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Lieder

 

Vorklang

Sterne steigen dort,
Stimmen an den sang.
Sterne sinken dort
Mit dem wechselsang:

Dass du schön bist
Regt den weltenlauf.
Wenn du mein bist
Zwing ich ihren lauf.

Dass du schön bist
Bannt mich bis zum tod.
Dass du herr bist
Führt in not und tod.

›Dass ich schön bin
Also deucht es mir.
Dass ich dein bin
Also schwör ich dir.‹

 

Lieder I-VI

Dies ist ein lied
Für dich allein:
Von kindischem wähnen
Von frommen tränen ..
Durch morgengärten klingt es
Ein leichtbeschwingtes.
Nur dir allein
Möcht es ein lied
Das rühre sein.

 

Im windes-weben
War meine frage
Nur träumerei.
Nur lächeln war
Was du gegeben.
Aus nasser nacht
Ein glanz entfacht –
Nun drängt der mai,
Nun muss ich gar
Um dein aug und haar
Alle tage
In sehnen leben.

 

An baches ranft
Die einzigen frühen
Die hasel blühen.
Ein vogel pfeift
In kühler au.
Ein leuchten streift
Erwärmt uns sanft
Und zuckt und bleicht.
Das feld ist brach,
Der baum noch grau ..
Blumen streut vielleicht
Der lenz uns nach.

 

Im morgen-taun
Trittst du hervor
Den kirschenflor
Mit mir zu schaun,
Duft einzuziehn
Des rasenbeetes.
Fern fliegt der staub ...
Durch die natur
Noch nichts gediehn
Von frucht und laub –
Rings blüte nur ...
Von süden weht es.

 

Kahl reckt der baum
Im winterdunst
Sein frierend leben,
Lass deinen traum
Auf stiller reise
Vor ihm sich heben!
Er dehnt die arme –
Bedenk ihn oft
Mit dieser gunst
Dass er im harme
Dass er im eise
Noch frühling hofft!

 

Kreuz der strasse ..
Wir sind am end.
Abend sank schon ..
Dies ist das end.
Kurzes wallen
Wen macht es müd?
Mir zu lang schon ..
Der schmerz macht müd.
Hände lockten:
Was nahmst du nicht?
Seufzer stockten:
Vernahmst du nicht?
Meine strasse
Du ziehst sie nicht.
Tränen fallen
Du siehst sie nicht.

 

Lieder I-III

Fern von des hafens lärm
Ruht der besonnte strand,
Zittern die wellen aus ...
Hoffnung vergleitet sacht.
Da regt vom hohen meer
Wind die gewölbten auf,
Bäumend zerkrachen sie,
Stürmen die ufer ein ...
Wie nun das leiden tost!
Lautere brandung rauscht,
Zischend zur dünenhöh
Schlägt sie den dunklen schaum ...
Wie nun die liebe stöhnt!

 

           Mein kind kam heim.
Ihm weht der seewind noch im haar,
          Noch wiegt sein tritt
Bestandne furcht und junge lust der fahrt.

          Vom salzigen sprühn
Entflammt noch seiner wange brauner schmelz:
          Frucht schnell gereift
In fremder sonnen wildem duft und brand.

          Sein blick ist schwer
Schon vom geheimnis das ich niemals weiss
          Und leicht umflort
Da er vom lenz in unsern winter traf.

          So offen quoll
Die knospe auf dass ich fast scheu sie sah
          Und mir verbot
Den mund der einen mund zum kuss schon kor.

          Mein arm umschliesst
Was unbewegt von mir zu andrer welt
          Erblüht und wuchs –
Mein eigentum und mir unendlich fern.

 

Liebe nennt den nicht wert der je vermisst ..
Sie harrt wenn sie nur schaut in qualen aus,
Verschwendet schmuck und schatz die keiner dankt
Und segnet wenn sie selbst als opfer brennt.

Teurer! wie dem auch sei: dein pfad zum glück
Den du nur kennst verdunkelt durch mein nahn.
So reiss ich wund mich weg: dich wirre nie
Ein loos das leicht sich wider wunsch verrät.

Süsser! ja mehr als dies: damit kein hauch
Dein holdes spielen stört bleib ich verbannt
Und doppelt duldend scheid ich und mein gram
Spricht nur mit mir und diesem armen lied.

 

Südlicher Strand: Bucht

Lang zog ich auf und ab dieselben küsten,
Von stolzen städten eine perlenschnur,
Hier oder dort den hochzeit-tisch zu rüsten ...
Ein fremdling geht hinaus zur flur.

So oft ich weile auf denselben brücken,
Nicht weiser – nur vergrämter jedesmal,
Lass ich von alter hoffnung mich berücken
Umgleit ich harrend manch portal.

Wenn hoch im saale sich die paare drehn
Im bunten schmuck mit blumen um die schläfen:
Folg ich den ärmsten wandlern in den häfen ..
So sehr ist qual allein zu gehn.

 

Südlicher Strand: See

Fern liegt die heimat noch als schwarze wüste
Vergessen hinter schneebestreuter wehr ..
Kein laut von dort der nicht vergeblich grüsste!
Die wunderwelt verlockt uns noch zu sehr.

Starr-hohe fichten sanftere oliven
Im garten den ein kühler glanz durchloht –
Noch wartet drunten auf den glatten tiefen
Aus saphir unser gelbbeschwingtes boot

In dieser luft von weihrauch und von rosen
Wo selbst der strenge Fürst des Endes leicht
Als sei er nur der spender von almosen
Mit einem lächeln durch die lande schleicht.

 

Südlicher Strand: Tänzer

Ihr wart am pinienhage ohne staunen
Ins gras gelagert, junge schwinger, beide
Mit gliedern zierlich regen kräftig braunen
Mit offner augen unbefangner weide.

Ihr hobet euch vom boden auf im takte
Ins volle licht getauchte lächelnd reine
Und schrittet vor und rückwärts – göttlich nackte
Die breite brust gewiegt auf schlankem beine.

Von welcher urne oder welchem friese
Stiegt ihr ins leben ab zum fest gerüstet
Die ihr euch leicht verneigtet und euch küsstet
Und tanzend schwangt auf weiss-gesternter wiese!

 

Rhein

Blüht am hange           nicht die rebe?
Wars ein schein nicht           der verklärte?
Warst es du nicht           mein gefährte
Den ich suche          seit ich lebe?

Jagt vom flusse           feuchter schwaden
Duft des haines          licht der lande?
Dichter brodem          wirst du laden,
Folg ich dir nur           spur im sande?

›Dich zu ehren          dir zu dienen
Seid geopfert          frühere prächte,
Seid vergessen           tag und nächte!‹
Summt beharrlich           lied der bienen.

Weite runde          wo sich mische
Ferne hoffnung          glück der stunde!
Nur noch droben           in der nische
Zeigt der Heilige           alte wunde ...

 

Schlucht

Ward hier in dieser schlucht vom hagelpralle
Uralter fels verbröckelt weggespült?
Hat hier ein stein hat eines tieres kralle
Des greisen baumes wurzeln aufgewühlt?

Ist es ein fleck am grunde hin und wieder,
Der hauf von grauen flocken die du schaust,
Verstreut in alle winkel das gefieder
Der taube die ein sperber hier zerzaust?

Was wirfst du in die rinnen in die splitter
Dich nieder – haupt und brust und arme bloss?
Was soll dein aufgelöst und laut gezitter
Dein weinen in der erde offnen schoss?

 

Wilder park

Feuchter schatten fällt aus den buchen ..
Fettes gras schiesst wuchernd empor,
Hüllt den weiher – gehst du ihn suchen?
Welch geraun entquoll seinem moor?

Halblicht sinkt durch buschige dächer,
Trauernd schmiegt sich moosig umwirrt
Nackter gott vorm schilfigen fächer –
Welch ein klaglaut hat dich umgirrt?

Lächelnd streifst du steinprunk der vasen,
Laub ist spröde, früchte sind firn.
Welch ein wind kam fernher geblasen?
Welch ein zweig fuhr um deine stirn?

Leise bebst du, glücklich umgaukelt,
Eilst dem tor zu, linde bedrückt ...
Welche blume hat dir geschaukelt?
Welch ein strahl kam auf dich gezückt?

 

Fenster wo ich einst mit dir
Abends in die landschaft sah
Sind nun hell mit fremdem licht.

Pfad noch läuft vom tor wo du
Standest ohne umzuschaun
Dann ins tal hinunterbogst.

Bei der kehr warf nochmals auf
Mond dein bleiches angesicht ...
Doch es war zu spät zum ruf.

Dunkel – schweigen – starre luft
Sinkt wie damals um das haus.
Alle freude nahmst du mit.

 

Schimmernd ragt der turm noch auf den schroffen
Der des sommers segnung auf uns goss.
Unten schweift nun unser schwaches hoffen
Wissend dass er seit dem frost sich schloss.

Alle täler zeigen weg und stelle
Und des giebels weisse hülle flammt,
Aber trauernd meiden seine schwelle
Die verwiesnen die sie selbst verrammt.

Suchend weinen löst noch nicht die riegel,
Wiederholt die weihe nicht die war ...
Wann noch einmal sprengen wir die siegel,
Treten in der gnade zum altar,

Brechen von dem brot der heiligen schüssel
Daran jedes von dem leid genas? ...
Der im schnee verlorne goldne schlüssel
Blinkt er uns im frühjahr aus dem gras?

 

Wir blieben gern bei eurem reigen drunten,
Nicht minder lieben wir das schöne tal
Der halme schaukeln und den duft der bunten
                Tupfen im morgendlichen strahl.

Wir nähmen gern von faltern und libellen
Den samtnen staub und brächen blumen viel
Und machten draus zum murmeln glatter wellen
                Ein zierlich leichtes spiel.

Doch über kahlen fels und starre büsche
Führt uns ein trieb hinauf zu andrem fund,
An spitzigem steine und gedörntem brüsche
                Wird hand und sohle wund:

Auf dass für unser fährdevolles wallen
Einmal uns lohnt des reinsten glückes kost:
Uns nah am abgrund azurn und kristallen
                Die wunderblume sprosst.

 

Lieder I-III

Flöre wehn durch bunte säle,
Trauerrufe dringen gell:
Als die düsteren choräle
Stimme spaltet jung und hell.

Fluren wo die triebe stocken
Sind voll kupfern blassen scheins ...
Da berührt er deine locken
Und hat deinen glanz mit eins.

Dass du in der zeit der grüfte
Kranken klager nicht verderbst:
Komm und teil die grauen lüfte,
Volles licht in meinem herbst!

 

›Geh ich an deinem haus vorbei
So send ich ein gebet hinauf
Als lägest du darinnen tot.‹

Wenn ich auf deiner brücke steh
Sagt mir ein flüstern aus dem fluss:
Hier stieg vordem dein licht mir auf.

Und kommst du selber meines wegs
So haftet nicht mein aug und kehrt
Sich ohne schauder ohne gruss

Mit einem inneren neigen nur
Wie wir es pflegen zieht daher
Ein fremder auf dem lezten gang.

 

Darfst du bei nacht und bei tag
Fordern dein teil noch, du schatten,
All meinen freuden dich gatten,
Rauben von jedem ertrag?

Bringt noch dein saugen mir lust
Der du das erz aus mir schürftest,
Der du den wein aus mir schlürftest –
Schaudr ich noch froh beim verlust?

Ob ich nun satt deiner qual
Mit meinen spendungen karge?
Zwing ich dich nieder im sarge,
Treib ich ins herz dir den pfahl?

 

Fest

Wenn ihr die hüllen warft und die gewinde
Ums haupt euch schlanget und die fackeln rochen
Dann habt ihr mit des tages zwang gebrochen:
Nun seid ihr eines andren herrn gesinde.

Sobald das dunkel die gemächer spreitet,
Farbige flammen schlagen aus den kesseln
Und hall von horn und pfeife eint und weitet:
Dann sprengt ihr eures eignen willens fesseln.

Dann schwillt das fest in rasendem getobe
Und in den brennenden und blutigen küssen
Wo alle sich in eins verlieren müssen,
Voll eines atems bei des gottes probe.

Doch lockern sich die knäuel und die tänze,
Befrein die glieder sich aus süsser pachtung:
Dann werden seufzer wach durch die umnachtung,
Dann fallen tränen auf die welken kränze.

 

Die schwelle

Kaum legtet ihr aus eurer hand die kelle
Und saht zufrieden hin nach eurem baun:
War alles werk euch nur zum andren schwelle
                Wofür noch nicht ein stein behaun.

Euch fiel ein anteil zu von blüten saaten,
Ihr flochtet kränze, tanztet überm moos ...
Und blicktet ihr zu nächsten bergesgraten
                Erkort ihr drüben euer los.

Da du die bunten äpfel überm meere
Und du der fremden reben wein erhobst:
Verdorrte eurer gärten vollste beere
                Und um euch her viel reifes obst.

Und da ihr horchtet auf der goldnen imme
Und eines windes lockendes gekling:
So überhörtet ihr gar oft die stimme
                Der süssen die vorüberging.

 

Heimgang

Drüben zieht ihr müden schwärme
Die ihr unserm tag erstarbt
Heimwärts wo kein wunsch mehr wärme –
Alles frühere weh vernarbt.

Und ihr zeigt dem fernen klager
Euer schattenland als ziel
Und ihr sagt: ein lindes lager
Heilt dort was uns hier befiel.

Keinen wird des sanften fastens
Frohen schweigens dort gereun ...
Einige tage guten rastens
Werden ihn vorm end erfreun ...

Eh ihr in den friedensforsten
Euren ruheplatz erlast –
Wisset: ist dies herz geborsten
Von der glut die drin gerast.

 

Aus dem viel-durchfurchten land
Wo die stimmen lauter gröber
Steigen sinken im gestöber
Eil ich rück zur bergeswand.

Nach den sälen voll geduft
Nach den gärten dicht und üppig
Wäldern dunkel und gestrüppig
Steig ich auf in freiere luft.

Stolzer heb ich nun die braun.
Wirst Du wieder mich verknüpfen,
Schallen mir aus deinen schlüpfen,
Lehren auf und abzuschaun?

Über dämpfe wolgerüche
Wirbel feuer draus ich floh
Schwebt der erste noch der sprüche:
Du bist fern und du bist hoh.

 

Hier ist nicht mein lichtrevier
Wo ich herrschte wo ich freite.
Himmel ist mir fremd und breite –
Arme flur mit magrer zier.

Sandige strecken unbebaut ...
Zwischen halden die verdorren
Streckt die dünnbelaubten knorren
Hier ein baum aus hagrem kraut.

Welch ein zirpen dringt ans ohr?
Vom gezweig ein tönend wispeln ...
Nun erkenn ich Dich am lispeln.
Du bist nah: bald scheinst du vor!

Nirgends weiss ich ziel und steg
Wem zu freude wem zu nutze
Und ich weiss mich nur im schutze:
Bin auch hier auf Deinem weg.

 

Verschollen des traumes
Des gottes herabkunft!
Nun waltet des raumes
Ein ruf aus dem abgrund.

Verschwunden das sehnen·
Verheerender glutschwall!
Schon schloss über jenen
Der stärkere flutprall.

Der oft sich erneunde
Nicht sei mehr der schwur laut!
Ich reiche euch freunde
Den mund hin zum urlaub.

Die hände die mienen
Erflehn von mir ruh nun·
Ich frieden vor ihnen ...
Und wach bleibest Du nur.

 


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