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Die Hasen

(Der Vriolsheimer)

Ein Ritter ritt eines Tages kurzweilhalber zur Jagd und erlegte, da er ein trefflicher Schütze war, zwei Hasen: vergnügt eilte er mit der Beute nach Hause und befahl, sie ihm wohl zuzubereiten. Da sprach seine Hausfrau: »Man sollte unsere Gevattern dazu laden, es wäre schade, wenn wir sie alleine äßen. Gastlichkeit vermehrt die Freundschaft«. »Gut«, entgegnete der Mann, »ich will unsern Gevatter, den Pfarrer, dazu bitten, der hat mich oft genug eingeladen, bei ihm zu essen, so kann ich ihm's erwidern. Nun herbei mit Lamm, Schaf, Gans, Kitze, Huhn und Ente – es soll eine fürstliche Mahlzeit werden!«

Als nun der Tag der Gasterei herangekommen war – es war ein Sonntag und der Mann noch in der Kirche – bat die Frau aus reinem Übermut auch noch ihre Nichten, Muhmen und Basen zu sich und sprach: »Meine Lieben, nun essen wir den einen Hasen auf, mein Mann hat an dem andern genug, er und der Dechant verstehen es ohnedies so gut, dergleichen Wildbret zu jagen, so mögen sie es eben tun.« Als nun der eine Hase aufgegessen war, ließ sie auch den andern auftragen. »Und wenn ich Prügel bekäme«, sagte sie, »er kriegt von den Hasen keine Pfote zu sehen. Was geschieht, soll geschehen, Frauenscherz geht vor Männerzorn.«

Indessen kam der Mann mit dem Pfarrer vor das Tor geritten. Als sie ins Haus gekommen waren, fragte der Wirt, ob das Essen bereit wäre? »Ei«, begann sie zu zanken, »nun gibt es gleich Lärm, weil Euch hungert. Aber früh morgens laßt Ihr Magd und Knecht in den Tag hinein schlafen. Es ist noch nicht so weit, faßt Euch in Geduld und wartet, bis ich fertig bin.« Nun wurde der Pfarrer an die Seite der Hausfrau gesetzt und der Wirt rief, man möge ihm zu trinken schaffen. Denn er war zornig, weil die Mahlzeit nicht gerichtet war. Ungeduldig wie einer, der schon gerne essen möchte, ging er hinaus, zog einen Wetzstein hervor und begann das Messer daran zu wetzen. Als der Pfarrer dies sah, fragte er die Hausfrau: »Liebe Frau Gevatterin, sagt mir um Gottes Liebe willen, warum ist Euer Mann so unmutig?« »So wißt Ihr nicht, weshalb er so grimmig tut?« entgegnete sie. »Wahrhaftig, ich ahne es nicht«, sagte der Pfarrer. »Man hat Euch und mich geziehen«, flüsterte sie, »getan zu haben, was man besser unterlassen sollte. Er hat geschworen, Euch die beiden Ohren abzuschneiden.« »Hm«, sprach der Pfarrer, »mir ist ein klein wenig heiß!« und zog sich gegen die Tür. Denn er fürchtete, es könne ihm hier wie so manchem Pfaffen ergehen, der verhohlen Minne getrieben. Ohne erst noch seinen Knecht zu rufen, bestieg er sein Pferd und trabte eilends von hinnen. Inzwischen brachte ein Kammerdiener ein blühend weißes Tischlaken und ein Becken zum Händewaschen. »Wo ist mein Gevatter, der Pfarrer, hingekommen? fragte der Wirt, als er wieder hereinkam. »Denke dir«, sagte die Frau, »er hat die beiden Hasen genommen und ist damit auf und davongeeilten.« »Wetter!« sprach der Wirt, »das ist mir eine seltsame Handlungsweise.« Sein Pferd war auch bereit, da rief er: »Er muß mir die Tiere hier lassen, weiß Gott! Man nähme mich ja für einen Affen, ließ' ich ihm das angehen.« Rasch sprengte er dem Pfarrer nach. Schon, als er ihn von ferne erblickte, schrie er laut hinter ihm her: »Weiß Gott, Ihr müßt sie mir beide lassen!« Der Pfarrer fürchtete für seine Ohren und rief: »Beim Himmel, ich habe keine Schuld daran. Ich glaubte, Ihr wäret mein Freund, aber Ihr seid es nicht, das sehe ich nun wohl!« »Ei, so müßt Ihr mir wenigstens eines lassen«, meinte der Ritter. »Nein, keines«, erwiderte der Pfarrer, »so lange ich es verhindern kann«, und entrann, da zum Glücke die Kirche in der Nähe war, in seinen Freithof, wo er sich fest einschloß. Als der Ritter sah, daß er ihn doch nicht fassen konnte, ließ er seinen Zorn fahren, ritt heim und aß sich satt von dem, was es sonst noch im Hause gab. Sobald sein Unmut nun gänzlich verraucht war, verriet ihm die Frau, wie alles zugegangen. »Wohl getan, Frau«, sprach er und lachte, »nichts ist so gut als zuweilen ein Scherz, den man fröhlichen Herzens begeht.«


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