heil und Notdurft deiner Sehkraft ist.
Willst du nicht dem öden Drang entsagen,
der nur buhlt um eine flüchtige Lust?
Wer nur immer will nach Wonnen jagen,
wird nur bittrer seines Wehs bewußt.
Der Genuß geht im Genuß verloren,
eilender berührt er als ein Hauch;
nur vom Augenblick wird er geboren,
mit dem Augenblick erstirbt er auch.
Aber allem Wechsel überlegen
thront die Freude der Zufriedenheit;
beuge deine Stirne ihrem Segen,
leg in ihren Schooß dein eitles Leid!
Lerne auf das frevle Glück verzichten,
das sich nähren muß von fremder Qual!
Alle Sehnsucht sucht ihr Heil in Pflichten;
bändige des Herzens wilde Wahl!
Ohnmacht rächt den Taumel der Sekunden;
aber ewige den Bund der Kraft,
und gestillt wird Herz an Herz gesunden,
unberührt vom Leid der Leidenschaft.
Ruhlust übermannt den Schwall der Schmerzen,
den die Wollust immer rege hält;
wer so ruht an einem Menschenherzen,
ruht am Herzen dieser ganzen Welt.
DIE MENSCHEN:
Wieder winkt aus Nacht und Grauen
dem einsam irrenden Wandrer ein Licht.
Trügt es? Führt es zum schützenden Herd?
DIE PFLICHTEN:
Sagt es euch die treue Stimme nicht,
die so heilig in euch spricht,
daß sie allem Zweifel wehrt:
wollt ihr eurem Glauben nicht mehr trauen?
Nur der gläubige Pilgr wird die Auen,
wo der Friede wartet, schauen.
DIE MEISTEN MENSCHEN:
Ja, wir glauben, wir vertrauen.
Gläubige Pilger, werden wir die Auen,
wo der Friede waltet, schauen.
DIE LÜSTE:
Jammer und Fluch! in Trägheit verstricken
wollen sie listig das blinde Geschlecht,
wollen den Sterblichen schmeichelnd berücken
um sein lebendiges Schöpfer-Recht.
Sehnsucht und Wille, Wahl und Verlangen,
himmlische Keime irdischer Werke,
sollen im Wucher der eignen Stärke
den Drang ersticken, dem sie entsprangen?
DIE MENSCHEN ALLE:
Weh uns! in ewigem Zwiespalt
hadern die ewigen Mächte
um die Seele des Menschensohns.
Jäh von Zweifel zu Zweifel,
froh des Kampfspiels, schleudern sie
um wie Bälle von Wand zu Wand;
nimmer rührt sie der irdische Schmerz.
Ach, wann kommt der Heiland,
der den Glauben uns schenkt
an die Liebe der Himmlischen,
der die Hoffnung uns bringt
auf Erlösung der Sterblichen?
Wann einst dürfen wir offen
unserm Schicksal ins herrische Antlitz schaun,
das aus bleierner Maske dumpf
auf die Gebannten herab
rätselumschauerten Auges starrt!
DER HERR DER KRAFT:
Will der Gram euch wieder beschleichen?
Laßt die Waffen der Lust euch reichen!
Liebe gibt Leben, gibt fröhlichen Krieg.
DIE LÜSTE:
Auf! euch schützen die schrankenlos schaltenden
Diener des Meisters, des rastlos gestaltenden;
sein ist die Herrschaft, sein ist der Sieg.
DER HERR DER ORDNUNG:
Flieh die Wünsche! trüb ist ihr Gewühle.
Suche, bis dir still die köstlich kühle
Quelle einer klaren Seele lacht.
DIE PFLICHTEN:
Kommt! euch helfen die heilsam waltenden
Diener des Meisters, des friedsam erhaltenden;
sein ist die Hoheit, sein ist die Macht.
DIE MENSCHEN:
Weh, uns starb der Glaube
an die Liebe der Himmlischen.
Weh, uns stirbt die Hoffnung
auf Erlösung der Sterblichen.
Ach, wann kommt der Heiland?
Wer verklärt uns unser Geschick?
DER GEIST DER MENSCHHEIT
erscheint:
Die ihr im Abgrund
brütet in Schweigen,
seht aus dem Abgrund
die Rettung steigen!
Denn aus den Tiefen,
drinnen ihrkreist,
wurde und wuchs auch
euer Geist;
und zu den Tiefen wieder,
die ihn erschufen,
neigt er sich nieder,
den ihr gerufen.
Lernt, O lernt in der Taufe der Not
aller Erlösung innerst Gebot:
dem ihr vergebens
flucht, dem Leid
dankt ihr des Lebens
Unendlichkeit:
nur wer gebannt ist in tägliche Pein,
will sich erlösen, will ewig sein.
Wenn dann in Zweifels läuternden Fluten,
wenn dann in Schmerzes stählenden Gluten
einsam der Mensch zu vergehen meint:
dann erscheint,
der zu den Mächten des Alls ihn eint,
der zu ewiger Wirksamkeit
sein vergängliches Wirken befreit,
der im Erschaffenen schaffend sich weist,
erscheint der Menschheit heiliger Geist.
DIE MENSCHEN:
Hört des Erbarmers mahnende Stimme!
Ja, wir bedachten das Ziel nicht,
das Alle versöhnende, einende Ziel.
unsrer Vollendung selige Zeit.
Aber, ein gütiger Vater,
zürnt er den irrenden Kindern nicht,
weist er den Suchenden wieder den Weg;
hört den gütigen Vater!
DIE LÜSTE UND PFLICHTEN
gemeinsam:
Welche wundersamen Töne,
treiben plötzlich uns zu Paaren!
was bewegt die undankbaren,
nie zufriednen Erdensöhne?
Ach, und will uns selber nicht
eine alte Ahnung beschleichen,
daß wir müssen dem Mächtigen weichen,
fürchten müssen, was er spricht?!
DER GEIST DER MENSCHHEIT:
Aller der Kräfte Schaar
ist mir verbündet,
wenn ihr ergründet,
was mich gebar.
Die um euch ringen, die in euch toben,
haben auch Mir die Schwingen gehoben;
denn von den Kämpfen, die euch plagen,
laß Ich mich willig nach Oben tragen.
Nur nicht gewaltsam
abgewehrt,
was unaufhaltsam
Leben begehrt!
Müßt euch versenken
tief in den innern Streit,
fühlend zerdenken,
was in euch schreit.
Wie's immer wühlt:
wenn ihr's zerrfühlt,
seid ihr befreit.
Nur wie ihr's auslegt, wird's euch bewußt,
wird Heil aus Unheil, Qual aus Lust.
Denn der Kreislauf der waltenden Mächte
will nicht das Gute, will nicht das Schlechte.
Was euch mit Willen, mit Sehnsucht füllt:
wie ihr's begreift, wie ihr's enthüllt,
wird es das Falsche, wird es das Rechte.
Die euch gestalten,
die euch erhalten:
schaffend zerstörende,
tötend gebärende
Weltgewalten:
deckt ihr in eurem
ihr Wirken auf,
lenkt ihr mit eurem
ihren Lauf.
Die in euch wühlen,
alle die Geister,
müssen denn fühlen:
Ich bin ihr Meister!
GEBET DER MENSCHEN:
Danket dem gütigen Vater!
Rühme dich, Menschheit, des herrlichen Namens!
Die uns dem Tode weihn,
die Ihm das Leben gaben,
dunkle Gewalten,
müssen sich beugen dem leuchtenden Sohn.
Geist des Heils, erlöse uns!
Denn wir spüren es,
unbezwinglich
wartet der Wille der Tiefe:
immer im jungen Bild
will er das alte,
eigenen Bildes Wiedergeburt,
und stürzt in Schuld das neue Geschlecht.
Höchster, erhebe uns!
Reinster, laß uns
täglich glühn dein nährend Licht,
daß wir wachsen und fühlen,
welche der Mächte,
die uns unklar versuchen,
Dein Reich zu uns kommen lassen:
unsrer Vollendung selige Zeit!
Du, der Klarheit heiliger Geist,
aller Gewalten allgewaltiger Sohn du,
Vater der Zukunft, ewiger Vater:
wen Du mit Deiner
Sehnsucht erfüllst,
der ist erlöst.
DIE LÜSTE UND PFLICHTEN:
Weh, der Trotz der Schwachen schwand,
ist in Demut ganz vergangen;
weh, nun schwindet auch ihr Bangen,
das sie gab in unsre Hand.
Lust und Pflicht, die ihnen schienen
höchster Urgewalten zwei,
rufen sie nun selbst herbei,
einem Höheren zu dienen.
Geist der Ordnung, Geist der Kraft,
weh, in Schweigen harrn Beide,
wie der Mächtige entscheide,
wer am reichsten für ihn schafft.
DER HERR DER KRAFT:
Wollt ihr verzagen?
greisisch entsagen.
heißerem Streit winkt süßerer Sieg!
Aus dem Gewühle
blöder Gefühle
tauchte der Wunsch, dem Begeistrung entstieg;
Inbrunst bezwang den brünstigen Feind,
Kampf und Liebe sind ewig geeint.
Nur wer zu ringen hat, erlebt den Vollgenuß;
wer im Besitz ist, den würgt der Überdruß.
Schwül ist des Friedens Luft,
Ruhe die dumpfe Gruft,
aus der die Werdelust aufschreit nach Licht!
DER HERR DER ORDNUNG:
Doch die Edeltriebe
seliger Nächstenliebe
wuchsen all im schmalen Beet der Pflicht.
Eine zarte Blume
ist die Menschlichkeit;
nicht wo wild einherstürmt die Natur,
in dem Heiligtume
milder Sitte nur
sprießt die scheue Knospe und gedeiht.
DIE MENSCHEN:
Führe uns, Vater,
nimm uns gnädig an die Hand!
Denn es schreitet die Wahrheit,
deine listige Tochter,
verhüllten Wandels ihre Bahn,
die Füße im Staub,
das Haupt in Wolken,
die spärliche Leuchte
mit dunkeln Fingern schützend.
Doch wen sie anglänzt, nur von fern,
der muß von fern, von fern ihr folgen,
nicht wissend warum,
nicht wissend wohin,
ewig bleibt sie unberührt.
Reich uns, Vater, Du die Hand;
deine Tochter, die Wahrheit,
lockt uns sonst ins Nebelland,
du Herr der Klarheit!
DER GEIST DER MENSCHHEIT:
Wollt ihr verstehen,
wie die Gewalten
schöpferisch schalten,
müßt ihr sehen,
was sie entfalten!
Keine bringt
den andern Untergang:
jede bedingt
der andern Lebensdrang.
Denn es vergeht
nur der Gestalten Art;
doch was als Wesen sich offenbart,
ist und besteht.
Ewig notwendig
bleibt das Ursprüngliche,
das Alt-Verjüngliche,
immer lebendig;
aber sein Wesen
könnt ihr nur lesen,
seht ihr mit Andacht an,
wie es Gestalt gewann.
Denn nur das Endliche
ist das Verständliche;
und die Erscheinung
ist die Vereinung
alles Bestehenden,
alles Vergehenden.
DIE LÜSTE:
Aus dem Gewühle
blöder Gefühle
tauchte der Wunsch, dem Beseelung entstieg!
Seht, euch reizten die schrankenlos schaltenden
Diener des Meisters, des rastlos gestaltenden;
Er, Er brachte der Menschheit den Sieg!
DIE PFLICHTEN:
Doch die edleren Samen,
die zur Blüte kamen,
wuchsen nur durch Zucht und stete Wacht!
Seht, euch schützten die heilsam waltenden
Diener des Meisters, des friedsam erhaltenden;
Er, Er wahrt der Menschheit die Macht!
DIE MENSCHEN:
Vater, erleuchte uns.
was bringt Glück?!
Alle Genüsse
bietet die Lust;
doch den Frieden
wahrt die Pflicht.
Ach, aber enge
scheint die Pflicht,
und die Welt ist weit, ist weit.
Und der Augenblick nur lockt,
doch mit der Zukunft
droht die Zeit.
Vater, führe uns,
O verklär uns unser Geschick!
DER GEIST DER MENSCHHEIT:
Wenn auf der Wage deiner Gedanken
unstät deine Wünsche schwanken,
schmähe nicht den Augenblick;
Augenblick bestimmt die Zeiten,
lerne dir ihn vorbereiten,
dann verstehst du dein Geschick.
Nein, mit nichten sollt ihr verzichten
auf die Lust, sie weckt die Kraft;
aber, weil sie sonst erschlafft,
lernt euch Pflichten
draus erdichten!
Seht: aus Einem Leib
schieden in Mann und Weib
einst die Gewalten
ihre Gestalten,
schöner in ihnen sich selbst zu entfalten,
reiner, freier, eigner zu schalten.
Und so werde im Menschen die Lust
ihrer göttlichen Pflicht bewußt;
was sich nur schied, daß es wachse an Stärke,
eint sich dann neu dem unendlichen Werke.
So gewinnt die Werdegewalt
in Gesetzen klare Gestalt,
so erkämpfen ihr festen Grund
die Kraft, die Ordnung in heimlichem Bund.
KRAFT UND ORDNUNG
gemeinsam:
Ihr habt gehört das Heilandswort:
nicht streiten Lust und Pflicht hinfort,
wenn ihr dem einen Ziele lebt,
zu dem All-Alles treibt und strebt:
die kämpfenden Mächte feiern Versöhnung
im Heim der Allmacht, zu ihrer Verschönung.
Denn immer williger enthüllt
der Geist sich, der die Welt erfüllt;
drum ward der Triebe irre Lust
zu steter Liebespflicht bewußt,
drum will der Menschenseele Sinn
mit allen Sinnen zur Menschheit hin.
DIE LÜSTE UND PFLICHTEN:
Die kämpfenden Mächte feiern Versöhnung
im Heim der Allmacht, zumWerk derVerschönung.
Drum will der Mensch, je mehr allein,
mit aller Macht ein Allmensch sein;
drum strahlt ihm jegliches Gestirn
Beseligung durch Herz und Hirn.
DIE MENSCHEN:
O Glück! nun klärt sich uns die Welt,
von allem Wahrheitswahn befreit:
in jedem seligen Augenblick
enthüllt sich uns die Ewigkeit.
DER GEIST DER MENSCHHEIT:
Denn Eines füllt den Augenblick
und hebt dich über alle Zeit
und eint dich mit der ganzen Welt:
das Glück der Selbstvergessenheit –
ALLE:
das aus der Fülle seiner Kraft
ein Bild der ewigen Ordnung schafft. |