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Die ganze Zeit hindurch habe ich nichts über meine Liebe zu Laura erzählt, obwohl sie in keiner Weise schwächer wurde, sondern im Gegenteil mit der vollkommenen Hingabe und den häufigen Zusammenkünften wuchs. Meine Leidenschaft für Laura gibt die Erklärung für einen großen Teil meines Geschlechtslebens, und so muß ich sie hier, so ehrlich ich kann, erzählen.
Man sagt, daß Liebe blind ist; und wenn man darunter versteht, daß das Geheimnis der Anziehungskraft sich nicht deuten läßt, so hat man recht. Aber die Liebe sieht manches – sowohl Tugenden wie Fehler, die der gewöhnliche Beobachter nicht vermutet.
Jahrelang kam Laura zweimal die Woche zum Frühstück zu mir. Warum ich sie nicht heiratete, kann ich kaum sagen. Immer wieder war ich im Begriff, es ihr vorzuschlagen, aber stets hinderte mich irgend etwas daran. Ich hatte zum Beispiel einen Börsenmakler getroffen, der mir einige gute Tips gab, weil ich gewisse Artikel veröffentlichte, die ihm nützlich waren. Im Jahre 1886 hatte ich einige Tausende verdient, und sobald sie auf mein Konto gebracht wurden, sagte ich Laura, ich würde ihr zehn Pfund wöchentlich geben, die ich ihr auch regelmäßig auszahlte und noch hie und da mit einem Scheck von fünfzig Pfund ergänzte. Einmal bat sie mich um dreihundert Pfund, die ich ihr sofort gab. Und dann setzte sich Laura oder ihre Mutter in den Kopf, nach den Vereinigten Staaten zu gehen, und sie schickte mir Photographien im Badekostüm von Long Island, die mich wild vor Eifersucht machten und mein Mißtrauen aufleben ließen. Aber noch Schlimmeres sollte geschehen.
Als sie aus Amerika zurückkamen und eine neue Wohnung suchten, hielten sie sich eine kurze Zeit im Charing Cross Hotel auf. Ich hatte immer die Gewohnheit, nicht nur Trinkgelder in großzügiger Weise auszuteilen, sondern mich auch für das Personal zu interessieren, und so kam man mir auch mit außerordentlicher Freundlichkeit entgegen. Eines Abends kam ich ins Hotel, um Laura Theaterkarten für ein Stück zu überbringen, von dem ich annahm, daß es sie interessierte, und der Oberkellner, mit dem ich oft gesprochen hatte, sagte mir, Fräulein Clapton sei in dem kleinen Salon im ersten Stock. Höchst zuvorkommend rannte er die Treppe hinauf, riß die Tür weit auf und drehte sich um. Zwei Personen, ein Mann und eine Frau, saßen auf dem Sofa dem Eingang gegenüber. Der Mann hatte anscheinend den Arm um das Mädchen geschlungen, denn sie sprangen höchst verblüfft auf. Es war Laura und irgendein unbekannter Mann, der wartend dastand, während sie auf mich zuging. »Das ist eine Überraschung,« sagte sie mit der erstaunlichen Natürlichkeit einer Frau, »welch guter Wind weht Sie her?« Ich konnte kaum sprechen. Die Eifersucht schien sich in kalten, sardonischen Haß gewandelt zu haben. Ich konnte kein Wort hervorbringen. Ich sah, daß sie im Abendkleid war, das sich um die Brüste straffte. Ich nahm die Karten heraus und händigte sie ihr ein. »Wollen Sie nicht auf Mutter warten?« fragte sie lächelnd. Ich wundere mich, daß ich sie nicht geschlagen habe. Ich drehte mich um und ging wortlos weg.
In diesem Augenblick hatte ich mich ein für allemal entschlossen, sie nie zu heiraten. Die irrsinnige Wut meiner Eifersucht erschreckte mich. Wenn ich mit ihr verheiratet gewesen wäre und dieselbe Erschütterung erlebt hätte, würde ich sie umgebracht haben. Auf dem Nachhausewege tobte ich. Ich habe nie erfahren, wer der Mann war. Ich habe mich auch nie bemüht, es herauszukriegen. Er war mir gleichgültig. Es war nur ihre Treulosigkeit, die ins Gewicht fiel. Ich setzte mich zu Hause hin und sann nach. »Wozu dieses Toben?« fragte ich mich selbst. »Behandle sie wie deine Mätresse, sage ihr einfach, daß du mit ihr fertig bist, falls sie dir noch einmal Grund zum Verdacht gibt. Mache ihr klar, daß das dein unabänderlicher Entschluß ist. Sie wird dein Geld und deine Geschenke nicht verlieren wollen. Du mußt rücksichtslos sein.«
Aber der Entschluß beruhigte mich nicht. Im Hintergrunde meiner Wut weinte meine Liebe: »Habe ich dich denn vernachlässigt, mein Lieb, daß du ein anderes Gefühl brauchtest? Worin habe ich gefehlt? Unser Verhältnis war zuvor vollkommen, aber es war doch, keine Ehe. Und Laura ist stolz wie Luzifer. Heirate sie morgen, und sie wird dir treu sein. Dieses Leben als ausgehaltene Mätresse ist des Mädels unwürdig.« Ich war schon im Begriff, nachzugeben. Aber der Gedanke an die Mutter trat zwischen uns. Ich werde sie einladen, mindestens den Anschein einer Höflichkeit aufrecht erhalten müssen, – es war unmöglich. Wieder sah ich, wie der Mann den um Lauras Hüften gelegten Arm wegzog. Ich dachte, ich würde wahnsinnig.
Ich stand auf und klingelte. Meine Wirtschafterin Bridget kam herein, und als sie mir den Whisky mit Soda hinstellte, sagte sie: »Sie sehen heute nicht sehr gut aus.«
»Ich fühle mich auch schlecht, Bridget,« erwiderte ich, »ich habe noch nicht gegessen –« – »Oh, ich kann Ihnen gleich etwas zu essen bringen, wir haben kaltes Geflügel in der Speisekammer.« Und bald aß ich, während Bridget servierte. Sie hatte schöne irische Augen und war die Güte selbst. Als sie sich zu mir beugte, um mir etwas auf den Teller zu legen, schlang ich meinen Arm um ihre Hüften, und nichts Böses ahnend, begegneten sich unsere Augen und dann unsere Lippen. Ich fand bald, daß sie mich sehr gern hatte, und dieses spontane Gefühl war ungeheuer wohltuend, nahm mir die ganze unselige Wut und Bitterkeit und brachte mich zu Ruhe und Gleichgewicht zurück. In Kürze gesagt: ich tröstete mich mit Bridgets Liebe und ihrer frischen Schönheit, und die Angst vor dem Wahnsinn verflüchtigte sich für eine Weile.
Am nächsten Tage ging ich mit der ganzen Rücksichtslosigkeit vor. Laura konnte sich vollkommen rechtfertigen. Der Mann war ein Schotte. Ihre Mutter hatte ihn zum Essen eingeladen, war dann in ihr Zimmer gegangen, um etwas zu holen, und hatte die beiden allein gelassen. Ich lächelte. »Das nächste Mal sitz' nicht so eng mit jemandem auf dem Sofa, sonst wirst du mich nie wiedersehen. Es ist mein letztes Wort. Du hast zu wählen.« Laura erhob sich in Wut. Was ich mir nun vorstellte? fragte sie. Es sei ein gemeinsamer Hotelsalon, in dem sie ruhig einen Freund empfangen könnte. Sie hatte offensichtlich keine Ahnung von dem Sturm von Wut und Haß, den sie in mir entfesselt hatte. Aber da ich mir selbst eines schlimmeren Fehlers bewußt war, fühlte ich mich bereit, zu vergeben, und wenn möglich, zu vergessen. Und ich erwähne die Tatsache in ihrer ganzen nackten Brutalität nur darum, weil ich damals wirklich erschrocken über meine eigene Wut war, erschrocken, daß ich nie wieder die Herrschaft über mich selbst zurückgewinnen würde. Und so griff ich nach dem nächsten Weg zur Gesundung, aber er führte mich weiter ab, als ich es mir vorgestellt hatte.
Was war es eigentlich, was mich so fest an Laura band?
In erster Linie war es selbstverständlich die unmittelbare Anziehungskraft der Schönheit, aber ich hatte ebenso schöne Frauen gekannt, die mich nicht so stark fesselten. Es war Lauras Intelligenz, die mir besonders gefiel, und hauptsächlich die Tatsache, daß ihre Kenntnis der Sprachen ihr ein kosmopolitisches Ideal verlieh und ihr gestattete, die kleinen Eigentümlichkeiten des uns umgebenden Volkes in einem humoristischen Lichte zu sehen. Aber trotz ihrer belustigten Verachtung des englischen Snobismus und der englischen Ehrfurcht vor bloßen Konventionen sah sie ebenso wie ich die höher stehenden Engländer für das beste Volk der Welt an.
All diese Fäden der Anziehung und Sympathie vereinigten sich zu einer Fessel, die durch eine einzige Strähne ungeheuer verstärkt wurde. Sie hatte einen der schönsten Körper, den ich je gesehen habe. Ich konnte sie stundenlang in ihrer Nacktheit bewundern. Sie jedoch behandelte meine Anbetung als kindisch. »Du kennst meine Gestalt viel besser als ich selbst«, sagte sie einmal. – »Natürlich«, erwiderte ich. Aber selbst heute auf meine alten Tage bin ich absolut nicht imstande zu sagen, worin die unendliche Anziehungskraft bestanden hat.
Diese Liebe der plastischen Schönheit geht natürlich mit der Anbetung der Jungfräulichkeit zusammen, die mich so oft in meinem Leben auf Irrwege führte und mir heute ebenso unerklärlich ist wie vor fünfzig Jahren. Nach Frau Mayhew, die ich mit siebzehn Jahren liebte, hat mich keine reife Frau mit dieser Intensität gefesselt. Ich kann wirklich sagen, daß Laura mich mit Körper, Geist und – Seele gefangen hielt. Denn die Seele war das wichtigste Element in der unsterblichen Faszinierung und zwang mich oft in die Knie.
Laura fand häufig Worte, die mich wie eine Gedichtzeile berührten. Nach einer köstlichen Liebesstunde, als ich mit den Lippen auf ihrem Körper wanderte, nahm sie plötzlich meinen Kopf zwischen ihre Hände und sagte mit kindlichem Ernst: »Sei tutto il mio bene!«
Ich liebte Laura mehr als irgendeine Frau, die ich bis zu jener Zeit oder auf Jahre hinaus getroffen hatte, sie war auch die intelligenteste und sicherlich die schönste von allen.
Es war ihr Schweigen, das immer die Schranke zwischen uns aufrichtete, aber schließlich fand die große Aussprache statt. Eines Tages fragte sie mich: »Was würdest du tun, wenn du einen Brief bekämst, der ein seltsames Licht auf mich wirft?« – »Was für einen Brief meinst du?« Und als ich weiter in sie drang, gestand sie, daß es ein Brief von ihr selbst sein könnte, der »Zuneigung – für einen andern zeigen würde«. »Leidenschaft, meinst du?« fragte ich. – »Nicht Leidenschaft«, erwiderte sie. – »Du kannst mir alles sagen,« beharrte ich, »selbst der offenste Brief wird nur meinen Verdacht bestätigen. Ich weiß, daß du in den Amerikaner verliebt warst und dich ihm gegeben hast – ich habe euch beide gesehen.«
»Nein, nein,« rief sie, »nie so, wie ich mich dir gegeben habe.« Meine eifersüchtige Wut wollte sich jedoch nicht damit beruhigen.
»Unsinn!« rief ich aus. »Ich sah, wie er einst im Savoy die Hand auf deinen bloßen Nacken legte. Das ist es, was mich zurückhielt, als das Jahr um war.«
Ihre Augen weiteten sich. »Im Savoy?« rief sie aus. »Mutter war doch mit uns.«
»Ja,« fuhr ich mitleidslos fort, »aber er war häufig mit dir zusammen, wenn deine Mutter nicht dabei war. Warum kannst du nicht die Wahrheit sagen. Das ist es, was uns trennt. Ich kann verzeihen, aber du kannst nicht ehrlich sein. Warum sagst du nicht gleich, daß du dich ihm oft gegeben hast. Ich weiß mehr als das.«
»Manchmal denke ich, daß du mich haßt«, sagte sie mit tiefer, trauriger Stimme. »Es ist nicht wahr, denn den Geschlechtsgenuß habe ich erst durch dich kennengelernt, Frank, das weißt du ja.«
Aber ich war unerbittlich. Ich wollte endlich die volle Wahrheit erfahren. »Du bist ja schwanger gewesen und hast dir das Kind abgetrieben.«
»Ach,« rief sie aus und schlug die Hände vors Gesicht, »wie kannst du so etwas von mir denken. Du bist schlecht – schlecht.« Und sie sprang auf. »Das ist nicht Liebe –« – »Auch wohl nicht die Wahrheit –« Ich lächelte.
»Nein, es ist nicht wahr«, bestand sie. »Ich habe mir nie ein Kind abgetrieben, wie du sagst, es ist scheußlich –«
»Nenne es, wie du willst, jedenfalls, sobald ich dich berührte, wußte ich, daß du keine Jungfrau mehr bist. Aber meine Liebe war stark genug, um alles zu vergeben. Wenn dein Vertrauen nur groß genug gewesen wäre und du mir die volle Wahrheit erzählt hättest. – Du hast keine Ahnung, wie unendlich ich dich liebe!«
»Das nennst du Liebe,« rief sie aus, »mich so zu beschämen?«
»Mehr als Liebe,« fuhr ich fort, »alles zu wissen, alles zu verzeihen und mir selbst die Schuld zu geben. Ich hätte dich nicht ein Jahr allein ohne ein Wort zurücklassen sollen, in deiner zweifelhaften Lage mit deinem Vater und deiner Mutter. Mich allein trifft die Schuld. Und ich habe sie ganz auf mich genommen. Aber du hättest mich genug lieben sollen, um mir die Wahrheit zu sagen, Laura.«
»Wenn ich etwas Böses über dich gedacht hätte,« begann sie, »würde ich nicht damit auf dich einschlagen und dir wehtun. Ich würde es in Gedanken zurückstellen und vergessen und mir sagen: es ist nicht Frank, nicht meine Liebe. Ich würde es vor mir selbst leugnen, und in einem Monat würde ich nicht einmal mehr daran denken, geschweige denn davon sprechen.
Nun will ich dir etwas sagen, nur um dir den Unterschied unserer Einstellung zu beweisen und zu zeigen, was ich zu vergeben habe. Als wir uns trennten, sagtest du, du würdest mich innerhalb von drei Monaten wissen lassen, wie die Dinge sich bei dir entwickelt haben, und höchstens in einem Jahre würde ich von dir hören. In diesen drei Monaten sah ich dich mit anderen Frauen, während ich mich weigerte, allein mit dem Amerikaner auszugehen, den mein Vater mir vorgestellt hatte und der mich begehrte, wie ich fühlte.
Eines Abends, sechs Monate nach unserer Trennung, als ich noch kein Wort von dir gehört hatte, lud er uns alle ins Café Royal ein, das ich auf deine Empfehlung hin wählte, und auf einmal sah ich, wie du mit einem hübschen Mädel die Treppe herunter kamst. Ich stellte fest, daß diese Treppe zu den Chambres séparées führte. Wie habe ich damals gelitten! Ich konnte kaum essen oder sprechen. Jeder Gedanke tat weh. Ich war wie zerstampft und stumm vor Schmerz. Während ich mir die kleinsten Freuden versagte, führtest du eine Geliebte aus. Ich habe später tagelang getobt, sooft ich daran dachte. Und jetzt sprichst du von meiner Schuld und sagst, du willst mir verzeihen, wenn ich dir nur die Wahrheit sagen würde. Und du hast angefangen. Was hast du zu erzählen, und was hab' ich zu vergeben?
Ich habe immer wieder die Wahrheit zurückgestoßen. Ich habe es vor mir selbst geleugnet, und sobald du kamst, war ich stolz und froh, so von Herzen froh, daß ich deine Verfehlungen und dein Unrecht vergaß, alle Gedanken daran verdrängte, bis ich sie vergaß. Das war nicht mein Frank, sagte ich, er ist wunderbar, so stark und weise, und er ist von wirklicher Leidenschaft und echtem Gefühl für mich erfüllt –.« Ihre schönen Augen standen voll Tränen. »Männer lieben nie wie wir Frauen.«
»Vergib mir,« rief ich aus, unwillkürlich ergriffen, »vergib mir. Diese Geschichte mit dem Chambre séparée muß ein Irrtum sein, wirklich! Bis ich sah, wie der Amerikaner deine bloße Schulter streichelte, bin ich nie mit irgendeiner Frau ins Chambre séparée gegangen. Ich bin sicher, daß ich es nie tat. Aber ich liebe deine Verteidigung, deine ganze halb stolze, halb sanfte Überzeugungskraft. Wir wollen nicht mehr über unsere Sünden sprechen. Aber du brauchst keine Angst zu haben, daß irgend etwas, was der Amerikaner oder irgendein anderer sagen kann, die kleinste Wirkung auf mich haben würde. Ich liebe dich, und ich kenne dich, deine Augen, deine süße Seele, die harte Arbeit an dir selbst, die Treue deiner Mutter gegenüber –.«
»Du mein Geliebter,« rief sie aus, »jetzt glaube ich wirklich, daß du mich liebst, denn das sind Dinge, die mir bei dir so teuer sind – daß du deiner Schwester und ihrem Gatten Geld gibst – deine ganze sorglose Großzügigkeit und dein wunderbares Gespräch – aber du bist zu mißtrauisch, zu zweifelnd, du bist schlimm, schlimm –«, und ihre köstlichen Augen gaben sich im Lächeln.
»Und dich rettet nur, daß du so schlimm bist«, erwiderte ich, »und so schön ...«
Aber trotz des halben Geständnisses dauerte der Antagonismus zwischen uns an, obwohl in geringerem Maße, als es bis jetzt der Fall war. Ich konnte es nicht von ihr erreichen, daß sie sich mit Leidenschaft gab oder sich im letzten Ausdruck der Liebe frei gehen ließ. Nur manchmal gelang es mir, nachdem ich die Zeiten ihrer größten Erregbarkeit erkannt hatte. Wie kommt es, daß so wenig Frauen auch nur versuchen, ihrem Geliebten die größte Summe an Genuß zu geben?
Eine der schwierigsten Sachen ist es, bei der Mehrzahl der Frauen die Zeit festzustellen, in der sie am meisten erregt und zur erotischen Hingabe bereit sind. Nur wenige haben den Mut, ihrem Liebhaber zu sagen, daß sie ihn verlangen, gewöhnlich muß er den günstigen Augenblick selbst herausfinden. Mit seltenem Mut hat Frau Dr. Mary Stopes in ihrem Buch, das in letzter Zeit in England aus verrückter, insularischer Dummheit verurteilt wurde, zwei oder drei Tage in jedem Monat festgestellt, an denen das erotische Echo bei der Frau am stärksten ist. Ihre Feststellung unterscheidet sich von meinen Erfahrungen mit Laura hauptsächlich wohl, weil sie nicht die Jahreszeiten berücksichtigt. Ich habe immer wieder bemerkt, daß Frühling und Herbst die günstigsten Zeiten sind, aber vielleicht irre ich mich. Die geistigen Faktoren in jedem Menschenwesen sind unendlich wichtiger als die rein animalischen.
Ich kann hier einen Beweis dafür liefern. Eines Tages fragte mich Laura: »Hast du in letzter Zeit Vater geholfen?« – »Warum fragst du?« – »Vor einiger Zeit ging es ihm schlecht, er quälte Mutter, und dann bekam er Geld und schwamm obenauf, und gestern fragte er mich, warum du nie zu uns abends kommst. Da habe ich erraten, daß du ihm geholfen hast.« Ich nickte. »Und du hast es mir nie erzählt«, rief sie aus. »Manchmal bete ich dich an. Ich habe nie einen so großzügigen Menschen gekannt. Und mir nicht ein Wort zu sagen! Ich bin stolz auf dich und deine Liebe.« Und sie legte ihre Hand auf meine. – »Ich bin froh,« erwiderte ich, »aber warum versuchst du nicht hie und da mir mehr Freude zu geben?« »Ich versuche es,« sagte sie und wurde flammend rot, »aber ich weiß nicht, wie ich es tun soll. Ich bin wie hingemäht, meine Gefühle sind überwältigend. Jede Faser in mir zittert dir entgegen.« »Das macht mir soviel Freude wie dir mein Geschenk –.« – »Ach,« seufzte sie, »durch die Seele werden wir gefangengenommen, und ihr schlimmen Männer durch den Körper.« – »Durch die Schönheit der Körper,« erwiderte ich lachend, »und auch durch die Seele ...«