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Die Kavalkade, welche Donna Lucrezia nach Ferrara führte, legte nur kurze Tagesstrecken zurück, und auch diese waren für Frauen sehr ermüdend, zumal in der Winterzeit, wo es auch im römischen Lande rauhe und regnerische Tage gibt.
Erst am siebenten Tag erreichte der Zug Foligno. Wir teilen den Bericht mit, welchen die ferrarischen Gesandten von dort ihrem Herrn einschickten, weil er Reise und Reiseerlebnisse bis dorthin auf das anschaulichste darstellt.
»Erlauchtester und hochzuverehrender Herr. Obwohl wir von Narni Ew. Exzellenz über Rom und durch Post geschrieben haben, daß wir von Terni nach Spoleto und von Spoleto hierher in ununterbrochenen Tagereisen vorwärtsgehen würden, so hat doch die Erlauchteste Herzogin mit ihren Frauen sich so ermüdet gefühlt, daß sie beschloß, einen ganzen Tag in Spoleto und einen anderen hier (in Foligno) auszuruhen. Wir werden demnach von hier erst morgen abreisen und nach Urbino nicht früher gelangen, als am nächsten Dienstag, das ist am 18. des laufenden Monats. Denn morgen werden wir Nocera, am Sonnabend Gualdo, am Sonntag Gubbio, am Montag Cagli, am Dienstag Urbino erreichen, wo wir noch einen ganzen Tag, das heißt den Mittwoch, bleiben werden; sodann wird die Reise am 20. nach Pesaro fortgesetzt werden und so weiter von Stadt zu Stadt, wie wir das in anderen Briefen Ew. Exzellenz geschrieben haben.
Wir sind jedoch dessen gewiß, daß sich die Herzogin viele ganze Tage in vielen der genannten Städte ausruhen wird, so daß wir ohne Zweifel Ferrara nicht früher erreichen werden, als am letzten des gegenwärtigen Monats oder am ersten des kommenden, und vielleicht am zweiten oder dritten. Ich habe es daher für passend gehalten, dies Ew. Exzellenz von hier aus zu melden, damit Sie wissen, wo wir sind und wo wir zu sein glauben, und damit Sie dasjenige anzuordnen vermögen, was Sie für das beste erachten. Denn sollte es Ihnen gefallen, daß die Ankunft in Ferrara auf den 2. oder 3. Februar verschoben werde, so glauben wir, daß dies leicht zu machen sein wird. Sollten Sie aber es lieber sehen, daß wir am letzten dieses Monats eintreffen oder am 1. Februar, so mögen Sie uns davon benachrichtigen, denn in diesem Fall würden wir, wie wir bisher getan haben, die Rasttage zu mindern suchen.
Der Grund, weshalb ich der oben ausgesprochenen Ansicht bin, ist dieser, daß die Erlauchte Madonna Lucrezia von zarter Konstitution und des Reitens ungewohnt ist und ihre Frauen noch weniger daran gewöhnt sind, und weil wir wohl merken, daß sie nicht von der Reise zerschlagen und zerrüttet in Ferrara ankommen will.
In allen den Orten, welche Ihre Herrlichkeit passiert hat, wurde sie gern und liebevoll und mit großen Ehren aufgenommen, und auch von den Frauen in solcher Weise beschenkt, daß alles aus Rücksicht für Ihre Herrlichkeit zu geschehen schien. So sehr will man ihr überall in diesen Orten wohl, in denen sie auch sehr wohl bekannt ist, weil sie ehemals die Legation von Spoleto verwaltet hat. Hier (in Foligno) hat sie eine noch bessere Aufnahme und größere Zeichen der Freude empfangen als anderswo außerhalb Roms. Denn nicht allein die Signoren dieses Ortes, welche als Präsidenten der Stadtgemeinde so genannt werden, kamen ihr in Mänteln von roter Seide bis zum Tor entgegen, alle zu Fuß, und begleiteten sie bis zu ihrer Herberge auf dem Platz, sondern nahe am Tor kam ihr auch eine Trophäe entgegen, über welcher eine Person stand, vorstellend die römische Lucrezia mit einem Dolch in der Hand. Dieselbe sagte einige Verse dieses Sinnes: da Ihre Herrlichkeit, von der sie selbst an Keuschheit, Bescheidenheit, Klugheit und Beständigkeit übertroffen sei, ihr hier entgegentrete, so weiche sie und räume ihr ihre Stelle ein.
Sodann stand am Platz ein Triumphwagen, vor dem sich ein Kupido befand, und auf dem Wagen stand Paris, den goldenen Apfel in der Hand. Er sagte einige Reime dieses Inhalts: er habe einst durch sein Urteil den Apfel der Venus zugesprochen, die allein Juno und Pallas an Schönheit übertroffen habe; aber jetzt widerrufe er seine Sentenz und schenke den Apfel Ihrer Herrlichkeit als derjenigen Frau, welche alle jene drei Göttinnen besiege, da in ihr größere Schönheit, Weisheit und Reichtum oder Macht vereinigt seien, als in allen jenen drei Gottheiten.
Zuletzt trafen wir auf dem Platz eine bewaffnete türkische Galeere, die uns bis über die Hälfte desselben entgegenkam. Einer der Türken, welcher auf dem Vorderteile stand, sagte einige gereimte Verse dieses Inhalts: daß sein Großkönig wohl wisse, wie mächtig Lucrezia in Italien sei, und wie sie sich dazu eigne, die Friedensvermittlerin zu sein; er habe ihr daher diese zur Begrüßung geschickt und erbiete ihr die Zurückgabe von allem dem, was er vom Christenland besitze. Wir bemühten uns nicht, den Text dieser Verse zu erhalten, denn sie sind nicht gerade Verse Petrarcas, auch schien mir die Vorstellung dieses Schiffs weder sehr gelungen, noch überhaupt sehr am Ort.
Wir wollen nicht zu sagen vergessen, daß sie (Lucrezia) vier Millien vor Foligno von allen regierenden Baglioni begrüßt wurde, die von Perugia und von ihren Kastellen gekommen waren, ihr aufzuwarten und sie nach Perugia einzuladen.
Ihre Herrlichkeit beharrt bei ihrem Wunsch, von Bologna nach Ferrara zu Wasser zu reisen, um der Unbequemlichkeit des Reitens und des Landweges zu entgehen, wie wir dies Ew. Exzellenz von Narni aus gemeldet haben.
Seine Heiligkeit unser Herr ist um Ihre Herrlichkeit so sehr besorgt, daß er jeden Tag und jede Stunde über die Fortschritte ihrer Reise unterrichtet sein will, und sie muß von jedem Ort aus eigenhändig Sr. Heiligkeit schreiben, wie sie sich befinde. Das bestätigt, was Ew. Exzellenz schon mehrfach geschrieben worden ist, nämlich daß Se. Heiligkeit sie mehr liebt als jede andere Person von seinem Blut.
Wir werden nicht ermangeln, bei jeder Gelegenheit, die sich uns darbietet, Eurer Exzellenz von Tag zu Tage über diese Reise und was auf ihr vorkommt, Bericht zu machen.
Zwischen Terni und Spoleto im Tal der Strettura geriet ein Stallknecht des Erlauchten Don Sigismondo in heftigen Wortwechsel mit einem solchen des edlen Römers Stefano dei Fabii, der im Gefolge der Herzogin ist, und das aus nichtiger Veranlassung gewisser Turteltauben. Einer und der andere legten Hand an die Waffen, worüber ein gewisser Pizaguerra, auch von den Dienstleuten des Erlauchten Don Sigismondo, zu Pferde herbeikam und den Stallknecht des genannten Stefano am Kopf verwundete. Hierüber geriet Stefano, der von Natur zornig und insolent ist, so sehr in Aufregung, daß er erklärte, nicht weiter mitreisen zu wollen. Wie er nun in die Burg von Spoleto kam, ging er an den Erlauchten Don Ferrante und Don Sigismondo vorüber, ohne sie zu grüßen noch irgend zu beachten. Weil sich aber die Natur dieses Vorfalls als zufällig herausstellte und wir alle ihn sehr beklagten, und weil Pizaguerra und auch der Stallknecht des Don Sigismondo geflohen waren, so daß sich nichts weiter tun ließ, so gaben der Kardinal von Cosenza, die Erlauchteste Madonna Lucrezia und alle anderen Stefano Unrecht, und dieser beruhigte sich auch und ging mit den anderen weiter. Ew. Exzellenz Gnade empfehlen wir uns. Aus Foligno am 13. Januar 1502. Ew. Hoheit Diener Johannes Lucas und Gerardus Saracenus.
N.S. Der Ehrwürdigste Kardinal von Cosenza soll, soviel wir bisher vernommen haben, die Grenze der Staaten des Erlauchtesten Herrn Herzogs von Urbino nicht überschreiten.«
Von Foligno wurde die Reise über Nocera und Gualdo fortgesetzt nach Gubbio, einer der ansehnlichsten Städte des Herzogtums Urbino. Zwei Millien vor derselben begrüßte Lucrezia die Herzogin Elisabetta und geleitete sie in den Palast der Stadt. Beide Frauen trennten sich nicht mehr, denn jene hielt ihr Versprechen, Lucrezia nach Ferrara zu begleiten.
Der Kardinal Borgia kehrte aus Gubbio nach Rom zurück, und jene reisten weiter über Cagli in der bequemen Sänfte, welche Alexander seiner Tochter geschenkt hatte. Als sich die Kavalkade am 18. Januar Urbino näherte, wurde sie vom Herzog Guidobaldo begrüßt, der sich mit seinem ganzen Hof eingefunden hatte. Er geleitete Lucrezia in seine Residenz, den Prachtbau Federigos, welchen sie mit den Prinzen von Este bezog, während er selbst und die Herzogin ihn aus Höflichkeit räumten. Sowohl in Urbino, als in anderen Orten seines Gebiets hatte der artige Guidobaldo die Wappen der Borgia und des Königs von Frankreich aufrichten lassen.
Nur mit Widerwillen war die Heirat Lucrezias von den Montefeltre betrachtet worden, aber jetzt ehrten sie ihren Gast sowohl aus Rücksicht auf Ferrara als aus Furcht vor dem Papst. Sie kannten Lucrezia von Rom her, wo Guidobaldo als Condottiere Alexanders den Krieg wider die Orsini so unglücklich geführt hatte, und auch von Pesaro her. Sie mochten jetzt hoffen, daß die Sicherheit Urbinos an dem Einfluß und der Freundschaft Lucrezias eine Stütze finden werde. Aber nur wenige Monate sollten hingehen, und Guidobaldo und seine Gemahlin wurden durch den teuflischen Verrat des Bruders ihres Gastes umgarnt und unter Todesnöten aus ihrem Lande gejagt.
Nach einer Rast von einem Tage verließen Lucrezia und die Herzogin Urbino am 20. Januar, eine Strecke weit von Guidobaldo auf den Weg nach Pesaro begleitet. Die Kavalkade erreichte diesen Ort spät des Abends; der Weg, welcher beide Städte verbindet, führt heute als eine bequeme Fahrstraße durch ein schönes Hügelland, aber damals war er nur für Pferde passierbar, so daß die Reisenden ganz erschöpft in Pesaro anlangten.
Lucrezia betrat diese Stadt mit peinlichen Gefühlen; denn hier mußte ihr die Gestalt ihres von ihr verstoßenen Gemahls Sforza vor Augen stehen, welcher rachebrütend im Exil zu Mantua sich befand und vielleicht doch in Ferrara auftreten konnte, ihr Hochzeitsfest zu stören. Pesaro war jetzt das Eigentum ihres Bruders Cesar. Er hatte Befehl gegeben, seine Schwester in allen Städten seines Gebiets, welche sie berührte, glänzend zu empfangen. Hundert Kinder, in seine Farben gelb und rot gekleidet, Ölzweige in den Händen, begrüßten sie am Tor von Pesaro mit dem Geschrei: Duca! Duca! Lucrezia! Lucrezia! und die Behörden der Stadt geleiteten sie in den Palast, ihre frühere Residenz.
Die edelsten Frauen empfingen dort ihre ehemalige Gebieterin mit Freudenbezeugungen; unter ihnen war auch Lucrezia Lopez, einst ihre Hofdame und jetzt die Gattin des Gianfrancesco Ardizi.
Einen Tag lang blieb Lucrezia in Pesaro, ohne sich sehen zu lassen. Sie erlaubte, daß des Abends die Damen ihres Gefolges mit denen von Pesaro tanzten, aber sie selbst nahm daran nicht teil. Wie Pozzi dem Herzog Ercole berichtete, »blieb sie stets in ihrer Kammer, sowohl um sich den Kopf zu waschen, als weil sie von Natur sehr zur Einsamkeit und Absonderung neigte«. Aber ihr Verhalten in Pesaro konnte richtiger aus melancholischen Gedanken erklärt werden.
In allen Städten des Herzogs der Romagna fand ein ähnlicher Empfang statt; überall überreichten die Magistrate Lucrezia die Stadtschlüssel an den Toren. Im Namen Cesars begleitete sie jetzt Don Ramiro d'Orco, sein Statthalter in Cesena, derselbe gräßliche Bluthund, welchen er kaum ein Jahr später dort vierteilen ließ.
Über Rimini und Cesena erreichte man Forli am 25. Januar. Der Saal des dortigen Palastes war mit kostbaren Tapeten behängt und selbst die Decke mit buntfarbigem Tuch bezogen. Eine Tribüne war für die Damen aufgeschlagen. Die Magistrate machten Geschenke in Viktualien, Konfekt und Wachskerzen. Trotz des strengen Regiments, welches die Rektoren Cesars, zumal jener Ramiro, in der Romagna handhabten, machten doch Räuberbanden die Straßen unsicher. Aus Furcht, daß der kühne Bandit Giambattista Carraro den Brautzug überfallen könne, wenn er die Landmark von Cervia passierte, wurde dort eine Bedeckung von tausend Mann Fußvolk und hundertfünfzig Reitern mitgegeben, unter dem Schein, als wäre das ein von der Bevölkerung gestelltes Ehrengeleit.
In Faenza erklärte Lucrezia, daß sie den ganzen Freitag über in Imola bleiben müsse, um sich den Kopf zu waschen, denn das könne sie später nur erst nach der Beendigung des Karnevals wiederholen. Dieses Kopfwaschen, das wir als eine Prozedur der damaligen Toilette schon mehrmals zu bemerken Gelegenheit hatten, muß demnach mit besonderen Künsten der Behandlung des Haars verbunden gewesen sein. Der ferrarische Gesandte berichtete von diesem Vorhaben Lucrezias seinem Herrn als von einem bedauerlichen Hindernis, wodurch der Einzug Madonnas in Ferrara bis zum 2. Februar sich verzögern würde. Und desgleichen schrieb Don Ferrante aus Imola, daß Lucrezia hier einen Rasttag verlangt habe, um ihren Schmuck in Ordnung zu bringen und sich den Kopf zu waschen, was sie, wie sie sagte, seit acht Tagen nicht mehr getan habe, weshalb sie an Kopfschmerzen zu leiden beginne.
Auf der Reise von Faenza nach Imola berührte der Zug Kastell Bolognese, welches der von Cesar bedrohte Giovanni Bentivoglio diesem hatte abtreten müssen; man fand die Mauern des Ortes geschleift und seine Gräben ausgefüllt, auch seinen Namen in Cesarina verändert.
Nach dem Rasttag in Imola, am 28. Januar, machte sich die Kavalkade nach Bologna auf. Als sie die Grenze des Gebietes dieser großen Stadt und ihrer Signoren erreichte, empfingen sie alle Söhne Bentivoglios und seiner Gemahlin Ginevra mit glänzendem Gefolge, und Giovanni selbst begrüßte sie zwei Millien vor dem Tor.
Der Tyrann Bolognas, welcher nur dem Schutze Frankreichs seine Rettung vor Cesar verdankte, sparte nichts, um die Schwester seines Feindes zu ehren. Mit vielen hundert Reitern führte er sie wie im Triumph durch die Stadt, welche er mit den Wappen der Borgia, Cesars, des Papstes, Lucrezias und mit denen Frankreichs und der Este gleichsam übersät hatte. Am Portal seines herrlichen Palastes empfing Lucrezia die stolze Matrone Ginevra mit vielen Edeldamen. Wie mochte diese berühmte Frau, die Tante Giovanni Sforzas von Pesaro, diese Borgia in der Seele hassen! Aber nicht Alexander und Cesar, sondern Julius II., Rovere, sollte nach nur vier Jahren sie und ihr ganzes Geschlecht für immer aus Bologna vertreiben.
Unter prachtvollen Festen wurde dort der 30. Januar hingebracht. Abends gaben die Bentivogli einen Ball und ein Bankett.
Am folgenden Tage geleiteten sie Lucrezia hinweg, da sie ihre Reise nach dem schon nahen Ferrara zu Schiff auf dem Kanal fortsetzen wollte, welcher damals von Bologna nach dem Po führte, ehe er durch die spätere Ableitung des Flusses Reno abgeschnitten wurde.
An demselben 31.Januar erreichte Lucrezia abends das Kastell Bentivoglio, welches zwanzig Millien von Ferrara entfernt liegt; und kaum war sie hier angekommen, so erschien plötzlich ihr Gemahl Alfonso. Sie war tief überrascht, doch faßte sie sich schnell und empfing ihn »mit vieler Ehrerbietung und Grazie«, was er in galanter Weise erwiderte. Der Erbprinz von Ferrara hatte bisher gegen seine ihm aufgezwungene Gattin eine stumme Zurückhaltung beobachtet. Die Menschen jener Zeit besaßen keine Spur von der schwärmerischen Gefühlsseligkeit oder von der Sentimentalität der unsrigen; aber wenn dem auch so war, so ist es doch auffallend, daß von einer Korrespondenz zwischen Lucrezia und Alfonso während der Zeit, wo man ihre Heirat betrieb und dann feststellte, und woraus sich viele zwischen Lucrezia und Ercole gewechselte Briefe erhalten haben, durchaus kein Zeichen vorhanden ist. Jetzt nun trat dieser rauhe und einsilbige Alfonso aus seiner Zurückhaltung hervor, sei es aus Unterwürfigkeit gegen seinen Vater, aus Artigkeit oder aus Neugierde. Er war verkleidet gekommen. Zwei Stunden blieb er, dann kehrte er nach Ferrara zurück.
Dies kurze Begegnis nahm eine drückende Last von der Seele Lucrezias, und wahrscheinlich reichten jene zwei Stunden hin, Alfonso wenn nicht zu entwaffnen, so doch ihn den Zauber seines jungen Weibes empfinden zu lassen. Nicht ganz grundlos hatten die galanten Bürger Folignos Lucrezia den Parisapfel zuerkannt. Von diesem Zusammentreffen sagt ein Chronist Ferraras: Es freuten sich das ganze Volk und noch mehr die Braut und die Ihrigen darüber, daß Se. Herrlichkeit Verlangen empfand, sie zu sehen, und so sie gerne annahm, und das war ein Zeichen, daß sie wohl empfangen und noch besser würde behandelt werden.
Vielleicht war niemand froher darüber als der Papst. Seine Tochter gab ihm sofort Kunde davon, denn täglich schrieb sie ihm vom Fortgang ihrer Reise und täglich erhielt er Depeschen auch von anderen Personen. Er zweifelte noch an dem guten Empfange Lucrezias von Seiten der Este, und das beunruhigte ihn. Nach ihrem Abzug aus Rom forderte er den Kardinal Ferrari wiederholt auf, den Herzog zu ermahnen, seine Schwiegertochter freundlich zu behandeln. Er bemerkte dabei, daß er viel für sie getan habe und noch mehr tun werde. Die Befreiung vom Zins Ferraras würde, so sagte er, wenn mit Geld bezahlt, nicht unter zweimalhunderttausend Dukaten zu erlangen gewesen sein, und nur für die Ausfertigung der Bullen hätten die Kanzleibeamten fünf- bis sechstausend Dukaten beanspruchen dürfen. Die Könige von Frankreich und Spanien hätten für die Erlassung des Zinses von Neapel, der doch nur in einem weißen Pferde bestand, dem Herzog der Romagna eine jährliche Rente von zwanzigtausend Dukaten in jenem Königreich geben müssen. Ferrara aber habe alles umsonst erhalten.
Der Herzog beantwortete die Ermahnungen jenes Kardinals am 22. Januar und versicherte ihn, daß seine Schwiegertochter die liebreichste Aufnahme finden werde.