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Adel

Adelsrechte und Volksrechte

Es ist wahr, Ritter vom goldenen Vließ, der du nichts weiter bist als das, es ist wahr, und niemand leugnet es dir ab, daß es für dich sehr unbequem sein würde, wenn die Achtung für deine hohe Geburt, für deine Titel und für deine Orden sich plötzlich aus der Welt verlöre, und du auf einmal bloß nach deinem persönlichen Werte geehrt werden solltest; wenn alles von deinen Gütern, dessen Besitz sich auf ungerechte Rechte gründet, dir abgenommen werden sollte; es ist wahr, daß du der verachtetste und ärmste unter den Menschen werden, daß du in das tiefste Elend versinken würdest: aber verzeihe, – die Frage war auch gar nicht von deinem Elende oder Nichtelende; sie war von unserem Rechte. Was dich elend macht, kann nie recht sein, meinst du. Aber siehe hier deine bisher von dir unterdrückten leibeigenen Sklaven; es würde sie wahrhaftig sehr glücklich machen, selbst dasjenige wenige deiner Schätze, was du mit Recht besitzest, unter sich zu teilen; dich zu ihrem Sklaven zu machen, wie sie bisher die deinigen waren; deine Söhne und Töchter zu Knechten und Mägden zu nehmen, wie du bisher die ihrigen dazu nahmst; dich vor sich her das Wild treiben zu lassen, wie sie es bisher vor dir trieben; sie rufen uns zu: »der Reiche, der Begünstigte gehört nicht zum Volke; er hat keinen Anteil an den allgemeinen Menschenrechten«. Das ist ihr Interesse. Ihre Schlüsse sind so gründlich, als die deinigen. Was sie glücklich macht, könne nie unrecht sein, meinen sie. Sollen wir sie nicht hören? Nun so erlaube, daß wir auch dich nicht hören.

Unbillige Zumutung

Wir wissen zwar wohl, daß ihr noch immer fertig seid, auf jedes unedle Wort den, der es sagt, zu durchbohren; aber haltet euch an euer Zeitalter, wenn wir von dieser Zartheit eures Ohres nicht mehr so sicher auf die Zartheit eures sittlichen Gefühles schließen, als wir zu eurer Urahnen Zeiten es vielleicht getan hätten. Es ist wahr, Zweig eines edlen Stammes, es können sehr wohl die ehrenfesten Grundsätze der alten biedern Ritterschaft auf dich herabgeflossen sein; aber es ist ebenso möglich, daß die Grundsätze der Hofkünste dir überliefert seien; wir können beides nicht wissen. Siehe, wir wollen das letztere nicht voraussetzen; mute uns nur nicht zu, das erstere anzunehmen. Gehe hin und handle, und wir wollen dich dann nach dir selbst beurteilen.

Der Adel einst und jetzt

Das ist der wahre Unterschied zwischen dem Ehrgefühle des ehemaligen Adels und dem des größten Teiles unseres heutigen: jener wollte nichts unedles tun, dieser will nicht sagen lassen, daß er es tat; jener war stolz, dieser ist zu eitel, als daß er stolz sein könnte.

Wenn!

Wer nicht arbeitet, soll nicht essen, – wenden wir mit nicht geringerer Strenge auf den gemeinen Bürger an, als wir es auf den Begünstigten anwenden würden, – wenn er arbeiten könnte.

Das Militär

Neben diesen hin flicht sich ein beinah ebenso fürchterlicher Staat durch militärische Monarchien: das Militär. Durch eben das, was ihren Stand hart macht, die strenge Mannszucht und die mit Blut geschriebenen Gesetze desselben an ihn angefesselt, finden sie in ihrer Erniedrigung ihre Ehre und in der Ungestraftheit bei Vergehungen gegen den Bürger und Landmann ihre Entschädigung für die übrigen Lasten desselben. Der roheste Halbbarbar glaubt mit der Montur die sichere Überlegenheit über den scheuen, von allen Seiten geschreckten Landmann anzuziehen, welcher nur zu glücklich ist, wenn er seine Neckereien, Beschimpfungen und Beleidigungen ertragen kann, ohne noch dazu von ihm vor seinen würdigen Befehlshaber geschleppt und zerschlagen zu werden. Der Jüngling, der mehr Ahnen, aber nicht mehr Bildung hat, nimmt sein Degenband als einen Berechtigungsbrief, auf den Kaufmann, den würdigen Gelehrten, den verdienten Staatsmann, der ihn vielleicht selbst in der Ahnenprobe besiegen würde, höhnend herabzusehen, ihn zu necken und zu stoßen, oder unsere Jünglinge, die sich den Wissenschaften widmen, von ihren etwaigen Unarten durch Fußtritte zu heilen.

Daß hier kein Zug sei, der sich nicht mit zahlreichen Tatsachen belegen ließe, weiß jeder, der gewisse starke Garnisonen kennt. Daß übrigens eben dieser Stand manche edle Tugend vorzüglich pflege und nähre; daß schnelle und mutige Entschlossenheit, daß männliche und offene Freimütigkeit, die Würze des gesellschaftlichen Lebens, in unserem Zeitalter fast nur noch bei gebildeten Offizieren angetroffen werde, setze ich hinzu und bezeuge allen würdigen Männern, die ich in diesem Stande kenne oder nicht kenne, meine desto innigere Verehrung. – Aber das Urteil im allgemeinen ist hier gar nicht auf die größere oder geringere Anzahl der Tatsachen, sondern auf Gründe gebaut. Wenn ein Stand dem allgemeinen Gerichtshofe entzogen und vor einen besonderen geführt wird; wenn die Gesetze dieses Gerichtshofes von den allgemeinen Gesetzen aller Sittlichkeit sehr verschieden sind und mit strenger Härte bestrafen, was vor diesen kaum ein Fehler ist, und Vergehungen übersehen, die diese streng ahnden würden: so erhält dieser Stand ein abgesondertes Interesse und eine abgesonderte Moral und wird ein gefährlicher Staat im Staate. Wer den Verführungen einer solchen Verfassung entgeht, ist ein um so edlerer Mann; aber er widerlegt nicht die Regel; er macht nur die Ausnahme.


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