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XXII.

Was vom Winter noch übrig war, ging in dieser Ungewißheit hin. Hendrik, der fast nicht mehr schlafen konnte, trieb sich etwa wie ein Geist, der sich beim Hahnkrähen in der Welt der Lebendigen verspätet hätte, in dem Tumult der Karnevalsfreuden herum, welche zu theilen Helene mit Bestimmtheit sich weigerte. Sie hatte, um so zu sagen, einen Ankerplatz gefunden, und zwar an der Staffelei. Ihr Talent für die Malerei, welches sie bis jetzt in Gefangenschaft gehalten hatte, forderte endlich seine Daseinsrechte. Man sieht nicht ungestraft so lange und so viel Meisterwerke, wenn man selbst Bilder in der Seele hat. Helene sagte eines Tages mit ihrer gelassenen Entschiedenheit: »Mutter, ich muß auch malen.« Sie hatte auch gleich ein Bild. Da, wo in Antwerpen zwei Straßen sich kreuzen oder zusammentreffen, sieht man fast immer in einer Nische an einer Ecke ein Marienbild. Die Volkssage erzählt, man habe ihrer so viele angebracht, weil man den Einwohnern dadurch Zufluchtsorte vor den Verfolgungen des langen Wappers habe verschaffen wollen. Der lange Wapper war das Stadtgespenst von Antwerpen, eines von jenen elastischen Gespenstern, wie man deren wohl auch anderswo im Volksglauben antrifft. Er lag als ein kleines Kind auf der Erde, und ließ sich aufheben und tragen, und dann wurde er schwerer als ein Stein, und fiel hin, und dann schoß er wie eine Rakete in die Luft, höher als der Thurm von Unserer lieben Frau und lachte oben das höhnische Geistergelächter, welches den Menschen, der es hört, wahnsinnig machen kann. Er blickte des Abends in die Zimmer im zweiten Stock, er kam durch den Schlot, er fuhr aus der Schelde heraus und warf die Leute hinein, er drehte ihnen wohl auch den Hals um; mit einem Worte, er war ein Gespenst von äußerst unangenehmem Naturell, und ihm zu entgehen war nur möglich, wenn man sich in den Schutz eines heiligen Bildes flüchtete: darum die vielen Marien an den Straßenecken von Antwerpen.

Ein solches Bild nun in seiner Nische hatte Helene gewählt. Der Winterhimmel hing über den Häusern, die vor dem Frost geschlossen waren. Das Straßenpflaster war mit Schnee gesprenkelt, und vor der Nische stand eine Gruppe von Königssängern.

Die Königssänger ziehen zu Epiphanie herum, aber es sind nicht »die heiligen drei Könige mit ihrem Stern« die kommen nur noch in Limburg vor. In Vlandern und Brabant wandern die Sänger in ihrer Alltagstracht umher, und da sie zu den Aermsten gehören, so ist ihre Tracht die geflickte des Elends.

Die Gruppe, welche Helene nach eigener Anschauung darstellte, war auch eine solche. Sie bestand aus zwei Knaben und einem Mädchen von ungefähr sechzehn Jahr in dem vlämischen Kapuzenmantel von lila Kattun. Helene kannte das hübsche kleine Bild von Navez François-Joseph Navez (1787-1869), neoklassischer belgischer Maler. nicht, auf welchem eine junge Bettlerin, die ein Kind im Mantel trägt, mit so dunkeln spanischen Augen unter der lila Kapuze hervorsieht, aber sie hatte die Bettlerpoesie des Mantels nicht minder verstehend aufgefaßt, als der belgische Maler. Vielleicht mit ihrer Mädchenseele sogar noch tiefer und wehmüthiger. Sie hatte vielleicht noch schärfer gefühlt, wie kalt es die arme blasse Sängerin in der dünnen zerrissenen Hülle haben müsse, an welcher der kleinste der Knaben sich festhielt. Das Bübchen, ungefähr sechs Jahre alt, war ein so wunderbar zusammengeschnürtes Bündel von Kleidungsstücken, daß es alle Beschreibung unmöglich gemacht hätte, aber in Farben sich leicht und treffend wiedergeben ließ. Der größere Knabe, ein Jahr jünger als die Schwester, fror in einer geflickten und ausgewaschenen Blouse, und drehte den großen Stern, der von weißem Papier gemacht und auf der dem Publikum zugewendeten Seite mit kleinen Bildchen aus dem russisch-türkischen Kriege von 1828 beklebt war. Häufig werden in Antwerpen ausnahmsweise Liedchen des Volksdichters Jan Koes, der im vorigen Jahrh. lebte, oder wohl auch noch Elegieen auf den Tod Maria Theresia's gesungen, welche letztere mit dem Refrain schließen:

Onz' Keizerin is overleden,
Ja, onz' Maria Theresia.
Uns're Kaiserin die ist verschieden,
Ja, uns're Maria Theresia.

Aber von diesen drei Waisenkindern, denn sie konnten nichts Anderes sein, wußte man, daß sie zu einer der alten melancholischen Weisen, wie das vlämische Volk mit seinem Instinkt sie sich zur Weihnachtszeit in seinem trüben Lande ausgewählt hat, ein Lied vom Kinde in der Krippe sangen.

Das Bild gefiel während seines langsamen Entstehens und sichern Werdens Allen, die es sahen. Es freute die Antwerpner, daß Helene als ersten Vorwurf einen gewählt, welcher Antwerpen und das vlämische Leben zugleich auffaßte. Mit einem bei einer Anfängerin wirklich seltenen Verständniß hatte Helene den eigenthümlich alten Ausdruck begriffen, welcher bei dem vlämischen Typus oft mit der jugendlichsten Form gepaart erscheint. Der kleinste Bube z. B. runzelte die Stirn ganz so, wie man es im Vorbeigehen mit Befremdung bei den Kindern sieht, die auf den Gassen laufen oder spielen. Ich will damit durchaus nicht sagen, daß Helenens Bild ein Meisterwerk war, aber es versprach für die Zukunft sehr viel. Florent war ganz entzückt; er hatte es gar nicht geahnt, daß Helene auch malen könne. Warum sie es bisher nicht versucht, warum sie die mit der Mutter zusammen erworbene Fertigkeit nie angewandt, das blieb ihm allerdings unerklärlich; Helene sagte es nicht, und um es zu errathen, dazu verstand er sie doch nicht genug. Hendrik errieth es; vor ihm konnte Helene keine ihrer Eigenschaften mehr verbergen. Aber was half es ihm, daß er in dieser unaufhörlichen Zurückhaltung der Mutter wegen einen Grund mehr entdeckt hatte, um Helene zu lieben? Liebte er sie nicht schon genug, selbst viel zu sehr?

Mit Cesarinen war er nur noch zufällig einige Male zusammengekommen. Seine Gleichgültigkeit gegen sie war so vollkommen und so sichtbar, daß Cesarine nicht erst versuchte, ihn wieder zurückzulocken. Im März kam Edward eines Tages zu ihm, und erzählte ihm, daß Cesarine nun wirklich verlobt sei, und zwar mit einem Notar aus St. Nikolas. Dieses, einige Stunden tiefer als Antwerpen an der Schelde gelegene Städtchen hat das Unglück, mit noch einigen Städten in Belgien den Ruf zu theilen, daß sich bei seinen Bewohnern die Dummheit vom Vater auf den Sohn vererbe. Der künftige Vetter Edward's schien keine Ausnahme von seinen Stadtgenossen zu machen. Er war Wittwer, Vater von erwachsenen Söhnen, über fünfzig hinaus, und heirathete das lebenslustige Mädchen von vierundzwanzig Jahren. Indessen, es konnte besser ausschlagen, als es sich erwarten ließ. Der Notar wollte, wie Edward sagte, »etwas Frisches haben«, Cesarine ihrerseits konnte sich nur mit einem Manne verheirathen, der reich genug war, um ihrem Hange zum Wohlleben und zum Müssiggange Vorschub leisten zu können. So bekamen sie Beide, was sie wünschten, und konnten sich ja wohl mit einander einleben. »Auf jeden Fall sind wir Rien los,« sagte Edward zum Schluß. Hendrik wünschte ihm Glück dazu, ließ auch Rien als Braut des Notars Glück wünschen, und vergaß dann sowohl sie, wie seinen früheren Brautstand mit ihr, um sich ausschließlich mit seiner neuen Liebe zu beschäftigen.

Das Landschaftliche in vlämisch Belgien ist nur für die Vlamingen da, der Fremde, hauptsächlich der Deutsche mit seinem angeborenen Bedürfniß der Naturschönheit, sucht es umsonst. Für ihn giebt es in Vlandern und Brabant nur angebaute Gegenden. Das Poetische und Malerische findet er allein in den Städten.

Auch der Frühling erscheint anmuthiger in den Städten, deren alte Architektur er mit Grün durchwindet, als draußen auf dem Lande, wo ihm kein Eckchen und kein Fleckchen gelassen wird, um wilde Blumen hinzuwerfen, und mit am lieblichsten ist er in Antwerpen. Wenn unter den frisch ausgeschlagenen Bäumen am Grünplatz die ersten Blumen verkauft werden, und der Thurm der Kathedrale in der geläuterten Luft noch durchsichtiger, als sonst erscheint, dann weht und webt um das Standbild Rubens' her in Wahrheit der Frühling.

Dieses Jahr hatte er es besonders eilig. Was er sonst im Mai zu thun pflegte, das that er schon im April. Helene freute sich an ihm mit glänzenden Augen und lächelnden Lippen. Wieder und immer wieder sagte sie zu Florent Herreyns: »was ist es im Frühling hübsch in Antwerpen!« Zu Hendrik sprach sie nie davon, vielleicht weil er bei ihr dem Frühling ein wenig half, so wunderhübsch zu erscheinen und die Welt so ganz und gar zu verwandeln.

Wenn ihm das gelang, so wußte er Nichts davon. Ihm brachte der Frühling dieses Mal keine Freude. Ja, er grollte sogar Allen, die sich an der vorzeitigen Pracht freuten. »Es wird Alles wieder erfrieren,« sagte er; »hier auf Erden sind alle Dinge ja nur schön, um zu verderben.« Hendrik's Stimmung oder lieber Verstimmung äußerte sich nicht blos in solchen allgemein düstern Betrachtungen, sondern auch in seinem Betragen. Er war unlustig zu seinem Tagewerk, reizbar, ungeduldig zu Hause. Mutter, die ihn dabei auch noch fahl und mager werden sah, beunruhigte sich ungemein um Rik, aber sie durfte es sich nicht merken lassen, denn Rik wollte Nichts davon hören, sondern verlangte sehr energisch, in Ruhe gelassen zu werden.

Zugleich ging es mit dem drohenden Wirrwarr in der Politik fort. Mehrmals schon hatte die Hofräthin von ihrem Bruder Anmahnungen zur Rückkehr bekommen, indem bei einem Ausbruch für Belgien das Erste und das Meiste zu fürchten sei. Die Hofräthin hatte gerade ein Bild angefangen, welches sie gern ohne Unterbrechung fertig malen wollte: so schrieb sie denn vertröstend und beruhigend zurück, und machte dem Bruder bemerklich, wie rasch sie im Fall einer nahenden Gefahr über der Grenze sein könnten. Doch er blieb unruhig und wurde ungeduldig, hauptsächlich Helenens wegen, die sein Augapfel war. Gegen Mitte April schrieb er wieder, und dieses Mal verlangte er das Heimkommen. Er war Helenens Vormund, so hatte er Rechte, welche die Hofräthin auch willig anerkannte. Sie las den Brief und sagte: »Lenchen, jetzt werden wir doch fort müssen, der Onkel wird böse« – –

»Warum werden Sie fort müssen?« fragte Florent, welcher mit Hendrik eben da war. Es war gegen Abend, Mittwoch den dreizehnten April, glaub' ich – ein Regensturm war mit der Schelde im Kampf. Helene stand am Fenster und sah zu; bei den Worten der Mutter wandte sie sich um, antwortete jedoch nicht. Die Hofräthin dagegen beantwortete die Frage Florent's, indem sie ihm das Verhältniß zu ihrem Bruder auseinander setzte. Florent unterbrach sie plötzlich. »Was ist, Van Loon?« fragte er, rasch zu Hendrik gehend, der sich leichenblaß auf den Tisch in der Mitte stützte. »O es ist nichts,« erwiederte Hendrik, indem er ein Lächeln erzwang; »ich bin nur verloren.« Die Hofräthin war ebenfalls herbeigekommen, und zwar im höchsten Erstaunen: in Folge der Blindheit, mit welcher die Mütter meistens geschlagen sind, hatte sie geglaubt, daß Helene für Florent eine Neigung habe; an Hendrik hatte sie nicht gedacht. Sie stand jetzt sehr verlegen da, und blickte von ihm auf Florent, der mit einem aus Theilnahme und Spott gemischten Ausdruck Hendrik ansah und eben den Mund öffnen wollte, um ihm zuzureden, als er sich gegenüber Helene erblickte. Sie war schnell und geräuschlos genaht, herangeglitten eigentlich. Die Mutter fuhr zusammen, als sie auf ihrem Arm die Hand des jungen Mädchens fühlte. Helene war so gesammelt wie immer, nur viel blässer als gewöhnlich. Aber klar und deutlich klang ihre Stimme, als sie sagte: »Mutter, bleiben wir hier.«

»Ah!« sagte Florent.

Die Hofräthin warf ihm einen sehr betroffenen Blick zu, dann fragte sie: »warum, Lenchen?«

Helene hatte ihren Entschluß gefaßt; statt aller Antwort streckte sie die Hand nach Hendrik aus. Der junge Mann that einen unterdrückten Jubelschrei und faßte zitternd und zögernd die ihm gebotene Hand. Als er aber sie erst in der seinen fühlte, und so zum wirklichen Bewußtsein dessen kam, was vor ihm und für ihn geschah, da bemächtigte er sich wild vor Entzücken auch der andern Hand Helenens, und kniete im nächsten Augenblick, Alles vergessend, was nicht Helene war, weinend, lachend und abgebrochene Worte durcheinander redend, vor dem jungen Mädchen, welches ihn gewähren ließ und ihn ernst und träumerisch betrachtete.

Florent hatte die Arme übereinander geschlagen, und fuhr fort, zuzusehen. Es war dies der sonderbarste Vorfall, wovon er noch je Zeuge gewesen war.

Noch überraschter, oder, es muß gesagt werden, noch verblüffter als er, war natürlich die Hofräthin. Ihre vernünftige Tochter stand da mit einem jungen Manne zu ihren Füßen, und schien darin nicht ein Mal etwas Besonderes zu finden. Die Hofräthin wußte nicht recht, ob sie wachte oder träumte, und erst nach mehr als einer Minute kam sie dazu, die beiden Worte herauszubringen:, »aber, Lenchen!«

Bei dem Ton ihrer Stimme kam Hendrik wieder zu sich und sprang auf. Jetzt erst dachte er daran, daß Florent und die Hofräthin ihm zugesehen und zugehört. Er fing zugleich an, zu begreifen, daß er der Mutter eine Erklärung schuldig sei. Aber wie sie geben? Er mußte Helene sehr lieben und ganz und gar außer sich selbst gebracht sein, denn zum ersten Male versagten ihm die Worte, und er stand so verschämt und so verlegen da, als wäre er das junge Mädchen.

Helene dagegen verlor die Fassung keinen Augenblick. Tief aufathmend wandte sie sich, als Hendrik ihre Hände losgelassen hatte, zur Mutter und schmiegte sich an deren Schulter, dann sprach sie.

»Es mag sonderbar scheinen, was ich gethan habe, Mutter,« sagte sie kindlich schmeichelnd, »aber – es mußte gethan werden – es konnte zwischen mir und Van Loon nicht lange mehr so bleiben. Da ist's denn recht gut, daß es so rasch gekommen ist, in Deiner Gegenwart. Die gab mir Muth, und vor Herrn Herreyns schäm' ich mich auch nicht – er ist unser Freund.« Sie hielt einen Augenblick inne, und fuhr dann, Hendrik wieder die Hand reichend, erröthend fort: »von Herrn Van Loon wußt ich's lange, daß – daß –« sie konnt' es doch nicht aussprechen – und endete schnell: »es fragte sich nur, ob ich ihm verzeihen könnte, aber – ich hab' es thun müssen.«

»Was verzeihen?« fragte Hendrik hastig und beunruhigt.

»Fräulein Veydt,« antwortete ihm Florent. »Haben Sie die ganz vergessen?«

»Ganz und gar,« versicherte Hendrik ehrlich. Dann rief er plötzlich auf Vlämisch: »ach, was wird Mutter glücklich sein!«

»Ich will's meinen – sie kann's,« sagte Florent lächelnd.

Die Hofräthin hatte sich noch immer nicht recht gefaßt. »Was wird denn aber der Onkel sagen?« fragte sie rathlos die Tochter.

»Der Onkel?« wiederholte Helene, »der wird zuerst zanken, dann Nein und nachher Ja sagen, und endlich herkommen, um –«

»Die Hochzeit feiern zu helfen,« endete Florent für sie. »Ja, das wird das Ende sein.« Darauf sprach er sehr ceremoniös: »Meinherr Van Loon, ich habe die Ehre, Euch Glück zu wünschen.«

»O, ich weiß noch immer nicht recht, wie mir geschehen ist,« sagte Hendrik, mit der Hand über die Stirne fahrend.

»Wie es scheint, Herr Van Loon, sollen wir Schwiegermutter und Schwiegersohn werden,« sprach die Hofräthin.

»Ja,« antwortete er.

»Wollen Sie es aber auch?« fuhr sie fort.

»Ich? O mein Gott!« rief er. »Wenn ich nur sprechen könnte,« setzte er hinzu, aber seine Stimme erstickte in Thränen. Auch die Hofräthin fing jetzt an, zu weinen, umarmte Helene, umarmte Hendrik, umarmte sogar Florent, der es sich mit guter Miene gefallen ließ. Dann fragte sie: »aber was soll ich denn machen?«

»Bei uns bleiben, Mama,« antwortete Helene liebkosend, und Hendrik wiederholte warm: »ja, bei uns bleiben.«

»Kinder – eine Mutter im Hause« – sprach die Hofräthin anscheinend bedenklich.

»Eine Mutter im Hause ist nur gefährlich, wenn sie Nichts zu thun hat,« sagte Helene bestimmt. »Du malst, Mama; Du hast keine Zeit, um den Hausfrieden zu stören.«

»Und wann gehen wir nach Deutschland?«

»Wenn Herr Van Loon ein Mal einen Urlaub von seinem Patron bekommt, oder wenn nach fünf Jahren sein Engagement aufgehört hat.«

»Sie hat an Alles gedacht,« sagte die Hofräthin. Damit nahm sie Hendrik bei der Hand, und führte ihn an ein Fenster, um sich etwas genauer mit ihm zu erklären und zu besprechen.

Florent blieb Helene gegenüber, die sinnend am Tische stand. Sein Blick ruhte mit Antheil auf den gesenkten Augen des jungen Mädchens. Nach einem ziemlich langen Schweigen frug er sanft: »Haben Sie auch wirklich an Alles gedacht?«

»Ja,« antwortete sie, mit dem Kopf leise ihre Bejahung bekräftigend.

»Sie kommen in neue Verhältnisse,« fuhr er fort.

»Ich kenne sie.«

»Und Sie werden Manches zu überwinden haben.«

»Ich weiß es.«

»Und Nichts schreckt Sie?«

»Nein,« sprach sie und erhob das Auge klar und ruhig zu dem besorgten Freund.

»Sie lieben ihn?«

»Ich liebe in ihm den Dichter und das Kind,« antwortete sie ruhig. »Später werde ich auch den Mann lieben können. Wir werden zusammen lernen, uns entwickeln und zum Ziele gelangen.«

»So sei es,« sprach Florent, drückte ihr herzlich die Hand und verließ das Zimmer.


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