Johann Fischart
Flöh Hatz, Weiber Tratz
Johann Fischart

 << zurück weiter >> 

Anzeige. Gutenberg Edition 16. 2. vermehrte und verbesserte Auflage. Alle Werke aus dem Projekt Gutenberg-DE. Mit zusätzlichen E-Books. Eine einmalige Bibliothek. +++ Information und Bestellung in unserem Shop +++

Friden vnnd rhuw vor den

Floehen, Schaben vnd Laeusen: vor

den Raupen, Schnacken vnnd Fleder-
maeusen. Von Würmern, Froeschen vnnd
Schnecken. Von Ratten, Schlangen,
Spinnen vnnd Hewschrecken.
Wünschet dem Laeser
J. F. G. M.

 

            1.   HOmerus der Poeten Liecht
    Vnd der Fürnemst von Künstgedicht
Der hat vns woellen vnderweisen
    Den Krieg der Froesche mit den Maeusen.
5.   Deßgleichen der Vergilius
    Hat beschrieben mit gůter můß
Die klag der Schnacken von den Leuten
    Wie sie jhrn stich so vbel deiten.
So hat auch der Ouidius
10.       Gestelt wie sich beklag die Nuß.
Ja der Fantastisch groß Poet
    Hat sich gewünschet all zů schnoed
Zů einem Floh, das er mit fůg
    Bey seinem Bůlen steck genůg.
15.   Das wer den Meidlein zůbegeren
    Das alle Floeh Ouidisch weren
So würden sie nicht so gepfetzt
    Wie man sie sonst daen weg verletzt.
Ich aber wünscht dem selben Gecken
20.       Das er jrs kots vil pfund müßt schlecken,
Vnd das jms LiebHertz drinnen schwimm 66
    So wer sie dann gesteckt in jhm.
Weiter hat Fauorin bewiesen
    Des Fiebers vnschuld, vnds gepriesen
25.   Auch fast globt den Vnflat Thersitem
    Als ob jhm Ehr sey zůerbieten.
Gleich wie auch Lucianus that
    Ders Schmarotzen entschuldigt hat,
Als ob es sey ein feine kunst
30.       Weil man damit kriegt viel vmbsunst.
Hat auch die Muck herfür gestrichen
    Sie gar dem Elefant verglichen.
Vnd Synesius lobet frey
    Das die Kalheit zů wünschen sey.
35.   Was lehrt Aesopus durch all Thier
    Dann das sie weiser seind dann wir.
So haben etlich auch beschrieben
    Im Grammatick krieg wie woerter stieben.
Deßgleichen hat man solche Kunden
40.       Zů vnser zeiten auch gefunden,
Als Porcium den Saewpoeten
    Der weißt wie Schwein einander toedten
Vnd Erasmum von Roterdam
    So rümpt der Thorheit grossen stamm
45.   Agrippa auch von Netterßheim
    Lehrt wie schoen sich der Esel zaeum
Vnd das er nicht sey faul vnd traeg
    Sonder bedachtsam auff dem waeg.
Cardano ist sehr angelegen
50.       Das er bey Leuten bring zůwegen
Das man nicht meh den wůst der Welt
    Neronem ein Tyrannen schelt.
Scaliger von Subtilen stücken
    Schilt sehr die Hund von falschen dücken
55.   Vnd lehrt das sie meh vntrew seind
    Dann das sie seind des Menschen Freund
Welchs doch Cardanus widerficht
    Sie wie ein Hundsfürsprech verspricht.
Hat nit von Straßburg Doctor Brand
60.       Im Narrenschiff gstrafft jeden stand 67
Bein Narren grosse Weißheit glehrt,
    Weil man nit ernsthafft ding gern hoert.
Deßgleichen auch Ehr Caspar Scheit
    Der best Reimist zů vnser zeit
65.   Hat er nicht schoen im widerspiel
    Erhebt die Grobianer viel.
Was soll ich vom Eulnreimer melden
    Der vor eim Jar im Eulenhelden
Den Eulenspiegel steckt zům zweck
70.       Allen Schaelcken im Bůbeneck.
Im grossen Bůbeneck der Welt,
    Dann Schaelck erfüllen Staett vnd Vaeldt.
So hat der Eißler Kappenschmidt
    Erhebt der Narren Kappen sitt.
75.   Auch Doctor Cnaust rümmt die Omeisen
    Vnd thůt die faul Rott zů jhn weisen.
Vnd wer hat nicht gelesen heut,
    Die Wolffsklag, wie er klagt vnd schreit
Das man jhm gibt kein Kuttelfleck
80.       So trieg er keine schaaf hinwegk,
Vnd das er sich im stegreiff nehr
    Dieweil man jhn kein Handwerck lehr.
Wer sicht nicht was für seltzam streit
    Vnser Brieffmaler malen heut
85.   Da sie führen zů Feld die Katzen
    Wider die Hund, Maeuß vnd die Ratzen.
Wer hat die Hasen nicht gesaehen
    Wie Jaeger sie am Spiß vmbdraehen.
Oder wie wunderbar die Affen
90.       Des Buttenkraemers kram begaffen?
Vnd andre Prillen vnd sonst grillen
    Darmit heut fast das Land erfüllen
Die Brieffmaler vnd Patronierer
    Die Laßbriefftrager vnd Hausierer?
95.   Wer weißt nit das schoen Lied vnd muster
    Wie ein Schneider vnd ein Schůster
Lang vor dem Rotwilischen Rechten
    Vmb die Geiß, wem sie gehoer, fechten,
Allda der Schůster sie gewan 68
100.       Das er das vorder theil solt han,
Der Schneider der Geiß hindern Speck,
    Das er die Nadel darein steck.
Deßgleichen auch des Sewsacks streit
    Mit einem Stockfisch, welcher schreit
105.   Das auff jhn schmack ein gůter trunck,
    Der sewsack spricht das schafft sein schunck
Der Stockfisch sagt von grossem handel
    Wie er durch ferre Laender wandel,
Vnd das die Saew seind offt voll Pfinnen.
110.       Das laßt jhn nit der Sewsack gwinnen,
Vnd spricht die stockfisch sein voll Maden
    Darumb hat keiner sein genaden
Vnd wann man jhn schon essen můß
    So schafft es nur die Fastenbůß.
115.   Wer hoert nicht singen die New Maer
    Vom Bůchsbaum vnd vom Felbiger.
Der Buchsbaum singt, ich bin so rein
    Auß mir macht man die Kraentzelein
Der Felbiger sagt, ich bin so fein
120.       Auß mir macht man die Muelterlein
Auß dem Buchsbaum die Loeffelein
    Auß Felbiger die Faesselein
Auß Buchsbaum die Baecherlein
    Auß Felbiger die Saettelein
125.   Auß Buchsbaum die Pfeiffelein
    Der ander steht am Brünnelein.
Vnd wann man alls besicht allein
    So seind es doch nur Baeumelein.
Das heißt anrichten zanck vnd streit
130.       Da gar keine hader ist noch Neid.
Gleich wie auch thůn die Vnflat beid
    So zwey grobe Lieder han bereit
Vom streit der Filtz mit Kleiderlaeusen
    Vnd wie sich Roß vnd Kuetreck beissen,
135.   Dem wünscht ein warmen ich auff dflenen
    So koendt am gschmack den streit er trennen.
Aber diß Lied kan ich nit schmaehen
    Welchs laut: Die Weiber mit den Floehen 69
    Die haben einen staeten krieg
140.           Sie geben auß groß Lehen
    Das man sie all erschlueg, &c.
Deßgleichen můß ich loben sehr
    Hie des Flohs klag zům JuPiter.
Der seim Sommergsellen der Mucken
145.       Klagt wie man jn gar woel vertrucken,
Wie vbel jhm bekommen thůt
    Das Weiberfleisch vnd Jungfrawblůt,
Vnd was für schrecken bring das schlecken
    Dem, so sein gwont speiß nit will schmaecken,
150.   Dann die beide han verstanden
    Den ernsten Floehatz in all Landen,
Vnd das er nicht zůstillen steht
    Dann durch Klagred vnd Gegenred.
Derhalben disem Krieg zůwehren
155.       Vnd dem Weibergeschlecht zu ehren,
Vnd das wir schertzweiß auch was lehren
    Auch den vorigen hauffen mehren,
Der durch die obgemelte ding
    Wiewol sie scheinen sehr gering,
160.   Offt etwas hoehers han gemeint
    Wiewol es manchmal nicht erscheint.
So haben wir vns fürgenommen
    Auff das geringste Thier zůkommen,
Dieweil wir vnder hohen Leuten
165.       Auch die geringsten nur bedeiten,
Vnd doerffen vns das nit beschamen
    Welchs thaten Leut von grossem Namen.
Vnd han erwehlt das gmeinste Thier
    Welchs jeder schier fühlt für vnd für,
170.   Auff das wir mit gmein ding vmbwandeln
    Nit hoehers vnvermoeglich handeln.
Auch han wir solchs Thier fürgesetzt
    Welchs drumb, weil Weiber es verletzt,
Verhaßt ist fast bey jederman.
175.       Auff das wir durch solch Weg vnd Ban
Nicht allein Weiber huld erlangen
    Darumb man sonst bricht spieß vnd stangen, 70
Sonder der Maenner auch vnd Gsellen
    Die jhre huld erhalten woellen.
180.   Dann ichs sehr wol im Magen fühlt
    Wann ich zů Freund die Wirtin hielt.
Vnd wer der Weiber huld will haben
    Můß nit zů Hof mit Fatzwerck traben,
Sonder außwaendig sie bedauren
185.       Traegt er inwaendig schon ein Lauren.
Dann Weiber haben die genad
    Das was jhn leids zůhanden gaht
Macht es die Leut mitleidig mehr
    Dann wann es ein Mann vieleicht wer.
190.   Dann jhr angboren Lieblicheit
    Reitzt zů der Lieb auch ander Leut.
Drumb weil die Weiber ich vertrett
    Hofft ich das ich solch Gunst hie hett.
Vnd wann ich sie schon auch nit hab
195.       Vnd nur bekomm vndanck darab,
So troest ich mich der Schnacken grab
    Welchs Vergilius so außgab.
Ich arme Schnack lieg hie begraben,
    Vndanckbarkeit hats Grab erhaben.
200.   Dann weil ich weckt mit meinem stich
    Ein Hirten vom schlaaff gwarsamlich
Als jm ein Schlang stelt nach dem leben
    Hatt er mir disen danck hie geben,
Hat mich mit seiner hand zerrieben
205.       Das ich für die Schlang todt bin blieben,
Also gar hat vndanckbarkeit
    Die Welt eingnommen weit vnd breit
Das sie auch erreicht vns klein Schnacken
    Mit jhrn untrewen Klawens hacken.
210.   Derhalben wann schon auch vieleicht
    Vndanckbarkeit die Floeh erschleicht
Han sie sich zů verwundern nicht
    Weils auch jrn Sommerbruedern gschicht.
Dann wecken gschicht allzeit mit schrecken
215.       Drumb deitens vbel sehr die Gecken.
Mir aber thůt es besser schmecken 71
    Das mich die Floeh vnd Schnacken wecken
Dann das mich Katz vnd Schlangen lecken
    Dann dort vergeht gar bald der schrecken
220.   Vnd machen nur Rot kleine flecken.
    Dise aber voll vntrew stecken
Vnd thůn gar zů dem Todt ein strecken.
    Wem aber also wol will schmecken
Das hinden kratzen, vornen lecken,
225.       Der wisch das Gsaeß gar an die Hecken
Vnd wesch das Andlitz gleich im Becken,
    Vnd seh welchs jm will besser schmecken.
Wolan, ein Floh thůt mich schon schrecken
    Das ich auffhoeren soll zů gecken.
230.   Gůt Nacht, biß mich der Floeh wider wecken.

(*   *   *)


 << zurück weiter >>