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Maximin

 

Kunfttag I

Dem bist du kind· dem freund.
Ich seh in dir den Gott
Den schauernd ich erkannt
Dem meine andacht gilt.

Du kamst am lezten tag
Da ich von harren siech
Da ich des betens müd
Mich in die nacht verlor:

Du an dem strahl mir kund
Der durch mein dunkel floss·
Am tritte der die saat
Sogleich erblühen liess.

 

Kunfttag II

Wie einst das dumpfe volk
Nach dem Befreier schrie·
Die fenster offen tat·
Ihm tisch und bett gedeckt·

Von vielem warten wild
Dann fiel in grimm und hohn –
So sank mein blick hinab:
›Der sich zum dritten trog·

Als kind sein bild nicht fand·
Als jüngling sehnend brach·
Der heut die mitte tritt
Ist satt noch zu vertraun.‹

 

Kunfttag III

Nun wird es wieder lenz ...
Du weihst den weg die luft
Und uns auf die du schaust –
So stammle dir mein dank.

Eh blöd der menschen sinn
Ihm ansann wort und tat
Hat schon des schöpfers hauch
Jed ding im raum beseelt.

Wenn solch ein auge glüht
Gedeiht der trockne stamm·
Die starre erde pocht
Neu durch ein heilig herz.

 

Erwiderungen: Das Wunder

Steigst du noch mit wirrem haare
Durch verbotene bezirke?
Flehst dass er sich offenbare?
Schau wie er hienieden wirke
Durch den staub mit feuer fahre!

Über allem volk umwehte
Er dein haupt mit seinem scheine
Dass mit kränzen vor dich trete
Sein gesandter und vorm schreine
Deines jungen traumes bete ...

Wolken die im abend schwammen
Wölbte seine hand zu runder
Halle voll mit milden flammen ...
Nun geschieht das höchste wunder:
Fliessen traum und traum zusammen.

 

Erwiderungen: Einführung

Ob du dich auch in finstrem tal verloren,
Von höhen abgesunken:
Wie du hier stehst bist du erkoren
Ins neue land zu schaun.
Du hast vom quell getrunken:
Betritt die offnen aun!
Durch veilchenwiesen zieht die gelbe ähre,
Im haine lodern die altäre
Bekränzt mit rosen ... zitternd warmer schein
Ist in den lüften und der stete
Gesang des engels tönt ... sein mund
Auf deinem brennt dich rein,
Du weilst auf heiligem grund:
Knie hin und bete!

 

Erwiderungen: Die Verkennung

Der jünger blieb in trauer tag und nacht
Am berg von wo der Herr gen himmel fuhr:
›So lässest du verzweifeln deine treuen?
Du denkst in deiner pracht nicht mehr der erde?
Ich werde nie mehr deine stimme hören
Und deinen saum und deine füsse küssen?
Ich flehe um ein zeichen, doch du schweigst.‹
Da kam des wegs ein fremder: ›Bruder sprich!
Auf deiner wange lodert solche qual
Dass ich sie leide wenn ich sie nicht lösche.‹
›Vergeblich ist dein trost ... verlass den armen!
Ich suche meinen herrn der mich vergass.‹
Der fremde schwand .. der jünger sank ins knie
Mit lautem schrei, denn an dem himmelsglanz
Der an der stelle blieb ward er gewahr
Dass er vor blindem schmerz und krankem hoffen
Nicht sah: es war der Herr der kam und ging.

 

Trauer I

So wart bis ich dies dir noch künde:
Dass ich dich erbete – begehre.
Der tag ohne dich ist die sünde,
Der tod um dich ist die ehre.

Wenn einen die Finstren erlasen:
So schreit ich die traurige stufe.
Die nacht wirft mich hin auf den rasen.
Gib antwort dem flehenden rufe ...

›Lass mich in die himmel entschweben!
Du heb dich vom grund als gesunder!
Bezeuge und preise mein wunder
Und harre noch unten im leben!‹

 

Trauer II

Weh ruft vom walde.
Er schmückte sich mit frischem laub umsonst.
Die flur erharrte dich dass du sie weihtest.
Sie friert da du sie nun nicht sonnst:
Die zarten halme zittern an der halde
Die du nun nie beschreitest.

Was sind die knospen all die du nicht weckst,
Die äste all die deine hand nicht flicht,
Was sind die blumen all die sie nicht bricht,
Was sollen früchte sein die du nicht schmeckst!

Im jungen schlag ein krachen
Von stamm nach stamm – wann fällt der nächste?
Das morgendliche grün erschlafft.
Das kaum entsprossne gras liegt hingerafft.
Kein vogel singt .. nur frostiger winde lachen
Und dann der schall der äxte.

 

Trauer III

Dumpf ist die luft, verödet sind die tage.
Wie find ich ehren die ich dir erweise?
Wann zünd ich an dein licht durch unsre tage?
Mir ist nur lust wenn ich in gleicher weise
Eingrabe pracht und trümmer meiner tage,
Bei jedem weg nur meine trauer weise,
Hinschleppend ohne tat und lied die tage.
Nimm nur aus dunst und düster diese weise:
Nimm hin das opfer meiner toten tage!

 

Auf das Leben und den Tod Maximins: das erste

Ihr hattet augen trüb durch ferne träume
Und sorgtet nicht mehr um das heilige lehn.
Ihr fühltet endes-hauch durch alle räume –
Nun hebt das haupt! denn euch ist heil geschehn.

In eurem schleppenden und kalten jahre
Brach nun ein frühling neuer wunder aus,
Mit blumiger hand, mit schimmer um die haare
Erschien ein gott und trat zu euch ins haus.

Vereint euch froh da ihr nicht mehr beklommen
Vor lang verwichner pracht erröten müsst:
Auch ihr habt eines gottes ruf vernommen
Und eines gottes mund hat euch geküsst.

Nun klagt nicht mehr – denn auch ihr wart erkoren –
Dass eure tage unerfüllt entschwebt ...
Preist eure stadt die einen gott geboren!
Preist eure zeit in der ein gott gelebt!

 

Das zweite: Wallfahrt

Im trostlos graden zug von gleis und mauer
Im emsigen gewirr von hof und stiege –
Was sucht der fremde mit ehrfürchtigem schauer? ..
Hier, Bringer unsres heils! stand deine wiege.

Im längs umbauten viereck wo die flecken
Von gras durchs pflaster ziehen und verschroben
Bei magren blumen die verschnittnen hecken:
Hast du zuerst den blick im licht erhoben.

Wie staubt der platz! von welchem lärme pocht er!
Getrab von tritten und geroll von wagen ...
Wie ihre last Maria Annens tochter
Hat hier die mutter dich verkannt getragen.

Nur einst als frühling war fiel grau und silbern
Vom himmel tau und sprühte duftige funken
Und allen kindern haben blau und silbern
Die magren blumen lächelnd zugewunken.

Dies allen gleiche haus ist ziel der reise.
Wir sehn entblössten haupts die nackte halle
Aus der du in die welt zogst ... Sind drei weise
Doch einst dem stern gefolgt zu einem stalle!

 

Das dritte

Du wachst über uns
                in deiner unnahbaren glorie:
Schon wurdest du eins
                mit dem Wort das von oben uns sprach.
Wir fragen bei all
                unsren schritten des tags deine milde.
So macht ihre diener
                das lächeln der könige reich.
Doch senkt sich der abend
                in der dir geweihten memorie:
Dann zittert die sehnsucht
                dann greifen die arme dir nach,
Dann drängen die lippen
                zu deinem noch menschlichen bilde
Als wärst du noch unter uns,
                wärst uns noch – Herrlicher! gleich.

 

Das vierte

Klingen schon hörtest du obere chöre,
Batest um ruhe vor unsrem geschwärm
Dass es, Verwandelter, dich nicht empöre –
Und uns verweisend entflohst du dem lärm.

Du schon geweiht für die ruhe des siebten
Warst unsrem tag ein entfernter genoss ..
Nur dieses zeichen verblieb den geliebten
Dass unsrer erde nicht ganz dich verdross:

Als schon dein fuss nach den sternen sich sezte
Hat noch ein unterer strahl dich durchbohrt,
Während dein himmlisches auge sich nezte
Klang deine stimme von trauer umflort:

›Frühling, wie niemals verlockst du mich heuer!
Dürft ich noch einmal die knospenden mai'n
Einmal noch sehen mit euch die mir teuer
Lieblichste blumen am irdischen rain!‹

 

Das fünfte: erhebung

Du rufst uns an, uns weinende im finstern:
        Auf! tore allesamt!
Verlöschen muss der kerzen bleiches glinstern,
        Nun schliesst das totenamt!

Was du zu deines erdentags begehung
        Gespendet licht und stark
Das biete jeder dar zur auferstehung
        Bis du aus unsrem mark

Aus aller schöne der wir uns entsonnen
        Die ständig in uns blizt
Und aus des sehnens zuruf leib gewonnen
        Und lächelnd vor uns trittst.

Du warst für uns in frostiger lichter glosen
        Der brand im dornenstrauch,
Du warst der spender unverwelkter rosen
        Du gingst vorm lenzeshauch.

Mit deiner neuen form uns zu versöhnen
        Sie singend benedein,
Vom zug der schatten die nichts tun als stöhnen
        Dich und uns selbst befrein,

Die schmerzen bändigen die uns zerrütten –
        Gebeut dein feurig wehn
Und soviel blumen hinzuschütten
        Dass wir dein grab nicht sehn

 

Das sechste

Du freudenbote führtest weiland
Durch einen winter grames voll
Mich in ein wunderbares eiland
Das ganz von blüt und knospe quoll.

Verborgne fülle deiner güter
Entdecktest du dem Einen hier
Und deine liebe ward dem hüter
Und deines eignen blühens zier.

Im hain rief wach der feierfrohe
Der erstlingsopfer fromme hast
Von deren frühgeschauter lohe
Im sinn mir blieb nur schwacher glast.

In trockne scheiter flog der bolzen
Des Helfers mit entflammtem schwung,
Zerspaltne feuer all verschmolzen
Im streben nach vergöttlichung.

Ich sah vom berg aus ein erneuter
Wonach mein drang umsonst gefragt:
Das Fernenland – du warst der deuter
Da es aus nebeln mir getagt.

Rein blinkten unsre tempelbögen:
Du blicktest auf ... da floh voll scham
Was unrein war zu seinen trögen,
Da blieb nur wer als priester kam ...

Nun dringt dein name durch die weiten
Zu läutern unser herz und hirn ...
Am dunklen grund der ewigkeiten
Entsteigt durch mich nun dein gestirn.

 

Gebete I

All den tag hatt ich im sinne
Klang der wirklichen drommete·
Hob die hand nur dass sie flehte
Und den mund um deine minne.

Kam ein opfer sonder makel
Freudiger zu deinem herde?
Reiner von der Welt beschwerde
Tret ich nie vor dein mirakel.

Der dies glühen in mir fachte
Dass ich ihm mich nur bequeme:
Mach mich frei aus starrem lehme!
Sieh ich klage, sieh ich schmachte!

Endlich löse und beschwichte!
Hör mich bitten, hör mich werben!
Gib die wonne dir zu sterben
Wo ich dir am nächsten pflichte!

Nicht verzögre, nicht verdamme!
Dir gehör ich: nimm und fodre
Dass ich fliesse dass ich lodre
Ganz in deiner weissen flamme!

 

Gebete II

Ist uns dies nur amt: mit schauern
Zu vernehmen dein gedröhn
Und im staub vernichtet kauern
Vor dir Furchtbarer der Höhn?

Warum schickst du dann die sommer
Wo wir schnellen frei und nackt?
Wo sich nachbar nennt dein frommer,
Helle raserei ihn packt?

Was erlaubst du uns die räusche
Wo der stolz allmächtig pocht,
Uns in Deine nähe täusche,
All dein tosen in uns kocht –

Wirbel uns aus niedrer zelle
Sternenan entführt geschwind:
Deinesgleichen in der welle
In der wolke in dem wind?

 

Gebete III

Wie dank ich sonne dir ob jeden dings
Beim ersten schritte über meine schwelle!
Mit warmen strahlen küssest du mich rings –
Wie wird mein morgen froh, mein mittag helle!

Das haar geb ich dem zarten winde preis,
Des gartens düfte öffnen jede pore.
Da kos't die hand manch purpurschwellend reis,
Da kühlt die wange sich im schneeigen flore.

O nachmittag der schwärmt und brennt und dräut
Mix der heroen und der magier plane
Und ganze welten mir zum spiele beut
Indess die welle mit mir spielt im kahne!

Und dann des abends gleichersehntes fest!
Wo ich entzündet bin vom heiligen brauche
Der teure bilder liebend an sich presst
Bis alle freude sanft in schlummer tauche.

 

Einverleibung

Nun wird wahr was du verhiessest:
Dass gelangt zur macht des Trones
Andren bund du mit mir schliessest
Ich geschöpf nun eignen sohnes.

Nimmst nun in geheimster ehe
Teil mit mir am gleichen tische
Jedem quell der mich erfrische
Allen pfaden die ich gehe.

Nicht als schatten und erscheinung
Regst du dich mir im geblüte.
Um mich schlingt sich deine güte
Immer neu zu seliger einung.

All mein sinn hat dir entnommen
Seine farbe glanz und maser
Und ich bin mit jeder faser
Ferner brand von dir entglommen.

Mein verlangen hingekauert
Labest du mit deinem seime.
Ich empfange von dem keime
Von dem hauch der mich umdauert:

Dass aus schein und dunklem schaume
Dass aus freudenruf und zähre
Unzertrennbar sich gebäre
Bild aus dir und mir im traume.

 

Besuch

Sanftere sonne fällt schräg
Durch deiner mauer scharten
In deinen kleinen garten
Und dein haus am gehäg.

Schwirren die vögel im plan,
Regen sträuche die ruten:
Ziehen nach tagesgluten
Erste wandrer die bahn.

Fülle die eimer nun strack!
Netze im pfade die kiese
Büsche und beete der wiese
Häng-ros und güldenlack!

Und bei der wand am gestühl
Brich den zu wirren eppich!
Streue blumen zum teppich!
Duftend sei es und kühl

Wenn er als pilgersmann
In solchen dämmerungen
Nochmals vielleicht durchdrungen
Unsere erde und dann

Überm weg das geäst
Teilt mit dem heiligen oden –
Er eine weil deinen boden
Tritt und sich niederlässt!

 

Entrückung

Ich fühle luft von anderem planeten.
Mir blassen durch das dunkel die gesichter
Die freundlich eben noch sich zu mir drehten.

Und bäum und wege die ich liebte fahlen
Dass ich sie kaum mehr kenne und Du lichter
Geliebter schatten – rufer meiner qualen –

Bist nun erloschen ganz in tiefern gluten
Um nach dem taumel streitenden getobes
Mit einem frommen schauer anzumuten.

Ich löse mich in tönen, kreisend, webend,
Ungründigen danks und unbenamten lobes
Dem grossen atem wunschlos mich ergebend.

Mich überfährt ein ungestümes wehen
Im rausch der weihe wo inbrünstige schreie
In staub geworfner beterinnen flehen:

Dann seh ich wie sich duftige nebel lüpfen
In einer sonnerfüllten klaren freie
Die nur umfängt auf fernsten bergesschlüpfen.

Der boden schüttert weiss und weich wie molke ..
Ich steige über schluchten ungeheuer,
Ich fühle wie ich über lezter wolke

In einem meer kristallnen glanzes schwimme –
Ich bin ein funke nur vom heiligen feuer
Ich bin ein dröhnen nur der heiligen stimme.

 


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