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Acht Tage später fuhr einer der Nordweststürme in die Elbmündung hinein, die eine Gewalt haben, als wollen sie die Nordsee bis Hamburg jagen, und die Türme und Häuser Hamburgs umwerfen. Am zweiten Tag erzählten heraufkommende Lotsen, daß ein großer englischer Dampfer, der bei dem wilden Wetter keinen Lotsen hatte bekommen können, auf Scharhörn festsäße. Am dritten Tag stand in den Zeitungen, daß der Kapitän mit großer Ruhe und Umsicht die Manöver leite, um sein Schiff frei zu machen. In der vierten Nacht – es wehte noch stark und regnete – kam das frei gewordene Schiff, die Alberta von London, in die Elbe hinein.
In Brunsbüttel stieg Karl Kröger die Sturmleiter hinauf, ging auf die Brücke, und begrüßte den Kapitän, der mager und etwas gebeugt gleich vorn an der Brücke im Schatten des Lichts stand und gleich hinunter ging. Dann plauderte er mit dem ersten Offizier, der behaglich von der Havarie erzählte, und wie sie es in drei schlaflosen Nächten fertig gebracht hätten, frei zu kommen. Es war noch Nacht, ging aber gegen Morgen, da kam der Kapitän wieder herauf und stand in Luv am Ende der Brücke, offenbar übermüde. Es ging dem Lotsen durch den Sinn, er wolle ihm zurufen, sich doch schlafen zu legen, sie wollten das Schiff schon wohlbehalten hinaufbringen; er vergaß es aber wieder.
So kamen sie über Glückstadt hinauf. Da fing es langsam an zu tagen. Und wie es tagte, beugte der Kapitän sich vor und spähte in dem Dämmer und Nebel nach dem Land hinüber, als erwartete er, die Höhen von Schulau zu sehn. Karl Kröger wunderte sich, sah ihn schärfer an, sagte irgendein gleichgültiges Wort und bekam auch Antwort, stutzte über die Art, wie der Mann den Kopf zu ihm wandte, und dachte: ›Das könnte der sein, der dem toten Jan Guldt so ähnlich ist.‹ Und war begierig, daß es heller tagte, und er ihn deutlicher sähe.
Als dann aber die weißlichen Höhen in dem regnerischen Nebel undeutlich sichtbar wurden und der Mann vorgebeugt, ohne Bewegung, ganz versunken stand, wie ein Mensch, der nach langer Zeit in der Ferne und im Nebel sein Elternhaus sucht und sieht und dahin späht, da lief Karl Kröger ein Grauen über den Körper bis hinauf zum Haarwirbel. Er beugte sich ein wenig zurück, und sah ihn an; und erschrak in innerster Seele und zuckte zusammen wie von einem Schlag, und wußte, wer da neben ihm stand, und sah noch einmal hin, und erkannte ihn. Er sagte aber nichts.
Einige Minuten darauf, da er sein Gesicht nach jener Seite wandte, weil die Laternen eines Schleppzugs in Sicht kamen, und es nicht lassen konnte, in dem Gesicht seines lieben Freundes zu suchen, erkannte auch Jan Guldt den, der neben ihm stand und ihn so ansah.
Aber auch er sagte kein Wort.
Sie standen stumm nebeneinander und sahen sich nicht an, und weinten beide auf, Jan Guldt, daß er nach solchen Erlebnissen und so wieder kam, Karl Kröger, weil Schönheit und Mut so vergangen waren. Sie konnten es aber beide verbergen, weil ihnen der seitliche Wind den Regen ins Gesicht trieb.
Vor Blankenese glitten die Augen des Heimkehrenden langsam den Strand entlang und suchten lange das Strohdach der Mutter, das nicht mehr stand. Bei Oevelgönne glitten sie ebenso von Haus zu Haus, bis sie am Hause von Eva Gött hängen blieben.
Eine Stunde später lagen sie im Hansahafen an den Pfählen. Da bat Jan Guldt seinen Freund, in seine Kammer zu kommen, indem er mit tonloser Stimme sagte: »Ein Wort, Lotse.«
In dem einfachen braunen Raum gab er ihm die Hand und fing an, mit der ruhigen stillen Stimme eines Mannes, den heiße Sommertage und Nächte voll leuchtender wilder Gewitter reif, ja überreif und still gemacht haben, doch mit hartem Begehren, nach allem zu fragen: nach dem Hause seiner Mutter und nach ihrem Grab, nach Eva Gött und dem Bootsbauer, nach Slahdood und dem kleinen Meister, und andern alten Bekannten. Er fragte auch, ob von der Anna Hollmann außer ihm noch jemand gerettet wäre; und nach den Hollmanns.
Karl Kröger beantwortete alle Fragen so gut er konnte. Über Eva Gött sagte er, daß sie damals im Arm Slahdoods ganz unschuldig gewesen wäre, daß sie, als er, Jan Guldt, davongerannt wäre, so heftig gerast hätte, daß sie um ihren Verstand gefürchtet hätten, und daß sie dann anfangs sicher aus Liebe zu ihm ledig geblieben wäre. Sie hätte aber all die Jahre bis heute kein betrübtes Wesen gezeigt, sondern lebe in einer merkwürdigen ruhigen und leisen, aber weltoffenen Fröhlichkeit, so wie ein Baum, der auch nicht spräche, aber dicht an der Straße in voller Blüte stände, und alles besähe ... sicher dächte sie nicht mehr an Liebe. Über die Hollmanns berichtete er, daß von ihrem Blut keiner mehr in der Firma vorhanden wäre, da sie aus Geiz die Quelle des Lebens hatten vertrocknen lassen, so daß sie bald am Ende gewesen wären, als der Tod angefangen hätte, ein wenig unter ihnen umzugehn. Der Betrieb der Firma sei anders geworden. So stand Karl Kröger Rede und gab Antwort, und wagte immer noch nicht, die Frage zu tun, die ihm in der Seele brannte: Wie bist du gerettet? Was wolltest du in der Kirche von Keitum? Warum trägst du einen andern Namen? Wo ist deine Kraft und dein Schwung, die wir so liebten? Aber zuletzt wagte er, eine Andeutung nach der Richtung zu machen, vorsichtig und mit großer Güte, so wie einer wohl seinen lieben Bruder nach den Jahren seines Irrsinns fragt.
Jan Guldt sah vor sich auf den Tisch und eine tiefe Nöte zog über sein hageres, früh verwittertes Gesicht. »Ich bin damals,« sagte er stockend, »von Fischern geborgen, und bin halbtot oder schwerkrank oder irr gewesen –, oder unterwegs ... ich weiß es nicht, und danach lange Jahre wie einer im Halbschlaf, hatte Namen und Erinnerung verloren. Ich mag nicht davon sprechen; es hat auch keinen Zweck. Ich bin ja nun auch soweit wieder gesund, als man es nach so schwerer Krankheit und so langem Siechtum, das erst vor einem Monat zu Ende ging, wieder werden kann. Ich bitte dich, daß du auch mit Eva Gött und überhaupt mit keinem Menschen von mir redest. Warum soll ich den Frieden, den sie hat, wie du sagst, stören, und den Menschen zum Gerede werden?«
Karl Kröger dachte vergangener Zeiten, und kannte den Heimgekehrten nicht wieder, und sagte bedrückt und mutlos: »Du warst früher ein Mensch ... Du liefst gegen Gott und Menschen an.«
Jan Guldt stand auf und machte eine Bewegung, die sagen sollte: Am Himmels willen ... schweig davon still! und sagte mit eintöniger Stimme, daß er nun allerlei Arbeit vor sich hätte und dann schlafen müsse; er würde ungefähr acht Tage im Hafen bleiben, und sich freuen, seinen alten Freund noch einmal zu sehen. Er sagte dies, wie auch alles vorige, nicht unfreundlich, aber in einem müden und hartem Tone.
Da ging Karl Kröger mit stillem Gesicht davon, mit der wehen Empfindung, daß in dem Menschen, den er am liebsten hatte, aller Hochmut, alle Freude, ja selbst das Gefühl und die Fähigkeit für Freundschaft gestorben wäre.
Jan Guldt verrichtete im Laufe des Tages die nötigen Arbeiten, und wurde indes von all dem Gehörten und von der Heimat stark bedrängt, so als wenn sie sagte: ›Was bist du mir gram? Bin ich es, die dir Übles tat? Ich bin Gottes Gemächte wie du, und muß es mit leiden. Leg' es in meine Hände wie in Mutterhände.‹ Und er kam allmählich in das Gefühl hinein, daß Eva Gött ihn forderte, und auch ein Recht hätte, sein Schicksal zu hören.
Er machte sich also am Nachmittage, als es gegen die Dämmerung ging, vom Schiff und fuhr nach Altona, und kam nach Oevelgönne bis an Eva Götts Haus. Da war es schon dämmerig geworden.
Er ging vorüber und lehnte sich einige Häuser weiter ans Staket und war, trotz aller Erregung über diesen seinen Weg, von den Erlebnissen und Nachtwachen der letzten Tage so müde, daß er in einen Halbschlaf verfiel und mit dem Kopf nickte. Er stand und nickte und dachte bei sich: ›Wenn du einen Augenblick hier gestanden hast, willst du wieder aufs Schiff gehn.‹
Eva Gött aber hatte hinter ihren Blumen am Fenster gesessen und hatte gerade wieder den kühnen jungen Jan Guldt mit dem roten Halstuch sich gegenüber, hatte aber doch die wunderliche, müde suchende Haltung des Vorübergehenden und die Augen gesehen, die matte Kränze um ihre Tür legten, und gefühlt, wer da ging. Sie wollte aufstehn, aber sie brachte es nicht fertig, sondern legte vielmehr den Kopf, über den schon einige Fäden grauen Haares liefen, auf den Tisch, und wurde zum zweiten Male in ihrem Leben ohnmächtig. So lag sie eine Zeitlang, während er draußen schlafend am Staket stand.
Dann erwachte sie mit einem langen Seufzer, suchte ihn gleich mit den Augen und stand mit zitternden Knien und stockendem Atem hinter der Tür und sah nach ihm hinüber. Dann, als es ihr gewisser wurde, daß er es war, machte sie sachte die Tür auf und kam an ihn heran und versuchte zu sprechen, konnte es aber nicht, und langte nach ihm hin. Da hob er die Augen und sah sie wie eine Traumgestalt, und folgte ihr, wie man einer solchen zu folgen pflegt, und trat in die Tür.
Sie verriegelte die Tür hinter ihm und führte ihn in die Dämmerung der niedrigen Stube an den großen Stuhl, der da noch von ihres Vaters Zeiten stand, und setzte sich ihm gegenüber am Tisch und sah mit jammervollen Augen seine gebrochene Erscheinung, und sagte zweimal mit heiserer, hastiger Stimme: »Erzähl, Jan Guldt! Erzähl, Jan Guldt.«
Da war ihm, als wenn sie neben Eva Gött zugleich seine Mutter wäre, die ihn auch mit so hastigem Tone bei dem vollen Namen angerufen hatte. Er raffte sich im Stuhl auf und erzählte in stockender, unvollkommener Sprache alles, was er seit seinem Weggang erlebt hatte; und legte seine Seele nackt und bloß; denn es war ihm in seiner großen Müdigkeit und bei dem wunderlich erregten Zustand seiner Seele immer noch, als wäre es wohl Eva Gött, doch auch zugleich die tote Mutter, oder ein Engel Gottes, die alles hören dürfen. So erzählte er von seiner Begegnung mit den Hollmanns an der Blankeneser Brücke und am Oevelgönner Weg, dann von seiner Liebe zu Eva Gött und seiner Verzweiflung auf dem sandigen Feld; dann von den früheren Fahrten der Anna Hollmann unter dem alten, bösen Jan Guldt, von ihrem Bootsmann und ihrem jungen Passagier; dann wie der Sturm kam und der Tod; und wie er sich mit den beiden Gefährten aufgemacht hatte, bis vor Gottes Tür; dann die Rettung aus den Wellen und der jahrelange Zustand der Betäubung und das schlimme Erwachen; und sagte dann still und ohne Bitterkeit: »Ich bin ganz ahnungslos ins Leben hineingegangen, in der Meinung, es wäre so, wie es von meinen Vorfahren, dem alten wilden Jan Guldt, dem Hollmannkaptän, und den wunderlichen einsamen, ehrlichen Leuten im Etzer Moor her, in mir sein Bild hatte. Ich hielt von Natur auf Gerechtigkeit, Treue, Ordnung, und das mit heißem Herzen, und meinte, alle Menschen wären so, oder könnten und müßten so werden, und meinte, Gott passe auf diese Art, wie eine ordentliche Bauernfrau auf ihre Leute und auf die Töpfe in ihrer Küche. Aber ich mußte erfahren, daß die Menschen ihren eigenen Weg gehn, und Gott sie laufen läßt. Das zu sehen und zu begreifen, wurde mir sehr schwer, ja unmöglich. Und so bin ich hart angestoßen. Am Ende müssen ja alle heißen und guten Menschen das, was ich erlebt habe, der Reihe nach erleben, glaube ich; aber mir ist es zu schwer geworden und zu hart gegangen ... Unsre Vorfahren wurden leichter damit fertig. Sie lebten einsamer und stießen nicht so an die Menschen; und es war, als wenn ihre Augen gehalten waren: da sahen sie nicht die Ungerechtigkeit, und stießen nicht gegen Gott. Wir aber sehen alle die Ungerechtigkeiten der Menschen und Gottes, und alle die Brüche im Leben, und quälen uns damit, daß es so hingeht. Es ist, als wenn Gott uns ferner und fremder gerückt ist, als hätte er vor, uns die Dinge, die Hollmanns, und alles andre in der Welt, schärfer sehn zu lassen, und den Plan, sie uns in eigne Verwaltung und Verantwortung zu geben, eine Veränderung, die so groß ist, daß wir fast in ein neues Wesen hineinkommen werden. Dies neue Wesen ist in mir freilich noch nicht geraten und wird auch wohl nicht geraten. Ich war so gewiß und froh, nah an Gottes Land zu gehn, und kann nicht so allein gehn, wie viele Menschen können. Ich bin wie taumelig und unsicher auf den Füßen, wie nach einem schlimmen Sturz oder einer schweren Krankheit.«
Die letzten Sätze sagte er fast schon schlafend. Es waren offenbar Worte, in die er seinen heißen, wunderlichen Lebensgang und seinen jetzigen gottverlornen Zustand vor sich selbst zu begreifen pflegte. Nachdem er sie stockender, und unvollkommener, als sie hier wiedergegeben sind, gewissermaßen zu Ende aufgesagt hatte, stützte er beide Hände schwer auf die Lehnen des Stuhles, und neigte den Kopf, und schlief ein, wie ein Mensch, der am Ende seines Traumes wieder in ruhigen Schlaf hinübergleitet; und schlief wie ein Toter.
Sie hatte aufmerksam zugehört und alles mit erlebt; aber nebenbei stürmte immer, wie ein ältliches unschönes Weib, das wildrufend Feuerbrände warf, der Gedanke einher: ›Wo ist mein Jan Guldt? Wo ist mein Jan Guldt? Wie selig war ich! Was ist mir dieser Mann, ohne Feuer in den Augen oder in der Stimme, oder im Herzen, ganz ohne Gott? Es ist irgendein alter Bekannter, der mich besucht; und kaum das, denn ich habe keine halbe Stunde in meinem Leben mit ihm geredet.‹ In solchen Gedanken hatte sie während seiner Erzählung kurz und hastig vor sich hingeweint, und weinte noch eine Weile, da er schon still war.
Als sie dann merkte, daß er schlief, beugte sie sich vor und suchte sein Gesicht deutlicher zu sehn, ob es nicht doch vielleicht der junge Jan Guldt wäre, den sie über alles lieb hatte. Da sie sein Gesicht bei der Dunkelheit, die nun völlig hereingebrochen war, nicht deutlich sehn konnte, stand sie geräuschlos auf, zog leise die Vorhänge vor den Fenstern zu, lief und holte Streichhölzer und entzündete die Hängelampe, alles in der leichten, geräuschlosen und sehr ordentlichen Art, wie sie es in ihrer schmucken kleinen Häuslichkeit täglich trieb. Dann setzte sie sich wieder auf den Stuhl und beugte sich näher. Als sie aber auch so noch nicht deutlich genug sah, da sein Gesicht auf die Brust herabgesunken war, glitt sie säuberlich vom Stuhl aufs Knie, und sah nun in sein Gesicht, und sah das rotblonde Haar um die Schläfen leicht sich sträuben und die hellen Schweißtropfen darum und die kühne Nase und den festen Mund; aber mehr noch das Weh der langen Not und die bittere Mutlosigkeit; und begehrte in heißer Verzweiflung, den sie lieb hatte zu sehn, seine kühnen Augen und seinen wilden Mut, und rief leise: »Jan Guldt, Jan Guldt;« aber das Weh und die Mutlosigkeit nahmen nur zu.
Da bog sie sich zurück, schamübergossen; denn es war ein fremder Mann; und sie setzte sich ihm gegenüber, etwas steil und steif, und stieß die Hand immer von sich, als wenn sie etwas rasch und weit von sich wies und stieß, und sagte immer leise zu sich selbst: »Nein, das ist er nicht! Ach nein, das ist er nicht. Ich kann doch nicht zwei lieben?! Nein, das kann ich nicht.« Und sie saß so in stiller Not und Verzweiflung, während ihr Haar mit dem grauenden Morgen leise zu ergrauen schien; und er erwachte.
Er entschuldigte sich, daß er geschlafen hatte, und sprach dann dies und das mit ihr in gleichmütiger Weise, während sie behende und geräuschlos ein und aus ging und den Morgenkaffee bereitete. Nachdem er dann etwas gegessen und getrunken hatte, ging er fort, indem er sagte, daß er vor seiner Abreise noch einmal wiederkommen wollte.
Er kam auch noch einmal wieder, saß, und erzählte von seinem Schiff und seinen Fahrten, besonders von ostasiatischen Häfen. Denn ihr Vater hatte dort viele Jahre an der Küste gefahren, bis sein Reeder ihn heimrief, da er merkte, daß Kapitän Gött immer nur zwei Drittel der Fracht für ihn lud, den Rest für die eigne Tasche. Sie zeigte ihm allerlei Dinge: Pfeile aus Formosa, ein Götzenbild, das der Alte aus einem chinesischen Tempel gestohlen hatte, und zierliche japanische Kästen, die er sich von den Kaufleuten hatte schenken lassen – er war nie für Kaufen und Bezahlen gewesen – und alte verblichene Hafenbilder. Er sah alles freundlich an und besprach sich mir ihr darüber; aber sie dachte immer: ›Wenn er nur erst fort wäre!‹ Dann nahmen sie Abschied wie zwei Menschen, die vor zwanzig Jahren mal Nachbarskinder waren, und nun mühsam verbergen, daß sie sich nichts zu sagen haben, und die versprechen, einander zu schreiben, und wissen, daß sie sich nichts zu schreiben haben. Was sollte sie mit dem fremden Mann Briefe wechseln?
Am achten Tage fuhr die Alberta wieder die Elbe hinunter. Sie stand mit kaltem Herzen vor ihrer Tür und dachte: ›Gott sei Dank, daß er wieder davonfährt.‹ Und war ihm noch bitter und gram dazu, daß er das Bild zerstört hatte, das die Schönheit und das Glück ihres Lebens gewesen war, so daß sie nun so arm und leer wäre. Und hatte nach Frauenweise – wenn die Liebe aus dem Spiel ist – kaum einen Gedanken des Mitleids für den armen Teufel, dem das Leben ein so hartes Lied gesungen.