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Phaon. Vorige.
Phaon.
Das ist Melittens Stimme! Ha Verwegner,
Wagst du's die Hand zu heben gegen sie?
Rhamnes (läßt Melitten los).
Phaon.
So täuschte mich doch meine Ahnung nicht
Als ich dich sah mit leisespähnden Blicken,
Dem Wolfe gleich, in ihre Nähe schleichen.
Doch hast du dich verrechnet grimmer Wolf,
Es wacht der Hirt und dir naht das Verderben!
Rhamnes.
Herr, der Gebietrin Auftrag nur befolg ich.
Phaon.
Wie, Sapphos Auftrag? Sie befahl es dir?
O Sappho, Sappho! Ich erkenne dich!
Doch leider nur zu spät! Warum zu spät?
Noch ist es Zeit, die Bande abzuschütteln
Von mir und ihr; beim Himmel, und ich will's!
Du allzufert'ger Diener fremder Bosheit –
Warum –? Melitta, du siehst bleich, du zitterst?
Melitta.
Oh, mir ist wohl!
Phaon.
Dank du den Göttern, Sklave,
Daß ihr kein Steinchen nur den Fuß geritzt,
Beim Himmel! jede Träne solltest du
Mit einem Todesseufzer mir bezahlen! –
Du scheinst ermattet! lehne dich auf mich,
Du findest nirgends eine festre Stütze!
Blick her Verruchter, dieses holde Wesen,
Dies Himmelsabbild wolltest du verletzen!
Rhamnes.
Verletzen nicht!
Phaon.
Was sonst?
Rhamnes.
Nur – Doch verzeih
Was ich gewollt, ich kann es nicht vollführen.
Drum laß mich gehn!
Phaon (Melitten loslassend).
Bei allen Göttern, nein!
Mich lüstet's eurer Bosheit Maß zu kennen!
Was wolltest du?
Rhamnes.
Sie sollte fort.
Phaon.
Wohin?
Rhamnes.
Nach – das ist der Gebieterin Geheimnis.
Phaon.
Du sagst es nicht?
Rhamnes.
Sie hat es hier verschlossen
Und fest bewahrt es ihres Dieners Brust.
Phaon.
So öffne denn dies Eisen! Dank dir Sappho!
Du gabst mir selber Waffen gegen dich!
(Den Dolch ziehend.)
Verhehle länger nichts, du siehst mich fertig,
Die strengverschloßne Lade zu erbrechen!
Melitta.
O schone seiner! Hin nach Chios sollt' ich!
Phaon.
Nach Chios?
Melitta.
Ja, ein Gastfreund Sapphos hauset dort,
Er sollte wohl Melitten ihr bewahren!
Phaon.
Wie, übers Meer?
Melitta.
Ein Kahn dort in der Bucht!
Phaon.
Ein Kahn?
Melitta.
So sprach er, ist's nicht also, Vater?
Rhamnes.
Nicht Vater nenne mich, du Undankbare,
Die frech du die Gebieterin verrätst.
Phaon.
Ein Kahn? –
Melitta (zu Rhamnes).
Was tat ich denn, daß du mich schiltst?
Er fragte ja!
Phaon.
Ein Kahn? – So sei's! – das Zeichen
Ich nehm es an! Von euch kömmt's gute Götter!
Zu spät versteh ich eure treue Mahnung!
Sie ist es oder keine dieser Erde
Die in der Brust die zweite Hälfte trägt
Von dem was hier im Busen sehnend klopfte!
Ihr zeigt mir selbst den Weg. Ich will ihn gehn!
Melitta, ja, du sollst nach Chios, ja!
Doch nicht allein! – Mit mir, an meiner Seite!
Melitta.
Mit ihm!
Phaon.
Verlaß dies feindlich-rauhe Land
Wo Neid und Haß und das Medusenhaupt
Der Rachsucht sich in deine Pfade drängen,
Wo dir die Feindin Todesschlingen legt.
Komm! Dort der Kahn, hier Mut und Kraft und Stärke
Zu schützen dich, wär's gegen eine Welt! (Faßt sie an.)
Melitta (ängstlich zu Rhamnes).
Rhamnes!
Rhamnes.
Bedenkt doch Herr!
Phaon.
Bedenk du selber,
Was du gewollt, daß du in meiner Hand!
Rhamnes.
Herr, Sapphos ist sie!
Phaon.
Lügner! Sie ist mein!
(Zu Melitten.) Komm folge!
Rhamnes.
Die Bewohner dieser Insel
Sie ehren Sapphon wie ein fürstlich Haupt,
Sind stets bereit beim ersten Hilferuf
In Waffen zu beschützen Sapphos Schwelle.
Ein Wort von mir und Hunderte erheben –
Phaon.
Du mahnst mich recht! Fast hätt' ich es vergessen,
Bei wem ich bin und wo. – Du gehst mit uns!
Rhamnes.
Ich Herr?
Phaon.
Ja du, doch nur bis zum Gestade,
Ich neide Sapphon solche Diener nicht!
Wenn wir in Sicherheit magst du zurückekehren,
Erzählen was geschehn und – doch genug
Du folgst!
Rhamnes.
Nein, nimmermehr!
Phaon.
Ich habe denk ich
Was mir Gehorsam schaffen soll!
Rhamnes (sich dem Hause nähernd).
Gewalt!
Phaon (vertritt ihm den Weg und geht mit dem Dolche auf ihn zu).
So fahre hin denn wie du selber willst!
Geringer Preis für dieser Reinen Rettung
Ist des Verruchten Untergang!
Melitta.
Halt ein!
Phaon.
Wenn er gehorcht!
Rhamnes (der sich auf die entgegengesetzte Seite zu rückgezogen hat).
O wehe, weh dem Alter,
Daß nicht mehr eins der Wille und die Kraft!
Phaon.
Jetzt Mädchen komm.
Melitta.
Wohin?
Phaon.
Zu Schiffe! fort!
Melitta (von ihm weg in den Vorgrund eilend).
Ihr Götter! Soll ich?
Phaon.
Fort! Es streckt die Ferne
Uns schutzverheißend ihren Arm entgegen.
Dort drüben überm alten, grauen Meer
Wohnt Sicherheit und Ruh' und Liebe!
O folge! Unterm breiten Lindendach,
Das still der Eltern stilles Haus beschattet,
Wölbt, Teure, sich der Tempel unsers Glücks.
(Sie ergreifend.)
Erzitterst du? Erzittre holde Braut,
Die Hand des Bräutigams hält dich umschlungen!
Komm mit! und folgst du nicht, bei allen Göttern
Auf diesen Händen trag ich dich von hinnen
Und fort und fort, bis an das End' der Welt.
Melitta.
O Phaon!
Phaon.
Fort, die Sterne blinken freundlich,
Die See rauscht auf, die lauen Lüfte wehen
Und Amphitrite ist der Liebe hold. (Zu Rhamnes.)
Voraus du!
Rhamnes.
Herr!
Phaon.
Es gilt dein Leben, sag ich dir!
(Alle ab.)