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In Condaford ging Jeanne vom Telephon sogleich zu ihrer Schwiegermutter und teilte ihr in gewohnter energischer Art Sir Lawrence Monts Nachricht mit. Der sanfte, etwas schüchterne Ausdruck in Lady Cherrells Zügen wich einer bestürzten Miene.
«O!»
«Soll ich den General verständigen?»
«Bitte, meine Liebe.»
Wieder allein, saß Lady Cherrell gedankenvoll vor ihren Rechnungen. Außer Hubert war sie die einzige in der Familie, die Wilfrid Desert nie persönlich gesehn, die sich stets möglichst unparteiisch verhalten hatte, um nicht die Schuld ausgesprochener Gegnerschaft auf sich zu laden. Jetzt empfand sie nur besorgtes Mitgefühl. Was ließ sich tun? Leidtragenden pflegt man ja Blumen zu geben. Auch Dinny sollte Blumen haben, etwas andres fiel ihrer Mutter nicht ein.
Sie huschte in den Garten hinaus zu den Rosenbeeten rings um die Sonnenuhr, neben den hohen Eibenhecken. Dort pflückte sie einen Korb voll der schönsten Blüten, trug sie in Dinnys enges, klösterliches Schlafzimmer hinauf und verteilte sie in Schalen neben dem Bett auf dem Fensterbrett. Dann öffnete sie Tür und Fenster weit, klingelte dem Mädchen und hieß sie abstauben und das Bett machen. Die Medicidrucke an der Wand schob sie sorgsam zurecht und sagte:
«Die Bilder sind schon abgestaubt, Annie. Lassen Sie Tür und Fenster offen. Es soll alles nach Blumen duften. Haben Sie jetzt Zeit, das Zimmer aufzuräumen?»
«Ja, Mylady.»
«Dann tun Sie es am besten sofort, ich weiß nicht, wann Miss Dinny zurückkommt.»
Wieder saß sie bei ihren Rechnungen, aber sie kam nicht weiter damit, schob sie in eine Lade und suchte ihren Gatten. Auch er saß verstimmt vor Rechnungen und Papieren. Sie trat zu ihm und drückte seinen Kopf an sich.
«Hat es dir Jeanne erzählt, Conway?»
«Ja. Das ist natürlich das einzig Vernünftige; aber Dinny wird traurig sein, und das kränkt mich.»
Sie schwiegen, bis Lady Cherrell erklärte:
«Sollte man nicht Dinny sagen, daß wir in der Zwickmühle sind? Das lenkt sie bestimmt ab.»
Der General fuhr sich durchs Haar. «Dreihundert Pfund Defizit in diesem Jahr. Zweihundert könnte ich vielleicht durch den Verkauf von Pferden hereinbekommen, für den Rest muß der Wald herhalten. Beides ist mir verhaßt. Glaubst du, sie weiß einen Ausweg?»
«Nein, aber sie wird sich drüber Sorgen machen, und das bringt sie von andern Gedanken ab.»
«Aha! Nun, dann muß es ihr Jeanne erzählen oder du. Ich mag nicht. Sonst sieht es so aus, als wollte ich ihr Taschengeld reduzieren. Es ist sowieso nur spottwenig. Davon ist natürlich keine Rede, mach ihr das klar. Eine Reise täte ihr gut, aber woher das Geld nehmen?»
Lady Cherrell wußte keine Antwort, und das Gespräch verlief im Sand.
In diesem alten Haus, das Jahrhunderte lang der stumme Zeuge so vieler menschlicher Hoffnungen, Ängste, Geburten, Todesfälle und täglicher Sorgen gewesen und das darüber alt und grau geworden, hatte sich eine Unsicherheit breit gemacht, die in jedem Wort und jeder Handlung zum Ausdruck kam; selbst die Dienerschaft war davon nicht unberührt geblieben. Was für eine Haltung sollte man einnehmen? Wie sein Mitgefühl bekunden, ohne es zur Schau zu tragen? Wie Dinny begrüßen, ohne den Anschein zu erwecken, als sei man über diese Lösung froh? Sogar Jeanne war von dieser Unruhe angesteckt. Sie bürstete und kämmte die Hunde und bestand darauf, zu jedem Nachmittagszug mit dem Auto zur Bahn zu fahren.
Dinny kam mit dem dritten Zug. Sie führte Foch an der Leine, sprang aus dem Wagen und lief Jeanne fast in die Arme.
«Da bist du ja, meine Liebe!» rief Jeanne. «Ein neuer Hund?»
«Ja, ein reizender Kerl.»
«Hast du Gepäck?»
«Nur die Sachen da. Einen Träger brauch ich nicht, die Leute gehn wie Schnecken.»
«Ich trage sie dir.»
«Was fällt dir ein! Nimm Foch!»
Als Dinny, den Toilettekoffer und die Reisetasche in der Hand, zum Auto trat, sagte sie:
«Jeanne, nimmst du's mir übel, wenn ich den Feldweg nach Haus geh? Es wird Foch gut tun, im Zug war es so dumpf; ich möchte etwas Heuduft atmen.»
«Ja, es ist noch nicht alles eingebracht. Ich nehm das Gepäck mit und sorge für frischen Tee.»
Als sie davonfuhr, sah Dinny ihr lächelnd nach. Und während der ganzen Fahrt zum Herrenhaus ging Jeanne dieses Lächeln nicht aus dem Sinn, und sie verwünschte das Schicksal ihrer Schwägerin …
Dinny bog in den Feldweg ein und ließ Foch von der Leine. Mit einem Satz raste er zum Heckenzaun hin – ein Hund vom Land! Wie sehr mußte ihm das alles gefehlt haben. Einen Augenblick lang nahm sie der Anblick seiner lebhaften Freude ganz gefangen; dann aber überkam sie wieder bittrer Kummer. Sie rief das Tier und schritt weiter. Auf dem ersten Feld von ihres Vaters Gut war das Heu noch nicht eingebracht, sie warf sich zu Boden. Wenn sie nun nach Hause kam, mußte sie bei jedem Wort, jedem Blick auf der Hut sein, nur lächeln, lächeln und nichts zeigen! Wie dringend hatte sie diese paar Minuten nötig, um sich ganz gehn zu lassen! Sie weinte nicht, doch sie schmiegte sich fest ins Heu, die Sonne brannte ihr auf den Nacken. Sie drehte sich auf den Rücken und starrte in den blauen Himmel. Kein klarer Gedanke kam ihr, sie gab sich ganz und gar dem Schmerz über das unwiderbringlich Verlorne hin. Schläfrig und trunken von Honig und Sommerglut summten Fliegen und Käfer über sie hinweg. Sie preßte beide Arme auf die Brust, um den Schmerz zurückzudrängen. Könnte sie doch nur sterben, auf diesem Fleck mitten im Bienensummen und Lerchensang dieses Sommertags! Sterben und nicht mehr leiden! Reglos lag sie da; der Hund kam und leckte ihr die Wange. Beschämt stand sie auf und entfernte Halme und Grassamen von Kleid und Strümpfen.
Im nächsten Feld kam sie an Kismet, dem alten Pferd, vorbei, überschritt den Bach und betrat den Obstgarten, der allen Zauber verloren hatte und nach Nesseln und alten Bäumen roch. Dann ging sie weiter durch den Hausgarten und über die Steinfliesen der Terrasse. Eine Magnolie war schon voll erblüht, doch sie wagte nicht, stehn zu bleiben und dran zu riechen, ihr Honig- und Zitronenduft brachte sie vielleicht wieder um die Fassung. Sie erreichte die Glastür und sah hinein.
Ihre Mutter saß da mit jenem Ausdruck, den Dinny ‹das Warten auf Vater› nannte. Ihr Vater stand da mit dem Ausdruck des ‹Warten auf Mutter›. Jeanne, die Leopardin, sah drein, als erwarte sie jeden Augenblick, daß ihr Junges um die Ecke bog.
‹Dieses Junge bin ich›, dachte Dinny, schritt über die Schwelle und sprach:
«Liebste Mutter, kann ich Tee haben?» …
An diesem Abend, nach dem Gutenachtwünschen, ging sie noch einmal hinunter und besuchte ihren Vater im Arbeitszimmer. Den Bleistift in der Hand, saß er grübelnd vor einem beschriebnen Blatt. Sie schlich sich an ihn heran und las über seine Schulter hinweg:
‹Jagdpferde zu verkaufen: Schöner neunjähriger hellbrauner Wallach, ein Meter fünfzig, gesund, kräftiger Knochenbau, guter Springer. Achtjährige Stute, Eisenschimmel, ein Meter fünfundvierzig, sehr intelligent, Damensattel gewöhnt, Preisspringer, gute Lungen, fest gebaut. Anfragen an den Besitzer: Gut Condaford, Oxfordshire.›
«Hm!» brummte er und strich die Worte ‹gute Lungen, fest gebaut›.
Dinny langte nach dem Papier und ergriff es.
Der General wandte sich mit einem Ruck herum.
«Nein», rief sie und zerriß das Blatt.
«Was fällt dir ein! Das darfst du nicht! Es fiel mir nicht leicht –»
«Nein, Vater, die Pferde darfst du nicht verkaufen. Das wär dein Ruin.»
«Aber ich muß die Pferde verkaufen, Dinny.»
«Ich weiß ja, Mutter hat mir's erzählt. Doch es ist nicht nötig. Ich hab momentan eine Menge Geld.» Sie legte die Banknoten, die sie schon so lang mit sich herumgetragen, auf seinen Schreibtisch.
Der General erhob sich.
«Ausgeschlossen!» erklärte er; «wirklich lieb von dir, Dinny, aber ganz ausgeschlossen!»
«Vater, du darfst es nicht ablehnen. Laß mich doch etwas für Condaford tun. Ich brauch es nicht, und zufällig sind es grade die dreihundert Pfund, die dir jetzt fehlen – Mutter hat mir's schon gesagt.»
«Du brauchst sie nicht? Unsinn! Wieso denn? Liebes Kind, mit dem Geld kannst du eine schöne lange Reise machen!»
«Ich mag keine schöne lange Reise machen. Ich will zu Hause bleiben und euch beiden helfen.»
Der General faßte sie scharf ins Auge.
«Ich würde mich schämen, es anzunehmen», rief er. «Ich bin durch meine eigne Schuld ins Hintertreffen geraten.»
«Vater, du verwendest doch keinen Groschen für dich.»
«Ich weiß selbst nicht, wie es kam – hier etwas, dort etwas – am Ende summiert sich's.»
«Wir wollen beide die Sache gründlich prüfen. In manchem können wir uns gewiß einschränken.»
«Am schlimmsten ist der Mangel an Kapital. Kommt es zu irgendeiner Ausgabe, so muß ich sie aus dem Einkommen bestreiten; die Versicherungen kosten viel, die Steuern und Abgaben wachsen in einem fort, und das Einkommen schrumpft immer mehr zusammen.»
«Ich weiß; es muß schrecklich sein. Könnte man es nicht mit Tierzucht versuchen?»
«Und das Betriebskapital? In London, Bad Cheltenham oder im Ausland könnten wir natürlich ohne Defizit wirtschaften. Die Erhaltung des Gutes und der Angestellten verschlingt so viel Geld.»
«Condaford verlassen? Ach nein! Und wer würde es schon nehmen? Denn trotz all deiner Neuerungen, Vater, sind wir nicht modern eingerichtet.»
«Bestimmt nicht.»
«Wir könnten nie in einem Inserat veröffentlichen: ‹Dieser prächtige Wohnsitz›, ohne heimlich zu erröten. Für fremde Ahnen will kein Mensch mehr blechen.»
Der General starrte vor sich hin.
«Dinny, ich gesteh dir's offen, ich wäre diese Verantwortung lieber los. Dieses ewige Pfennigfuchsen ist mir verdammt zuwider, diese ewigen Sorgen um das Durchhalten. Aber wie du sagst, an Verkauf ist nicht zu denken. Und wo fände sich ein Mieter? Condaford taugt weder für ein Knabeninstitut, noch für einen Gutsherrenklub, noch für eine Irrenanstalt. Und eins von den dreien ist heutzutage das Schicksal eines Herrenhauses. Dein Onkel Lionel ist der einzige von uns, der Vermögen hat – ich bezweifle, ob er das Gut für seine Wochenendgesellschaften nehmen würde.»
«Nein, Vater! Nein! Lassen wir nicht locker! Wir werden's bestimmt schaffen, irgendwie. Das ‹Pfennigfuchsen› überlaß du nur mir! Einstweilen mußt du das da nehmen! Glatte Rechnung am Anfang.»
«Dinny, ich –»
« Mir zuliebe, Vater.»
Der General zog sie an sich und küßte sie auf die Stirn.
«Deine Geschichte», flüsterte er ihr ins Haar, «Herrgott, wenn nur –»
Sie wich zurück.
«Ich geh jetzt noch für ein paar Minuten in den Garten, will etwas Bewegung machen. Es ist so schön und warm.»
Sie wand sich einen Schal um den Kopf und verließ durch die Glastür das Zimmer. Der letzte Dämmerschein am Horizont war verglommen, doch noch immer blieb es warm, kein Lüftchen regte sich, es fiel kein Tau. Dinny schritt über die Schwelle ins stille Dunkel hinaus, in die sternklare Sommernacht und verlor sich ganz in ihren Frieden. Nur die verschwommenen Umrisse des alten, umrankten Hauses mit seinen vier matterleuchteten Fenstern standen vor ihrem Blick. Sie lehnte sich mit dem Rücken an eine Ulme, umschlang den Stamm mit den Armen und verschränkte die Hände. Die Nacht war eine gute Freundin – kein spähendes Auge, kein lauschendes Ohr. Reglos starrte sie ins Dunkel und schöpfte Trost aus der Nähe des starken, mächtigen Baumes, den sie mit den Armen umschloß. Nachtfalter streiften im Flug fast ihr Gesicht. Lebenswarm, unbekümmert, frei von Neugier spann die Natur auch im Dunkel ihre Fäden. Millionen winziger Lebewesen wühlten jetzt in der Erde oder schliefen, Hunderte flogen oder krochen umher, Billionen Grashalme und Blumen reckten sich ganz langsam in die erfrischende Nachtluft empor. Die Natur! Erbarmungslos, gleichgültig selbst jenen Geschöpfen gegenüber, die ihr durch schwärmerische Loblieder huldigten! Fäden rissen, Herzen brachen, doch was immer diesen nichtigen Dingen zustieß, die Natur zuckte nicht mit der Wimper, tat keinen Seufzer! Ein einziges Wimperzucken der Natur hätte ihr mehr bedeutet als alle menschliche Sympathie. Wie war es doch mit der ‹Geburt der Venus›? Wenn doch auch sie der Windhauch kühlte, die Wellen wie Tauben ihre Füße umschwirrten, wenn doch honigsuchende Bienen sie umsummten! Könnte sie sich nur einen Augenblick in diesem Dunkel eins fühlen mit dem Sternenglanz, dem Duft der Erde, dem Flattern dieser Fledermaus, dem leisen Flügelschlag des Schmetterlings, der ihre Nase streifte!
Das Kinn emporgewandt, eng an den Stamm geschmiegt, stand sie da und hielt den Atem an vor der Stille, dem Dunkel und den Sternen. Hätte sie doch die Ohren eines Wiesels, die Spürnase eines Fuchses, um alles Leben zu hören, zu riechen! In der Baumkrone über ihrem Kopf zirpte ein Vogel. Aus der Ferne drang das Dröhnen des letzten Abendzuges, kam näher, schwoll immer lauter an, dann vernahm sie Räderrollen, Zischen des Dampfs; dann Stille, dann wieder Rollen, das in der Ferne verhallte. Und wieder tiefe Stille. Hier, wo sie stand, war einst der Schloßgraben gewesen, längst war er zugeschüttet, diese große Ulme war inzwischen über ihm gewachsen. Wie lang währte doch das Leben der Bäume, ein einziger langer Kampf mit dem Sturm! Lang und zäh war es, wie das Leben ihrer Sippe, die auch verwurzelt war in diesem Boden.
‹Ich will nicht an ihn denken! Ich will nicht!› sagte sie sich. Wie ein Kind, das an seinen Schmerz nicht erinnert werden will, so würde sie in Zukunft sein! Aber sogleich formte sich das Dunkel vor ihr zu seinen Zügen, seinen Augen, seinen Lippen. Sie wandte sich dem Stamm zu und preßte die Stirn gegen die rauhe Rinde. Doch sein Antlitz schwebte dazwischen. Sie schrak zurück und ging davon; rasch, geräuschlos huschte sie übers Gras, unsichtbar wie ein Geist. Hin und her lief sie, das brachte ihr Beruhigung.
‹Ich hab das Glück genossen›, sagte sie zu sich, ‹nun ist es aus. Ich muß ins Haus zurück!›
Einen Augenblick sah sie noch zu den zahllosen Sternen empor, den fernen, hellen, kalten Sternen. Und mit leisem Lächeln dachte sie:
‹Welcher ist wohl mein Glücksstern?›
Der 1867 in Coombe/Surrey geborene und 1933 in London gestorbene Nobelpreisträger hat mit seinen berühmten Trilogien «Forsyte-Saga» («Der reiche Mann» rororo Nr. 45, «In Fesseln» rororo Nr. 123, «Zu vermieten» rororo Nr. 124), «Moderne Komödie» («Der weiße Affe» rororo Nr. 165, «Der silberne Löffel» rororo Nr. 166, «Schwanengesang» rororo Nr. 166a), und «Cherrell-Chronik» («Ein Mädchen wartet» rororo Nr. 27, dem hier vorliegenden Band «Blühende Wildnis» rororo Nr. 297 und «Über den Strom» rororo Nr. 298) ein überzeugendes Bild englischen Wesens und Lebens vor und nach der Jahrhundertwende geschaffen. Er war zunächst Advokat, ehe er sich zur schriftstellerischen Laufbahn entschloß und rasch durch seine Dramen und Romane berühmt wurde. Mit naturalistischer Treue strebt Galsworthy eine objektive Menschendarstellung an, hinter der freilich leuchtend die Ideale des Gentleman und der Lady sichtbar werden. Ein hohes, untadeliges Gesellschaftsethos liegt seinen realistischen Romanen zugrunde. Auf der ganzen Welt gelesen, gilt er noch heute als der bedeutendste Schilderer des traditionellen England.
Inhalt: Dieser Band setzt die Cherrell-Chronik fort. Dinny Cherrell, das «wartende Mädchen» mit dem eigenwilligen, großen Herzen, die moderne junge Engländerin aus alter Familie, beginnt den zum Außenseiter gewordenen Wilfrid zu lieben, dem der Erste Weltkrieg alle herkömmlichen Bindungen verdächtig machte und der als Poet und unnachsichtiger Kritiker der Zeit ein Leben ständigen Aufbruchs führt. Der Ruhelose verzichtet jedoch auf eine Bindung. Die beiden Liebenden trennen sich. Wilfrid geht wieder in den Orient, damit Dinny nicht an ihm scheitere. Diese bewegende und zugleich weise Liebesgeschichte hat Galsworthy in die breit angelegte Familienchronik verwoben. Thomas Mann, der Galsworthy den deutschen Lesern wiederholt nahebrachte, äußerte sich über ihn und sein Werk: «Ich werde die Bekanntschaft mit dem dichterischen Historiker des englischen Bürgertums immer als einen Gewinn ersten Ranges betrachten.»
Literatur über Galsworthy in deutscher Sprache: K. Schrey, J. G. und die besitzenden Klassen Englands, 1917 / F. C. Steinermayr, Der Werdegang von J. G.'s Welt- und Kunstanschauung, «Anglia» 49/50, 1925 / L. Schalit, J. G., 1928 / E. Leinert, Victorianismus bei G., Diss. Marburg 1930 / W. Héraucourt, Die Darstellung des englischen Nationalcharakters in J.G.'s «Forsyte-Saga», 1933 / J.Kroener, Die Technik des realistischen Dramas bei Ibsen und G., 1935 / W. Schmitz, Der Mensch und die Gesellschaft im Werke J. G.'s, Diss. Köln 1936 / G. Gese, G. als sozialer Kritiker und Reformer, Diss. Greifswald 1938 / O. Funke, Wege und Ziele, 1945.