Friedrich der Große
Der Siebenjährige Krieg
Friedrich der Große

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Leuthen

Sofort wurden die Anordnungen zum Vormarsch getroffen. Die Armee setzte sich am 5. vor Tagesanbruch in Bewegung. Voran rückte eine Avantgarde von 60 Schwadronen und 10 Bataillonen, an ihrer Spitze der König. Dicht dahinter folgte die Armee in vier Kolonnen, die Infanterie in der Mitte, die Kavallerie auf den Flügeln. Als die Avantgarde sich dem Dorfe Borne näherte, sah sie eine große Kavallerielinie vor sich, deren rechter Flügel sich nach Lissa hinzog, während der vorgeschobene linke Flügel sich an ein Gehölz rechts von der Armee des Königs lehnte. Anfangs hielt man diese Kavallerie für einen Flügel der österreichischen Armee, deren Zentrum man aber nicht entdeckte. Die Patrouillen versicherten, es wäre eine Avantgarde. Ja, man erfuhr sogar, daß sie von General Nostitz kommandiert würde und aus vier sächsischen Dragonerregimentern und zwei kaiserlichen Husarenregimentern bestände. Am sicher zu gehen, wurden die 10 Bataillone der Vorhut unvermerkt in das Gehölz gelegt, das die linke Flanke von Nostitz deckte. Dann warf sich die inzwischen aufmarschierte preußische Kavallerie mit Ungestüm auf den Feind. Im Nu wurden die Regimenter zerstreut und bis vor die Front der österreichischen Armee verfolgt. 5 Offiziere und 800 Mann wurden dabei gefangen genommen und an den Marschkolonnen entlang nach Neumarkt zurückgeschickt, um die Truppen durch diesen Erfolg anzufeuern. Nur mit Mühe zügelte der König das Ungestüm der Husaren, die ihre Kampflust vorwärts trieb. Sie wollten schon mitten in die österreichische Armee hereinbrechen, wurden jedoch in Kanonenschußweite vom Feinde zwischen den Dörfern Groß-Heidau und Frobelwitz wieder gesammelt.

Von dort sah man die kaiserliche Armee so deutlich, daß man sie Mann für Mann zählen konnte. Ihr rechter Flügel, der, wie man wußte, bei Nippern stand, war allerdings durch das große Gehölz bei Lissa verdeckt, aber vom Zentrum bis zum linken Flügel war alles zu übersehen. Beim ersten Anblick dieser Stellung ergab sich aus der Geländebeschaffenheit, daß der Hauptstoß sich gegen den linken Flügel des Feindes richten müsse, der sich, schlecht angelehnt, über den Sagschützer Kiefernberg zog. War diese Stellung erst gestürmt, so hatte man für den Rest der Schlacht das Gelände für sich; denn es fällt von dort aus immer weiter ab und senkt sich gegen Nippern herab. Ließ man sich dagegen mit dem Zentrum ein, so konnte der rechte österreichische Flügel durch das Lissaer Gehölz den Angreifern in die Flanke fallen. Jedenfalls hätte man zum Schluß einen Angriff auf den Kiefernberg machen müssen, da er die ganze Ebene beherrschte, hätte sich also das Härteste und Schwerste bis zuletzt aufgespart, wo die Truppen, ermattet und vom Kämpfen erschöpft, zu großen Anstrengungen nicht mehr imstande sind. Fing man aber mit dem Schwersten an, so hatte man den ersten Feuereifer der Soldaten zugute, und das Weitere war dagegen leicht. Aus diesen Gründen wurde die Armee unverzüglich zum Angriff auf den linken feindlichen Flügel angesetzt. Die mit Aufmarschabständen vorrückenden Kolonnen wurden wieder auseinandergezogen und zu zwei Treffen formiert, indem die Züge mit einer Viertelschwenkung rechts abmarschierten. Der König zog mit seinen Husaren links neben der marschierenden Armee her, auf einer Hügelkette entlang, die dem Feind ihre Bewegungen verbarg. Da er so zwischen beiden Heeren wie auf einer Grenzscheide ritt, konnte er die Österreicher überblicken und den Marsch seiner Truppen leiten. Auch sandte er zuverlässige Offiziere teils zur Beobachtung des rechten Flügels des Feldmarschalls Daun, teils auf Kanth, wo Draskowich lagerte, um dessen Bewegungen im Auge zu behalten. Zugleich wurden Patrouillen am Schweidnitzer Wasser entlang geschickt, um während des Angriffs den Rücken der Armee zu sichern.

Der Plan des Königs, zu dessen Ausführung man jetzt schritt, war folgender. Die ganze preußische Armee sollte die linke Flanke des kaiserlichen Heeres angreifen. Den Hauptstoß sollte der rechte Flügel ausführen, während der linke dem Feinde mit so viel Vorsicht versagt werden sollte, daß Fehler wie bei Prag und bei Kolin (wo sie die Niederlage verschuldet hatten) nicht wieder begangen werden konnten.

Wedell, der mit seinen 10 Avantgardenbataillonen zum ersten Angriff bestimmt war, hatte sich bereits an die Spitze der Armee gesetzt, und die Spitzen der Kolonnen hatten unbemerkt vom Feinde das Schweidnitzer Wasser erreicht. Feldmarschall Daun hielt den Marsch der Preußen für einen Rückzug und sagte zum Prinzen von Lothringen: »Die guten Leute paschen ab. Lassen wir sie in Frieden ziehen!« Inzwischen hatte Wedell sich vor den beiden Infanterietreffen des rechten Flügels formiert. Sein Angriff wurde durch eine Batterie von 20 Zwölfpfundern unterstützt, die der König von den Wällen von Glogau genommen hatte. Das erste Treffen erhielt Befehl, in Bataillonsstaffeln vorzurücken, jedes Bataillon mit 50 Schritt Abstand hinter dem anderen, so daß der äußerste rechte Flügel beim Vorrücken der Schlachtfront dem Ende des linken Flügels um 1000 Schritt voraus war. Bei dieser Anordnung konnte der linke Flügel unmöglich ohne Befehl in den Kampf eingreifen.

Nun stürmte Wedell gegen den Kiefernberg an, auf dem Nadasdy stand. Er stieß auf keinen großen Widerstand und nahm ihn ziemlich schnell. Als sich die österreichischen Generale umgangen und in der Flanke gefaßt sahen, suchten sie eine neue Front zu bilden und sich den Preußen parallel zu stellen. Doch zu spät. Die ganze Kunst der preußischen Generale bestand darin, dem Feinde keine Zeit zur Veränderung seiner Stellung zu lassen. Schon richteten sich die Preußen auf einer Anhöhe ein, die das Dorf Leuthen beherrscht. In dem Augenblick, wo der Feind sie mit Infanterie besetzen wollte, wurde er von einer zweiten Batterie von 20 Zwölfpfündern so zur rechten Zeit mit Feuer überschüttet, das er die Lust verlor und sich zurückzog. Dort, wo Wedell angriff, bemächtigten sich die Österreicher eines Hügels nahe dem Bach, damit er ihre Linie nicht in der ganzen Länge bestreichen konnte. Der aber duldete sie nicht lange dort. Nach einem Kampfe, der länger und hartnäckiger war als der erste, warf er den Feind zurück. Zugleich griff Zieten die feindliche Kavallerie an und schlug sie in die Flucht. Einige Schwadronen seines rechten Flügels bekamen dabei in die Flanke eine Kartätschensalve aus dem Buschwerk am Bachufer. Das erwartete Feuer trieb sie zurück. Sie formierten sich wieder neben der Infanterie.

Skizze

Da meldeten die zur Beobachtung des rechten österreichischen Flügels abgesandten Offiziere dem König, daß dieser Flügel sich durch das Gehölz bei Lissa ziehe und unverzüglich in der Ebene auftauchen müsse. Daraufhin erhielt Driesen Befehl, mit dem linken preußischen Kavallerieflügel vorzugehen. Als die österreichischen Kürassiere sich bei Leuthen zu formieren begannen, wurden sie von der Batterie im Zentrum der preußischen Armee mit heftigem Artilleriefeuer begrüßt. Zugleich griff Driesen sie an. Der Kampf war kurz. Die Kaiserlichen wurden zerstreut und flohen Hals über Kopf. Ein Infanterietreffen, das sich neben den Kürassieren hinter Leuthen aufgestellt hatte, wurde von den Bayreuth-Dragonern in der Flanke angegriffen und auf die Freibataillone Angelellis geworfen. Zwei ganze Regimenter mit Offizieren und Fahnen wurden gefangen genommen. Als nun die feindliche Kavallerie so vollständig zersprengt war, ließ der König das Zentrum seiner Infanterie auf Leuthen vorrücken. Das Gefecht war lebhaft, aber kurz, da die österreichische Infanterie zerstreut zwischen Häusern und Gärten stand. Als die Preußen aus dem Dorf heraustraten, erblickten sie eine neue Infanterielinie, die die österreichischen Generale auf der Windmühlenhöhe aufgestellt hatten. Eine Weile hatten die Preußen unter ihrem Feuer zu leiden. Aber der Feind hatte in der allgemeinen Verwirrung nicht gemerkt, daß Wedell ihnen ganz nahe war. Unvermutet fiel der tapfere und geschickte General ihnen in die Flanke und in den Rücken. Dies glänzende Manöver entschied den Sieg und endigte den großen Tag.

Während des Aufmarsches seiner Truppen zum Angriff rekognosziert König Friedrich die Aufstellung des österreichischen Heeres bei Leuthen.

Jetzt raffte der König die ersten besten Truppen zusammen und machte sich mit den Seydlitz-Kürassieren und einem Bataillon Bornstedt an die Verfolgung der Feinde. Er rückte zwischen dem Schweidnitzer Wasser und dem Lissaer Gehölz vor. Aber die Dunkelheit wurde so groß, daß er Patrouillen vorausschicken mußte, um den Wald abzustreifen und Nachricht zu bringen. Von Zeit zu Zeit ließ er Kanonensalven auf Lissa richten, wohin sich das Gros der österreichischen Armee geflüchtet hatte. Als die Avantgarde sich dem Orte näherte, bekam sie eine Salve von ungefähr zwei Bataillonen. Es wurde aber niemand verwundet. Man antwortete mit einigen Kanonenschüssen und setzte den Marsch ruhig fort. Unterwegs brachten die Seydlitz-Kürassiere truppweise Gefangene ein. Als der König nach Lissa kam, fand er alle Häuser voll von Flüchtigen und Versprengten der kaiserlichen Armee. Er besetzte sofort die Brücke und ließ dort Kanonen auffahren, mit dem Befehl, zu schießen, solange der Pulvervorrat reichte. Auch ließ er auf der Straße nach Breslau, auf der sich der Feind zurückzog, die Häuser zunächst dem Schweidnitzer Wasser mit Infanterietrupps besetzen, die die ganze Nacht durch das jenseitige Ufer bestreichen mußten, teils, um die Besiegten ständig in Schrecken zu halten, teils um zu verhindern, daß sie Truppen auf das andere Ufer warfen, die am nächsten Tage den Übergang hätten verteidigen können.

Die Schlacht hatte um ein Uhr mittags begonnen. Als der König mit der Avantgarde in Lissa einrückte, war es acht Uhr abends. Seine Armee war 33 000 Mann stark, als sie den Kampf mit den Österreichern aufnahm. Diese sollten sich auf 60 000 Mann belaufen. Wäre die Nacht nicht hereingebrochen, so wäre die Schlacht die entscheidendste des ganzen Jahrhunderts geworden.


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